Neues zum nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster

Die Klärung vieler offener Fragen zum nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster dürfte zu erwarten sein, wenn der EuGH die Vorlagefragen beantwortet, die der I. Zivilsenat des BGH in dem Vorlagebeschluss I ZR 71/10 – Gartenpavillon vom 16. August 2012 vorgelegt hat.

Die Vorlagefragen betreffen:

– Die Voraussetzungen für das Entstehen des Schutzes des nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters (Art. 11 GGV) (Vorlagefrage 1). Dabei geht es insbesondere darum, ob die Verteilung von Abbildungen des Klagemusters an Händler, Zwischenhändler und Einkaufsverbände in bestimmtem Umfang für die Entstehung eines nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters ausreicht.

– Der Umfang des Formenschatzes nach Art. 7 Abs. 1 GGV. Konkret geht es im Streitfall um die Frage, ob die Ausstellung eines Musters in einem Ausstellungsraum in China oder die Zusendung des Musters an einen einzelnen Händler in der EU ausreicht, dass dieses Muster dem Klagemuster als neuheitsschädlicher Formenschatz entgegensteht. Allerdings ist fraglich, ob der EuGH auf die sehr breite Vorlagefrage 2 hin sehr erhellende und für die Praxis hilfreiche Antworten gibt, die über eine Wiedergabe des Gesetzestextes und den Hinweis, dass die entsprechenden Feststellung den Gemeinschaftsgeschmacksmustergerichten obliegen, hinausgehen wird.

– Die Beweislast für das Vorliegen einer Nachahmung (Art. 19 GGV) (Vorlagefrage 3). In der Literatur wird bislang häufig die Auffassung vertreten, dass – ähnlich wie in der BGH-Rechtsprechung zum Nachahmungsschutz unter altem Geschmacksmusterrecht – eine Beweislastumkehr zugunsten des Schutzrechtsinhabers zu bejahen sein kann, wenn Klagemuster und angegriffenes Muster im Wesentlichen identisch sind.

– Verjährung und Verwirkung des Unterlassungsanspruchs aus dem nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster (Vorlagefragen 4 und 5). Nach dem Wortlaut der GGV käme nach Art. 88 Abs. 2 GGV i.V.m. Art. 8, Art. 15 h) Rom-II-VO für die Verjährungsvorschriften die Anwendung des Rechts der jeweiligen Mitgliedsstaaten in Betracht. Unter Hinweis auf der EuGH-Rechtsprechung zur Gemeinschaftsmarke (EuGH, C-316/05, Nokia) zieht der BGH jedoch nur eine einheitliche Verjährungsvorschrift für das gesamte Unionsgebiet in Betracht.

– Maßgebliches Recht für unionsweit geltend gemachte Vernichtungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche (Vorlagefrage 6). Vorgelegt wird die Frage, ob für derartige Ansprüche auf die Rechtsordnung der jeweiligen Mitgliedsstaaten abzustellen ist, für deren Bereich die Ansprüche geltend gemacht werden.

BGH, X ZR 51/11 – Flaschenträger

BGH, Beschluss vom 24. Juli 2012 – X ZR 51/11 – Flaschenträger

PatG § 139 Abs. 2, ZPO § 287

Amtliche Leitsätze:

a) Der Schutzrechtsverletzer ist verpflichtet, den durch die Verletzungshandlungen erzielten Gewinn vollständig insoweit, aber auch nur insoweit herauszugeben, als er auf der Benutzung des immateriellen Schutzguts beruht.

b) Für die Bestimmung des Anteils des herauszugebenden Verletzergewinns ist bei einer Patentverletzung wertend zu bestimmen, ob und in welchem Umfang der erzielte Gewinn auf den durch die Benutzung der Erfindung vermittelten technischen Eigenschaften des Produkts oder anderen für die Kaufentscheidung der Abnehmer erheblichen Faktoren beruht. Die Höhe des herauszugebenden Verletzergewinns ist insoweit vom Tatrichter unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach freier Überzeugung zu schätzen.

c) Der Einwand des Verletzers, er hätte den Gewinn auch bei einem nicht das Schutzrecht verletzenden Verhalten erzielen können, ist bei Bestimmung des herauszugebenden Verletzergewinns unbeachtlich. Eine nichtverletzende Produktgestaltung, die im Verletzungszeitraum tatsächlich nicht zur Verfügung stand, ist für die Beurteilung der mit der Benutzung des Schutzrechts verbundenen Marktchancen in diesem Zeitraum und damit für die Bestimmung des herauszugebenden Verletzergewinns unerheblich.

Aus der Urteilsbegründung:

Der durch die Verletzung eines gewerblichen Schutzrechts zu kompensierende Schaden ist nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bereits in der Beeinträchtigung des absoluten Rechts und der mit diesem verbundenen, allein dem Inhaber zugewiesenen Nutzungsmöglichkeiten zu sehen (BGH, Urteil vom 25. September 2007 – X ZR 60/06, BGHZ 173, 374 = GRUR 2008, 93 – Zerkleinerungsvorrichtung; Urteil vom 14. Mai 2009 – I ZR 98/06, BGHZ 181, 98 = GRUR 2009, 856 = WRP 2009, 1129 – Tripp-Trapp-Stuhl; Urteil vom 20. Mai 2009 – I ZR 239/06, GRUR 2009, 864 = WRP2009, 1143 – CAD-Software; Urteil vom 29. Juli 2009 – I ZR 169/07, GRUR 2010, 239 = WRP 2010, 384 – BTK). Der Schaden besteht darin, dass der Verletzer die von dem immateriellen Schutzgut vermittelten konkreten Marktchancen für sich nutzt und sie damit zugleich der Nutzung durch den Schutzrechtsinhaber entzieht.

Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, wonach der Verletzte zur Kompensation dieses Schadens zwischen drei methodischen Ansätzen wählen kann: der konkreten, den entgangenen Gewinn einschließenden Schadensberechnung sowie der Geltendmachung einer angemessen Lizenzgebühr und der Herausgabe des Verletzergewinns. Ziel der Methoden ist die Ermittlung desjenigen Betrags, der zum Ausgleich des erlittenen Schadens erforderlich und angemessen ist (Melullis, GRUR Int. 2008, 679) und damit um die Ermittlung des wirtschaftlichen Werts des Schutzrechts, der in ihm verkörperten Marktchance, die durch den erwarteten, aber entgangenen Gewinn des Schutzrechtsinhabers, durch den tatsächlichen Gewinn des Verletzers oder aber die Gewinnerwartung erfasst wird, die vernünftige Vertragsparteien mit dem Abschluss eines Lizenzvertrages über die Nutzung des Schutzrechts verbunden hätten.

In welchem Umfang der erzielte Gewinn auf die Schutzrechtsverletzung zurückzuführen ist, lässt sich regelmäßig – zumindest mit praktisch vertretbarem Aufwand – nicht genau ermitteln, sondern nur abschätzen. Der erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen der Schutzrechtsverletzung und dem erzielten Gewinn ist daher nicht im Sinne adäquater Kausalität zu verstehen. Vielmehr ist wertend zu bestimmen, ob und in welchem Umfang der erzielte Gewinn auf mit dem verletzten Schutzrecht zusammenhängenden Eigenschaften des veräußerten Gegenstandes oder anderen Faktoren beruht (BGHZ 181, 98 Rn. 41 – Tripp-Trapp-Stuhl). Die Höhe des herauszugebenden Verletzergewinns lässt sich insoweit daher nicht berechnen. Der Tatrichter hat viel-mehr gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls (BGH, Urteil vom 21. September 2006 – I ZR 6/04, GRUR 2007, 431 = WRP 2007, 533 – Steckverbindergehäuse) nach freier Überzeugung darüber zu entscheiden, ob zwischen der Schutzrechtsverletzung und dem erzielten Gewinn der ursächliche Zusammenhang im Rechtssinne besteht und wie hoch der danach herauszugebende Gewinnanteil zu beziffern ist (BGHZ 119, 20, 30 – Tchibo/Rolex II; BGHZ 181, 98 Rn. 42 – Tripp-Trapp-Stuhl). Die Grundlagen dieser Schätzung sind – soweit möglich – objektiv zu ermitteln, und über bestrittene Ausgangs- bzw. Anknüpfungstatsachen ist Beweis zu erheben (BGH, Urteil vom 30. Mai 1995 – X ZR 54/93, GRUR 1995, 578 – Steuereinrichtung II). Die Gesamtheit aller Umstände ist sodann abzuwägen und zu gewichten (vgl. BGHZ 119, 20, 30 – Tchibo/Rolex II).

Es ist nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht annimmt, der herauszugebende Verletzergewinn sei deshalb nicht höher anzusetzen, weil die patentgemäße Erfindung lediglich eine Detailverbesserung eines bereits bekannten Produkts darstellte. Der Revision der Klägerin kann nicht gefolgt werden, wenn sie ausführt, die vom Berufungsgericht vorgenommene Differenzierung von Patenten nach den Kriterien „Detailverbesserung“ einerseits und „revolutionäres Schutzrecht“ andererseits, sei eine generalisierende sachfremde Einordnung in Patentqualitätskriterien, die die im Einzelfall für die Nachfrage maßgeblichen Faktoren ausblende. Die Ermittlung des Abstands der geschützten Erfindung gegenüber dem Stand der Technik lässt Schlüsse darauf zu, in welchem Maß die Nachfrage des Produkts auf die mit der Verwendung des Patents zusammenhängenden technischen Eigenschaften des veräußerten Gegenstands zurückzuführen ist. Sie spiegelt wider, dass die Verkaufs- und Erlösaussichten des erfindungsgemäßen Produkts davon abhängen, ob und in welchem Umfang gleichwertige Alternativen und damit Umgehungsmöglichkei-ten des Patents im Verletzungszeitraum zur Verfügung standen (vgl. BGH, Ur-teil vom 30. Mai 1995 – X ZR 54/93, GRUR 1995, 578 – Steuereinrichtung II). Ergibt sich, dass gegenüber dem erfindungsgemäßen Produkt im Wesentlichen gleichwertige Alternativen existieren, da es sich lediglich um eine Detailverbesserung eines bereits bekannten Produkts handelt, ist eher anzunehmen, dass der Kaufentschluss nicht allein auf der Verwendung der technischen Lehre, sondern auf weiteren Faktoren beruht (vgl. BGHZ 181, 98 Rn. 52 – Tripp-Trapp-Stuhl). Handelt es sich demgegenüber um ein neues Produkt, das neue Einsatzgebiete erschlossen hat und zu dem es keine solchen Alternativen gab, kann eher angenommen werden, dass der Kaufentschluss gerade auf die Verwendung des Patents zurückzuführen ist.

Es kann offen bleiben, ob bei der Bestimmung des herauszugebenden Verletzergewinns – nicht anders als bei der Geltendmachung eines entgangenen Gewinns – schon diejenige Marktchance zugunsten des Schutzrechtsinhabers geschützt ist, die sich daraus ergibt, dass der Schutzrechtsinhaber aufgrund seines Ausschließlichkeitsrechts jeden Dritten daran hindern kann, ein mit seinem schutzrechtsgemäßen Erzeugnis (technisch) identisches Produkt auf den Markt zu bringen, und dies einmal vom Schutzrechtsinhaber gewonnene Abnehmer veranlassen kann, im Interesse der Kontinuität ihrer betrieblichen Abläufe oder ihres Angebots von einem Lieferantenwechsel abzusehen, oder ob dies nur dann bei Bestimmung des herauszugebenden Verletzergewinns zu berücksichtigen ist, wenn es die technischen Vorteile der Erfindung waren, die den Abnehmer (mit-)veranlasst haben, Produkte des Verletzers anstelle der Produkte des Patentinhabers zu beziehen.

Auf das Vorbringen der Beklagten, mit dem sie rechtmäßiges Alternativverhalten einwendet, kommt es nicht an. Rechtmäßiges Alternativverhalten stellt eine hypothetisch gebliebene Schadensursache dar, so dass die Frage seiner Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung eine am Schutzzweck der verletzten Norm ausgerichteten Wertung erfordert (BGH, Urteil vom 20. Juli 2006 – IX ZR 94/03, BGHZ 168, 352). Hiernach ergibt sich, dass dieser Einwand bei Bestimmung des herauszugebenden Verletzergewinns unbeachtlich ist. Eine technische Lösung, die im Verletzungszeitraum tatsächlich nicht zur Verfügung gestanden hat, ist für die Beurteilung der Marktchancen der Erfindung in diesem Zeitraum und damit auch für die Bestimmung des herauszugebenden Verletzergewinns unerheblich. Die Herausgabe des Verletzergewinns zielt auf eine Kompensation des Umstands, dass sich der Verletzer bei Umsatzgeschäften die erfindungsgemäße Lehre zu Nutze gemacht und damit die von der Rechtsordnung dem Schutzrechtsinhaber zugewiesene Marktchance für sich genutzt hat. Ausgangspunkt ist daher die Verletzung des Schutzrechts. Die Berücksichtigung des genannten Einwands des Verletzers stünde im Widerspruch zu Sinn und Zweck der Kompensation der Rechtsbeeinträchtigung in der Form der Herausgabe des Verletzergewinns und insbesondere zu dem Gedanken, dass der Verletzte durch die Herausgabe des Verletzergewinns so zu stellen ist, als hätte er ohne die Rechtsverletzung den gleichen Gewinn wie der Verletzer erzielt.

BGH, I ZB 13/11 – Neuschwanstein: Kein Freihaltebedürfnis wegen überragendem kulturellem Wert

BGH, Beschluss vom 8. März 2012 – I ZB 13/11 – Neuschwanstein

Amtliche Leitsätze:

a) Fasst der Verkehr die aus dem Namen einer Sehenswürdigkeit (hier: Schloss Neuschwanstein) gebildete Marke (hier: Neuschwanstein) im Zusammenhang mit Waren, die typischerweise als Reiseandenken oder -bedarf vertrieben werden, nur als Bezeichnung der Sehenswürdigkeit und nicht als Produktkennzeichen auf, fehlt der Marke jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

b) Allein der Umstand, dass die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Umfeld einer Sehenswürdigkeit an Touristen vertrieben oder für sie erbracht werden können, rechtfertigt nicht die Annahme, einer aus dem Namen der Sehenswürdigkeit gebildeten Marke fehle jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

c) Einer Marke fehlt nicht deshalb jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, weil es sich um die Bezeichnung eines bedeutenden Kulturguts handelt.

d) Das Bundespatentgericht ist nicht nach § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG in Verbindung mit § 139 ZPO verpflichtet, den Markeninhaber im Löschungsverfahren auf die Sachdienlichkeit einer Einschränkung des Waren- oder Dienstleistungsverzeichnisses hinzuweisen. Im Rechtsbeschwerdeverfahren ist die Entscheidung des Bundespatentgerichts daher auch nicht aufzuheben, um dem Markeninhaber Gelegenheit zur Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses zu geben.

Aus der Urteilsbegründung:

Liegen die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht vor, kann der Marke nicht wegen eines allgemein von den Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG losgelösten Freihaltebedürfnisses oder einer dem Urheberrecht entlehnten Gemeinfreiheit der Schutz nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt oder entzogen werden.

Da nicht auszuschließen ist, dass die Annahme fehlender Unterscheidungskraft durch das Bundespatentgericht vom Gedanken eines allgemeinen Freihaltebedürfnisses an der Bezeichnung von Gegenständen mit überragendem kulturellen Wert beeinflusst worden ist, kann die Entscheidung auch insoweit keinen Bestand haben.

Auf die Rechtsbeschwerde des Markeninhabers ist der angefochtene Beschluss unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise aufzu-heben und die Sache an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen (§ 89 Abs. 4 Satz 1 MarkenG). Dieses wird die erforderlichen Feststellungen zur Beurteilung des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG insoweit nachzuholen und auch zu prüfen haben, ob für die noch in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen beispielsweise für Transportwesen ein Freihal-tebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht oder die Voraussetzungen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG vorliegen.

Schutzgegenstand des Gemeinschaftsgeschmacksmusters

In seiner Entscheidung in der Rechtssache I ZR 124/10 – Weinkaraffe stellt der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs klar, dass kein eigenständiger Schutz für Teile (hier: eine Karaffe) des eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters (hier: Set aus Karaffe und Sockel) besteht. Einen solchen Schutz würde nur ein separates (Gemeinschafts-)Geschmacksmuster für das entsprechende Teil bieten.

Besondere Bedeutung für die Praxis der Geschmacksmusteranmeldung dürften jedoch die – nicht in den Leitsätzen erwähnten – Ausführungen zur Bedeutung der (fakultativen) Beschreibung haben. So wird in Rz. 24-25 der Entscheidung ausgeführt: „Als Auslegungshilfe kann insbesondere die (fakultative) Beschreibung … herangezogen werden, die bestimmungsgemäß der Erläuterung der Wiedergabe dient.“ Auch wenn nach Art. 36 Abs. 6 GGV die Beschreibung den Schutzumfang nicht beeinträchtige, sei „jedoch nicht ausgeschlossen, diese Angaben zur Bestimmung des Schutzgegenstandes des Geschmacksmusters heranzuziehen.“ Trotz der Regelung des Art. 36 Abs. 6 GGV sollte somit die Bedeutung der Beschreibung für die Anmeldung eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters nicht unterschätzt werden.

EuGH, C-128/11 – Gebrauchthandel mit Softwarelizenzen

EuGH, Urteil v. 3.7.2012, C-128/11 – Gebrauchthandel mit Softwarelizenzen

Auszüge aus der Urteilsbegründung bzgl. der Vorlagefragen aus BGH, Beschluss vom 3. Februar 2011 – I ZR 129/08 – Oracle ./. UsedSoft:

Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24 bestimmt, dass sich mit dem Erstverkauf einer Programmkopie in der Union durch den Urheberrechtsinhaber oder mit seiner Zustimmung das Recht auf die Verbreitung dieser Kopie in der Union erschöpft.

Zur Frage, ob in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens durch die fraglichen Geschäfte das Eigentum an der Kopie des Computerprogramms übertragen wird, ist festzustellen, dass aus der Vorlageentscheidung hervorgeht, dass der Kunde von Oracle, der die Kopie des betreffenden Computerprogramms herunterlädt und mit Oracle einen Lizenzvertrag über die Nutzung dieser Kopie abschließt, gegen Zahlung eines Entgelts ein unbefristetes Recht zur Nutzung dieser Kopie erhält. Dadurch, dass Oracle eine Kopie des Computerprogramms zugänglich macht und ein entsprechender Lizenzvertrag abgeschlossen wird, soll diese Kopie für die Kunden von Oracle gegen Zahlung eines Entgelts, das es dem Urheberrechtsinhaber ermöglichen soll, eine dem wirtschaftlichen Wert der Kopie des ihm gehörenden Werkes entsprechende Vergütung zu erzielen, dauerhaft nutzbar gemacht werden.

Unter diesen Umständen wird durch die in Randnr. 44 des vorliegenden Urteils erwähnten, in ihrer Gesamtheit geprüften Geschäfte das Eigentum an der Kopie des betreffenden Computerprogramms übertragen.

Insoweit spielt es in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens keine Rolle, ob dem Kunden die Kopie des Computerprogramms vom Rechtsinhaber über das Herunterladen von dessen Internetseite oder über einen materiellen Datenträger wie eine CD-ROM oder DVD zur Verfügung gestellt wird. Selbst wenn der Rechtsinhaber auch in diesem letztgenannten Fall das Recht des Kunden, die Kopie des gelieferten Computerprogramms zu nutzen, formell von dem Geschäft trennt, das darin besteht, die Kopie dieses Programms auf einem materiellen Datenträger an den Kunden zu übertragen, bleiben für den Erwerber aus den in Randnr. 44 des vorliegenden Urteils genannten Gründen das Geschäft, das im Heraufladen einer Kopie des Computerprogramms vom Datenträger besteht, und das Geschäft, das im Abschluss eines Lizenzvertrags besteht, untrennbar miteinander verbunden. Da der Erwerber, der eine Kopie des Computerprogramms von einem materiellen Datenträger wie einer CD-ROM oder DVD herauflädt und für diese Kopie einen entsprechenden Lizenzvertrag schließt, das Recht erhält, sie gegen Zahlung eines Entgelts unbefristet zu nutzen, ist davon auszugehen, dass durch diese beiden Geschäfte, wenn eine Kopie des betreffenden Computerprogramms auf einem materiellen Datenträger wie einer CD-ROM oder DVD zur Verfügung gestellt wird, ebenfalls das Eigentum an dieser Kopie übertragen wird.

Gleichwohl bewirkt der Abschluss eines Wartungsvertrags wie der des Ausgangsverfahrens anlässlich des Verkaufs einer nichtkörperlichen Programmkopie, dass die ursprünglich gekaufte Kopie repariert und aktualisiert wird. Selbst wenn der Wartungsvertrag befristet ist, sind die aufgrund eines solchen Vertrags verbesserten, veränderten oder ergänzten Funktionen Bestandteil der ursprünglich heruntergeladenen Kopie und können von deren Erwerber ohne zeitliche Begrenzung genutzt werden, und zwar auch dann, wenn der Erwerber später beschließt, seinen Wartungsvertrag nicht zu verlängern.

Es ist jedoch daran zu erinnern, dass, wie in den Randnrn. 69 bis 71 des vorliegenden Urteils ausgeführt, die Erschöpfung des Verbreitungsrechts nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24 den Ersterwerber nicht dazu berechtigt, die von ihm erworbene Lizenz, falls sie für eine seinen Bedarf übersteigende Zahl von Nutzern gilt, aufzuspalten und das Recht zur Nutzung des betreffenden Computerprogramms nur für eine von ihm bestimmte Nutzerzahl weiterzuverkaufen.

Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass der Urheberrechtsinhaber, also Oracle, beim Weiterverkauf einer Nutzungslizenz durch den Weiterverkauf einer von seiner Internetseite heruntergeladenen Programmkopie berechtigt ist, mit allen ihm zur Verfügung stehenden technischen Mitteln sicherzustellen, dass die beim Verkäufer noch vorhandene Kopie unbrauchbar gemacht wird.

BGH, I ZR 6/11 – Kommunikationsdesigner: Rechte der Miturhebergesellschaft

BGH, Urteil vom 23. Februar 2012 – I ZR 6/11 – Kommunikationsdesigner

Amtlicher Leitsatz:

Urheber, die ihre Werke durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts verwerten, deren alleinige Gesellschafter sie sind, können – falls die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist – in entsprechender Anwendung des § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG von dem Vertragspartner der Gesellschaft die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, um auf diese Weise eine angemessene Vergütung für die Werknutzung zu erreichen.

BGH, X ZR 131/09 – Desmopressin

BGH, Urteil X ZR 131/09 – Desmopressin

Zum Thema Vorbenutzungsrecht nach § 12 Abs. 1 PatG:

a) Die nach § 12 Abs. 1 PatG für den Erwerb eines Vorbenutzungsrechts erforderliche Benutzung oder Veranstaltung setzt voraus, dass der Handelnde selbständigen Erfindungsbesitz erlangt hat. Erfindungsbesitz ist gegeben, wenn die sich aus Aufgabe und Lösung ergebende technische Lehre objektiv fertig und subjektiv erkannt worden ist, dass die tatsächliche Ausführung der Erfindung möglich ist.

b) Die für den Erfindungsbesitz erforderliche subjektive Erkenntnis liegt vor, wenn das Handeln planmäßig auf die Verwirklichung einer technischen Lehre gerichtet ist, die alle Merkmale des erfindungsgemäßen Gegenstandes verwirklicht (hier: eine bestimmte Rezeptur für eine pharmazeutische Zusammensetzung). Ob der Handelnde darüber hinaus Kenntnis von Wirkungen hat, die nach den Angaben in der Beschreibung mit der Verwirklichung des erfindungsgemäßen Gegenstandes verbunden sind (hier: eine mit der Beachtung einer Obergrenze für den Oxidationsmittelgehalt erreichte bessere Haltbarkeit), ist unerheblich.

Abstimmung über EU-Patent vertagt

Das EU-Parlament wird am Mittwoch nicht wie geplant über den Gesetzesentwurf zum EU-Patent abstimmen (siehe Presseerklärung vom 2.7.2012). Die Abstimmung wurde vertagt. Zu der Vertagung kam es, weil der Rat in letzter Minute zentrale Passagen der Gesetzesvorlage streichen wollte. Von der Streichung betroffen sind die Artikel 6 bis 8 des Gesetzesentwurfes. Diese Artikel betreffen das Recht, die unmittelbare und mittelbare Benutzung der Erfindung zu verbieten, sowie Beschränkungen der Wirkungen des Europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung.