BGH, I ZR 38/24 -Sonntagsverkauf im Gartencenter

BGH, Urteil vom 5. Dezember 2024 – I ZR 38/24 – Sonntagsverkauf im Gartencenter

Amtliche Leitsätze:

a) Über die Zulässigkeit der Öffnung einer Verkaufsstelle an Sonn- und Feiertagen nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW entscheidet das dort angebotene Kernsortiment, nicht aber das ergänzend dazu angebotene Randsortiment.


b) Die Zugehörigkeit von Waren zum Randsortiment im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW richtet sich nach deren hauptsächlicher Zweckbestimmung und nicht danach, in welcher Weise sie darüber hinaus noch genutzt werden können. Waren des nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW zulässigen Randsortiments müssen weder zum sofortigen Ge- und Verbrauch bestimmt sein, noch müssen sie gleichzeitig oder kombiniert mit Waren des Kernsortiments erworben werden.

BGH, I ZR 135/23 – Herausgeberanteil

BGH, Beschluss vom 21. November 2024 – I ZR 135/23 – Herausgeberanteil

Amtlicher Leitsatz:

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167 vom 22. Juni 2001, S. 10), von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2006/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums (ABl. L 376 vom 27. Dezember 2006, S. 28) sowie von Art. 11 Abs. 4 und Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2014/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für Rechte an Musikwerken für die Online-Nutzung im Binnenmarkt (ABl. L 84 vom 20. März 2014,
S. 72) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist es mit Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG, mit Art. 6
Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2006/115/EG sowie mit Art. 11 Abs. 4 und
Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2014/26/EU vereinbar, wenn nach einer
Vorschrift des nationalen Rechts [§ 32 (1) VGG → Förderung kulturell bedeutender Werke] eine Verwertungsgesellschaft kulturell
bedeutende Werke fördern soll und dies zur Folge hat, dass auch Empfänger in den Genuss der Förderung gelangen, die (jedenfalls noch)
nicht zum Kreis der Rechtsinhaber zählen?

Für den Fall, dass die Erbringung sozialer, kultureller oder bildungsbezogener Leistungen gemäß Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2014/26/EU nur an Rechtsinhaber zulässig ist: Ist die Zulässigkeit der Erbringung solcher Leistungen davon abhängig, dass der Empfänger dieser Leistungen einen gegenwärtigen Vergütungsanspruch innehat, oder reicht die Inhaberschaft eines gegenwärtig nicht zu vergütenden Urheberrechts
oder verwandten Schutzrechts aus? Setzt die Zulässigkeit solcher Leistungen das Bestehen eines Wahrnehmungsvertrags mit der Verwertungsgesellschaft voraus?

BGH, I ZR 112/23- Manhattan Bridge

BGH, Entscheidung vom 23.10.2024 – I ZR 112/23- Manhattan Bridge

Amtliche Leitsätze:

a) Die unionsrechtlichen Grundsätze der Haftung von Video-Sharing– und Sharehosting-Plattformen für eine öffentliche Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Juni 2021 – C-682/18 und C-683/18, GRUR 2021, 1054 = WRP 2021, 1019 – YouTube und Cyando;
BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 – I ZR 53/17, BGHZ 233, 373 [juris Rn. 17 f.] – uploaded II; BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 – I ZR 140/15, BGHZ 234, 56 [juris Rn. 70 f.] – Youtube II) sind auf die Haftung von Online-Marktplätzen übertragbar.

b) Der Betreiber eines Online-Marktplatzes ist – wie der einer Video-Sharing- und Sharehosting-Plattform – grundsätzlich verpflichtet, nach einem klaren Hinweis auf eine Rechtsverletzung die dort
eingestellten Angebote im Rahmen des technisch und wirtschaftlich Zumutbaren auf gleichartige Verletzungen zu überprüfen und rechtsverletzende Inhalte zu sperren oder zu löschen. Bei Übertragung der für Video-Sharing- und Sharehosting-Plattformen geltenden Rechtsprechung muss den Besonderheiten von Online-Marktplätzen jedoch Rechnung getragen werden. Soweit nicht der angebotene Gegenstand selbst urheberrechtsverletzend ist, sondern das Angebot lediglich in einer
urheberrechtsverletzenden Weise präsentiert wird, erstreckt sich die Prüfungspflicht des Plattformbetreibers im Regelfall allein auf gleichartig präsentierte Angebote, nicht aber auf jegliche Darstellungen des urheberrechtlich geschützten Werks.


c) Die Grundsätze der Haftung von Plattformen für eine öffentliche Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke sind nicht auf eine Vervielfältigung eines urheberrechtlich geschützten Werks auf
den Servern einer solchen Plattform übertragbar. Es verbleibt insoweit bei einer Haftung nach den strafrechtlichen Grundsätzen der Täterschaft und Teilnahme.

Aus der Urteilsbegründung:

Im vorliegenden Fall klagte ein britischer Fotograf gegen den Betreiber eines deutschen Online-Marktplatzes, weil ein von ihm aufgenommenes und urheberrechtlich geschütztes Foto („Manhattan Bridge“) auf der Plattform in Produktangeboten von Dritten ohne seine Zustimmung und ohne Nennung seiner Urheberschaft verwendet wurde. Der Kläger forderte den Plattformbetreiber zur Unterlassung, Schadensersatz und zur Entfernung des Bildes auf. Der Bundesgerichtshof entschied, dass der Marktplatzbetreiber haftet, weil er nach einem Hinweis auf die Rechtsverletzung das Bild nicht gelöscht und keine ausreichenden Maßnahmen getroffen hatte, um ähnliche Verstöße zu verhindern. Eine Haftung für die Vervielfältigung des Bildes lehnte das Gericht jedoch ab, da die Verkäufer selbst die Vervielfältigungsstücke hochgeladen hatten und der Betreiber somit nicht als direkter Hersteller der Kopien angesehen werden konnte.

LG Hamburg, 310 O 227/23

LG Hamburg, Urteil vom 27.09.2024 – 310 O 227/23

Nicht-amtliche Leitsätze:

1. Die Schrankenregelung des § 60d UrhG erlaubt die Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Werke für Text- und Data-Mining, sofern diese durch gemeinnützige Forschungsorganisationen für wissenschaftliche Zwecke erfolgt und keine kommerziellen Zwecke verfolgt werden. Die Bereitstellung des resultierenden Datensatzes für die Öffentlichkeit zu Forschungszwecken steht der Anwendbarkeit dieser Schranke nicht entgegen.

2. Eine Vervielfältigungshandlung ist nicht durch die Schrankenregelung des § 44a UrhG gedeckt, wenn sie weder flüchtig noch begleitend ist. Eine gezielte, programmierte Speicherung und Verarbeitung urheberrechtlich geschützter Inhalte zum Zwecke der Analyse ist keine flüchtige oder begleitende Nutzung im Sinne des § 44a UrhG.

3. Die Schrankenregelung des § 44b Abs. 2 UrhG erlaubt die Vervielfältigung digitaler Werke für Text- und Data-Mining, sofern sie der automatisierten Analyse zur Gewinnung von Informationen über Muster, Trends und Korrelationen gemäß § 44b Abs. 1 UrhG dient. Die Erkennung von Korrelationen zwischen Werkbestandteilen, wie Bild-Text-Beziehungen, fällt unter die privilegierten Zwecke dieser Schranke.

4. Eine teleologische Reduktion des § 44b UrhG, die die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke für das Training von Künstlicher Intelligenz (KI) ausschließt, ist nicht geboten. Die Schranke des § 44b UrhG umfasst auch die Gewinnung von Korrelationen zwischen Werkbestandteilen, ohne dass zwingend eine Nutzung des geistigen Inhalts des Werkes beabsichtigt ist.

5. Ein Nutzungsvorbehalt im Sinne des § 44b Abs. 3 UrhG muss ausdrücklich und maschinenlesbar erklärt werden, um die Anwendung der Schrankenregelung auszuschließen. Der Vorbehalt muss konkret formuliert sein, sodass er automatisiert und zweifelsfrei als Einschränkung für Text- und Data-Mining erkannt werden kann.

Aus der Urteilsbegründung:

Das Urteil des LG Hamburg vom 27.09.2024 (Az. 310 O 227/23) befasst sich mit der Frage, ob die Vervielfältigung einer Fotografie, die von einem gemeinnützigen Verein zur Erstellung eines KI-Trainingsdatensatzes heruntergeladen und analysiert wurde, eine urheberrechtliche Verletzung darstellt oder durch die Schrankenregelungen der §§ 44a, 44b und 60d UrhG gedeckt ist.

Der Kläger, der Urheber der streitgegenständlichen Fotografie, klagte gegen die Vervielfältigung seines Bildes durch den Beklagten. Das Bild war auf der Webseite einer Bildagentur öffentlich mit Wasserzeichen einsehbar und wurde vom Verein im Rahmen der Erstellung eines Datensatzes für KI-Trainingszwecke analysiert und verwendet. Der Kläger argumentierte, dass die Nutzung ohne seine Zustimmung eine Verletzung seiner Verwertungsrechte darstelle und dass die Schranken des UrhG, insbesondere § 44a und § 44b, diese Nutzung nicht decken.

Das Gericht prüfte zunächst die Anwendbarkeit des § 44a UrhG, der vorübergehende Vervielfältigungshandlungen erlaubt, die flüchtig und begleitend sind. Es entschied, dass diese Schranke im vorliegenden Fall nicht greift, da die Vervielfältigung gezielt und dauerhaft zur Analyse der Bild-Text-Paare erfolgte. Die Speicherung war nicht nur flüchtig, sondern bewusst programmiert und aktiv gesteuert. Zudem war der Download der Bilder kein bloßer Nebenschritt, sondern ein eigenständiger Vorgang, der primär dem Zweck der Analyse diente. Somit wurde die Anwendbarkeit des § 44a UrhG verneint.

Zur Anwendbarkeit des § 44b UrhG stellte das Gericht fest, dass die Vervielfältigung grundsätzlich dem Text- und Data-Mining gemäß § 44b Abs. 1 UrhG entsprach, da die Analyse darauf abzielte, Korrelationen zwischen Bildinhalten und Beschreibungen zu gewinnen, was die Voraussetzungen des § 44b Abs. 2 UrhG erfüllt hätte. Allerdings äußerte das Gericht Zweifel an der Anwendung dieser Schrankenregelung aufgrund eines möglichen Nutzungsvorbehalts der Bildagentur nach § 44b Abs. 3 UrhG. Dieser Vorbehalt, der auf der Webseite der Bildagentur formuliert war, untersagte automatisierte Zugriffe, einschließlich Webscraping. Fraglich war jedoch, ob dieser Vorbehalt ausreichend konkret und maschinenlesbar formuliert war, um als wirksamer Nutzungsvorbehalt gemäß § 44b Abs. 3 UrhG zu gelten. Da die genaue technische Erfassbarkeit des Vorbehalts in natürlicher Sprache und die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen nicht eindeutig war, ließ das Gericht diese Frage offen.

Letztlich entschied das Gericht, dass eine abschließende Prüfung des § 44b UrhG entbehrlich sei, da die Schrankenregelung des § 60d UrhG, die Text- und Data-Mining für wissenschaftliche Zwecke erlaubt, im vorliegenden Fall greift. Der Beklagte agierte als gemeinnütziger Verein mit wissenschaftlicher Zielsetzung und verfolgte keine kommerziellen Zwecke. Da der Datensatz kostenfrei und für die Forschung zur Verfügung gestellt wurde, bejahte das Gericht die Voraussetzungen des § 60d UrhG, der die Vervielfältigungshandlung unabhängig von den Regelungen des § 44b UrhG deckt.

BGH, I ZR 179/22 – Microstock-Portal

BGH, Urteil vom 15. Juni 2023 – I ZR 179/22 – Microstock-Portal

Gerichtliche Leitsätze:

a) Das Recht des Urhebers auf Anbringung der Urheberbezeichnung gemäß § 13 Satz 2 UrhG ist in seinem Kern unverzichtbar. Daraus, dass der Urheber nach § 13 Satz 2 UrhG bestimmen kann, ob das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen und welche Bezeichnung zu verwenden ist, ergibt sich jedoch, dass es ihm außerhalb dieses unverzichtbaren Kerns grundsätzlich freisteht, durch ausdrücklich oder stillschweigend getroffene vertragliche Vereinbarungen mit dem Werkverwerter auf die Ausübung dieses Rechts zu verzichten oder in dieses Recht beeinträchtigende Nutzungen einzuwilligen.

b) Solche Vereinbarungen unterliegen allerdings Grenzen, deren Überschreitung gemäß § 138 Abs. 1 BGB und – soweit Allgemeine Geschäftsbedingungen in Rede stehen – gemäß § 307 Abs. 1 und 2 BGB zur Unwirksamkeit der Vereinbarung führt.

c) Im Rahmen der bei der Prüfung dieser Bestimmungen vorzunehmenden Gesamtabwägung sind sowohl die Interessen von Urheber und Vertragspartner als auch die jeweiligen vertragsrelevanten Umstände wie die Art des Werks sowie der Zweck und die Dauer der Vereinbarung in den Blick zu nehmen. Zu berücksichtigen sind der sachliche und zeitliche Umfang der in Rede stehenden Einschränkung des Namensnennungsrechts. Dabei kommt es etwa darauf an, ob die Einschränkung nur bestimmte Werke oder bestimmte Nutzungen betrifft und nur für eine bestimmte Zeit gelten oder widerruflich sein soll oder aber der Urheber sich pauschal und dauerhaft zum Verzicht auf die Ausübung seines Namensnennungsrechts verpflichtet hat. Im Rahmen der Abwägung können zudem Verkehrsgewohnheiten und Branchenübungen berücksichtigt werden.

BGH, I ZR 135/18 – uploaded III

BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 – I ZR 135/18 – uploaded III

Amtliche Leitsätze:

a) Ergreift der Betreiber einer Sharehosting-Plattform, obwohl er vom Rechtsinhaber darauf hingewiesen wurde, dass ein geschützter Inhalt über seine Plattform rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht wurde, nicht unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen, um den Zugang zu diesem Inhalt durch Löschung oder Sperrung zu verhindern, nimmt er selbst eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 UrhG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG vor. Für den durch Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2001/29/EG vollharmonisierten Bereich tritt mithin die Haftung als Täter an die Stelle der bisherigen Störerhaftung (im Anschluss an EuGH, Urteil vom 22. Juni 2021 – C-682/18 und C-683/18, GRUR 2021, 1054 Rn. 85 und 102 = WRP 2021, 1019 – YouTube und Cyando).

b) Die schon bisher für die Störerhaftung geltenden, an den Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung zu stellenden Anforderungen sind auf die Prüfung der öffentlichen Wiedergabe übertragbar.

c) Die zur täterschaftlichen Haftung des Betreibers einer Sharehosting-Plattform wegen einer öffentlichen Wiedergabe im Sinne von § 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 UrhG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG führende Verletzung der durch einen Hinweis des Rechtsinhabers ausgelösten Prüfungspflicht umfasst neben der Pflicht zur unverzüglichen Verhinderung des Zugangs zur konkret beanstandeten Datei und zu weiteren, im Zeitpunkt der Beanstandung bereits hochgeladenen gleichartigen rechtsverletzenden Inhalten auch die Pflicht zur Vorsorge, dass es künftig nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen kommt.

BGH, I ZR 214/20 – Dr. Stefan Frank

BGH, Urteil vom 21. April 2022 – I ZR 214/20 – Dr. Stefan Frank

Amtliche Leitsätze:

a) Für die Beurteilung, ob Verträge über die Komposition und Produktion von Musik für eine Fernsehserie sowie die Einräumung der Nutzungsrechte an der Musik und deren Verlag wegen eines auffälligen Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung sittenwidrig im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB sind, ist auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen. Zu diesem Zeitpunkt nicht absehbare Entwicklungen bleiben außer Betracht.

b) Die in Form Allgemeiner Geschäftsbedingungen in einem Vertrag über die Komposition und Produktion von Musik für eine Fernsehserie sowie die Einräumung der Nutzungsrechte an der Musik vorgesehene Verpflichtung zum Abschluss eines Verlagsvertrags unterliegt nach § 8 AGBG aF (jetzt: § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB) als privatautonome Gestaltung des vertraglichen Leistungsprogramms nicht der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle.

BGH, I ZR 222/20 – Porsche 911

BGH, Urteil vom 7. April 2022 – I ZR 222/20 – Porsche 911

Amtliche Leitsätze:

a) Der Begriff der Nutzung im Sinne von § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG ist dahingehend auszulegen, dass Erträge oder Vorteile aus einer Nutzung, die nicht in den Schutzbereich eines Verwertungsrechts des Urhebers eingreifen, keinen Anspruch gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG auf weitere angemessene Beteiligung des Urhebers begründen können.

b) Die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur Abgrenzung der freien Benutzung von der (unfreien) Bearbeitung gelten für Werke im Sinne von § 2 UrhG auch nach der durch das Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes vom 31. Mai 2021 (BGBl. I S. 1204) vorgenommenen Streichung des § 24 UrhG aF und der Änderung des § 23 UrhG in der Sache mit der Maßgabe weiter, dass das Kriterium des „Verblassens“ unionsrechtskonform im Sinne des Kriteriums einer fehlenden Wiedererkennbarkeit der schutzbegründenden eigenschöpferischen Elemente zu verstehen ist.

BGH, I ZB 93/20 – Werknutzer

BGH, Beschluss vom 17. Juni 2021 – I ZB 93/20 – Werknutzer

Amtliche Leitsätze:

a) Werknutzer im Sinne des § 36 Abs. 1 Satz 1 UrhG ist nicht nur der urhebervertragsrechtliche Vertragspartner des Urhebers, sondern auch ein Sendeunternehmen, das sich bei einer Auftragsproduktion vom Produktionsunternehmen die umfassenden Nutzungsrechte an dem hergestellten Werk einräumen lässt.

b) Der in § 36 Abs. 1 Satz 3 UrhG angeordnete Vorrang von Tarifverträgen vor gemeinsamen Vergütungsregeln besteht nur in dem persönlichen, räumlichen, sachlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Tarifverträge. Der persönliche Geltungsbereich beschränkt sich bei unterbliebener Allgemeinverbindlicherklärung gemäß § 5 TVG auf das Verhältnis der tarifvertragsschließenden Parteien und ihrer Mitglieder. Für die individualvertragliche Einbeziehung von Tarifverträgen gilt der in § 36 Abs. 1 Satz 3 UrhG geregelte Vorrang nicht.

c) Die Einleitung eines Schlichtungsverfahrens nach § 36a Abs. 3 UrhG für die Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregeln nach § 36 Abs. 1 UrhG ist möglich, wenn die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke in Betracht kommt, ohne dass es der Feststellung konkreter Nutzungshandlungen bedarf. Die Einleitung des Schlichtungsverfahrens setzt ferner nicht voraus, dass Urheber in der betroffenen Produktionsform typischerweise nicht nur untergeordnete urheberrechtliche Leistungen erbringen

BGH, I ZR 119/20 – Lautsprecherfoto

BGH, Urteil vom 27. Mai 2021 – I ZR 119/20 – Lautsprecherfoto

Amtlicher Leitsatz:

Das für die Prüfung der öffentlichen Zugänglichmachung relevante Kriterium „recht viele Personen“ ist nicht erfüllt, wenn ein Produktfoto, dass zunächst von einem Verkäufer urheberrechtsverletzend auf einer Internethandelsplattform im Rahmen seiner Verkaufsanzeige öffentlich zugänglich gemacht worden war, nach Abgabe einer Unterlassungserklärung des Verkäufers nur noch durch die Eingabe einer rund 70 Zeichen umfassenden URL-Adresse im Internet zugänglich war und nach der Lebenserfahrung davon auszugehen ist, dass die URL-Adresse nur von Personen eingegeben wird, die diese Adresse zuvor – als das Foto vor Abgabe der Unterlassungserklärung noch im Rahmen der Anzeige des Verkäufers frei zugänglich gewesen war – abgespeichert oder sie sonst in irgendeiner Weise kopiert oder notiert haben, oder denen die Adresse von solchen Personen mitgeteilt worden war.