Autor: Dr. Martin Meggle-Freund

BPatG, 6 W (pat) 312/06 – Kostenauferlegung im Einspruchsverfahren nach Patentverzicht

BPatG, Entsch. v. 7. April 2009  – 6 W (pat) 312/06

Amtliche Leitsätze:

1. Die Auferlegung der Kosten des Einspruchsverfahrens gem. § 62 Abs. 1 Satz 1 PatG erfordert stets die Feststellung von Tatsachen, die es – abweichend vom Normalsfall – aus Billigkeitsgründen rechtfertigen, die Kosten ganz oder teilweise ausnahmsweise einem der Beteiligten aufzuerlegen.

2. Der Verzicht auf das Streitpatent am Tag vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung stellt für sich genommen keinen Verstoß gegen prozessuale Sorgfaltspflichten dar, der zur Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen gem. § 62 Abs. 1 Satz 1 und 2 PatG führt.

siehe auch: Kosten des Einspruchsverfahrens (ipwiki.de)

BPatG, 33 W (pat) 21/07 – Trüffelpralinen (Mehrfachslogan)

BPatG, Entsch. v. 31. März 2009 – 33 W (pat) 21/07  – Trüffelpralinen

1. Die Erste Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 (Markenrichtlinie) und das zur Umsetzung der Richtlinie erlassene Markengesetz enthalten – anders als das Patentgesetz mit § 34 Abs. 5 – keine Vorschrift, welche die fehlende Einheitlichkeit als Eintragungshindernis normiert. Daher stellt die Einheitlichkeit eines Zeichens kein zulässiges Kriterium bei der Prüfung der Schutzfähigkeit dar.

2. Einer komplexen Gesamtwortfolge, die aus mehreren Slogans ohne ersichtlichen Zusammenhang besteht, fehlt regelmäßig die Unterscheidungskraft, weil der Verkehr an entsprechende Mehrfachslogans als Kennzeichnung nicht gewöhnt ist.

3. Der Wortfolge

Die Vision: EINZIGARTIGES ENGAGEMENT IN TRÜFFELPRALINEN
Der Sinn: Jeder weiß WAS wann zu tun ist und was NICHT zu tun ist
Der Nutzen: Alle tun das RICHTIGE zur richtigen Zeit

fehlt die Unterscheidungskraft in Bezug auf verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 30, 35 und 42, auch wenn sich ein waren- und dienstleistungsbeschreibender Zusammenhang nicht oder nicht in Bezug auf alle drei in der angemeldeten Marke enthaltenden Slogans herstellen lässt.

siehe auch: Werbeslogans (ipwiki.de)

BGH, X ZR 95/05 – Straßenbaumaschine

BGH, Urt. v. 31. März 2009 – X ZR 95/05 – Straßenbaumaschine

Amtlicher Leitsatz:

Die Patentverletzungsklage darf nicht mit der Begründung abgewiesen werden, Angaben des Patentanspruchs seien unklar und ihr Sinngehalt sei unaufklärbar.

siehe auch: Rechtsnormcharakter eines erteilten Patentanspruchs, Unklarheit eines erteilten Patentanspruchs (ipwiki.de)

BGH, I ZR 11/06 – raule.de

BGH, Urt. v. 23. Oktober 2008 – I ZR 11/06

Amtlicher Leitsatz:

Als Namensträger, der – wenn er seinen Namen als Internetadresse hat registrieren lassen – einem anderen Namensträger nicht weichen muss, kommt auch der Träger eines ausgefallenen und daher kennzeichnungskräftigen Vornamens (hier: Raule) in Betracht.

siehe auch: Prioritätsgrundsatz, Unbefugter Namensgebrauch durch Registrierung eines fremden Namens als Domainnamens

EPA, Vorlagefragen der Juristischen Beschwerdekammer, J 8/07 – Verfahrenssprache internationaler Anmeldungen

Entscheidung der Juristischen Beschwerdekammer vom 8. Dezember 2008 J 8/07 – 3.1.01

Der Großen Beschwerdekammer werden folgende Rechtsfragen vorgelegt:

1. Wenn eine internationale Patentanmeldung nach dem Vertrag über die internationale
Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens (PCT)
in einer Amtssprache des Europäischen Patentamts (EPA) eingereicht und veröffentlicht wurde, kann der Anmelder dann beim Eintritt dieser Anmeldung in die regionale Phase vor dem EPA deren Übersetzung in eine andere Amtssprache des EPA einreichen, die damit ab diesem Zeitpunkt als Verfahrenssprache gilt, die in allen Verfahren vor den Instanzen des EPA zu verwenden ist?

2. Falls diese Frage verneint wird: Können die Organe des EPA im schriftlichen Verfahren
zu einer europäischen Patentanmeldung (oder zu einer internationalen Anmeldung in der regionalen Phase) eine andere Amtssprache des EPA verwenden als die Verfahrenssprache der Anmeldung?

3. Falls die zweite Frage bejaht wird: Nach welchen Kriterien wird bestimmt, welche Amtssprache verwendet wird?

Müssen insbesondere die Organe des EPA einem solchen Antrag eines oder der Beteiligten
stattgeben?

BPatG, 29 W (pat) 67/07 – Bleistift mit Kappe laut BPatG als Warenformmarke eintragungsfähig

BPatG, Entsch. v. 10.12.2008 – 29 W (pat) 67/07 – Bleistift mit Kappe

Der 29. Senat des Bundespatentgerichts hat die Eintragungsfähigkeit einer weiteren Warenformmarke bestätigt:

Aus den Entscheidungsgründen:

… Es ist zwar nicht zu verkennen, dass es ausweislich der in dem angegriffenen Beschluss genannten Belege und der Recherchen des Senats vielfältige Gestaltungen von Stiften gibt. So finden sich gerade im Hochpreissegment Füllfederhalter, Rollerballs, Gel-Schreiber, Druck- und Drehbleistifte bzw. -kugelschreiber mit besonders ausgestalteten Enden und Bügeln, die teilweise ähnlich wie bei dem angemeldeten Zeichen die Form eines Bogens aufweisen. Allerdings vermitteln sie einen deutlich anderen Gesamteindruck als das angemeldete Zeichen. Bleistifte von Mitbewerbern haben einen wesentlich geringeren Umfang der Kappe und anderes Material als der angemeldete Stift, der vornehmlich aus leichtem Holz und die Kappe aus schwerem Metall gefertigt ist. Auch ist der Radiergummi an den Umfang des Stifts angepasst und damit im Gegensatz zu den Konkurrenzprodukten nicht groß genug, um als Gegenpol zur Kappe wirken zu können … [-> Unterscheidungskraft einer Warenformmarke]

… Vielmehr verfügt das angemeldete Zeichen auf Grund der Kombination eines Holzstiftes mit einer sich charakteristisch verbreiternden Metallkappe und auf Grund der Verbindung verschiedenster Ausstattungselemente über eine ungewöhnliche Formgebung und ein besonderes Aussehen. Wenn keines der branchenüblichen Modelle auch nur annähernd dem
Gesamteindruck der beanspruchten Form nahekommt, besteht kein Grund zu der Annahme, dass die spezielle Formgebung sich innerhalb der auf dem Warengebiet üblichen Formenvielfalt hält … [-> Freihaltebedürfnis an Warenformen]

OLG Stuttgart, 2 U 47/08 – Ergänzender wettbewerblicher Leistungsschutz für ein Fußballspiel

OLG Stuttgart, Urteil vom 19.3.2009, 2 U 47/08

Aus der Urteilsbegründung:

Unter den Begriff der Waren und Dienstleistungen fallen auch nichtkörperliche Darbietungen wie Aufführungen und Sendungen.

Profifußballspiele sieht ersichtlich auch der BGH aus dem Aspekt der „Schaffung des Marktes für die »Übertragung« von Fernsehrechten“ unter dem Schutz des § 1 UWG a.F. stehend an4), und er spricht von dem Spiel in anderem Zusammenhang als einer Leistung 5) bzw. einer gewerblichen Leistung der Vermarktung des Spiels

Zwar stellt ein Sportereignis wie ein Fußballspiel als solches noch keinen wirtschaftlichen Wert dar. Der wirtschaftliche Wert besteht allein in der Möglichkeit, die Wahrnehmung des Spiels in Bild und Ton durch das sportinteressierte Publikum – sei es durch den Stadionbesucher, sei es durch den Fernsehzuschauer oder den Hörer, der sich mit Hilfe des Radios über Stand und Verlauf des Spiels unterrichtet – zu verwerten. Müsste der Veranstalter Übertragungen oder Berichterstattungen unentgeltlich ermöglichen, wäre ihm auch im Amateurbereich ein Teil der wirtschaftlichen Verwertung seiner Leistung genommen. Das wird insbesondere bei der Fernsehübertragung deutlich, die es dem Fernsehzuschauer ermöglicht, das Fußballspiel optisch und akustisch mitzuerleben, ohne im Stadion anwesend zu sein (BGHZ 165, 62, 73 = GRUR 2006, 249, 251 f. – [Hörfunkrechte]). Die Internetberichterstattung kann in diesem Bezug nicht anders beurteilt werden.

siehe auch: Ergänzender wettbewerblicher Leistungsschutz (§ 4 Nr. 9 UWG)