BGH, I ZR 6/11 – Kommunikationsdesigner: Rechte der Miturhebergesellschaft

BGH, Urteil vom 23. Februar 2012 – I ZR 6/11 – Kommunikationsdesigner

Amtlicher Leitsatz:

Urheber, die ihre Werke durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts verwerten, deren alleinige Gesellschafter sie sind, können – falls die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist – in entsprechender Anwendung des § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG von dem Vertragspartner der Gesellschaft die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, um auf diese Weise eine angemessene Vergütung für die Werknutzung zu erreichen.

BGH, X ZR 131/09 – Desmopressin

BGH, Urteil X ZR 131/09 – Desmopressin

Zum Thema Vorbenutzungsrecht nach § 12 Abs. 1 PatG:

a) Die nach § 12 Abs. 1 PatG für den Erwerb eines Vorbenutzungsrechts erforderliche Benutzung oder Veranstaltung setzt voraus, dass der Handelnde selbständigen Erfindungsbesitz erlangt hat. Erfindungsbesitz ist gegeben, wenn die sich aus Aufgabe und Lösung ergebende technische Lehre objektiv fertig und subjektiv erkannt worden ist, dass die tatsächliche Ausführung der Erfindung möglich ist.

b) Die für den Erfindungsbesitz erforderliche subjektive Erkenntnis liegt vor, wenn das Handeln planmäßig auf die Verwirklichung einer technischen Lehre gerichtet ist, die alle Merkmale des erfindungsgemäßen Gegenstandes verwirklicht (hier: eine bestimmte Rezeptur für eine pharmazeutische Zusammensetzung). Ob der Handelnde darüber hinaus Kenntnis von Wirkungen hat, die nach den Angaben in der Beschreibung mit der Verwirklichung des erfindungsgemäßen Gegenstandes verbunden sind (hier: eine mit der Beachtung einer Obergrenze für den Oxidationsmittelgehalt erreichte bessere Haltbarkeit), ist unerheblich.

Abstimmung über EU-Patent vertagt

Das EU-Parlament wird am Mittwoch nicht wie geplant über den Gesetzesentwurf zum EU-Patent abstimmen (siehe Presseerklärung vom 2.7.2012). Die Abstimmung wurde vertagt. Zu der Vertagung kam es, weil der Rat in letzter Minute zentrale Passagen der Gesetzesvorlage streichen wollte. Von der Streichung betroffen sind die Artikel 6 bis 8 des Gesetzesentwurfes. Diese Artikel betreffen das Recht, die unmittelbare und mittelbare Benutzung der Erfindung zu verbieten, sowie Beschränkungen der Wirkungen des Europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung.

CDU/CSU: Diskussionspapier zur Vereinfachung des Urheberrechts und Softwarepatenten

Die beiden stellvertretenden CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Günter Krings und Michael Kretschmer haben am Dienstag ein Diskussionspapier veröffentlicht, in dem sie ihre Vorstellung über die Zukunft des Urheberrechts darlegen. Das Papier weist zurecht darauf hin, dass „das deutsche Urheberrecht sich im Grundsatz bewährt hat“ und „nicht neu geschaffen werden muss“. In der aktuellen Urheberrechtsdebatte wird leider allzu oft – in Unkenntnis der Materie – die in Jahrhunderten erfolgte Entwicklung des Urheberrechts blind negiert. Das Urheberrecht entwickelt sich, wie jeder andere Rechtsbereich auch, ständig fort und passt sich den aktuellen Gegebenheiten an. Etabliertes umzustürzen zu wollen ist schlicht naiv – und in Unkenntnis der Materie zudem eine Anmaßung.

Im Detail ist das Papier aber durchaus problematisch. Die Aussage, „Computerprogramme werden richtigerweise durch das Urheberrecht geschützt“, „Softwarepatente auf Quell-Codes laufen dem urheberrechtlichen Schutzzweck zuwider“ ist nicht mit der aktuellen Rechtssituation kompatibel. Patentschutz und Urheberschutz laufen einander nicht zuwider. Der Schutzgedanke von Patentrecht und Urheberrecht sind auf unterschiedliche Aspekte gerichtet. Urheberrecht schützt kulturelle Werke. Patente schützen technische Erfindungen. Eine Steuersoftware für einen Roboter, die einen technischen Beitrag liefert ist als technische Erfindung patentierbar. Das Urheberrecht bietet für die technische Erfindung hinter solch einer Steuersoftware keinen Schutz. Das Patentrecht hat mit der Erfordernis eines technischen Beitrages ein Kriterium herausgearbeitet, mit dem zwischen patentierbarer Software (Robotersteuerung, ABS-System, etc.) und nicht patentierbarer Software (Geschäftsverfahren, Spielideen, etc) unterschieden werden kann. Die Rechtsprechung hat dieses Kriterium in jahrzehnterlanger Entwicklung herausgearbeitet und damit eine Lösung gefunden, die dem Grundanliegen des Patentschutzes gerecht wird.

Eine scharfe Trennlinie zwischen technisch und nicht-technisch zu ziehen ist, zugegeben, schwierig, so dass so mancher Einzelfall unter Interessensabwägung entschieden werden muss. Das ist in anderen Rechtsgebieten aber auch nicht anders üblich und führt unter Berücksichtigung der den Normen zugrunde liegenden Gedanken in der Regel zu vernünftigen Ergebnissen.

In der Kürze liegt die Würze – EuGH zu Wortmarken aus Wortfolge und Akronym

Der EuGH hat in seinem Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-90/11 („Multi Market Funds MMF“) und C-91/11 („NAI – Der Natur-Aktien-Index“) (veröffentlicht in GRUR 2012, 616) die Vorlagefragen des BPatG zur Unterscheidungskraft von Wortmarken beantwortet, bei denen eine unterscheidungskräftige Buchstabenfolge von einer (beschreibenden) Wortfolge begleitet wird, deren Anfangsbuchstaben die Buchstabenfolge darstellt.

Teilweise war – gerade von Beschwerdekammern des HABM (z.B. in HABM, Vierte Beschwerdekammer, R 1630/2008-4) – die Auffassung vertreten worden, die Hinzufügung einer (nicht unterscheidungskräftigen) Wortfolge zu einem (an sich unterscheidungskräftigen) Akronym könnte der Marke in ihrer Gesamtheit nicht die Unterscheidungskraft nehmen, die das Akronym hat. Der Markeninhaber sei nicht gehindert, einem schutzfähigen Bestandteil erläuternde Angaben hinzuzufügen (vgl. auch Vorlageentscheidung BPatG Mitt. 2011, 250, 252).

Der EuGH hat hingegen nunmehr entschieden, dass eine derartige Hinzufügung einer (nicht unterscheidungskräftigen) Wortfolge zu einem unterscheidungskräftigen Akronym, die dieses als Abkürzung der Anfangsbuchstaben erläutert, der Unterscheidungskraft des Gesamtzeichens entgegenstehen kann.

So führt der EuGH in Rz. 36-38 des Urteils aus:

„Die bloße Aneinanderreihung einer Buchstabenfolge als Abkürzung und einer Wortkombination ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung kann vielmehr zu einem sprachlichen Ausdruck führen, der ausschließlich aus Zeichen oder Angaben besteht, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der in Rede stehenden Dienstleistungen dienen können … Wenn außerdem – wie das vorlegende Gericht zu verstehen gibt – die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Buchstabenfolgen von den maßgeblichen Verkehrskreisen als Abkürzungen der Wortkombinationen, mit denen sie zusammengefügt sind, wahrgenommen werden, können diese Buchstabenfolgen selbst dann nicht über die Summe der Bestandteile der Marke in ihrer Gesamtheit hinausgehen, wenn die Buchstabenfolgen selbst als unterscheidungskräftig angesehen werden können. Wie der Generalanwalt in Nr. 56 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, nimmt vielmehr die Buchstabenfolge, die die Anfangsbuchstaben der die Wortkombination bildenden Wörter wiedergibt, im Verhältnis zu dieser Wortkombination nur eine akzessorische Stellung ein. Wie das vorlegende Gericht zu verstehen gibt, kann jede der betreffenden Buchstabenfolgen, auch wenn sie bei isolierter Betrachtung nicht beschreibend ist, aufgrund ihrer Kombination innerhalb der in Rede stehenden Marke mit einem Hauptausdruck, der als solcher beschreibend ist und als dessen Abkürzung die Buchstabenfolge wahrgenommen wird, einen beschreibenden Charakter annehmen.“

Ein Markenanmelder wird somit gut beraten sein, eine Buchstabenfolge, die aus den Anfangsbuchstaben einer nicht unterscheidungskräftigen Wortfolge besteht, isoliert und ohne Erläuterung durch die Wortfolge als Marke anzumelden. Das wird zwar dann nicht behilflich sein, wenn auch das Akronym nicht unterscheidungskräftig ist. Jedoch wird der Anmelder dadurch in denjenigen Fällen seine Chancen auf Eintragung einer Marke erhöhen, in denen die Buchstabenfolge an sich in keinem erkennbaren Zusammenhang zu den Waren oder Dienstleistungen steht und/oder so vieldeutig ist, dass sie – isoliert betrachtet – unterscheidungskräftig ist.

Patentrechtsnovelle beschlossen

Die Bundesregierung hat am 9. Mai 2012 eine Patentrechtsnovelle beschlossen (Pressemitteilung, Gesetzesentwurf).

Ziel der Novelle ist es, eine praxisgerechte Optimierung der Verfahrensabläufe beim Deutschen Patent- und Markenamt sowie bei den Anmeldern gewerblicher Schutzrechte zu erreichen.

Folgende wichtige Änderungen werden durch die Patentrechtsnovelle eingeführt (bis auf die Einführung der elektronische Akte und der Änderung bei den Übersetzungen betreffen alle Änderungen das Patentgesetz):

  • Das Zusatzpatent wird ersatzlos abgeschafft [Im Jahr 2009 gab es gerade mal 49 Zusatzpatente].
  • Die Frist zur Einreichung der Erfinderbenennung kann nur noch maximal bis zum Erlass des Beschlusses über die Erteilung verlängert werden.
  • Die elektronische Akteneinsicht wird eingeführt. Urheberrechtlich geschützte Dokumente sowie sensible Daten sind von der elektronischen Akteneinsicht ausgenommen.
  • Die Einreichung einer Übersetzung ist nicht mehr für die Bestimmung des Anmeldetages erforderlich. Bei französisch- oder englischsprachigen Anmeldungen wird die Frist zur Einreichung einer Übersetzung auf 12 Monate verlängert (neuer § 35a PatG bzw. § 4b GebrMG). Ist Prüfungsantrag gestellt, so kann das Patentamt schon früher eine deutsche Übersetzung anfordern. Ferner ist die Rechtsfolge bei fehlender (fehlerhafter) Übersetzung abgemildert, da in diesem Fall die Anmeldung nur noch als zurückgenommen gilt.
  • Der Rechercheantrag nach § 43 PatG kann nur noch vom Patentanmelder gestellt werden (und nicht von Dritten). Dritte können dem Patentamt aber jederzeit Hinweise auf Stand der Technik geben. Außerdem wird bei Uneinheitlichkeit nur noch die erste Erfindung recherchiert. Ferner enthält der Recherchenbericht zukünftig auch eine vorläufige Beurteilung der Patentfähigkeit.
  • Die mündliche Anhörung nach § 46 PatG muss nun auf Antrag durchgeführt werden, das Erfordernis der Sachdienlichkeit entfällt.
  • Die Einspruchsfrist wird auf 9 Monate verlängert. Die mündliche Anhörung im Einspruchsverfahren ist grundsätzlich öffentlich.
  • Für internationale Anmeldungen werden einige Gebührenfragen klargestellt.

BGH, X ZR 104/09 – antimykotischer Nagellack: zur Bemessung der Abeitnehmererfindervergütung

BGH, Urteil vom 6. März 2012 – X ZR 104/09 – antimykotischer Nagellack

Amtliche Leitsätze:

a) Die Vergütung einer Diensterfindungen ist nicht deshalb unangemessen, weil ihr nach der in der Vergütungsvereinbarung zur Bemessung der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Erfindung gewählten Methode der Lizenzanalogie ein Erfindungswert zugrunde liegt, der erheblich geringer ist als der Gewinn, den der Arbeitgeber durch die Herstellung und den Vertrieb eines erfindungsgemäßen Produkts erwirtschaftet.

b) Auch die Bemessung der Vergütung eines an einer Hochschule beschäftigten Erfinders mit 30 % der durch die Verwertung der Erfindung erzielten Einnahmen hat keinen Einfluss auf die Ermittlung der angemessenen Vergütung eines Arbeitnehmers nach § 9 ArbEG.

c) Die Findung eines angemessenen Lizenzsatzes obliegt dem Tatrichter. Das Revisionsgericht kann nur prüfen, ob dieser von verfahrensfehlerfrei festgestellten Anknüpfungstatsachen ausgegangen ist und sämtliche erhebliche Gesichtspunkte in seine Gesamtwürdigung einbezogen und hierbei Erfahrungssätze und Denkgesetze beachtet hat.

d) Die Ermittlung der Analoglizenzgebühr aus dem Produkt von Nettoverkaufserlösen und angemessenem Lizenzsatz begründet nicht ohne weiteres deshalb eine erhebliche Unbilligkeit der Vergütungsvereinbarung, weil als Verkaufspreise bei Lieferungen an konzernangehörige Unternehmen vereinbarungsgemäß die konzerninternen Abgabepreise des Arbeitgebers anzusetzen sind.