BGH, X ZR 37/13 – Bildstrom

BGH, Urteil vom 26. Februar 2015 – X ZR 37/13 – Bildstrom

Amtlicher Leitsatz:

Anweisungen, die zwar die (visuelle) Informationswiedergabe betreffen, bei denen aber nicht die Vermittlung bestimmter Inhalte oder deren Vermittlung in besonderer Aufmachung im Blickpunkt steht, sondern die Präsentation von Bildinhalten in einer Weise, die auf die physischen Gegebenheiten der menschlichen Wahrnehmung und Aufnahme von Informationen Rücksicht nimmt und darauf gerichtet ist, die Wahrnehmung der gezeigten Informationen durch den Menschen in bestimmter Weise überhaupt erst zu ermöglichen, zu verbessern oder zweckmäßig zu gestalten, dienen der Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln (Weiterführung von BGH, Urteil vom 26. Oktober 2010 – X ZR 47/07, GRUR 2011, 125 – Wiedergabe topografischer Informationen und vom 23. April 2013 – X ZR 27/12, GRUR 2013, 909 – Fahrzeugnavigationssystem).

Einheitspatent und Übersetzungsvorschriften

Mit den Übersetzungsregelungen für das europäische Patent mit einheitlicher Wirkung „sollte der Zugang zum Europäischen Patent mit einheitlicher Wirkung und zum Patentsystem insgesamt leichter, kostengünstiger und rechtssicher gestaltet werden“ (ErwG (5) VO (EU) Nr. 1260/2012. Während eines Übergangszeitraums mit einer Dauer von wenigstens sechs Jahren muss nur noch eine Übersetzung der Patentschrift eingereicht werden (Art. 6 VO (EU) Nr. 1260/2012). Nach dem Übergangszeitraum muss keine Übersetzung mehr eingereicht werden.

Die von der Politik geschürten Erwartung, Übersetzungskosten würden im Übergangszeitraum reduziert und anschließend vollständig vermieden werden, beruht jedoch auf einem Trugschluss. Abgesehen davon, dass im Streitfall Übersetzungen angefertigt werden müssen (Art. 4 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1260/2012) enthält die Übersetzungs-VO in Art. 4 Abs. 4 eine Regelung zum Gutglaubensschutz eines Patentverletzers, der aus dem Fehlen einer Übersetzung resultiert. Nach Art. 4 Abs. 4 VO (EU) Nr. 1260/2012 gilt:

Art. 4 (4) Im Falle eines Rechtsstreits bezüglich einer Forderung nach Schadenersatz zieht das angerufene Gericht, insbesondere wenn der mutmaßliche Patentrechtsverletzer (sic!) ein KMU … ist, in Betracht und beurteilt, ob der mutmaßliche Patentrechtsverletzer (sic!), bevor ihm die Übersetzung gemäß Absatz 1 vorgelegt wurde, nicht gewusst hat oder nach vernünftigem Ermessen nicht wissen konnte, dass er das Europäische Patent mit einheitlicher Wirkung verletzt hat.

Der Verzicht auf Übersetzungen eröffnet eine für den Patentverletzer streitende Einwendung, die sich auf den Schadensersatzanspruch des Patentinhabers auswirken kann. Diese ist auch nicht auf KMUs, natürlich Personen, Forschungsinstitutionen und Hochschulen als Patentverletzer beschränkt. So wird in ErwG (9) VO (EU) Nr. 1260/2012 ausgeführt:

ErwG (9) Im Falle eines Rechtsstreits bezüglich der Forderung nach Schadenersatz sollte das angerufene Gericht in Betracht ziehen, dass der mutmaßliche Patentrechtsverletzer, bevor ihm eine Übersetzung in seine eigene Sprache vorgelegt wurde, in gutem Glauben gehandelt haben könnte und möglicherweise nicht gewusst hat oder nach vernünftigem Ermessen nicht wissen konnte, dass er das Patent verletzt hat. Das zuständige Gericht sollte die Umstände im Einzelfall beurteilen und unter anderem berücksichtigen, ob es sich bei dem mutmaßlichen Patentrechtsverletzer um ein KMU handelt, das nur auf lokaler Ebene tätig ist, die Verfahrenssprache vor dem EPA sowie — während des Übergangszeitraums — die zusammen mit dem Antrag auf einheitliche Wirkung vorgelegte Übersetzung berücksichtigen.

In der Literatur ist derzeit weithin die Empfehlung zu lesen, aus Kostengründen könnte die im Übergangszeitraum nach Art. 6 Abs. 1 lit. b VO (EU) Nr. 1260/2012 benötigte Übersetzung in Spanisch oder Italienisch eingereicht werden, die auch bei der Validierung des Patents in den an der verstärkten Zusammenarbeit nicht teilnehmenden Staaten verwendet werden kann. Im Hinblick auf den Gutglaubensschutz des Art. 4 Abs. 4 VO (EU) Nr. 1260/2012 sollte jedoch bei der Wahl der Sprache, in die die Patentschrift eines in englischer Verfahrenssprache erteilten europäischen Patents übersetzt wird, auch berücksichtigt werden, in welchen Staaten mögliche Patentverletzer ihren Sitz haben, um nicht mit der Einwendung des Gutglaubensschutzes aufgrund fehlender Übersetzung konfrontiert zu werden.

Einheitspatentgericht und Gebühr für Opt-Out

Das Einheitspatentgericht wird auch für herkömmliche europäische Bündelpatente zuständig sein (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 lit. e) UPC-Übereinkommen). Wenn kein Opt-Out erklärt wird, besteht eine konkurrierende Zuständigkeit des Einheitspatentgerichts und der nationalen Gerichte für Bündelpatente. In einer Übergangszeit von wenigstens sieben Jahren kann die Zuständigkeit des Einheitspatentgerichts für Bündelpatente, d.h. europäische Patente ohne einheitliche Wirkung, derogiert werden (Art. 83 Abs. 3 UPC-Übereinkommen), so dass es bei der Zuständigkeit der nationalen Gerichte bleibt.

Für die Eintragung des Opt-Out im Register ist eine Gebühr zu entrichten. Es wurde befürchtet, dass diese Gebühr relativ hoch sein könnte, um das neue Einheitspatentgerichtssystem attraktiv zu machen.

Nach dem Vorschlag für die Gebührenordnung des Einheitspatentgerichts ist diese Befürchtung unberechtigt. Die Opt-Out-Gebühr soll nach diesem Vorschlag nur 80 EUR betragen. Ebenso beträgt die Gebühr für die Rücknahme des Opt-Out nach dem Vorschlag nur 80 EUR.

EuGH weist Klagen Spaniens gegen Unitary Patent Package ab

Wie in einer Pressemitteilung des EuGH mitgeteilt wird, hat der EuGH die beiden Klagen Spaniens gegen die Verordnungen zur Umsetzung der verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes (Einheitspatent-VO und Übersetzungs-VO) abgewiesen (Rechtssachen C-146/13 und C-147/13).

Der Gerichtshof folgte damit den Schlussanträgen des Generalanwalts.

BGH, X ZR 161/12 – Wundbehandlungsvorrichtung

BGH, Urteil vom 17. Februar 2015 – X ZR 161/12 – Wundbehandlungsvorrichtung

Amtlicher Leitsatz:

Ein mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteiltes europäisches Patent ist nicht deshalb für nichtig zu erklären [-> Widerruf wegen unzulässiger Erweiterung], weil der Patentanspruch ein Merkmal enthält, das in den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht als zur Erfindung gehörend offenbart ist, sofern dieses Merkmal zu einer Beschränkung des Schutzgegenstands und nicht zu einem Aliud führt. Bei der Prüfung der Patentfähigkeit ist das nichtursprungsoffenbarte Merkmal insoweit außer Betracht zu lassen, als es nicht zur Stützung der Patentfähigkeit herangezogen werden darf (Fortführung von BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2010 – Xa ZB 14/09, GRUR 2011, 40 Rn. 18 ff. – Winkelmesseinrichtung; Urteil vom 21. Juni 2011 – X ZR 43/09, GRUR 2011, 1003 Rn. 24 ff. – Integrationselement).

Aus der Urteilsbegründung:

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu deutschen Patenten und Gebrauchsmustern müssen solche Schutzrechte, wenn ihr Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht, nicht für nichtig erklärt oder gelöscht werden, sofern die Änderung in der Einfügung eines in den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht offenbarten Merkmals besteht, die zu einer bloßen Einschränkung des angemeldeten Gegenstands führt. Dagegen ist die Nichtigerklärung oder Löschung nicht zu vermeiden, wenn die Änderung dazu führt, dass der Gegenstand der Anmeldung gegenüber dem Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen zu einem Aliud abgewandelt wird (BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2000
– X ZR 184/98, GRUR 2001, 140 – Zeittelegramm; Beschluss vom 21. Oktober 2010 – Xa ZB 14/09, GRUR 2011, 40 – Winkelmesseinrichtung; Urteil vom 21. Juni 2011 – X ZR 43/09, GRUR 2011, 1003 – Integrationselement; Beschluss vom 6. August 2013 – X ZB 2/12, GRUR 2013, 1135 – Tintenstrahldrucker). Die Frage, ob diese Rechtsprechung auch auf europäische Patente Anwendung findet, hat der Bundesgerichtshof bislang offen gelassen (BGH, GRUR 2011, 40 Rn. 19 – Winkelmesseinrichtung). Sie ist – entgegen der Auffassung des Bundespatentgerichts (Urteil vom 8. April 2014, Mitt. 2014, 436 – Fettabsaugevorrichtung) – zu bejahen.

Der angeführten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt die Überlegung zugrunde, dass die unzulässige Änderung des Gegenstands des Patents gegenüber dem Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen dessen Widerruf oder Nichtigerklärung nicht erfordert, wenn den berechtigten Interessen Dritter, insbesondere der Wettbewerber des Patentinhabers, und der Öffentlichkeit durch weniger schwerwiegende Maßnahmen Rechnung getragen werden kann.

Danach ist der Widerruf oder die Nichtigerklärung des Patents nicht geboten, wenn der Gegenstand des Patents gegenüber dem Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen in unzulässiger Weise verallgemeinert worden ist. In diesem Fall kann die unzulässige Erweiterung dadurch behoben werden, dass die unzulässige Verallgemeinerung aus dem Patentanspruch gestrichen wird (BGH, GRUR 2011, 40 Rn. 14 – Winkelmesseinrichtung; BGH, GRUR 2011, 1003 Rn. 19 – Integrationselement; ebenso EPA, Entscheidung der Großen Beschwerdekammer vom 2. Februar 1994 – G 1/93, GRUR Int. 1994, 842 Rn. 11 – beschränkendes Merkmal/Advanced Semiconductor Products).

Der Widerruf oder die Nichtigerklärung des Patents ist andererseits unumgänglich, wenn die Hinzufügung eines in den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht offenbarten Merkmals dazu führt, dass der Patentanspruch des erteilten Patents eine andere Erfindung zum Gegenstand hat als die ursprüngliche Anmeldung, wenn das Patent also etwas schützt, das gegenüber dem der Fachwelt durch die ursprünglichen Unterlagen Offenbarten ein „Aliud“ darstellt (BGH, GRUR 2001, 140, 141 – Zeittelegramm; BGH, GRUR 2011, 40 Rn. 21 – Winkelmesseinrichtung; BGH, GRUR 2011, 1003 Rn. 27 – Integrationselement; BGH, GRUR 2013, 1135 Rn. 16 – Tintenstrahldrucker). Die Aufrechterhaltung eines solchermaßen geänderten Anspruchs gefährdete die Rechtssicherheit für Dritte, die darauf vertrauen dürfen, dass aus der Patentanmeldung kein Patent hervorgeht, das einen weiteren oder anderen Gegenstand hat als denjenigen, der in der Anmeldung offenbart worden ist. Die Aufrechterhaltung eines mit dem Einspruch oder der Nichtigkeitsklage angegriffenen Patents mit der Maßgabe, dass das in Rede stehende Merkmal im Patentanspruch verbleibt, der Patentinhaber daraus aber keine Rechte herleiten kann, scheidet in einem solchen Fall aus, weil sie dazu führen würde, dass das Patent in der Fassung nach dem Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren einen anderen Gegenstand hätte als ursprungsoffenbart (BGH, GRUR 2011, 40 Rn. 23 – Winkelmesseinrichtung)

Der Widerruf oder die Nichtigerklärung eines Patents ist dagegen nicht erforderlich, wenn die Einfügung eines Merkmals, das in den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht als zur Erfindung gehörend offenbart ist, zu einer bloßen Einschränkung des angemeldeten Gegenstands führt. In einem solchen Fall wird den berechtigten Interessen der Öffentlichkeit dadurch Rechnung getragen, dass das einschränkende Merkmal im Patentanspruch verbleibt und zugleich dafür gesorgt wird, dass im Übrigen aus der Änderung Rechte nicht
hergeleitet werden können, insbesondere das nicht offenbarte Merkmal bei der Prüfung der Patentfähigkeit insoweit außer Betracht zu lassen ist, als es nicht zur Stützung der Patentfähigkeit herangezogen werden darf (BGH, GRUR 2001, 140, 142 f. – Zeittelegramm; BGH, GRUR 2011, 40 Rn. 16 – Winkelmesseinrichtung; BGH, GRUR 2011, 1003 Rn. 24 – Integrationselement; BGH, GRUR 2013, 1135 Rn. 16 – Tintenstrahldrucker).

Diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht nicht in Widerspruch zu den Regelungen des Europäischen Patentübereinkommens.

Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts führt die Aufnahme eines einschränkenden, in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen nicht als zur Erfindung gehörend offenbarten Merkmals in den Patentanspruch regelmäßig zum Widerruf des Patents nach Art. 123 Abs. 2, 100 Buchstabe c EPÜ. Falle ein solches Merkmal unter Art. 123 Abs. 2 EPÜ, könne es weder im Patent beibehalten noch ohne Verstoß gegen Art. 123 Abs. 3 EPÜ aus den Ansprüchen gestrichen werden. Das Patent könne nur dann – ausnahmsweise – aufrechterhalten werden, wenn die Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung eine Grundlage dafür biete, dass die einschränkenden Merkmale ohne Verstoß gegen Art. 123 Abs. 3 EPÜ durch andere ersetzt werden könnten (Entscheidung der Großen Beschwerdekammer vom 2. Februar 1994 – G 1/93, GRUR Int. 1994, 842 Rn. 12 f. – beschränkendes Merkmal/Advanced Semiconductor Products).

Bundespatentgericht und Bundesgerichtshof wenden bei der Entscheidung über die Nichtigerklärung eines europäischen Patents, das mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilt worden ist, nicht Art. 123 Abs. 2 und 3 EPÜ an, sondern entscheiden auf der Grundlage von Art. II § 6 IntPatÜbkG. Mit der Schaffung dieser Norm hat der nationale Gesetzgeber von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Gründe für die Nichtigerklärung eines europäischen Patents für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland nach Maßgabe von Art. 138 EPÜ aufzuführen. Nach Art. 138 EPÜ kann ein europäisches Patent – vorbehaltlich des Art. 139 EPÜ – nur aus den dort abschließend aufgeführten Gründen für nichtig erklärt werden. Die Norm steht damit zwar einer Entscheidung des nationalen Gerichts entgegen, durch die ein europäisches Patent auch dann für nichtig erklärt wird, wenn keiner der in Art. 138 EPÜ aufgeführten Gründe vorliegt. Sie eröffnet aber die Möglichkeit, dass das nationale Gericht auch bei Vorliegen eines solchen Grundes von der Nichtigerklärung des Patents absieht, ohne sich damit in Widerspruch zu Art. 123 EPÜ zu setzen, wie er von der Großen Beschwerdekammer verstanden wird.

Ein solches Absehen von der Nichtigerklärung ist auch bei einem europäischen Patent angezeigt, wenn die Einfügung eines in den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht oder nicht als zur Erfindung gehörend offenbarten Merkmals zu einer bloßen Einschränkung des angemeldeten Gegenstands führt.

Jahresgebühren für das europäische Patent mit einheitlicher Wirkung

Ein erster Vorschlag des Präsidenten des EPA für die Jahresgebühren des Europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung wurde im März für den Engeren Ausschuss des Verwaltungsrats erstellt.

Kern des Vorschlags ist, dass sich die Jahresgebühren für das europäische Patent mit einheitlicher Wirkung ab dem 10. Jahr an den Kosten für die vier oder fünf EPÜ-Vertragsstaaten orientieren, in denen europäische Patente derzeit am häufigsten validiert werden. Konsultationen hatten vorher gezeigt, dass Jahresgebühren für das europäische Patent mit einheitlicher Wirkung, die deutlich über der Summe der derzeitigen Jahresgebühren für DE, FR, GB liegen, das System eher unattraktiv werden lassen.

Der Vorschlag des Präsidenten zu den Jahresgebühren wurde entsprechend eher kritisch kommentiert, beispielsweise auf IPKat, von Allen Overy oder von Grünecker. Ein Problem ist beispielsweise, dass zu den neben DE, FR und GB am häufigsten validierten Staaten auch Länder wie IT, CH und ES gehören, die durch das europäische Patent mit einheitlicher Wirkung gar nicht abgedeckt sind.

Diese Probleme sind auch dem Präsidenten ersichtlich bekannt. So heißt es in Rn. 11 des Vorschlags:

It is true that, at first glance, paying the total sum of national fees for a small number of states (e.g. three to five) looks a more attractive proposition than the IRF [= Internal Renewal Fees of the EPO] level. However, in addition to paying national fees, users always incur a number of associated costs, in particular for translation and national validation, where charged, but also for hiring a local patent attorney or specialist firm to administer renewal-fee payments. Once these additional costs are also included, the difference between the sum payable for a classical European patent and a unitary patent is less marked; indeed, the unitary patent option is actually cheaper from year 6 on. In any event, once the additional costs are included the two amounts differ by only a few hundred euros, a negligible share of applicants‘ overall costs up to the granting of the patent.

Zielsetzung des europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung sollte es jedoch gerade nicht sein, das europäische Patent mit einheitlicher Wirkung nur „geringfügig teurer“ (Rn. 11 des Vorschlags) als ein Bündelpatent zu machen. Versprochen war kostengünstiger Patentschutz.

So heißt es beispielsweise in ErwG (4) der Einheitspatent-VO:

Der einheitliche Patentschutz wird durch einen leichteren, weniger kostspieligen und rechtssicheren Zugang zum Patentsystem den wissenschaftlich-technischen Fortschritt und die Funktionsweise des Binnenmarkts fördern. Er wird auch den Umfang des Patentschutzes verbessern, indem die Möglichkeit geschaffen wird, einen einheitlichen Patentschutz in den teilnehmenden Mitgliedstaaten zu erlangen, so dass sich Kosten und Aufwand für die Unternehmen in der gesamten Union verringern.

Deutlich wird aus dem Vorschlag des Präsidenten, dass die Erwartung, kostengünstigen, auch für SMEPs finanziell leicht stemmbaren Patentschutz in ganz Europa zu erhalten, schlicht politisches Wunschdenken ist, dem die Gebührenstruktur in keiner Weise gerecht werden wird. Die Kosten allein für die Jahresgebühren würden sich auf ca. 40 000 EUR über die maximale Laufzeit des Patents bemessen.

Eine sehr gelungene satirische Darstellung, die die Unterschiede zwischen den durch die Politik geschürten Erwartungen von Anmeldern und der absehbaren zukünftigen Gebührenhöhe verdeutlicht, wird in einem fiktiven Mandantengespräch auf IPKat dargestellt.

Seitengebühren-Abzocke am Europäischen Patentamt

Hintergrund: Mit der Änderung der Gebührenstruktur für Anmeldegebühren, die zum 1.4.2009 in Kraft getreten ist, hat der Verwaltungsrat der Europäischen Patentorganisation die seitenzahlabhängige Zusatzgebühr als Teil der Anmeldegebühr eingeführt (CA/D 5/08). Durch diese wurde die seitenzahlabhängige Erhöhung der Erteilungsgebühr ersetzt. Nach Angabe des EPA sollten durch diese Maßnahmen Mehrkosten, die durch eine angeblich zunehmende Komplexität der Bearbeitung entstehen, auf den Anmelder umgelegt werden (vgl. Abl. EPA 2009, 118). Der tiefere Grund für die Verschiebung der seitenzahlabhängigen Gebührenerhöhung von der Erteilungsgebühr in die Anmeldegebühr dürfte schlicht darin gelegen haben, dass mit der seit 2009 geltenden Gebührenstruktur diese Zusatzgebühr auch für zurückgewiesene oder fallengelassene Anmeldungen vereinnahmt werden kann.

Sachverhalt: Die Eingangsstelle des EPA vertritt die Auffassung, die – bereits fällige und wirksam entrichtete – Zusatzgebühr zur Anmeldegebühr würde sich nachträglich erhöhen, wenn eine Aufforderung zur Mängelbeseitigung (Regel 58 EPÜ) aus einem der folgenden Gründe ergeht:
– zu kleine Seitenränder,
– zu kleine Schriftgröße in der Beschreibung und den Ansprüchen oder
– zu kleine Schriftgröße in den Figuren.

Die Eingangsstelle des EPA fordert den Anmelder zusammen mit der Mitteilung nach Regel 58 EPÜ auf, die Zusatzgebühr für bei Mängelbehebung eingereichte Zusatzseiten, die die Seitenanzahl von 35 Seiten der Anmeldung überschreiten, nachzuentrichten. Nach Auffassung der Eingangsstelle tritt eine Rücknahmefiktion bei Nichtentrichtung ein. Weiterbehandlung ist möglich.

Würdigung: Die Praxis der Eingangsstelle ist jedenfalls fragwürdig (laut Visser: ohne Basis im EPÜ). Wird die fällige Anmeldegebühr mit etwaigen seitenzahlabhängigen Zusatzgebühren fristgerecht entrichtet, könnte die Zusatzgebühr dann, und nur dann, erneut in anderer Höhe fällig werden, wenn das EPÜ dies ausdrücklich anordnet. Dies ist beispielsweise der Fall bei
– der Nachreichung eines Anspruchssatzes (Regel 38 Abs. 3 Alt. 2 EPÜ) oder
– der Einreichung einer Anmeldung durch Bezugnahme auf eine frühere Anmeldung (Regel 38 Abs. 3 Alt. 3 EPÜ),
nicht jedoch bei einer Mängelbehebung auf eine Mitteilung nach Regel 58 EPÜ hin.

Auch die Systematik des EPÜ bei den Anspruchsgebühren zeigt, dass eine fällige, wirksam entrichtete Gebühr nach dem EPÜ nicht bei einer Änderung der Anmeldung automatisch erneut fällig wird, sondern es dazu einer gesetzlichen Anordnung (bei der Anspruchsgebühr: Regel 71(4) EPÜ) bedarf.

Es ist verständlich, dass es das EPA als misslich empfinden mag, dass durch eine Wahl kleiner Schriftgrößen und/oder Seitenränder die Zusatzgebühr als Teil der Anmeldegebühr verringert werden kann. Eine – gesetzlich nicht vorgesehene – nachträgliche Änderung der Zusatzgebühr zu postulieren, kann nicht der richtige Weg sein. Es bleibt zu hoffen, dass bald ein Anmelder den Weg zur Beschwerdekammer beschreitet, um eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Verhaltens der Eingangsstelle herbeizuführen.

BGH, X ZR 69/13 – Audiosignalcodierung: Mittelbare Patentverletzung

BGH, Urteil vom 3.2.2015 – Audiosignalcodierung:

Leitsätze:

a) Ein Mittel bezieht sich nicht schon dann auf ein wesentliches Element der Erfindung im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG, wenn es zur Verwirklichung eines Verfahrensschritts eingesetzt wird, der den im Patentanspruch eines Verfahrenspatents vorgesehenen Schritten vorausgeht. Dies gilt auch dann, wenn der vorgelagerte Schritt notwendig ist, um die im Patentanspruch vorgesehenen Schritte ausführen zu können, und wenn das Mittel aufgrund seiner konkreten Ausgestaltung ausschließlich zu diesem Zweck eingesetzt werden kann.

b) Ein Mittel, mit dem bestimmte Verfahrensschritte bei der Übertragung eines Audiosignals ausgeführt werden, bezieht sich nicht auf ein wesentliches Element der Erfindung, wenn das Patent zwar ein Übertragungsverfahren schützt, im Patentanspruch aber nur andere Schritte dieses Verfahrens näher festgelegt sind und die Ausgestaltung der Verfahrensschritte, auf die sich das Mittel bezieht, für die Verwirklichung der Erfindung nicht von Bedeutung ist.

c) Wer im Ausland ein Mittel, das sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht, an einen Dritten liefert, der es mit seinem Wissen und Wollen zur Benutzung der Erfindung in Deutschland weiterliefert, veranlasst eine Lieferung des Mittels im Geltungsbereich des Patentgesetzes.

Anmerkungen:

Die Leitsatzentscheidung BGH, Urteil vom 3.2.2015 – Audiosignalcodierung dürfte eine der wichtigsten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur mittelbaren Patentverletzung der jüngeren Zeit sein.

Drei Anmerkungen zu dieser Entscheidung:

1. Der Patentanspruch des Klagepatents betraf ein Übertragungsverfahren für Audiodaten. Der Patentanspruch enthielt die coderseitigen und die decoderseitigen Verfahrensschritte der Übertragung.

Für das Übertragungsverfahren nötig, aber nicht im Anspruch enthalten waren darüber hinaus die Modulierung der codierten Daten auf ein Trägersignal und die entsprechende Demodulierung auf der Seite des Decoders.

Im Patentverletzungsverfahren wurden verschiedene Ausführungsbeispiele angegriffen: Zunächst gab es angegriffene Ausführungsformen, bei denen die Kombination aus einem Gerät zur Demodulation (typischerweise ein USB-Stick) und eine Software zur Decodierung angeboten wurde. Diese Ausführungsbeispiele stellten eine mittelbare Patentverletzung dar.

Darüber hinaus gab es jedoch angegriffene Ausführungsformen, bei denen nur das Gerät zur Demodulation (typischerweise ein USB-Stick) geliefert wurde. Die Decodierung wurde von anderer Software (z.B. Windows Media Player) ausgeführt, die nicht zur angebotenen Ausführungsform gehörten. Für diese wurde die Verletzung verneint.

2. Ein bedeutender Aspekt dieser Entscheidung liegt nach meiner Auffassung darin, dass der BGH klarstellt, dass auch bei mittelbarer Patentverletzung eines Verfahrensanspruchs nicht erforderlich ist, dass die beanspruchten Verfahrensschritte von ein- und derselben Person ausgeführt werden müssen. Eine mittelbare Patentverletzung kommt auch dann in Betracht, wenn ein wesentliches Mittel zur Realisierung eines Verfahrens angeboten oder geliefert wird, wenn die Verfahrensschritte dieses Verfahrens von zwei oder mehr unterschiedlichen Personen ausgeführt werden (vorliegend: Codierung durch eine Sendeanstalt, Decodierung durch die Software auf dem Computer des Benutzers). Dies ist eine Folge der vom BGH bejahten Möglichkeit der nebentäterschaftlichen Haftung für Patentverletzungen (BGH, Urteil vom 27. Februar 2007 – X ZR 113/04 Rn. 19 – Rohrschweißverfahren; BGH, Urteil vom 17. September 2009 – Xa ZR 2/08 Rn. 34 – MP3-Player-Import).

Dies ist für die Praxis des Patentverletzungsverfahrens insofern von Bedeutung, als die deutsche Praxis sich von der höchstrichterlichen Rechtsprechung des U.S. Supreme Court unterscheidet. Die Entscheidung US Supreme Court – LIMELIGHT NETWORKS scheint darauf hinzudeuten, dass eine mittelbare Verletzung eines Verfahrensanspruchs nur in Betracht kommt, wenn alle Verfahrensschritte des Patentanspruchs von derselben Person ausgeführt werden („single entity“-Theorie). So führt der Supreme Court in Abschnitt II.A der Entscheidung aus:

… there has simply been no infringement of the method in which respondents have staked out an interest, because the performance of all the patent’s steps is not attributable to any one person. And, as both the Federal Circuit and respondents admit, where there has been no direct infringement, there can be no inducement of infringement under §271(b).

3. Ein weiterer bedeutender Aspekt der BGH-Entscheidung: Der allgemeine Ansatz bei der patentanwaltlichen Praxis des Patent-Drafting ist, dass in den Patentansprüche meist gilt: „weniger ist mehr“. Überflüssige Merkmale sind aus den Ansprüchen wegzulassen.

In dem dieser BGH-Entscheidung zugrundeliegenden Fall hätte jedoch die mittelbare Patentverletzung durch diejenigen Ausführungsformen, die nur den Demodulierer, aber nicht den Decoder enthielten, wohl nicht mit der vom BGH gegebenen Begründung verneint worden können. Möglicherweise wäre die Entscheidung also anders ausgefallen, wenn der Patentanspruch nicht nur die Codierung und Decodierung der Daten, sondern auch die Modulations- und Demodulationsschritte, wenn auch nur in allgemeiner und breiter Form, enthalten hätte.

BGH, X ZR 76/13 – Stabilisierung der Wasserqualität

BGH, Urteil vom 3. Februar 2015 – X ZR 76/13 – Stabilisierung der Wasserqualität

Amtliche Leitsätze:

a) Ob eine Erfindung so deutlich und vollständig offenbart ist, dass ein Fach-mann sie ausführen kann, ist ebenso eine Rechtsfrage wie die Frage, ob dem Gegenstand eines Patents Patentfähigkeit zukommt.

b) Die Ausführbarkeit der in einem Patentanspruch umschriebenen technischen Lehre darf nicht mit der Erreichbarkeit derjenigen Vorteile gleichgesetzt wer-den, die der Erfindung in der Beschreibung zugeschrieben werden.