BGH: Bundesgerichtshof erklärt Patent zur Entsperrung eines Touchscreens für nichtig

Mitteilung der Pressestelle Nr. 151/2015 zu Urteil vom 25. August 2015 – X ZR 110/13

Die beklagte Apple Inc. ist Inhaberin des auch in Deutschland geltenden europäischen Patents 1 964 022 (Streitpatents). Die Klägerin Motorola Mobility Germany GmbH hat das Streitpatent mit einer Patentnichtigkeitsklage angegriffen.

Die Erfindung betrifft eine Maßnahme zum Entsperren einer tragbaren elektronischen Vorrichtung mit berührungsempfindlichem Bildschirm (Touchscreen), beispielsweise eines Mobiltelefons. Nach den Ausführungen der Patentschrift war es bekannt, solche Geräte gegen unabsichtliche Funktionsauslösung durch zufälligen Berührungskontakt zeitweise zu sperren und durch Berührung bestimmter Bildschirmbereiche in einer vorgegebenen Reihenfolge wieder zu entsperren. Das Streitpatent möchte das Entsperren benutzerfreundlicher gestalten. Es schlägt daher im Wesentlichen vor, dass der Nutzer zum Entsperren des Geräts eine bestimmte (Finger-)Bewegung (Wischbewegung) auf der Berühroberfläche ausführt. Dabei wird ihm auf dem Bildschirm eine grafische Hilfestellung gegeben, indem sich ein Entsperrbild „im Einklang mit der Fingerbewegung“ auf einem vorgegebenen Pfad auf dem Bildschirm bewegt.

Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent gemäß Art. II § 6 Satz 1 Nr. 1 IntPatÜbkG* mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt und auch die hilfsweise verteidigten beschränkten Fassungen des Patents für nicht rechtsbeständig gehalten. Der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig (Art. 52 Abs. 1 EPÜ**), weil er nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe (Art. 56 Satz 1 EPÜ***). Das von dem schwedischen Hersteller Neonode vertriebene Mobiltelefon N1 nehme alle Merkmale der Erfindung bis auf die Anweisung vorweg, dem Nutzer auf dem Bildschirm ein Entsperrbild anzuzeigen, das sich im Einklang mit der – als solche bekannten – Fingerbewegung auf einem vorgegebenen Pfad auf dem Bildschirm bewegt. Dieses Merkmal sei jedoch bei der Beurteilung der Patentfähigkeit nicht zu berücksichtigen, weil es kein technisches Problem löse, sondern lediglich auf die Vorstellung des Benutzers einwirke, indem es durch grafische Maßnahmen die Bedienung des Geräts vereinfache.

Der u.a. für das Patentrecht zuständige X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Er hat zwar bei der Prüfung der Patentfähigkeit – anders als das Bundespatentgericht – berücksichtigt, dass die Erfindung insofern über den durch das Mobiltelefon Neonode N1 verkörperten Stand der Technik hinausgeht, als die Entsperrung dem Benutzer durch eine den Entsperrvorgang begleitende grafische Darstellung angezeigt wird. Eine solche benutzerfreundlichere Anzeige war dem Fachmann jedoch durch den Stand der Technik nahegelegt. Denn dort wird ein „virtueller Schalter“ beschrieben, der durch eine Wischbewegung auf einem berührungsempfindlichen Bildschirm mittels „Verschiebens“ eines grafischen Objekts einen Schieberegler imitiert. Das Streitpatent beruht daher nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

BGH, X ZR 60/13 – Verdickerpolymer I

BGH, Urteil vom 5. Mai 2015 – X ZR 60/13 – Verdickerpolymer I

Amtlicher Leitsatz:

Werden als Bestandteile einer Stoffzusammensetzung mehrere Stoffe oder Stoffgruppen alternativ beansprucht, fehlt es dem Gegenstand des Patents bereits dann an der erforderlichen Neuheit in der gesamten beanspruchten Bandbreite, wenn einer dieser Stoffe oder eine dieser Stoffgruppen als Bestandteil einer solchen Zusammensetzung bekannt war.

BGH, I ZR 161/13 – IPS/ISP

BGH, Urteil vom 5. März 2015 – I ZR 161/13 – IPS/ISP

Amtlicher Leitsatz:

Zeichen, die aus denselben, jedoch in unterschiedlicher Reihenfolge angeordneten Buchstaben oder Silben gebildet sind (hier „IPS“ und „ISP“), erwecken regelmäßig einen klanglich ähnlichen Gesamteindruck, wenn sie bei einer Aussprache der Buchstaben oder Silben (hier „i-pe-ess“ und „i-ess-pe“) dieselbe Vokalfolge (hier „i-e-e“) aufweisen.

BGH, I ZR 224/13 – Kopfhörer-Kennzeichnung

BGH, Urteil vom 9. Juli 2015 – I ZR 224/13 – Kopfhörer-Kennzeichnung

Amtliche Leitsätze:

a) Die Bestimmung des § 7 Satz 1 ElektroG stellt insofern eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG dar, als sie den Schutz der Mitbewerber vor einer Belastung mit höheren Entsorgungskosten infolge nicht gekennzeichneter Elektrogeräte durch andere
Marktteilnehmer bezweckt.

b) Das in § 7 Satz 1 ElektroG geregelte Erfordernis der Dauerhaftigkeit der Kennzeichnung steht jedenfalls seit 13. August 2012 mit dem Unionsrecht in Einklang.

c) Die Kennzeichnung eines Elektro- oder Elektronikgeräts ist als dauerhaft im Sinne von § 7 Satz 1 ElektroG anzusehen, wenn sie ein Mindestmaß an Unzerstörbarkeit aufweist und auch sonst nicht unschwer zu entfernen ist.

d) Mehrere Zuwiderhandlungen gegen ein Vertragsstrafeversprechen können als ein einziger Verstoß zu werten sein, wenn sie gleichartig sind, unter Außerachtlassung derselben Pflichtenlage begangen worden sind, zeitlich in einem engen Zusammenhang stehen und der Handelnde sein Verhalten als wettbewerbskonform angesehen hat (im Anschluss an BGHZ 146, 318, 329 ff. – Trainingsvertrag).

BGH, I ZB 65/13 – Nivea-Blau

BGH, Beschluss vom 9. Juli 2015 – I ZB 65/13 – Nivea-Blau

Amtliche Leitsätze:

a) Bei der Prüfung der Verkehrsdurchsetzung einer abstrakten Farbmarke (§ 8 Abs. 3 MarkenG) ist zu berücksichtigen, dass aus der Bekanntheit in dieser Farbe gestalteter Produkte nicht notwendig folgt, dass die Produktaufmachung in gleichem Umfang als Herkunftshinweis aufgefasst wird. Ergibt jedoch eine Verkehrsbefragung einen Durchsetzungsgrad von mehr als 50%, so kann – ebenso wie im Falle einer dreidimensionalen Marke – auf eine markenmäßige Verwendung der konturlosen Farbe durch den Markeninhaber geschlossen werden (Fortführung von BGH, Beschluss vom 9. Juli 2009 – I ZB 88/07, GRUR 2010, 138 Rn. 34 = WRP 2010, 260 – ROCHER-Kugel).

b) Für den Nachweis der Verkehrsdurchsetzung einer Marke, deren Eintragung für einen Oberbegriff von Waren und Dienstleistungen begehrt wird, der eine Vielzahl nach Anwendungszweck und Zielgruppe verschiedenartiger Produktbereiche umfasst, ist erforderlich, dass sich ein hinreichender Durchsetzungsgrad für die einzelnen Waren- und Dienstleistungsuntergruppen ergibt, die der Oberbegriff umfasst.

c) Es stellt einen methodischen Mangel eines demoskopischen Gutachtens über die Verkehrsdurchsetzung einer abstrakten einfarbigen Farbmarke dar, wenn den Befragten eine Farbkarte vorgelegt wird, auf der die Farbfläche in einer anderen Farbe umrandet ist, und nicht ausgeschlossen werden kann, dass durch die Farbkombination das Ergebnis des Gutachtens beeinflusst worden ist.

BGH, I Z R 1 53/14 – BMW-Emblem

BGH, Urteil vom 12. März 2015 – I Z R 1 53/14 – BMW-Emblem

Amtliche Leitsätze:

a) Eine schwarz-weiße Marke ist nicht mit demselben Zeichen in Farbe identisch, sofern die Farbunterschiede nicht unbedeutend sind.

b) Eine markenmäßige Benutzung liegt vor, wenn eine Plakette, die zur Anbringung auf Ersatzteilen dient, mit der bekannten Marke eines Automobilherstellers versehen wird.

c) Wird die Klagemarke von einem Dritten für seine Produkte wie eine eigene Marke benutzt, ist die Schutzschranke des § 23 Nr. 3 MarkenG nicht eröffnet

BGH, I ZR 204/13 – Trassenfieber

BGH, Versäumnisurteil vom 12. Februar 2015 – I ZR 204/13 – Trassenfieber

Amtliche Leitsätze:

a) Unabhängig von der Möglichkeit der Programmgestaltung kann die Verantwortlichkeit als Veranstalter im Sinne von § 13b UrhWG für die Einholung der Einwilligung der Verwertungsgesellschaft anzunehmen sein, wenn Umfang und Gewicht der vorgenommenen Tätigkeiten die Annahme rechtfertigen, dass eine Mitwirkung an der Aufführung vorliegt.

b) Stellt ein Theaterbetreiber den Saal für die Aufführung zur Verfügung, bewirtet die Veranstaltungsbesucher, vereinnahmt die Bewirtungserlöse und wirbt für die Aufführung in seinem Veranstaltungskalender, so wirkt er als Veranstalter
an der Aufführung mit.

Probleme mit dem deutschen Trennungsprinzip in Patentstreitigkeiten – Anmerkung zu BGH X ZR 103/13 Kreuzgestänge

Die Leitsätze der Entscheidung BGH, Urteil vom 02.07.2015 – X ZR 103/13 – Kreuzgestänge wurden in diesem Blog bereits berichtet.

Diese Entscheidung zeigt mögliche Probleme auf, die sich aus dem Trennungsprinzip ergeben, nach dem der Instanzenzug für Rechtsbestandsverfahren und Verletzungsverfahren erst beim BGH zusammenläuft. Zum Leitsatz hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung BGH, Urteil vom 02.07.2015 – X ZR 103/13 – Kreuzgestänge erhoben:

Das Verletzungsgericht hat das Klagepatent selbständig auszulegen und ist weder rechtlich noch tatsächlich an die Auslegung durch den Bundesgerichtshof in einem das Klagepatent betreffenden Patentnichtigkeitsverfahren gebunden.

Dies ist bereits in BGH, Urteil vom 17.04.2007 – X ZR 72/05 – Ziehmaschinenzugeinheit angeklungen, wenn auch spezifisch für den Fall, dass die klageabweisenden Gründe, mit denen ein Patent beschränkt aufrechterhalten wird, zu einer Auslegung unter den Sinngehalt der Patentansprüche führen würden:

Schränken die sich mit der Teilabweisung befassenden Entscheidungsgründe des Nichtigkeitsurteils den Sinngehalt eines die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruchs im Sinne einer Auslegung unter seinen Wortlaut ein, erlaubt dies im Verletzungsprozess ebenso wenig eine einschränkende Auslegung dieses Patentanspruchs wie bei sich aus Beschreibung oder Zeichnungen des Patents ergebenden Beschränkungen.

Der Bundesgerichtshof erkennt im Urteil vom 02.07.2015 – X ZR 103/13 – Kreuzgestänge an, dass Szenarien denkbar sind, in denen das später entscheidende Instanzgericht im Verletzungsverfahren aufgrund weiterer, besserer Erkenntnis zu einer anderen Anspruchsauslegung gelangen kann als der Bundesgerichtshof im vorangegangenen Nichtigkeitsberufungsverfahren (vgl. Rn. 20):

Dies schließt die Möglichkeit ein, dass das Verletzungsgericht zu einem Auslegungsergebnis gelangt, das von demjenigen abweicht, das der Bundesgerichtshof in einem dasselbe Patent betreffenden Patentnichtigkeitsverfahren gewonnen hat. Eine solche Divergenz rechtfertigt zwar, wenn sie entscheidungserheblich ist, die Zulassung der Revision … In diesen wie in jenen Fällen hat das Revisionsgericht zu prüfen, ob es an seiner bisherigen Rechtsprechung festhält oder die besseren Gründe für die Beurteilung des Berufungsgerichts streiten. Eine solche bessere Erkenntnis kann sich im Patentstreitverfahren zudem aus vom Berufungsgericht festgestellten, der revisionsrechtlichen Prüfung zugrunde zu legenden Tatsachen ergeben, die im Nichtigkeitsverfahren nicht festgestellt worden sind, sich aber auf die Auslegung des Patents auswirken.

Eine für den vermeintlichen Patentverletzer sehr missliche Situation ergibt sich, wenn im Rechtsbestandsverfahren die Nichtigkeitsklage aufgrund enger Anspruchsauslegung abgewiesen wurde, im Verletzungsverfahren nach dem rechtskräftigen Abschluss des Rechtsbestandsverfahrens das Berufungsgericht die Verletzung aufgrund einer breiten Anspruchsauslegung jedoch bejaht. Wenn – wie in Rn. 20 des Urteils vom 02.07.2015 – X ZR 103/13 – Kreuzgestänge angedeutet – in einem Einzelfall eine bessere Erkenntnis im Patentverletzungsverfahren für eine breite Anspruchsauslegung streiten würde, die der Bundesgerichtshof als Revisionsgericht im Verletzungsverfahren teilt, würde eine Patentverletzung auf Basis einer breiten Anspruchsauslegung festgestellt werden, während die Nichtigkeitsklage bereits vorher aufgrund einer engen Anspruchsauslegung rechtskräftig abgewiesen wurde.

Es stellt sich die Frage, wie der Patentverletzer in einem solchen Fall vorgehen könnte. Eine Restitutionsklage hält der BGH aus § 580 Nr. 6 ZPO für möglich, wenn das Verletzungsverfahren rechtskräftig abgeschlossen wurde, bevor eine teilweise oder vollständige Nichtigerklärung des Streitpatents erfolgte (BGH, Urteil vom 28.09.2011 – X ZR 68/10 – Klimaschrank), der Zeitablauf also im Vergleich zur Kreuzgestänge-Entscheidung gerade umgekehrt ist. Bei einer umgekehrten zeitlichen Abfolge (rechtskräftiger Abschluss des Rechtsbestandsverfahrens vor dem rechtskräftigen Abschluss des Verletzungsverfahrens) scheint eine Anwendbarkeit des Restitutionsgrunds § 580 Nr. 6 ZPO eher fernliegend, da das Rechtsbestandsverfahren nicht auf das Urteil des Verletzungsverfahrens gegründet ist. Denkbar wäre möglicherweise eine Durchbrechung der Rechtskraftwirkung des ersten Nichtigkeitsverfahrens. Die (breitere) Auslegung des Anspruchs durch das Revisionsgericht im Verletzungsverfahren könnte eine nicht präkludierte, nachträglich entstandene Tatsache darstellen, die für Durchbrechung der Rechtskraftwirkung streiten und dem Patentverletzer eine erneute Nichtigkeitsklage aus dem bereits im ersten Verfahren geltend gemachten Nichtigkeitsgrund eröffnen könnte.

EuGH zu SEPs: Wurde das Standard-Spundfass (BGH KZR 40/02) aufgebohrt?

Das EuGH-Urteil vom 16.07.2015 in der Rechtssache C-170/13 – Huawei/ZTE hat wegen seiner Bedeutung für Patentstreitigkeiten weithin Beachtung gefunden und wurde bereits früher in diesem Blog sowie zahlreichen anderen Blogs wie IPkat kommentiert. Schwerpunkt der Betrachtungen waren dabei die Antworten auf die Vorlagefragen 1 bis 4, die die Umstände betrafen, unter denen der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand dem patentrechtlichen Unterlassungsanspruch entgegengehalten werden kann.

Ein weiterer wichtiger und bislang – soweit für den Verfasser dieses Beitrags ersichtlich – deutlich weniger kommentierter Aspekt des EuGH-Urteils vom 16.07.2015 in der Rechtssache C-170/13 – Huawei/ZTE betrifft die Frage, inwieweit der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand dem patentrechtlichen Schadensersatzanspruch und den Annexansprüchen wie Rechnungslegungs- und Auskunftsansprüchen entgegengehalten werden kann. Der EuGH führt aus (Rn. 73-75 des Urteils):

Wie sich aus den Rn. 52 und 53 des vorliegenden Urteils ergibt, kann es unter Umständen wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden als missbräuchlich eingestuft werden, wenn der Inhaber des SEP seine Rechte des geistigen Eigentums dadurch ausübt, dass er Klagen auf Unterlassung oder Rückruf erhebt, da derartige Klagen geeignet sind, zu verhindern, dass von Wettbewerbern hergestellte Produkte, die dem betreffenden Standard entsprechen, auf den Markt gelangen oder auf dem Markt bleiben.

So, wie die Klagen des Inhabers eines SEP auf Rechnungslegung über die vergangenen Benutzungshandlungen in Bezug auf dieses SEP bzw. auf Schadensersatz wegen dieser Handlungen in der Vorlageentscheidung geschildert sind, haben sie jedoch keine unmittelbaren Auswirkungen darauf, ob von Wettbewerbern hergestellte Produkte, die dem betreffenden Standard entsprechen, auf den Markt gelangen oder auf dem Markt bleiben.

Folglich können sie unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens nicht als missbräuchlich im Sinne von Art. 102 AEUV angesehen werden.

Insoweit unterscheidet sich die Auffassung des EuGH zum kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand aus europäischem Kartellrecht deutlich von der Auffassung des Bundesgerichtshofs, der im Urteil vom 13.07.2004 in der Sache KZR 40/02 – Standard-Spundfaß entschieden hatte, dass ein Zwangslizenzeinwand aus deutschem Kartellrecht auch für den vermeintlichen Patentverletzer streiten kann, der auf Schadensersatz und Rechnungslegung in Anspruch genommen wird.

Eine spannende Frage, die sich aus dem EuGH-Urteil vom 16.07.2015 in der Rechtssache C-170/13 – Huawei/ZTE ergibt, dürfte somit sein, ob die deutschen Instanzgerichte und schließlich auch der Bundesgerichtshof an den in der Standard-Spundfaß-Entscheidung aufgestellten Grundsätzen festhalten werden. Falls nicht, hätte der Patentinhaber jedenfalls durch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen und den zugehörigen Annexansprüchen ein Mittel zur Hand, mit dem er den vermeintlichen Patentverletzer zur zügigen Fortführung von Lizenzverhandlungen motivieren könnte. Für den Patentinhaber könnte auch die gerichtliche Geltendmachung zunächst nur von Schadensersatzansprüchen attraktiv werden, wenn derartige Verfahren nicht durch Diskussionen über den kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand belastet werden, die – gerade bei FRAND-Szenarien – regelmäßig komplexe Fragestellungen dazu aufwerfen, welche Lizenzbedingungen fair und nicht-diskriminierend wären.

BGH, I ZR 84/14 – TV-Wartezimmer

BGH, Urteil vom 12. März 2015 – I ZR 84/14 – TV-Wartezimmer

Amtliche Leitsätze:

a) Die in § 11 Abs. 1 Satz 1 ApoG geregelten Tatbestände, die Kooperationen zwischen Inhabern von Erlaubnissen nach § 1 Abs. 2, § 14 Abs. 1, § 16 oder § 17 ApoG und dem Personal von Apotheken einerseits und Ärzten verbieten, sind Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG, deren Verletzung geeignet ist, die Interessen der Verbraucher und Mitbewerber
spürbar zu beeinträchtigen.

b) An der Rechtsprechung, wonach eine täterschaftliche Haftung desjenigen ausscheidet, der nicht selbst Adressat der dem Unlauterkeitsvorwurf nach § 4 Nr. 11 UWG zugrundeliegenden Norm ist, und daher insoweit allein eine Teilnehmerhaftung in Betracht kommt, wird auch nach der Aufgabe der Störerhaftung im Wettbewerbsrecht festgehalten.