Das Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung eines zu Unrecht erteilten Patents rechtfertigt die Nichtigkeitsklage nur solange, als das Recht noch wirksam und in Kraft ist. Ab dem Zeitpunkt, in dem das Recht entfallen ist, ist die Nichtigkeitsklage nur zulässig, wenn dem Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite steht. Das allgemeine Interesse an der Sicherung einer gesetzeskonformen Erteilungspraxis des Patentamts – hier hinsichtlich § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PatG – ist nicht geeignet, ein Rechtsschutzbedürfnis zu begründen (Fortführung von BGH, Beschluss vom 17. April 1997 – X ZB 10/96, GRUR 1997, 615 – Vornapf).
a) Ergreift der Betreiber einer Sharehosting-Plattform, obwohl er vom Rechtsinhaber darauf hingewiesen wurde, dass ein geschützter Inhalt über seine Plattform rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht wurde, nicht unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen, um den Zugang zu diesem Inhalt durch Löschung oder Sperrung zu verhindern, nimmt er selbst eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 UrhG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG vor. Für den durch Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2001/29/EG vollharmonisierten Bereich tritt mithin die Haftung als Täter an die Stelle der bisherigen Störerhaftung (im Anschluss an EuGH, Urteil vom 22. Juni 2021 – C-682/18 und C-683/18, GRUR 2021, 1054 Rn. 85 und 102 = WRP 2021, 1019 – YouTube und Cyando).
b) Die schon bisher für die Störerhaftung geltenden, an den Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung zu stellenden Anforderungen sind auf die Prüfung der öffentlichen Wiedergabe übertragbar.
c) Die zur täterschaftlichen Haftung des Betreibers einer Sharehosting-Plattform wegen einer öffentlichen Wiedergabe im Sinne von § 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 UrhG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG führende Verletzung der durch einen Hinweis des Rechtsinhabers ausgelösten Prüfungspflicht umfasst neben der Pflicht zur unverzüglichen Verhinderung des Zugangs zur konkret beanstandeten Datei und zu weiteren, im Zeitpunkt der Beanstandung bereits hochgeladenen gleichartigen rechtsverletzenden Inhalten auch die Pflicht zur Vorsorge, dass es künftig nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen kommt.
a) Eine Vorrichtung, die bestimmte Funktionen aufweist, ist durch eine Entgegenhaltung nur dann offenbart, wenn darin ein ausführbarer Weg aufgezeigt wird, sie herzustellen (Bestätigung von BGH, Urteil vom 6. April 2021 – X ZR 54/19, GRUR 2021, 1043 Rn. 40 – Cerdioxid).
b) Ausführbar ist eine technische Lehre grundsätzlich bereits dann, wenn der Fachmann mit Hilfe seines Fachwissens in der Lage ist, den in den Erzeugnisansprüchen beschriebenen Gegenstand herzustellen und diejenigen Verfahrensschritte auszuführen, die in den Verfahrensansprüchen bezeichnet sind (Bestätigung von BGH, Urteil vom 3. Februar 2015 – X ZR 76/13, GRUR 2015, 472 Rn. 36 – Stabilisierung der Wasserqualität; BGH, Urteil vom 29. März 2022 – X ZR 16/20, GRUR 2022, 813 Rn. 69 – Übertragungsleistungssteuerungsverfahren). Hierzu ist nicht zwingend erforderlich, dass alle in der Beschreibung geschilderten Vorteile verwirklicht werden.
c) Wenn eine Entgegenhaltung für bestimmte Betriebssituationen eine Verringerung der Sendeleistung auf mehreren Kanälen und die Umsetzung dieses Befehls innerhalb einer bestimmten Zeitspanne vorsieht, kann aus der ergänzenden Vorgabe, auf einem bestimmten Kanal mit der vorgegebenen Leistung zu senden, nicht ohne weiteres die Schlussfolgerung gezogen werden, dass diese Anweisung innerhalb einer kürzeren Zeitspanne umzusetzen ist.
a) Bei gewerblicher Entwicklungs- oder Erprobungstätigkeit, bei der ein betriebliches Interesse daran besteht, die dabei entstehenden Kenntnisse nicht nach außen dringen zu lassen, ist im Regelfall und ohne Hinzutreten besonderer Umstände die öffentliche Zugänglichkeit der gewonnenen Kenntnisse zu verneinen. Dies gilt jedenfalls so lange, wie die Kenntnisse nur solchen Personen zugänglich sind, die an dieser Entwicklungs- und Erprobungstätigkeit beteiligt sind, aber auch dann, wenn die Herstellung oder einzelne Herstellungsschritte auf Dritte übertragen werden (Bestätigung von BGH, Urteil vom 14. Mai 2019 – X ZR 93/17, Rn. 34; Urteil vom 10. November 1998 – X ZR 137/94, Mitt. 1999, 362, juris Rn. 35 – Herzklappenprothese).
b) Informationen, die nicht unter den Begriff des Geschäftsgeheimnisses im Sinne von § 2 Nr. 1 GeschGehG fallen, sind nicht ohne weiteres als der Öffentlichkeit zugänglich im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 2 PatG anzusehen.
a) Durch die Veröffentlichung der Fotografie eines Fahrzeugs wird ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster an einem Bauelement des Fahrzeugs als komplexem Erzeugnis im Sinne von Art. 3 Buchst. c und Art. 4 Abs. 2 GGV der Öffentlichkeit gemäß Art. 11 GGV zugänglich gemacht, sofern die Erscheinungsform dieses Bauelements eindeutig erkennbar ist (Anschluss an EuGH, Urteil vom 28. Oktober 2021 – C-123/20, GRUR 2021, 1523 [juris Rn. 52] = WRP 2022, 42 – Ferrari).
b) Die Erscheinungsform des Bauelements hat Eigenart im Sinne von Art. 6 Abs. 1 GGV, wenn es einen sichtbaren Teilbereich des Fahrzeugs darstellt, der durch Linien, Konturen, Farben, die Gestalt oder eine besondere Oberflächenstruktur klar abgegrenzt ist. Dies setzt voraus, dass die Erscheinungsform des Bauelements geeignet sein muss, selbst einen „Gesamteindruck“ hervorzurufen, und nicht vollständig in dem Gesamterzeugnis untergeht (Anschluss an EuGH, Urteil vom 28. Oktober 2021 – C-123/20, GRUR 2021, 1523 [juris Rn. 50] = WRP 2022, 42 – Ferrari). Auf die Merkmale einer gewissen Eigenständigkeit und Geschlossenheit der Form kommt es nicht an.
a) Für die Beurteilung, ob Verträge über die Komposition und Produktion von Musik für eine Fernsehserie sowie die Einräumung der Nutzungsrechte an der Musik und deren Verlag wegen eines auffälligen Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung sittenwidrig im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB sind, ist auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen. Zu diesem Zeitpunkt nicht absehbare Entwicklungen bleiben außer Betracht.
b) Die in Form Allgemeiner Geschäftsbedingungen in einem Vertrag über die Komposition und Produktion von Musik für eine Fernsehserie sowie die Einräumung der Nutzungsrechte an der Musik vorgesehene Verpflichtung zum Abschluss eines Verlagsvertrags unterliegt nach § 8 AGBG aF (jetzt: § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB) als privatautonome Gestaltung des vertraglichen Leistungsprogramms nicht der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle.
a) Die Beklagte eines Patentnichtigkeitsverfahrens hat in der Regel keinen Anlass zur Stellung von Hilfsanträgen zur Abgrenzung vom Stand der Technik, wenn das Patentgericht in dem nach § 83 Abs. 1 PatG erteilten Hinweis die vorläufige Auffassung äußert, der Gegenstand des Streitpatents sei patentfähig.
b) Legt die Klägerin nach einem solchen Hinweis eine Vielzahl neuer Entgegenhaltungen vor, muss die Beklagte überprüfen, ob das ergänzende Vorbringen zu einer anderen Beurteilung führen könnte, und gegebenenfalls auch geeignete Hilfsanträge stellen. Wenn sich hierbei eine Vielzahl von technischen Gesichtspunkten als potentiell relevant erweist, kann es aber nicht ohne weiteres als nachlässig angesehen werden, wenn die Beklagte einem einzelnen Gesichtspunkt durch ihre erstinstanzlichen Hilfsanträge nicht Rechnung getragen hat.
c) Hilfsanträge, die einer aus dem erstinstanzlichen Urteil ersichtlichen Auslegung des Streitpatents Rechnung tragen sollen, sind grundsätzlich innerhalb der Frist für die Berufungsbegründung zu stellen. Später gestellte Anträge sind zu berücksichtigen, wenn ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögert.
a) Die Frage, ob ein Patentlizenzvertrag dem Begünstigten die Stellung eines ausschließlichen Lizenznehmers einräumt, ist nach dem Recht des Staates zu beurteilen, für den der Patentschutz geltend gemacht wird.
b) Die rückwirkende Vereinbarung einer ausschließlichen Patentlizenz mit Wirkung gegenüber Dritten ist außerhalb von gesetzlich vorgesehenen Rückwirkungstatbeständen grundsätzlich ausgeschlossen.
c) Eine wegen fehlender Vertretungsmacht unwirksame Vereinbarung über die Einräumung einer ausschließlichen Patentlizenz kann gemäß § 177 Abs. 1 und § 184 Abs. 1 BGB mit rückwirkender Kraft genehmigt werden.
d) Wird dem Lizenznehmer in einem Patentlizenzvertrag das Recht eingeräumt, Rechte aus einer Verletzung des Schutzrechts in eigener Verantwortung zu verfolgen und übt der Lizenznehmer im Anschluss an den Vertragsschluss die mit einer ausschließlichen Lizenz verbundenen Rechte aus, ist die Vereinbarung regelmäßig als Einräumung einer ausschließlichen Lizenz auszulegen.
a) Die Auslegung eines Designs kann zu dem Ergebnis führen, dass Abweichungen der Wiedergaben bei der Bestimmung des Schutzgegenstands außer Betracht bleiben müssen und der Schutzgegenstand gleichsam aus der Schnittmenge der allen Darstellungen gemeinsamen Merkmale besteht (Bestätigung von BGH, Urteil vom 8. März 2012 – I ZR 124/10, GRUR 2012, 1139 [juris Rn. 31] = WRP 2012, 1540 – Weinkaraffe; Beschluss vom 20. Dezember 2018 – I ZB 25/18, BGHZ 220, 344 [juris Rn. 17] – Sporthelm; Beschluss vom 20. Dezember 2018 – I ZB 26/18, GRUR 2019, 835 [juris Rn. 31] = WRP 2019, 1032 – Sportbrille). Das gilt auch dann, wenn eine Darstellung Elemente enthält, die auf den anderen Darstellungen nicht zu sehen sind, so dass das in den anderen Darstellungen zu sehende Erzeugnis vollständig in der einen Darstellung enthalten ist.
b) Die Auslegung eines Designs kann ergeben, dass sich der Schutzgegenstand aus mehreren Gegenständen zusammensetzt, die nach der Verkehrsauffassung ein einheitliches Erzeugnis – ein sogenanntes Kombinationserzeugnis – bilden. Dies liegt insbesondere dann nahe, wenn die abgebildeten Einzelgegenstände ästhetisch aufeinander abgestimmt sind und miteinander in einem funktionalen Zusammenhang stehen (Bestätigung von BGH, GRUR 2012, 1139 [juris Rn. 32] – Weinkaraffe). Die Auslegung kann auch lediglich aufgrund einer dieser Eigenschaften – gegebenenfalls unter Einbeziehung weiterer Umstände – zur Annahme eines Kombinationserzeugnisses führen. Maßgeblich ist, welchen Schutzgegenstand die Fachkreise des betreffenden Sektors aus den Darstellungen und den weiteren aus dem Register ersichtlichen Informationen entnehmen.
c) Im Fall eines Kombinationserzeugnisses ist ein isolierter Schutz für die Komponenten des Kombinationserzeugnisses – ohne eine gesonderte Anmeldung – ausgeschlossen, weil das Designrecht keinen Schutz für Teile oder Elemente eines eingetragenen Designs kennt (Bestätigung von BGH, GRUR 2012, 1139 [juris Rn. 28 und 35 bis 40] – Weinkaraffe).
d) Führt die Auslegung nicht zu einem hinreichend klaren Ergebnis und bleibt offen, ob Schutz für einen Einzelgegenstand oder ein Kombinationserzeugnis beansprucht wird, geht die Unklarheit zu Lasten des Anmelders und ist das Design nichtig.
b) Die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur Abgrenzung der freien Benutzung von der (unfreien) Bearbeitung gelten für Werke im Sinne von § 2 UrhG auch nach der durch das Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes vom 31. Mai 2021 (BGBl. I S. 1204) vorgenommenen Streichung des § 24 UrhG aF und der Änderung des § 23 UrhG in der Sache mit der Maßgabe weiter, dass das Kriterium des „Verblassens“ unionsrechtskonform im Sinne des Kriteriums einer fehlenden Wiedererkennbarkeit der schutzbegründenden eigenschöpferischen Elemente zu verstehen ist.