BGH, Beschluss vom 28. Mai 2013 – X ZR 137/09 – Sachverständigenentschädigung VI

BGH, Beschluss vom 28. Mai 2013 – X ZR 137/09 – Sachverständigenentschädigung VI

Amtliche Leitsätze:

a) Die Parteien können sich auch nach Heranziehung eines Sachverständigen mit einer abweichend von der gesetzlichen Regelung zu bemessenden Vergütung wirksam einverstanden erklären, wenn ein ausreichender Betrag für die sich daraus ergebende Vergütung an die Staatskasse gezahlt ist.

b) Insoweit genügt die Erklärung nur einer Partei, soweit sie sich auf den Stundensatz nach § 9 JVEG bezieht und das Gericht zustimmt, wobei über die Zustimmung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden ist und hierbei

Formerfordernisse für die Übertragung des Prioritätsrechts

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte sich im Verfahren X ZR 49/12 – Fahrzeugscheibe mit den Formerfordernissen für die Übertragung des Prioritätsrechts zu befassen, wenn die Priorität einer nationalen Erstanmeldung für eine europäische Nachanmeldung in Anspruch genommen wird.

Nach der BGH-Entscheidung sind die Formerfordernisse, denen die Übertragung des Prioritätsrechts unterliegt, nach dem Forderungsstatut (Art. 33 Abs. 2 EGBGB in der bis zum 17.12.2009 geltenden Fassung bzw. nunmehr Art. 14 Abs. 2 Rom-I-VO) zu bestimmen. Dies führt dazu, dass die Formerfordernisse für die Übertragung des Prioritätsrechts dem Recht des Staats der Erstanmeldung unterliegen. Entsprechend ist die Übertragung des Rechts auf Inanspruchnahme der Priorität einer deutschen Patentanmeldung auch dann nicht formbedürftig, wenn die Priorität für eine europäische Patentanmeldung in Anspruch genommen werden soll (Leitsatz 1).

Die Entscheidung X ZR 49/12 – Fahrzeugscheibe grenzt sich dezidiert von der Beschwerdekammer-Entscheidung T 62/05 ab. In der Entscheidung T 62/05 hatte die Beschwerdekammer für den Fall einer europäischen Nachanmeldung gefordert, dass die Übertragung des Prioritätsrechts den Formerfordernissen des Art. 72 EPÜ genügen muss, also der Schriftform unterliegt und von beiden Vertragsparteien unterschieben sein muss. Die Beschwerdekammer-Entscheidung T 62/05 führt zur Anwendbarkeit der Formerfordernisse des Rechts, dem die Nachanmeldung unterliegt, und nicht – wie nunmehr die BGH-Entscheidung X ZR 49/12 – Fahrzeugscheibe – zur Anwendbarkeit des Rechts, dem die Erstanmeldung unterliegt. Die in der Beschwerdekammer-Entscheidung T 62/05 aufgestellten Formerfordernisse für die Übertragung des Prioritätsrechts hatten sich insbesondere im Einspruchsverfahren zu einer scharfen Waffe für den Einsprechenden entwickelt, da beispielsweise die nach US-Recht nur vom Erfinder als Zedenten zu unterschreibende Übertragungserklärung regelmäßig nicht der Formvorschrift des Art. 72 EPÜ genügt und eine Heilung nach Einreichung der Nachanmeldung nicht mehr möglich war. Die Beschwerdekammer-Entscheidung T 62/05 wurde in der Literatur auch stark kritisiert (vgl. T. Bremi: ‚Traps when transferring priority rights, or When in Rome do as the Romans do: A discussion of some recent European and national case law and its practical implications.‘ In: epi Information, 1/2010).

Der Patentanmelder wird dennoch gut beraten sein, das Prioritätsrecht auch weiterhin so zu übertragen, dass die Übertragung den Formvorschriften des Art. 72 EPÜ genügt. So lange das Risiko besteht, dass eine Beschwerdekammer ein europäisches Patent im Einspruchsbeschwerdeverfahren wegen nicht wirksamer Inanspruchnahme der Priorität widerruft, ist es nur ein schwacher Trost, dass der BGH in einem etwaigen Nichtigkeitsverfahren basierend auf den in der Entscheidung X ZR 49/12 – Fahrzeugscheibe aufgestellten Grundsätzen anders entschieden hätte.

BPatG, 4 Ni 13/11 – Dichtungsring

BPatG, Entscheidung v. 15. Januar 2013 – 4 Ni 13/11 – Dichtungsring

Amtliche Leitsätze:

1. Erschöpft sich die patentgemäße Lösung nur in der handwerklichen Maßnahme, eine bekannte, technisch weniger anspruchsvolle Lösung – hier einer Querschnittsverringerung des Dichtungsrings – hinzunehmen bzw. der technisch anspruchsvolleren Lösung hinzuzufügen, so begründet ein solcher in Kauf genommener „handwerklicher Rückschritt“ ebenso wenig eine erfinderische Tätigkeit wie eine nur handwerkliche Weiterbildung des Standes der Technik.

2. Der Sachprüfung eines im Nichtigkeitsverfahren angegriffenen Unteranspruchs bedarf es nur – was vorrangig zu klären ist und wofür in der Rechtsprechung Auslegungsregeln entwickelt worden sind – wenn der Wille des Patentinhabers auf dessen (isolierte) Verteidigung gerichtet ist.

3. Anders als bei der Verteidigung des Streitpatents durch Neuformulierung eines Patentanspruchs mittels Aufnahme von Merkmalen aus verfahrensgegenständlichen Patentansprüchen, welche immer oder jedenfalls dann einer eigenständigen Sachprüfung bedürfen, wenn der Patentinhaber sie isoliert verteidigt, bietet die mögliche Aufnahme von Merkmalen aus der Beschreibung keinen Anlass für eine vorsorgliche Beschäftigung und Recherche durch die Klägerin. Eine derartige Forderung würde die der Klägerin obliegende Prozessförderungspflicht auch vor dem Hintergrund des von § 83 PatG intendierten besonderen Beschleunigungs- und Konzentrationsgebots erheblich überspannen und andererseits die Beklagte über Gebühr von ihrer entsprechenden Verpflichtung entlasten.

BGH, X ZB 15/12 – Patentstreitsache II

BGH, Beschluss vom 20. März 2013 – X ZB 15/12 – Patentstreitsache II

Amtliche Leitsätze:

a) Bei der Honorarklage eines Rechts- oder Patentanwalts handelt es sich nicht notwendigerweise schon deswegen um eine Patentstreitsache, weil der Gegenstand des zugrunde liegenden Auftrags sich auf eine Erfindung bezogen oder ein Patent oder eine Patentanmeldung betroffen hat.

b) Dies ist vielmehr dann nicht der Fall, wenn zur Beurteilung der Frage, ob die Honorarforderung berechtigt ist, das Verständnis der Erfindung keine Rolle spielt und es deshalb keines besonderen Sachverstands bedarf, um die für die Entgeltung der dem Anwalt übertragenen Erwirkung eines technischen Schutzrechts maßgeblichen Umstände erfassen und beurteilen zu können.

Aus den Entscheidungsgründen:

Wie der Senat mit Beschluss vom 22. Februar 2011 (X ZB 4/09, GRUR 2011, 662 Patentstreitsache) entschieden hat, zählen zu den Patentstreitsachen alle Klagen, die einen Anspruch auf eine Erfindung oder aus einer Erfindung zum Gegenstand haben oder sonstwie mit einer Erfindung eng verknüpft sind. Hierzu können insbesondere Klagen gehören, deren Anspruchsgrundlage sich aus einem Patent oder einer nicht geschützten Erfindung ergibt, sowie solche, deren Ansprüche auf einem Lizenz oder sonstigem Verwertungsvertrag beruhen (BGH, Urteil vom 7. November 1952 I ZR 43/52, BGHZ 8, 16, 18). Die Prozessökonomie und das Interesse der Parteien, ihren eigentlichen Streit verhandelt und entschieden zu wissen, gebietet, eine Patentstreitsache anzunehmen, wenn die Voraussetzungen für eine enge Verknüpfung mit einer Erfindung hinreichend dargestellt und erkennbar werden, woraus sich in der Praxis eine weite Auslegung des Begriffs der Patentstreitsache ergibt. Bei Klagen, deren Anspruchsgrundlage sich nicht aus dem Patentgesetz ergibt und bei denen das den Klagegrund bildende Rechtsverhältnis auch keine sonstige Regelung durch das Patentgesetz erfährt, sind Sinn und Zweck der Zuständig-keit gemäß § 143 PatG zu beachten. Es soll damit gewährleistet werden, dass sowohl das Gericht als auch die zur Vertretung einer Partei berufenen und die bei der Prozessvertretung mitwirkenden Anwälte über besonderen Sachverstand verfügen, um die technische Lehre einer Erfindung und die für ihr Verständnis und die Bestimmung ihrer Reichweite maßgeblichen tatsächlichen Umstände erfassen und beurteilen zu können. An dieser Rechtfertigung fehlt es, wenn das den Streitgegenstand bildende Rechtsverhältnis ausschließlich Anspruchsvoraussetzungen und sonstige Tatbestandsmerkmale aufweist, für deren Beurteilung das Gericht und die Prozessvertreter der Parteien keines solchen Sachverstands bedürfen.

EU-Patent nimmt nächste Hürde – Verstärkte Zusammenarbeit rechtens

Wie Juve berichtet, hat am 16. April 2013 der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass die verstärkte Zusammenarbeit im Bereich des Patentrechts  im Einklang mit Unionsrecht ist.

Italien und Spanien hatten gegen die verstärkte Zusammenarbeit geklagt, da diese Länder in erster Linie nicht mit der Sprachenregelung für das geplante EU-Patent einverstanden sind.

Durch die Entscheidung des EuGH ist wieder eine Hürde auf dem Weg zum EU-Patent aus dem Weg geräumt. Das EU-Patent kann bereits im Jahre 2014 in Kraft treten, wenn es mindestens 13 Mitgliedsstaaten inklusive Deutschland, Frankreich und Großbritannien ratifiziert haben.

BGH zu computerimplementierten Erfindungen

Im Urteil vom 18. Dezember 2012 – X ZR 3/12 – Routenplanung führt der X. Zivilsenat seine Rechtsprechung zur Behandlung nichttechnischer Merkmale in Patentansprüchen fort. Dabei zeichnet sich eine ähnliche Praxis ab, wie sie am EPA spätestens seit der Entscheidung T 641/00 – Comvik etabliert ist. Danach können nichttechnische Anspruchsmerkmale eine erfinderische Tätigkeit regelmäßig nicht begründen.

Zwei Aspekte des Urteils vom 18. Dezember 2012 – X ZR 3/12 – Routenplanung geben jedoch Anlass zu großer Besorgnis.

1. Zum Leitsatz erhebt der X. Senat in dem genannten Urteil, dass „Anweisungen zur Auswahl von Daten, deren technischer Aspekt sich auf die Anweisung beschränkt, hierzu Mittel der elektronischen Datenverarbeitung einzusetzen, … jedenfalls bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht berücksichtigt werden [können]“.

In concreto setzt der X. Senat dies so in die Praxis um, dass nur eine Unterkombination von Anspruchsmerkmalen dahingehend geprüft wird, ob sie durch den Stand der Technik nahegelegt wird (Rz. 36 des Urteils). Das ist ein wesentlicher Unterschied zum Ansatz des EPA, bei dem beispielsweise nach der Entscheidung T 641/00 – Comvik die nichttechnischen Merkmale mit in die Formulierung der objektiven Aufgabe einfließen („requirement specification“) und anschließend geprüft wird, ob der Fachmann bei der Lösung dieser Aufgabe in naheliegender Weise zur Kombination aller Anspruchsmerkmale, einschließlich der nichttechnischen Merkmale kommt.

Die BGH-Praxis mag zu einem gewissen Teil dadurch bedingt sein, dass der BGH sich nicht dem Aufgabe-Lösungs-Ansatz anschließen kann oder möchte (für eine aktuelle Erläuterung hierzu siehe Meier-Beck in GRUR 2012, 1177, 1179). Allerdings hat die BGH-Praxis zwei wesentliche Nachteile gegenüber dem Ansatz des EPA.

Erstens wird eine Unterkombination von Anspruchsmerkmalen, wie sie der BGH prüfen will, häufig kaum verständlich oder gar vollständig sinnentstellt sein. Dies dürfte eine sinnvolle Prüfung auf Naheliegen erschweren.

Zweitens wird die Praxis des BGH dann zu unterschiedlichen Ergebnissen als die EPA-Praxis führen können, wenn ein nichttechnisches Merkmal mit technischen Merkmalen so zusammenwirkt, dass ein überraschender, auf technischem Gebiet liegender Erfolg erreicht wird. In so einem Fall wird der BGH das nichttechnische Merkmal trotzdem vollständig ausblenden, nur weil es (isoliert betrachtet) nichttechnisch ist. Hingegen wird die Wechselwirkung nichttechnischer Merkmale mit technischen Merkmalen nach der Praxis des EPA berücksichtigt, indem das nichttechnische Merkmal aufgrund seines engen Zusammenhangs mit den technischen Merkmalen doch nicht in die Formulierung der objektiven Aufgabe als vom Techniker zu berücksichtigende Zwangsbedingung einfließt. Maßgeblich ist, ob ein technischer Erfolg erzielt wird. Für ein Beispiel für ein solches Wechselspiel zwischen nichttechnischen Merkmalen und technischen Merkmalen siehe beispielsweise T 928/03.

2. Die Auffassung des X. Zivilsenats, was im entschiedenen Fall zu den nichttechnischen Merkmalen gehört, überrascht. So sollte im entschiedenen Fall nach den hilfsweise verteidigten Ansprüchen unter bestimmten Umständen eine (nur) lokale Neuberechnung einer Route durchgeführt werden, nachdem der Benutzer ein bestimmtes Straßensegment (Mautstraße) abgelehnt hatte.

Als Naturwissenschaftler bin ich der festen Überzeugung, dass die Entscheidung für eine lokale Neuberechnung eines Teils der Route anstelle einer globalen Neuberechnung
– auf der technischen Überlegung beruht, dass dadurch Speicherplatz und Rechenzeit eingespart werden kann (denn nach den gängigen Suchmethoden wie Dijkstra oder A* wächst die Zahl der zu expandierenden Kanten und der Expansionsschritte stark mit der Länge der Strecke), und
– dadurch eine technische Wirkung erreicht wird (schnelle und effiziente Berechnung einer Alternativroute, falls der Benutzer eine Mautstraße ablehnt).

Warum der X. Zivilsenat unter Verweis auf das Urteil vom 26.10.2012 – X ZR 47/07 – Wiedergabe topographischer Informationen, dem eine ganz andere Konstellation zugrunde lag, solche Merkmale als nichttechnisch ansieht, konnte ich der äußerst kurzen Begründung in Rz. 53 und 54 des Urteils vom 18. Dezember 2012 – X ZR 3/12 – Routenplanung leider nicht entnehmen.

Es stellt sich natürlich die Frage, ob nicht der Fachmann im einschlägigen Gebiet sowieso wegen der genannten Vorteile die nur lokale Neuberechnung der Route in Betracht gezogen hätte. Man wäre der Erfindung im konkreten Fall wohl eher gerecht geworden, wenn man das Merkmal einer lokalen Neuberechnung unter Berücksichtigung der Kenntnisse des Fachmanns als naheliegend angesehen hätte, anstatt es als nichttechnisches Merkmal unberücksichtigt zu lassen – auch wenn dies vielleicht zusätzliche Aufklärung zu den Kenntnissen des Fachmanns erfordert hätte.

Die Glaubwürdigkeit eines Ansatzes, wie nichttechnische Merkmale behandelt werden, und die Akzeptanz, die ein derartiger Ansatz von Nutzerseite erfährt, basiert darauf, dass eine Prüfung, ob Merkmale nichttechnisch sind, in nachvollziehbarer und keineswegs leichtfertiger Weise erfolgt. Dies gilt für das Bestandsverfahren vor dem Bundespatentgericht und Bundesgerichtshof nicht anders als für die Prüfungsabteilungen des EPA (bei denen nach meinem Empfinden zumindest in Einzelfällen gerade immer diejenigen Merkmale nichttechnisch sein sollen, die im Stand der Technik amtsseitig nicht nachgewiesen werden konnten).

BGH, X ZR 7/12 – Rohrmuffe: Besichtigungsanspruch, Urkundenvorlage, Augenschein

BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2012 X ZR 7/12 – Rohrmuffe

Amtliche Leitsätze:

Im Patentverletzungsprozess lässt sich allein aus § 286 ZPO nicht die Pflicht des Gerichts herleiten, gemäß §§ 142 ff. ZPO die Begutachtung eines Gegenstandes anzuordnen, der sich in der Verfügungsgewalt der nicht beweisbelasteten Partei oder eines Dritten befindet.

Im Patentverletzungsprozess ist das Gericht allenfalls dann verpflichtet, gemäß § 142 ZPO die Vorlage einer Urkunde durch die nicht beweisbelastete Partei anzuordnen, wenn die Voraussetzungen für einen entsprechenden Anspruch des Gegners aus § 140c PatG erfüllt sind (Bestätigung von BGH, Urteil vom 1. August 2006 – X ZR 114/03, BGHZ 169, 30 = GRUR 2006, 962 Rn. 36 ff. – Restschadstoffentfernung).

Für eine auf § 144 ZPO gestützte Anordnung, die Begutachtung eines Gegenstandes anzuordnen, der sich in der Verfügungsgewalt der nicht beweisbelasteten Partei oder eines Dritten befindet, gilt nichts anderes.

BGH: Doppelvertretung im Nichtigkeitsverfahren

Im Beschluss X ZB 11/12 – Doppelvertretung im Nichtigkeitsverfahren konnte sich der Bundesgerichtshof zur Erstattungsfähigkeit von Kosten im Patentnichtigkeitsverfahren äußern, die durch die Doppelvertretung (Patentanwalt und Rechtsanwalt) verursacht werden. Die wichtigsten Punkte der Entscheidung:

1. Der BGH ist der Auffassung, dass die Rechtsbeschwerde gegen Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Patentgerichts statthaft ist. In der Kommentarliteratur war weithin die gegenteilige Auffassung vertreten worden (Benkard, 10 Aufl., § 84 Rn. 41; Schulte, 8. Aufl., § 84 Rn. 64).

Warum allerdings „[w]eder § 84 Abs. 2 noch § 99 Abs. 2 PatG … der Grundsatz entnommen werden [kann], dass eine Überprüfung des Kostenfestsetzungsbeschlusses in der Rechtsbeschwerdeinstanz in dieser Konstellation schlechthin ausgeschlossen sein soll“ (Rz. 14 des Beschlusses), bleibt im Dunkeln. Denn § 84 Abs. 2 S. 3 PatG nimmt die Rechtsbehelfe der ZPO im Kostenfestsetzungsverfahren ausdrücklich von der dynamischen Verweisung des § 84 Abs. 2 PatG aus und verweist auf die Spezialregelung des § 99 Abs. 2 PatG.

2. Die Zuziehung eines Rechtsanwalts neben einem Patentanwalt ist typischerweise als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig anzusehen, wenn zeitgleich mit dem Nichtigkeitsverfahren ein das Streitpatent betreffender Verletzungsrechtsstreit anhängig ist, an dem die betreffende Partei oder ein mit ihr wirtschaftlich verbundener Dritter beteiligt ist (Leitsatz). Entsprechend sind die Mehrkosten, die durch die Doppelvertretung entstehen, erstattungsfähig.

Einige Nichtigkeitssenate des BPatG (BPatG 1 ZA (pat) 14/11 oder BPatG 4 ZA (pat) 81/08) hatten teilweise deutlich strengere Kriterien für die Erstattungsfähigkeit der Doppelvertretungskosten entwickelt. Siehe beispielsweise Ziffer 2. der Entscheidungsgründe des Beschlusses BPatG 1 ZA (pat) 14/11: „Danach ist eine Doppelvertretung dann als nicht notwendig anzusehen, wenn trotz parallelem Verletzungsrechtsstreit keine zusätzlichen konkreten Umstände für ihre Erforderlichkeit dargetan werden, so z. B. wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten, welche über die fachliche Kompetenz eines Patentanwalts hinausgehen. Auch begründen weder die Abstimmung und Neuformulierung der Patentansprüche, noch deren Auslegung derartige Umstände, zumal der Patentanwalt durch seine spezielle Ausbildung hierzu regelmäßig in besonderer Weise geeignet ist.“

BPatG, ZA (pat) 46/12 – Kosten des Privatgutachtens

BPatG, Beschl. v. 30. Oktober 20125 – ZA (pat) 46/12 (zu 5 Ni 33/09 (EU))

Amtlicher Leitsatz:

Bei der Erstattungsfähigkeit von Kosten eines Privatsachverständigen im Nichtigkeitsberufungsverfahren
ist auch dann der allgemein strenge Maßstab anzuwenden, wenn der Bundesgerichtshof
bei einer vor dem 1.10.2009 erhobenen Klage im Berufungsverfahren von der
Beauftragung eines gerichtlichen Sachverständigen abgesehen hat.