BGH, X ZB 1/16 – Ventileinrichtung

BGH, Beschluss vom 8. November 2016 – X ZB 1/16 – Ventileinrichtung

Amtliche Leitsätze:

a) Das Patentgericht ist nicht befugt, <a href="http://www flagyl price usa.ipwiki.de/patentrecht:neue_widerrufsgruende_im_einspruchsbeschwerdeverfahren“>im Einspruchsbeschwerdeverfahren von Amts wegen neue Widerrufsgründe, die nicht Gegenstand des Einspruchsverfahrens vor dem Patentamt waren, aufzugreifen und hierauf seine Entscheidung zu stützen (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 10. Januar 1995 – X ZB 11/92, BGHZ 128, 280 = GRUR 1995, 333 – AluminiumTrihydroxid).

b) Wenn eine das Patent aufrechterhaltende Entscheidung des Patentamts in zulässiger Weise mit der Beschwerde angefochten ist, darf der Einsprechende im Beschwerdeverfahren zusätzliche Widerrufsgründe geltend machen, die nicht zum Gegenstand der angefochtenen Entscheidung gehören.

BGH, X ZR 163/12 – Beschichtungsverfahren

BGH, Urteil vom 27. September 2016 – X ZR 163/12 – Beschichtungsverfahren

Amtliche Leitsätze:

Stehen Miterfindern die Rechte an der Erfindung in Bruchteilsgemeinschaft zu, ist die Anmeldung zum Patent durch einen Miterfinder jedenfalls dann nicht als notwendige Maßnahme zur Erhaltung des Gegenstands gerechtfertigt, wenn der Anmelder die Anmeldung nur im eigenen Namen vornimmt.

Einem auf diese Weise übergangenen Mitberechtigten steht ein Schadensersatzanspruch zu, der auch einen Ausgleich für vom Anmelder gezogene Gebrauchsvorteile umfassen kann (Weiterführung von BGH, Urteil vom 22. März 2005 – X ZR 152/03, BGHZ 162, 342 – Gummielastische Masse II).

BGH, X ZR 76/14 – V-förmige Führungsanordnung

BGH, Urteil vom 23. August 2016 – X ZR 76/14 – V-förmige Führungsanordnung

Amtlicher Leitsatz:

Die Orientierung der Überlegungen des Fachmanns, mit denen er ein im Sinne des Merkmals der Erfindung gleichwirkendes Austauschmittel als gleichwirkend auffinden kann, am Patentanspruch und damit die Verletzung des Patents mit äquivalenten Mitteln kann regelmäßig nicht mit der Begründung verneint werden, der Patentinhaber habe sich mit der konkreten Formulierung des Merkmals auf eine dessen Wortsinn entsprechende Ausgestaltung festgelegt.

Aus der Urteilsbegründung:

Für die Beurteilung der Frage, ob die Überlegungen des Fachmanns, die ihm die Ersetzung eines wortsinngemäßen Merkmals durch ein abgewandeltes, aber im Zusammenhang der technischen Lehre des Patents gleichwirkendes Mittel erlauben, am Patentanspruch orientiert sind, kommt es im Zweifel weniger auf die räumlich-körperliche Ausgestaltung des Mittels als solche als vielmehr auf deren Funktion im Kontext der patentgemäßen Lehre an.

BGH, I ZR 151/15 – Ansprechpartner

BGH, Urteil vom 21. April 2016 – I ZR 151/15 – Ansprechpartner

Amtliche Leitsätze:

a) Zwischen einem Versicherer und einem Versicherungsmakler, der mit einem Versicherungsnehmer des Versicherers einen Versicherungsmaklervertrag abgeschlossen hat, besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG.

b) Allein die unter den Rubriken „Es betreut Sie:“ oder „Ihr persönlicher Ansprechpartner“ erfolgte Angabe des Namens und der Kontaktdaten eines für den Außendienst des Versicherers tätigen Mitarbeiters in einem Schreiben an den Versicherungsnehmer, das an diesen über den Versicherungsmakler des Versicherungsnehmers übersandt wird, führt nicht zu der Gefahr, dass der Versicherungsnehmer zu der Fehlvorstellung veranlasst wird, der genannte Mitarbeiter sei als alleiniger Ansprechpartner anstelle des Versicherungsmaklers oder als gleichwertiger Ansprechpartner neben diesem für die Betreuung des Versicherungsnehmers zuständig

BGH, X ZR 81/14 – Photokatalytische Titandioxidschicht

BGH, Beschluss vom 23. August 2016 – X ZR 81/14 – Photokatalytische Titandioxidschicht

Amtlicher Leitsatz:

Verteidigt der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Patentgericht das Streitpatent in einer geänderten Fassung, die Merkmalen eines zuvor gestellten Hilfsantrags weitere, einem geltenden Unteranspruch entnommene Merkmale hinzufügt, darf ein in der mündlichen Verhandlung vom Kläger vorgebrachtes neues Angriffsmittel gegen die Patentfähigkeit dieser technischen Lehre jedenfalls dann nicht als verspätet zurückgewiesen werden, wenn der qualifizierte Hinweis des Patentgerichts dem Beklagten Veranlassung gab, die in der mündlichen Verhandlung verteidigte Fassung des Patents bereits innerhalb der vom Patentgericht gesetzten Frist zu formulieren.

BGH, X ZR 14/15 – Mähroboter

BGH, Beschluss vom 12. September 2016 – X ZR 14/15 – Mähroboter

Amtlicher Leitsatz:

Eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem Patentverletzungsurteil des Berufungsgerichts im Revisionsverfahren oder im Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision kommt regelmäßig nicht in Betracht, wenn das Klagepatent in einem nachfolgenden Urteil des Patentgerichts nur teilweise durch die Aufnahme beschränkender Merkmale in einen oder mehrere Patentansprüche für nichtig erklärt worden ist, das Urteil des Berufungsgerichts tatrichterliche Feststellungen enthält, aus denen sich eine Verwirklichung der Patentansprüche auch in der Fassung des patentgerichtlichen Urteils ergibt und die Beklagte nicht aufzeigt, dass diese tatrichterlichen Feststellungen im Berufungsurteil verfahrensfehlerhaft getroffen worden sind.

Kollisionsrecht und Prioritätsrecht

Die rechtsgeschäftliche Übertragung des Prioritätsrechts ist von großer praktischer Relevanz. Da jedenfalls die Auslandspriorität naturgemäß internationale Sachverhalte betrifft, kommt der Frage, nach welchen Kollisionsnormen die für die Übertragung des Prioritätsrechts anwendbaren Formerfordernisse zu bestimmen sind, großer Bedeutung zu. Diese Frage hat in den vergangenen Jahren mehrfach die Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts (beispielsweise in T 62/05 und T 205/14) und den Bundesgerichtshof (beispielsweise in BGH X ZR 49/12 – Fahrzeugscheibe ) beschäftigt.

Die Beschwerdekammerentscheidung T 205/14 befasst sich auf 25 Seiten mit der Frage, nach welchen Kollisionsnormen das für die Übertragung des Prioritätsrecht anwendbare Formstatut zu ermitteln ist. Nach T 205/14 soll jedenfalls für Arbeitnehmererfindungen, bei denen die Arbeitnehmer Anmelder der Prioritätsanmeldung sind, auf die Übertragung des Prioritätsrechts dasjenige Recht Anwendung finden, dem das Rechtsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber unterliegt.

Diese Auffassung führt zu der äußerst unglücklichen Situation, dass in den letzten Jahren die Rechtsprechung wenigstens die folgenden divergierenden Auffassungen zur Übertragung des Prioritätsrechts vertreten hat:

– In T 62/05 hat die Beschwerdekammer die Auffassung vertreten, dass das Recht des Staats der Nachanmeldung anwendbar ist. Davon haben sich sowohl spätere Entscheidungen (BGH X ZR 49/12 – Fahrzeugscheibe und T 205/14) als auch gewichtige Stimmen in der Literatur (T. Bremi: ‚Traps when transferring priority rights, or When in Rome do as the Romans do: A discussion of some recent European and national case law and its practical implications.‘ In: epi Information, 1/2010) deutlich abgegrenzt.

– Nach BGH X ZR 49/12 – Fahrzeugscheibe sind die Formerfordernisse, denen die Übertragung des Prioritätsrechts unterliegt, nach dem Forderungsstatut (Art. 33 Abs. 2 EGBGB in der bis zum 17.12.2009 geltenden Fassung bzw. nunmehr Art. 14 Abs. 2 Rom-I-VO) zu bestimmen. Dies führt dazu, dass die Formerfordernisse für die Übertragung des Prioritätsrechts dem Recht des Staats der Erstanmeldung unterliegen.

– Nach T 205/14 sind die Formerfordernisse, denen die Übertragung des Prioritätsrechts unterliegt, jedenfalls für die Übertragung der Rechte vom Arbeitnehmer zum Arbeitgeber nach dem Recht desjenigen Staats zu bestimmen, dem das Rechtsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber unterliegt. In Ermangelung einer ausdrücklichen Rechtswahl ist dies regelmäßig das Recht desjenigen Staats, in dem oder von dem aus der Arbeitnehmer in Erfüllung des Vertrags gewöhnlich seine Arbeit verrichtet (Art. 8 Abs. 2 Rom-I-VO).

Zu welch unterschiedlichen Ergebnissen man abhängig davon, welches Statut angewandt wird, gelangt, veranschaulicht die Entscheidung T 205/14: Die Beschwerdekammer gelangte zu der Überzeugung, dass das Prioritätsrecht wirksam übertragen worden sei, da das Recht des Staates Israel anwendbar sei. Sowohl nach den in T 62/05 (Recht des Staats der Nachanmeldung, vorliegend also EP) als auch nach den in BGH X ZR 49/12 – Fahrzeugscheibe (Recht des Staats der Erstanmeldung, vorliegend also US) vertretenen Auffassungen wäre hingegen die wirksame Übertragung des Prioritätsrechts jedenfalls fraglich gewesen.

Die in T 205/14 vertretene Auffassung hat für Patentanmelder, die in nur einem Land Arbeitnehmererfinder beschäftigen, den praktischen Vorteil, dass nach der von der Beschwerdekammer vertretenen Auffassung das Recht dieses Staats auch die Formerfordernisse für die Übertragung des Prioritätsrechts bestimmt. Mit diesem Recht dürfte der Arbeitgeber sehr vertraut sein, da es sich regelmäßig um sein „Heimatrecht“ handelt.

Wie die Judikatur in Zukunft möglicherweise noch zeigen wird, führt die in T 205/14 vertretene Auffassung immer dann zu extremen Schwierigkeiten, wenn Arbeitnehmererfinder, die in unterschiedlichen Staaten tätig sind, Mitanmelder derselben Prioritätsanmeldung sind. Nach T 205/14 würde nämlich eine Zersplitterung dahingehend eintreten, dass der Arbeitgeber die Formerfordernisse all dieser Staaten berücksichtigen müsste, um das Prioritätsrecht wirksam auf sich überzuleiten. Der große Charme der Anwendung des Forderungsstatuts (BGH X ZR 49/12 – Fahrzeugscheibe ; T. Bremi: ‚Traps when transferring priority rights, or When in Rome do as the Romans do: A discussion of some recent European and national case law and its practical implications.‘ In: epi Information, 1/2010) besteht – abgesehen von der relativ sauberen dogmatischen Herleitung der Anwendbarkeit dieses Statuts – darin, dass immer nur die Formvorschriften einer einzigen Rechtsordnung, nämlich der des Staats der Erstanmeldung maßgeblich sind. Da Mängel in der Übertragung des Prioritätsrechts nach Einreichung der Nachanmeldung nicht mehr heilbar sind, ist jedenfalls große anwaltliche Sorgfalt bei der Beratung gefragt, um sicherzustellen, dass das Prioritätsrecht – selbst unter Berücksichtigung der verschiedenen in der Rechtsprechung vertretenen Auffassungen – vor Einreichung der Nachanmeldung wirksam übertragen wurde.

Einstweilige Benutzungserlaubnis – Ereignis mit Seltenheitswert am Bundespatentgericht

Das Bundespatentgericht hat mit Beschluss vom 31. August 2016 im Verfügungsverfahren eine einstweilige Benutzungserlaubnis für die Nutzung eines Patents für ein AIDS-Medikament erteilt (siehe BPatG-Pressemitteilung). Das Hauptsacheverfahren ist weiterhin anhängig.

Die letzte Erteilung einer Zwangslizenz (im Hauptsacheverfahren) liegt mehr als 20 Jahre zurück und wurde vom BGH aufgehoben (BGH, 05.12.1995 – X ZR 26/92, BGHZ 131, 247).

BGH, I ZR 88/15 – Rechtsberatung durch Entwicklungsingenieur

BGH, Urteil vom 31. März 2016 – I ZR 88/15 – Rechtsberatung durch Entwicklungsingenieur

Amtliche Leitsätze:

a) Wer in offener Stellvertretung für Dritte gewerbliche Schutzrechte bei dem Deutschen Patent- und Markenamt oder dem Europäischen Patentamt anmeldet, wird im wirtschaftlichen Interesse der Anmelder und damit in konkreten fremden Angelegenheiten tätig, die eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls im Sinne von § 2 Abs. 1 RDG erfordern.

b) Sind für die Haupttätigkeit eines Dienstleisters (hier: eines Entwicklungsingenieurs) Rechtskenntnisse kaum erforderlich, kann nicht angenommen werden, dass eine Rechtsdienstleistung, die erhebliche Anforderungen an die Rechtsberatung stellt (hier: Anmeldung gewerblicher Schutzrechte), als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild der Haupttätigkeit gehört und deshalb nach § 5 Abs. 1 RDG erlaubt ist. Macht der Dienstleister das Gegenteil geltend, trifft ihn die Darlegungs- und Beweislast.

BGH, X ZR 114/13 – Wärmetauscher

BGH, Urteil vom 10. Mai 2016 – X ZR 114/13 – Wärmetauscher

Amtlicher Leitsatz:

a) Die Ermittlung des Sinngehalts eines Unteranspruchs kann grundsätzlich zur richtigen Auslegung des Hauptanspruchs eines Patents beitragen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass Unteransprüche regelmäßig den Gegenstand des Hauptanspruchs nicht einengen, sondern nicht anders als Ausführungsbeispiele lediglich – gegebenenfalls mit einem zusätzlichen Vorteil verbundene – Möglichkeiten seiner Ausgestaltung aufzeigen.

b) Die Einräumung einer Aufbrauchfrist kommt im Patentverletzungsprozess nur dann in Betracht, wenn die sofortige Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs des Patentinhabers auch unter Berücksichtigung seiner Interessen aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls gegenüber dem Verletzer eine unverhältnismäßige, durch das Ausschließlichkeitsrecht und die regelmäßigen Folgen seiner Durchsetzung nicht gerechtfertigte Härte darstellte und daher treuwidrig wäre.