OLG Düsseldorf, I-2 W 35/09: Italienischer Torpedo

OLG Düsseldorf, Beschluss v. 20.07.2009, I-2 W 35/09

Aus der Beschlussbegründung:

Art. 27 Abs. 1 EuGVVO

Die Auslegung dieses Begriffs [„denselben Anspruch“] hat … unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Verordnung zu erfolgen und sich dementsprechend daran zu orientieren, dass soweit wie möglich Parallelprozesse vor Gerichten verschiedener Vertragsstaaten vermieden werden, in denen Entscheidungen ergehen können, die miteinander „unvereinbar“ im Sinne von Art. 34 Nr. 3 EuGVVO sind und deshalb in dem jeweils anderen Staat nicht anerkannt werden (vgl. nur EuGH, Urteil vom 8. Dezember 1987 – Rs. 144/86, Slg. 1987, 4861 = NJW 1989, 665 unter Tz. 8 und 13; BGH NJW 2002, 2795). Für die Unvereinbarkeit zweier Entscheidungen und die Beurteilung, ob in zwei Prozessen derselbe Anspruch verfolgt wird, kommt es deshalb nicht auf die „formale Identität“ der Klagen, sondern darauf an, ob der „Kernpunkt“ beider Rechtsstreitigkeiten derselbe ist (EuGH, aaO, unter Tz. 16 und 17, BGH aaO).

siehe auch: Italienisches Torpedo (ipwiki.de)

BGH, I ZR 142/06 – Kranhäuser: Vermutung der Urheberschaft bei Urhebergemeinschaft

BGH, Urteil vom 26. Februar 2009, I ZR 142/06 – Kranhäuser

Amtliche Leitsätze:

a) Sind auf den Vervielfältigungsstücken eines erschienenen Werkes oder auf dem Original eines Werkes der bildenden Künste mehrere Personen in der üblichen Weise als Urheber bezeichnet, werden sie gemäß § 10 Abs. 1 UrhG – auch im Verhältnis zueinander – bis zum Beweis des Gegenteils als Miturheber des Werkes angesehen.

b) Bereits ein geringfügiger eigenschöpferischer Beitrag zu einem gemeinsam geschaffenen Werk, der sich nicht gesondert verwerten lässt, begründet nach § 8 Abs. 1 UrhG die Miturheberschaft.

siehe auch: Vermutung der Urheberschaft (ipwiki.de)

BGH, I ZR 194/06 – Geld-zurück-Garantie II: Verkaufsförderungsmaßnahmen

BGH, Urteil vom 11. März 2009 – I ZR 194/06 – Geld-zurück-Garantie II

Amtliche Leitsätze:

UWG (2008) § 4 Nr. 4

a) Die Vorschrift des § 4 Nr. 4 UWG ist mit der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken vereinbar.

b) Bei Verkaufsförderungsmaßnahmen muss der Verbraucher Gelegenheit haben, sich vor der Kaufentscheidung über zeitliche Befristungen der Aktion, über eventuelle Beschränkungen des Teilnehmerkreises, über Mindest- oder Maximalabnahmemengen sowie über mögliche weitere Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Verkaufsförderungsmaßnahme zu informieren.

c) In der Fernsehwerbung kann es genügen, die Bedingungen der Inanspruchnahme einer Verkaufsförderungsmaßnahme nicht vollständig zu nennen, sondern insoweit auf eine Internetseite zu verweisen; der Hinweis muss so gestaltet sein, dass er vom Verbraucher ohne Schwierigkeiten erfasst werden kann.

UWG (2004) § 12 Abs. 1

Die von einem Wettbewerbsverband geltend gemachte Kostenpauschale wird auch für eine Abmahnung geschuldet, die nur teilweise berechtigt ist.

OLG Karlsruhe, 6 W 47/09 – File-Sharing: Anordnung zur Sicherung von Verkehrsdaten

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 1.9.2009, 6 W 47/09

Amtliche Leitsätze:

1. Eine einstweilige Anordnung, mit der ausgesprochen wird, dass bis zum Abschluss des Verfahrens nach § 101 Abs. 9 UrhG zum Zwecke der Auskunftserteilung die Daten zu sichern, aus denen sich ergibt, welchen Kunden unter welchen Anschrift bestimmte IP-Adressen zu bestimmten Zeitpunkten zugeordnet waren, kann mit der Beschwerde angefochten werden.

2. Eine solche Anordnung findet ihre gesetzliche Grundlage in § 101 Abs. 2 und Abs. 9 UrhG i.V. mit § 96 Abs. 2 Satz 1 TKG; diese dort getroffene Regelung stößt weder auf europarechtliche noch auf verfassungsrechtliche Bedenken.

3. Voraussetzung für den Erlass einer solchen Anordnung ist, dass das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Anordnung nach § 101 Abs. 9 UrhG glaubhaft gemacht wird.

4. Eine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß ist in der Regel anzunehmen, wenn eine besonders umfangreiche Datei, etwa ein vollständiger Kinofilm, in Musikalbum oder ein Hörbuch, vor oder unmittelbar nach ihrer Veröffentlichung in Deutschland widerrechtlich im Internet einer unbestimmten Vielzahl von Dritten zugänglich gemacht wird.

siehe auch: Anspruch auf Auskunft (ipwiki.de)

EPA-Mitteilung: Anführung von Internet-Dokumenten als Stand der Technik

In der Mitteilung des Europäischen Patentamts über die Anführung von Internet-Dokumenten (Amtsblatt EPA 8-9/2009, 456) finden sich Hinweise zur Anführung von Internet-Offenbarungen als Stand der Technik, insbesondere zur Ermittlung des Veröffentlichungstags eines Internet-Dokuments, zur Beweislast und zur Beweiswürdigung bei Internet-Dokumenten.

Internetseiten enthalten häufig höchst relevante technische Informationen. Bestimmte Informationen liegen möglicherweise sogar ausschließlich im Internet vor. Dies trifft beispielsweise auf Online-Handbücher und -Anleitungen für Softwareprodukte (wie Videospiele) oder sonstige Produkte mit einem kurzen Lebenszyklus zu. Im Interesse der Bestandskraft von Patenten ist es daher oft von entscheidender Bedeutung, Veröffentlichungen anzuführen, die nur auf Internetseiten verfügbar sind.

siehe auch: Internet-Offenbarungen, Recherche im Internet

BGH, I ZR 147/06 – Winteraktion: Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit

BGH, Urteil vom 2. Juli 2009 – I ZR 147/06 – Winteraktion

Amtlicher Leitsatz:

Eine Werbung für die Vermittlung des Erwerbs einer Vorratsgesellschaft, bei der den als Vermittlern angesprochenen Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern für die Vermittlung die Teilnahme an einem Gewinnspiel mit einem attraktiven Gewinn (hier: Smart-Cabriolet) angeboten wird, ist unlauter i.S. von §§ 3, 4 Nr. 1 UWG.

siehe auch: Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit (ipwiki.de)

BGH, I ZR 239/06 – CAD-Software: Recht zur öffentlichen Wiedergabe eines Computerprogramms, Haftung bei Amtspflichtverletzung

BGH, Urteil vom 20. Mai 2009 – I ZR 239/06 – CAD-Software

Wer ein fremdes, urheberrechtlich geschütztes Computerprogramm zum Herunterladen ins Internet einstellt, darf sich nicht darauf verlassen, dass es sich dabei mangels entgegenstehender Anhaltspunkte um ein Programm handelt, mit dessen öffentlicher Zugänglichmachung der Berechtigte einverstanden ist. Er muss vielmehr zuvor sorgfältig prüfen, ob der Berechtigte das Programm zur öffentlichen Zugänglichmachung freigegeben hat.

siehe auch: Haftung bei Amtspflichtverletzung

BGH, I ZB 53/08 – Schuhverzierung: Zur bösgläubigen Markenanmeldung

BGH, Beschluss vom 20. Mai 2009 – I ZB 53/08 – Schuhverzierung

Verneint das Bundespatentgericht eine bösgläubige Markenanmeldung i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG unter dem Gesichtspunkt der Störung des Besitzstands des Vorbenutzers, weil die Marke mit der vom Vorbenutzer verwendeten Bezeichnung weder identisch noch zum Verwechseln ähnlich ist, kann eine Verletzung des rechtlichen Gehörs mit der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde nicht mit Erfolg mit der Begründung geltend gemacht werden, die für die Bösgläubigkeit sprechenden Indizien seien falsch gewichtet und die Würdigung des Bundespatentgerichts sei unzutreffend.

BGH, I ZR 195/06 – UHU: Kein Markenschutz für gelb/schwarz bei mangelnder Bestimmtheit der Klagemarke

BGH, Urteil vom 19. Februar 2009 – I ZR 195/06 – UHU

a) Hat der Kläger sein Klagebegehren auf Ansprüche aus einem Markenrecht und aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz gestützt, kann das Berufungsgericht die Revision beschränkt auf die markenrechtlichen oder die wettbewerbsrechtlichen Ansprüche zulassen.

b) Eine Marke kraft Verkehrsgeltung nach § 4 Nr. 2 MarkenG braucht nicht graphisch darstellbar i.S. von § 8 Abs. 1 MarkenG zu sein.

c) Für die Marke kraft Verkehrsgeltung gilt das Gebot der Bestimmtheit. Bei einer als Marke kraft Verkehrsgeltung beanspruchten Farbkombination müssen die systematische Anordnung und das flächenmäßige Verhältnis der Farben klar und eindeutig bestimmt sein.

LG Düsseldorf, 4b O 172/08: Zu den Sorgfaltsanforderungen, die zur Vermeidung des Fahrlässigkeitsvorwurfs bei technischen Schutzrechten erfüllt sein müssen

LG Düsseldorf, 4b O 172/08

Aus der Urteilsbegründung:

Im gewerblichen Rechtsschutz werden an die Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt strenge Anforderungen gestellt. Dem Grundsatz nach trägt ein Verletzer das Risiko der Schuldhaftigkeit, welches sich nicht ohne weiteres auf den Schutzrechtsinhaber verschieben lässt. In der Regel ist deshalb die Benutzung einer patentierten und damit geprüften Erfindung auch bei einem Irrtum über deren Rechtsbeständigkeit als schuldhaft anzusehen (BGH GRUR 1961, 26 – Grubenschaleisen; BGH GRUR 1977, 250 – Kunststoffhohlprofil; OLG Düsseldorf GRUR 1982, 35 – Kunststoffschläuche; OLG München GRUR-RR 2006, 385 – Kassieranlage; Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. Aufl., § 139 Rn. 48; Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 139 Rn. 101; Schulte/Kühnen, PatG, 8. Aufl., § 139 Rn. 77 d)).

Diese Risikoverteilung gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Rechtsbestand des verletzten Schutzrechts Gegenstand eines Nichtigkeitsberufungsverfahrens ist. Einem jeden Nichtigkeitsberufungsverfahren, dessen Sinn und Zweck gerade die Überprüfung des instanzgerichtlichen Urteils ist, wohnt dem Ansatz nach das Risiko einer anderen Beurteilung des Streitstands durch den Bundesgerichtshof inne. Die Möglichkeit, dass das verletzte Patent im Nichtigkeitsberufungsverfahren nicht vernichtet wird, ist stets ernstlich in Rechnung zu stellen (OLG Düsseldorf GRUR 1982, 35 – Kunststoffschläuche; Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. Aufl., § 139 Rn. 48), weshalb ein Fachunternehmen, das sich trotz noch nicht endgültig geklärter Rechtslage entschließt, von einem Schutzrecht Gebrauch zu machen, grundsätzlich auf eigene Gefahr handelt (BGH GRUR 1987, 564 – Taxi Genossenschaft; OLG Nürnberg GRUR 1967, 538 – Laternenflaschen).

Etwas anderes kann allerdings dann gelten, wenn dem Unternehmen nach sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage auch unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen des anderen Teils nicht zugemutet werden kann, eine Klärung der Rechtslage abzuwarten, ehe es seine Interessen durchsetzt (BGH GRUR 1987, 564 – Taxi Genossenschaft), oder wenn bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen, dem irrig Handelnden ungünstigen Beurteilung durch die Gerichte bzw. den Bundesgerichtshof nicht gerechnet werden brauchte, was beispielsweise der Fall ist, wenn das später als rechtsirrig zu qualifizierende Handeln der bis dahin geltenden höchstrichterlichen gefestigten Rechtsprechung entsprochen hat (BGH GRUR 1987, 564 – Taxi Genossenschaft; BGH GRUR 1990, 474 – Neugeborenentransporte; BGH GRUR 1998, 568 – Beatles-Doppel-CD; BGH GRUR 1999, 49 – Bruce Springsteen and his Band; BGH GRUR 2002, 622 – shell.de; BGH GRUR 2002, 706 – Vossius; LG Düsseldorf Mitt.1998, 273 – Patentanwaltlicher Rat).

siehe auch: Schadensersatzanspruch (ipwiki.de)