BGH, I ZR 36/15 – Gesamtvertrag PCs

BGH, Urteil vom 16. März 2017 – I ZR 36/15 – Gesamtvertrag PCs

Amtlicher Leitsatz:

Das Oberlandesgericht darf sich bei der Bemessung der angemessenen Vergütung im Sinne von § 54 Abs. 1, § 54a, § 54b Abs. 1 UrhG auf denselben Vertragsgegenstand und denselben Zeitraum betreffende Gesamtverträge stützen, in denen sich die Parteien unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben auf eine angemessene Vergütung geeinigt haben.

BGH, Beschluss vom 4. April 2017 – X ZB 3/17 – Postdienstleistungen

BGH, Beschluss vom 4. April 2017 – X ZB 3/17 – Postdienstleistungen

Amtliche Leitsätze:

GWB § 97 Abs. 1, 2, § 127 Abs. 1; VgV § 8 Abs. 1 Satz 2, § 58

a) Es steht einer transparenten und wettbewerbskonformen Auftragsvergabe regelmäßig nicht entgegen, wenn der öffentliche Auftraggeber für die Erfüllung qualitativer Wertungskriterien Noten mit zugeordneten Punktwerten vergibt, ohne dass die Vergabeunterlagen weitere
konkretisierende Angaben dazu enthalten, wovon die jeweils zu erreichende Punktzahl konkret abhängen soll.

b) Ein Wertungsschema, bei dem die Qualität der Leistungserbringung und der nach der einfachen linearen Methode in Punkte umzurechnende Preis mit jeweils 50% bewertet werden, ist ohne Weiteres auch dann nicht vergaberechtswidrig, wenn nur eine Ausschöpfung der Punkteskala in einem kleinen Segment (hier: 45 bis 50 von 50 möglichen Punkten) zu erwarten
ist. Die Wahl einer bestimmten Preisumrechnungsmethode kann vergaberechtlich nur beanstandet werden, wenn sich gerade ihre Heranziehung im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände als mit dem gesetzlichen Leitbild des Vergabewettbewerbs unvereinbar erweist.

c) Der Gefahr einer Überbewertung qualitativer Wertungskriterien zum Nachteil einzelner Bieter ist durch eingehende Dokumentation des Wertungsprozesses zu begegnen. Die Nachprü- fungsinstanzen untersuchen auf Rüge die Benotung des Angebots des Antragstellers als
solche und in Relation zu den übrigen Angeboten, insbesondere zu demjenigen des Zuschlagsprätendenten, und darauf hin, ob die jeweiligen Noten im Vergleich ohne Benachteiligung des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben wurden.

GWB § 179 Abs. 2; ZPO § 524, § 565 Satz 2

a) Der Beschwerdegegner kann sich im Vergabenachprüfungsverfahren bis zum Ablauf der ihm gesetzten Frist zur Beschwerdeerwiderung der Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer anschließen.

b) Im Verfahren vor dem Bundesgerichtshof nach § 179 Abs. 2 GWB kann die Beschwerde nach Beginn der mündlichen Verhandlung nur mit Einwilligung des Gegners zurückgenommen werden.

BGH, I ZR 220/15 – WLAN-Schlüssel

BGH, Urteil vom 24. November 2016 – I ZR 220/15 – WLAN-Schlüssel

Amtliche Leitsätze:

a) Der Inhaber eines Internetanschlusses mit WLAN-Funktion ist nach den Grundsätzen der Störerhaftung zur Prüfung verpflichtet, ob der verwendete Router über die im Zeitpunkt seines Kaufs für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen verfügt. Hierzu zählt der im Kaufzeitpunkt aktuelle Verschlüsselungsstandard sowie die Verwendung eines individuellen, ausreichend langen und sicheren Passworts (Festhaltung an BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 – I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 34 – Sommer unseres Lebens).

b) Ein aus einer zufälligen 16-stelligen Ziffernfolge bestehendes, werkseitig für das Gerät individuell voreingestelltes Passwort genügt den Anforderungen an die Passwortsicherheit. Sofern keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Gerät schon im Kaufzeitpunkt
eine Sicherheitslücke aufwies, liegt in der Beibehaltung eines solchen werkseitig eingestellten Passworts kein Verstoß gegen die den Anschlussinhaber treffende Prüfungspflicht (Fortführung von BGHZ 185, 330 Rn. 34 – Sommer unseres Lebens).

c) Dem vom Urheberrechtsinhaber gerichtlich in Anspruch genommenen Anschlussinhaber obliegt eine sekundäre Darlegungslast zu den von ihm bei der Inbetriebnahme des Routers getroffenen Sicherheitsvorkehrungen, der er durch Angabe des Routertyps und des
Passworts genügt. Für die Behauptung, es habe sich um ein für eine Vielzahl von Geräten voreingestelltes Passwort gehandelt, ist der Kläger darlegungs- und beweispflichtig.

BGH, Urteil vom 1. März 2017 – X ZR 10/15 – Ankopplungssystem

BGH, Urteil vom 1. März 2017 – X ZR 10/15 – Ankopplungssystem

Amtlicher Leitsatz:

Ein Patent kann vom Nichtigkeitsbeklagten nur insoweit beschränkt verteidigt werden, als es vom Nichtigkeitskläger angegriffen wird. Die beschränkte Verteidigung des Streitpatents durch Kombination eines angegriffenen Anspruchs mit einem nicht angegriffenen Unteranspruch oder mit einer von mehreren Varianten eines nicht angegriffenen Unteranspruchs ist unzulässig.

BGH, I ZR 101/15 – MICRO COTTON

BGH, Urteil vom 3. November 2016 – I ZR 101/15 – MICRO COTTON

Amtliche Leitsätze:

a) Werden mehrere Beklagte auf markenrechtlicher Grundlage auf Unterlassung, Auskunft, Vernichtung, Schadensersatz und Abmahnkosten in Anspruch genommen und tritt hinsichtlich eines der Beklagten die Unterbrechung des Prozesses gemäß § 240 ZPO ein, darf hinsichtlich der anderen Beklagten ein Teilurteil ergehen.

b) Über eine auf Nichtigerklärung der Klagemarke gerichtete Widerklage mehrerer Beklagter darf, wenn der Prozess gegen einen der Beklagten gemäß § 240 ZPO unterbrochen ist, hinsichtlich der anderen Beklagten durch Teilurteil entschieden werden.

c) Bei der Beurteilung, ob der Verkehr die Verwendung eines Zeichens nicht als markenmäßig wahrnimmt, weil er dem Zeichen infolge einer vor der beanstandeten Handlung erfolgten Gewöhnung nur eine rein beschreibende Bedeutung entnimmt, hat eine Zeichenverwendung außer Betracht zu bleiben, gegen die der Markeninhaber vorgegangen ist.

BGH, I ZB 55/16

BGH, Beschluss vom 28. Februar 2017 – I ZB 55/16

Amtlicher Leitsatz:

Fällt die Geschäftsgebühr für die vorgerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts mehrfach an und werden die vorgerichtlich geltend gemachten Ansprüche im Wege objektiver Klagehäufung in einem einzigen gerichtlichen Verfahren verfolgt, so dass die Verfahrensgebühr nur einmal anfällt, sind alle entstandenen Geschäftsgebühren in der tatsächlichen Höhe anteilig auf die Verfahrensgebühr anzurechnen.

BGH, I ZR 126/15 – PUC

BGH, Beschluss vom 23. Februar 2017 – I ZR 126/15 – PUC

Amtliche Leitsätze:

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung des Art. 14 der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. Nr. L 299 vom 8. November 2008, S. 25) und des Art. 34 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. Nr. L 78 vom 24. März 2009, S. 1) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist es mit Art. 14 der Richtlinie 2008/95/EG vereinbar, wenn die Ungültigkeit oder der Verfall einer nationalen Marke, die die Grundlage für die Beanspruchung des Zeitrangs einer Unionsmarke bildet und Gegenstand eines Verzichts gewesen oder erloschen ist, nachträglich nur dann festgestellt werden kann, wenn die Voraussetzungen für die Ungültigkeit oder den Verfall nicht nur zum Zeitpunkt des Verzichts auf die Marke oder ihres Erlöschens, sondern auch zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über die Feststellung vorliegen?

2. Falls die Frage 1 zu bejahen ist: Hat die Inanspruchnahme des Zeitrangs nach Art. 34 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 die Wirkung, dass das nationale Markenrecht erlischt und nicht mehr rechtserhaltend benutzt werden kann, oder bleibt die nationale Marke auf der Grundlage des Unionsrechts aufrechterhalten, auch wenn sie im Register des betreffenden Mitgliedstaats nicht mehr existiert, mit der Folge, dass sie weiterhin rechtserhaltend benutzt werden kann und muss?

BGH, I ZR 273/14 – Videospiel-Konsolen III

BGH, Urteil vom 2. März 2017 – I ZR 273/14 – Videospiel-Konsolen III

Amtlicher Leitsatz:

Die Vorschrift des § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist zwar einschränkend dahin auszulegen, dass in bestimmtem Umfang auch Tatsachen, die erst während des Revisionsverfahrens oder nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz eingetreten sind, in die Urteilsfindung einfließen können, soweit sie unstreitig sind oder ihr Vorliegen in der Revisionsinstanz ohnehin von Amts wegen zu beachten ist und schützenswerte Belange der Gegenseite nicht entgegenstehen. Tatsachen, die bereits vor Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz entstanden sind und von einer Partei erst während des Revisionsverfahrens vorgetragen werden, können vom Revisionsgericht jedoch nicht berücksichtigt werden (Fortführung von BGH, Urteil vom 23. September 2014 – VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 21 mwN).

BGH, X ZR 11/15 – Borrelioseassay

BGH, Urteil vom 17. Januar 2017 – X ZR 11/15 – Borrelioseassay

Amtlicher Leitsatz:

Ein In-vitro-Verfahren, bei dem mit einem durch seine offenbarte Aminosäurensequenz und der für diese codierenden Nukleinsäuresequenz definierten Polypeptid oder mit Polypeptiden, für die im Patent nicht näher bestimmte Segmente der Nukleinsäuresequenz codieren, auf eine spezifische immunologische Bindung getestet werden kann (hier: auf gegen Borrelia burgdorferi gerichtete Antikörper), ist insgesamt ausführbar offenbart, wenn das Verfahren mit einem der vollen Sequenzlänge entsprechenden Polypeptid mit einem praktisch brauchbaren Ergebnis ausgeführt werden kann, auch wenn besser geeignete Segmente nicht ohne erfinderisches Bemühen aufgefunden werden können.

BGH, I ZB 43/16

BGH, Beschluss vom 26. Januar 2017 – I ZB 43/16

Amtlicher Leitsatz:

Gelingt es einem Prozessbevollmächtigten infolge einer technischen Störung des Empfangsgeräts des Gerichts nicht, einen fristwahrenden Schriftsatz per Telefax zu übermitteln, ist er nicht gehalten, eine dem Pressesprecher des Gerichts zugewiesene Telefaxnummer ausfindig zu machen und den Schriftsatz zur Fristwahrung an diese Nummer zu versenden.