BPatG – 28 W (pat) 233/07: MINI PLUS

BPatG, Entscheidung vom 4. Februar 2009 – 28 W (pat) 233/07 – MINI PLUS

Amtliche Leitsätze:

Das Tatbestandsmerkmal „jegliche“ i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG lässt nicht den Schluss zu, dass bereits jede noch so geringe, irgendwie geartete Unterscheidungskraft ausreichend wäre, um die markenrechtliche Herkunftsfunktion erfüllen zu können. Vielmehr muss bei der Auslegung dieses Rechtsbegriff berücksichtigt werden, dass die Herkunftsfunktion der Marke stets im Vordergrund stehen muss, während weitere mögliche Funktionen – wie etwa eine anpreisende oder produktbeschreibende Funktion – daneben nur von untergeordneter Bedeutung sein dürfen.

Ergeben die Feststellungen zur markenrechtlichen Unterscheidungskraft keinen eindeutigen Nachweis dafür, dass die Marke die Herkunftsfunktion erfüllen kann und dass diese Herkunftsfunktion im Vordergrund steht, widerspricht die beantragte Eintragung ins Register dem im Rahmen des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu berücksichtigenden Interesse, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren.

BPatG – 26 W (pat) 2/08: CCCP

BPatG, Entscheidung vom 21.01.2009 – 26 W (pat) 2/08 – CCCP

Amtlicher Leitsatz:

Die auf die ehemalige Sowjetunion hinweisende Kurzbezeichnung „CCCP“ unterliegt für die Waren Bekleidungsstücke, T-Shirts, Sweatshirts einem Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

Aus der Urteilsbegründung:

Die Buchstabenfolge „CCCP“ stellt die in kyrillischen Buchstaben dargestellte Benennung der ehemaligen Staatsbezeichnung der „Union der sozialistischen Sowjetrepubliken“ dar. Damit eignet sich die angegriffene Marke, die betreffenden Waren ihrer geografischen Herkunft nach zu bezeichnen. Dass die vormalige Sowjetunion als Staat nicht mehr besteht (auch im Eintragungszeitpunkt nicht mehr bestand) und daher auch die einst hierfür verwendete Bezeichnung „CCCP“ keine offizielle Abkürzung mehr darstellt, hindert die Annahme einer beschreibenden geografischen Herkunftsangabe i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht. Grundsätzlich ist auch eine veraltete Ortsbezeichnung als nicht schutzfähig zu erachten, wenn sie noch lebendig geblieben ist und von einem Teil des Verkehrs als Ortshinweis aufgefasst wird.

Ein Freihaltebedürfnis kann auch unter dem Gesichtspunkt zu bejahen sein, dass nicht mehr geführte Hoheitszeichen bzw. Hoheitszeichen nicht mehr existierender Staaten als mittelbare geografische Herkunftsangaben (oder besondere Qualitätshinweise) in Betracht kommen.

Der Begriff der mittelbaren geografischen Herkunftsangabe bedeutet nicht, dass nur eine mittelbar beschreibende Angabe vorliegt, sondern dass der Verkehr aufgrund des Hoheitszeichens direkt und unmittelbar auf einen bestimmten Staat und damit auf eine geografische Herkunftsangabe schließt, also eine direkte Assoziation mit einem Staat bzw. Land herstellt.

siehe auch: Freihaltebedürfnis an geographischen Herkunftsangaben (ipwiki.de)

BGH, I ZR 30/07 – Beta Layout: Markenmäßige Benutzung von Adwords

BGH, Urt. v. 22. Januar 2009 – I ZR 30/07 – Beta Layout

Amtlicher Leitsatz:

Wird ein mit einem fremden Unternehmenskennzeichen übereinstimmender Begriff bei einer Internetsuchmaschine als sogenanntes Schlüsselwort (Keyword) angemeldet, so kann eine Verwechslungsgefahr zwischen dem Schlüsselwort und dem geschützten Kennzeichen zu verneinen sein, wenn bei Eingabe des Begriffs durch einen Internetnutzer auf der dann erscheinenden Internetseite rechts neben der Trefferliste unter einer Rubrik mit der Überschrift „Anzeigen“ eine Werbeanzeige des Anmelders des Schlüsselworts eingeblendet wird, in der das geschützte Zeichen selbst nicht verwendet wird.

siehe auch: Markenmäßige Benutzung von Adwords (ipwiki.de)

BGH, I ZR 139/07 – pcb: Beschreibende Angaben als Google-Adwords-Schlüsselwort

BGH, Urt. v. 22. Januar 2009 – I ZR 139/07 – pcb

Wird bei einer Internetsuchmaschine eine Bezeichnung, die von den angesprochenen Verkehrskreisen als eine beschreibende Angabe über Merkmale und Eigenschaften von Waren verstanden wird (hier: „pcb“ als Abkürzung von „printed circuit board“), als sogenanntes Schlüsselwort (Keyword) angemeldet, ist eine kennzeichenmäßige Verwendung zu verneinen, wenn bei Eingabe einer als Marke geschützten Bezeichnung durch einen Internetnutzer (hier: „pcb-pool“) auf der dann erscheinenden Internetseite rechts neben der Trefferliste unter einer Rubrik mit der Überschrift „Anzeigen“ eine Werbeanzeige des Anmelders des Schlüsselworts eingeblendet wird, in der das geschützte Zeichen selbst nicht verwendet wird.

siehe auch: Markenmäßige Benutzung von Adwords (ipwiki.de)

USPTO-Memorandum: Guidance for Examining Process Claims in view of In re Bilski

Im Hinblick auf die Entscheidung „In re Bilski“ plant das USPTO eine Anpassung der Examination Guidelines. Die Anpassung betont den von der Bilski-Entscheidung in der Vordergrund gestellten sog. „machine and transformation test„.

USPTO: Guidance for Examining Process Claims in view of In re Bilski

Aus dem Memorandum:

„There are two corollaries to the machine-or-transformation test. First, a mere field-of-use limitation is generally insufficient to render an otherwise ineligible method claim patent- eligible. This means the machine or transformation must impose meaningful limits on the method claim’s scope to pass the test. Second, insignificant extra-solution activity will not transform an unpatentable principle into a patentable process. This means reciting a specific machine or a particular transformation of a specific article in an insignificant step, such a data gathering or outputting, is not sufficient to pass the test.“

(Gefunden über: The 271 Patent Blog)

OLG Düsseldorf, I-2 U 65/07 -Sachdienlichkeit der Klageänderung

OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2008 – I-2 U 65/07

Aus der Urteilsbegründung:

Die Sachdienlichkeit der Klageänderung hängt davon ab, ob eine Entscheidung auch über die geänderte Klage im selben Verfahren objektiv prozesswirtschaftlich ist, weil sie den Streitstoff des anhängigen Verfahrens zumindest teilweise ausräumt und einem anderenfalls zu gewärtigenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt.

Allein die Vermeidung eines weiteren Rechtsstreits kann allerdings nicht das entscheidende Kriterium für die Sachdienlichkeit einer Klageänderung sein, denn dann müsste die Änderung praktisch immer zugelassen werden, weil der Kläger mit seiner Erweiterung schon seine Entschlossenheit zu einer gerichtlichen Durchsetzung zu erkennen gegeben hat und deshalb in aller Regel auch davon auszugehen ist, dass er ein weiteres Verfahren einleiten wird, wenn im anhängigen Prozess die Klageerweiterung nicht zugelassen wird. Die zweite wesentliche Voraussetzung für eine Anerkennung der Sachdienlichkeit ist, dass für die Beurteilung der geänderten Anträge der bisherige Prozessstoff verwendet werden kann; zu verneinen ist sie, wenn ein völlig neuer Streitstoff eingeführt würde, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertbar ist.

Im Hinblick auf § 533 ZPO gilt das besonders für Klageänderungen in der Berufungsinstanz, insbesondere wenn die Klagänderung darin besteht, dass erstmals gänzlich neue Ansprüche erhoben werden, mit deren Berechtigung das Landgericht nicht befasst worden ist. Aufgabe des Berufungsgerichtes ist die Überprüfung landgerichtlicher Entscheidungen und nicht die erstinstanzliche Prüfung neu gestellter Ansprüche an Stelle des hierfür nach dem Gesetz zuständigen Landgerichtes. In Patent- oder Gebrauchsmusterverletzungsstreitigkeiten liegt eine solche Fallgestaltung in aller Regel vor, wenn der bisherige Verletzungsgegenstand nachträglich aus einem weiteren Patent oder Gebrauchsmuster angegriffen wird, ohne dass der Schutzrechtsinhaber hierzu nach § 145 PatG gezwungen ist. Dabei ist es unerheblich, ob aus einem weiteren Schutzrecht nur der bisherige Gegenstand oder auch eine weitere Ausführungsform angegriffen wird; ebenso wenig kommt es darauf an, ob das zusätzlich geltend gemachte Schutzrecht dasselbe technische Sachgebiet betrifft wie das ursprüngliche Klageschutzrecht. Im letztgenannten Fall mag für die Beurteilung der weiteren Schutzrechtsverletzung der allgemeine technische Hintergrund und der angegriffene Gegenstand bekannt sein, ob das weitere Schutzrecht verletzt ist, hängt jedoch davon ab, ob die Merkmale seines unter Heranziehung von Beschreibung und Zeichnung auszulegenden Patent- oder Schutzanspruches verwirklicht werden. Hierzu muss das neue Schutzrecht aus sich selbst heraus ausgelegt werden. Dabei mag es zwar möglich sein, dass bestimmte Begriffe und Vorgaben im neu hinzugekommenen ebenso zu verstehen sind, wie in dem bisherigen Klageschutzrecht, zwingend ist das jedoch nicht. In jedem Fall müssen hierzu neue Tatsachen festgestellt werden, die aus dem bisherigen Prozessergebnis nicht gewonnen werden können. Das gilt erst recht, wenn die Schutzfähigkeit eines neu eingeführten Gebrauchsmusters oder die Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs gegen die Erteilung des weiteren Klagepatentes geprüft werden müssen und der hierzu entgegengehaltene Stand der Technik ebenfalls bisher nicht bekannt war.

Anders kann es sich dagegen verhalten, wenn das bisherige Klagepatent gegenüber einer weiteren bisher unbekannten Ausführungsform geltend gemacht wird, nämlich dann, wenn es bei der Beurteilung der Unterschiede zwischen beiden Ausführungsformen im Wesentlichen darum geht, aus der Ermittlung des Sinngehaltes im Hinblick auf die weitere Ausführungsform die gebotenen Schlussfolgerungen zu ziehen. Hierbei kann auf die bisherigen Ergebnisse zurückgegriffen werden; sie können den Ausgangspunkt für die Frage bilden, ob der hinzugekommene Gegenstand der Lehre des Klagepatentes entspricht. Erst recht gilt das, wenn sich die zusätzliche Ausführungsform von der bisherigen nur geringfügig unterscheidet und in beiden Fällen dieselben Fragen auftreten, wenn es darum geht, ob die geschützte Lehre verwirklicht wird oder nicht.

siehe auch: Klageänderung, Sachdienlichkeit der Klageänderung (ipwiki.de)