Autor: Dr. Martin Meggle-Freund

BPatG 30 W (pat) 22/06 – Münchner Weißwurst

BPatG, Entsch. v. 8. Dezember 2008, 30 W (pat) 22/06 – Münchner Weißwurst

Amtliche Leitsätze:

1. Das berechtigte Interesse, welches gem. § 133a Satz 2 MarkenG i. d. F. v. 15.12.2004 Voraussetzung für die Erhebung einer Beschwerde gegen einen nach § 130 Abs. 5 S. 1 MarkenG i. d. F. v. 15.12.2004 ergangenen Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts ist, setzt eine unmittelbare und persönliche Betroffenheit i. S. d. 13. Erwägungsgrunds der VO (EWG) 2081/92 des Rates vom 14. Juli 1992 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. EG Nr. L 208 vom 24. Juli 1992 S. 1) voraus.

2. Einem rechtsfähigen Verband zur Förderung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, die als Erzeuger von Lebensmitteln von der Eintragung der Bezeichnung dieses Lebensmittels als geschützte geographische Angabe i. S. d. Art. 2 Abs. 2 lit. b) der unter Nr. 1 zitierten Verordnung betroffen wären, steht kein berechtigtes Interesse an der Erhebung der Beschwerde nach § 133a Satz 2 MarkenG i. d. F. v. 15.12.2004 zu. Solchen Verbänden kann jedoch ein schutzwürdiges Interesse an der Beschwerde-erhebung aufgrund einer gewillkürten Prozessstandschaft zukommen.

3. Ob eine zur Eintragung als geographische Angabe i. S. d. Art. 2 Abs. 2 lit. b) der unter Nr. 1 zitierten Verordnung angemeldete Bezeichnung eine Gattungsbezeichnung ist, muss in erster Linie anhand der objektiven Erzeugungs- und Vermarktungssituation, den herrschenden Bezeichnungsgewohnheiten und der Verkehrsauffassung in Bezug auf das mit der Angabe bezeichnete Produkt geprüft werden (im Anschluss an EuGH GRUR Int. 1999, 532 – Feta (I), GRUR 2006, 71 – Feta (II), GRUR 2008, 524 – Parmesan). Den Ergebnissen von Meinungsumfragen kommt hierbei regelmäßig geringere Bedeutung zu. Besteht mangels eines relevanten Exports, Imports oder Verbrauchs des betreffenden Lebensmittels kein rechtserheblicher Bezug zu der Erzeugungs- und Vermarktungs-situation in anderen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft, sind die besagten Verhältnisse in analoger Weise auf die Situation innerhalb und außerhalb des im Eintragungsantrag spezifizierten geographischen Gebiets der Bundesrepublik Deutschland zu beziehen.

4. Die Bezeichnung „Münchner Weißwurst“ ist eine als geographische Herkunftsangabe nicht eintragungsfähige Gattungsbezeichnung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der unter 1. zitierten Verordnung.

siehe auch: Geographische Herkunftsangaben (ipwiki.de)

BPatG 1 Ni 32/07 – Nebenintervention im Patentnichtigkeitsverfahren

BPatG, Entsch. v. 29. Oktober 2008 , 1 Ni 32/07

Der Streithelfer auf Seiten des Klägers im Patentnichtigkeitsverfahren ist als streitgenössischer Nebenintervenient anzusehen (BGH Urt. v. 16.10.2007 – X ZR 226/02, GRUR 2008, 60 – Sammelhefter II). Als solchem obliegt ihm nicht das Verfügungsrecht über den Streitgegenstand. Er ist nicht zur Antragstellung über das Klagebegehren hinaus berechtigt.

siehe auch: Nebenintervention im Nichtigkeitsverfahren (ipwiki.de)

BPatG 1 ZA (pat) 13/08 – Doppelvertretungskosten im Nichtigkeitsverfahren II

BPatG, Entscht. v. 22. Dezember 2008, 1 ZA (pat) 13/08 zu 4 Ni 23/05 (EU)

Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts bei der Verteidigung im Nichtigkeitsverfahren ist typischerweise jedenfalls dann notwendig, wenn zeitgleich mit dem Nichtigkeitsverfahren ein das Streitpatent betreffendes Verletzungsverfahren anhängig ist. Dies gilt auch dann, wenn sich die Zulässigkeit der Nichtigkeitsklage im Laufe des Verfahrens als vorrangiger Streit-punkt erweist.

siehe auch: Doppelvertretung im Patentnichtigkeitsverfahren (ipwiki.de)

BPatG 32 W (pat) 61/07 – Die Drachenjäger

BPatG, Beschl. v. 5. November 2008, 32 W (pat) 61/07

Amtlicher Leitzsatz:

Als Gattungsbezeichnung sog. Fantasy-Comic-Figuren entbehrt die Wortfolge „Die Drachenjäger“ für mediale Waren und Dienstleistungen (Druckerzeugnisse, Bild- und Tonträger, Spiele und Spielzeug, Unterhaltung, Telekommunikation) jeglicher Unterscheidungskraft (Abgrenzung zu BPatG GRUR 2006, 593 – Der kleine Eisbär).

Aus der Entscheidungsbegründung:

Zwar bezeichnet „Die Drachenjäger“ Personen, die es als solche in der Realität nicht gibt, da bereits der Begriff „Drache“ – in seiner Hauptbedeutung – ein Fabelwesen verkörpert. Mit diesem verbinden sich aber hinreichend konkrete Vorstellungen, was das Wesen und die Gestalt (großes geflügeltes und feuerspeiendes Reptil) ausmachen, so dass auch rückbezügliche Bezeichnungen (wie etwa Drachenhöhle, Drachenfelsen, Drachentöter) als Gattungsbegriffe – und somit nicht als Hinweis auf die Herkunft von Waren und Dienstleistungen aus einem (einzigen) Geschäftsbetrieb – verstanden werden. Um einen derartigen Gattungsbegriff handelt es sich auch beim „Drachenjäger“, da diese Figur als Typus in der sog. Fantasy-Comic-Szene vertraut ist und auch von unterschiedlichen Unternehmen in diesem Sinne als beschreibende Angabe tatsächlich Verwendung findet (wie die von der Markenstelle und vom Senat ermittelten Internet-Seiten belegen).

Das Allgemeininteresse an der Freihaltung beschreibender Angaben von Monopolrechten, welches auch im Rahmen der Beurteilung der Unterscheidungskraft zu berücksichtigen ist (vgl. Ströbele in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdnr. 40, 41 m. w. N.), verbietet somit die Registrierung der angemeldeten Bezeichnung als Marke zugunsten einer Herstellerin von Waren bzw. Anbieterin von Dienstleistungen, selbst wenn diese – wie die Anmelderin – zur Bekanntheit des betreffenden Genres wesentlich beigetragen hat.

BGH- X ZR 89/07: Olanzapin

BGH, Urt. v. 16. Dezember 2008 – X ZR 89/07 – Olanzapin

a) Die Beurteilung, ob der Gegenstand eines Patents durch eine Vorveröffentlichung neuheitsschädlich getroffen ist, erfordert die Ermittlung des Gesamtinhalts der Vorveröffentlichung. Maßgeblich ist, welche technische Information dem Fachmann offenbart wird. Der Offenbarungsbegriff ist dabei kein anderer, als er auch sonst im Patentrecht zugrunde gelegt wird (Fortführung des Sen.Urt. v. 16.12.2003 – X ZR 206/98, GRUR 2004, 407 – Fahrzeugleitsystem).

b) Offenbart kann auch dasjenige sein, was im Patentanspruch und in der Beschreibung nicht ausdrücklich erwähnt ist, aus der Sicht des Fachmanns jedoch für die Ausführung der unter Schutz gestellten Lehre selbstverständlich ist und deshalb keiner besonderen Offenbarung bedarf, sondern „mitgelesen“ wird. Die Einbeziehung von Selbstverständlichem erlaubt jedoch keine Ergänzung der Offenbarung durch das Fachwissen, sondern dient, nicht anders als die Ermittlung des Wortsinns eines Patentanspruchs, lediglich der vollständigen Ermittlung des Sinngehalts, d.h. derjenigen technischen Information, die der fachkundige Leser der Quelle vor dem Hintergrund seines Fachwissens entnimmt (Fortführung von BGHZ 128, 270 – Elektrische Steckverbindung).

c) Mit der Offenbarung einer chemischen Strukturformel sind die unter diese Formel fallenden Einzelverbindungen grundsätzlich noch nicht offenbart (Fortführung von BGHZ 103, 150 – Fluoran).

siehe auch: Neuheit (ipwiki.de)

BPatG – 28 W (pat) 31/08: Charm Point

BPatG, Entsch. v. 10. Dezember 2008, 28 W (pat) 31/08 (Leitsätze)

Erschöpfen sich die Übereinstimmungen der Marken im beschreibenden Bereich, scheidet eine Verwechslungsgefahr schon aus Rechtsgründen aus.

„Charm point“ und „charm Club“ ist für Waren der Klassen nicht verwechselbar, da „charm“ die englische Bezeichnung für einen Schmuckanhänger ist.

BPatG, 21 W (pat) 20/06 – Patentanwalt als Einsprechender

BPatG, Entsch. v. 30. Oktober 2008, 21 W (pat) 20/06 (Leitsätze)

Amtliche Leitsätze:

1. Lässt die am letzten Tag der Einspruchsfrist eingereichte Einspruchsschrift die
Person des Einsprechenden offen, muss durch Auslegung festgestellt werden, ob
sich aus dem objektiven Erklärungsinhalt des Schreibens eine eindeutige Zuordnung
zu einer bestimmten Person ermitteln lässt.

2. Um den Patentanwalt, der den Einspruchsschriftsatz verfasst hat, selbst eindeutig als
Einsprechenden identifizieren zu können, reichen die Angabe des vollständigen
Namens, der Berufsbezeichnung und die Verwendung des Briefkopfs der Kanzlei,
dem der Patentanwalt angehört, allein nicht aus. Da Rechts- und Patentanwälte
üblicherweise im Namen Dritter tätig werden, sind weitere Umstände erforderlich, aus
denen sich ergibt, dass der Anwalt außerhalb seiner beruflichen Stellung nicht für
einen Dritten, sondern im eigenen Namen auftreten wollte.

3. Lässt der Gesamtinhalt des Einspruchsschriftsatzes aus Empfängersicht mehrere
Alternativen zu, ist eine eindeutige Identifizierung des Einsprechenden nicht möglich
und der Einspruch unzulässig.

siehe dazu: Einspruchserklärung (ipwiki.de)