BGH: Walzgerüst II

In der Entscheidung Walzgerüst II (X ZR 173/07) äußert sich der BGH wieder einmal zur erfinderischen Tätigkeit.

Aus dem Leitsatz:

EPÜ Art. 56, PatG § 4

Der Umstand, dass sich eine komplexe Vorrichtung (hier: Walzgerüst) gedanklich in Komponenten oder Module zerlegen lässt, für deren Relativbewegung zueinander eine begrenzte Anzahl von Möglichkeiten zur Verfügung steht, lässt für sich genommen grundsätzlich noch nicht den Schluss zu, dass es für den Fachmann nahegelegen hat, zur Lösung von Problemen, die bei der Bewegung einer Komponente auftreten, die übrigen Bewegungsalternativen in Erwägung zu ziehen, wenn hiermit erhebliche Umgestaltungen der Komponenten verbun-den sind (Fortführung von BGHZ 182, 1 – Betrieb einer Sicherheitseinrichtung).

BGH, I ZR 119/08: Werbekampagne zur Einführung eines Magazins mit einem Porträtfoto Günther Jauchs war zulässig

Pressemitteilung des BGH, Urteil vom 18. November 2010 – I ZR 119/08 – Markt & Leute

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute erneut entschieden, dass die Werbung mit der Abbildung einer prominenten Person auf dem Titelblatt einer Zeitung ausnahmsweise auch ohne eine diese Abbildung rechtfertigende Berichterstattung zulässig sein kann, wenn sie dem Zweck dient, die Öffentlichkeit über das Aussehen und die Ausrichtung einer neuen Zeitung zu informieren.

BPatG: Kit Kat vs Kika – keine Verwechslungsgefahr

In der Entscheidung 26 W (pat) 140/09 hatte sich der 26. Markenbeschwerdesenat mit einem Widerspruch von Kit Kat gegen Kika auseinanderzusetzen.

Interessant ist, dass die Markenstelle eine Verwechslungsgefahr nicht zuletzt aufgrund der gesteigerten Kennzeichnungskraft der Marke Kit Kat bejaht. Das Bundespatentgericht hingegen, sah keine Verwechslungsgefahr.

BPatG: Kostentscheidung zum Markenrecht – Was so alles schief gehen kann…

In der Kostenentscheidung 25 W (pat) 29/10 des Bundespatentgerichts in einem Widerspruchsverfahren zeigt sich, was so alles schief laufen kann.

Nicht nur, dass die Widersprechende (einen unzulässigen) Widerspruch aus einer Domain eingelegt hat – zu einem Zeitpunkt, als dies noch nicht möglich war -, die Markeninhaberin hat dann auch noch in der Beschwerdeinstanz die Beschwerdegebühr nicht rechtzeitig bezahlt, weswegen die Beschwerde unzulässig war.

Außerdem geht aus der Entscheidung hervor, dass die Anschlussbeschwerde anscheinend nicht unbedingt geläufig ist.

Daneben streiten die Parteien über den Streitwert. Allerdings sah das Bundespatentgericht keinen Grund von den üblichen 20.000,00 EUR abzuweichen.

Am Ende müssen beide Parteien Ihre Kosten selbst tragen – was in diesem Fall sicherlich der Billigkeit entspricht.

DPMA macht dicht

Mit Mitteilung vom 17.11.2010 teilt das DPMA mit, dass der Haupteingang vom 26. November 2010 bis 10. Januar 2011 aufgrund baulicher Maßnahmen geschlossen bleibt.

Bis zur Wiedereröffnung ist der Zugang in das Gebäude nur über den Seiteneingang in der Morassistraße (Parkplatz) möglich.

Der Zugang zum Nachtbriefkasten ist über die Erhardstraße möglich.

BPatG: Blauer Farbverlauf als Bildmarke hat Unterscheidungskraft

In der Entscheidung 29 W (pat) 537/10 hatte der 29. Markenbeschwerdesenat über die Unterscheidungskraft der folgenden Bildmarke

für diverse Waren/Dienstleistungen der Klassen 16, 36, 41, 42, 44 zu entscheiden.

Die Markenstelle hat die Bildmarke wegen mangelnder Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 zurückgewiesen. Als Begründung führte die Markenstelle im Wesentlichen an, dass das angemeldete Bildzeichen als ein rein ausschmückendes dekoratives Gestaltungselement für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen bzw. deren Aufmachung/Präsentation zu beurteilen sei. Das Rechteck stelle eine der einfachsten geometrischen Figuren dar und begegne dem Verbraucher auf nahezu allen Waren/Dienstleistungsgebieten in vielfältiger Weise als Designbestandteil von Produktaufmachungen, wie Covers, Etiketten und Untergrundflächen, oder von Kommunikationsmitteln wie Werbematerial, Geschäftsbriefen und Anzeigen. Die konkrete farbliche Gestaltung des Bildzeichens gehe auch nicht über eine rein dekorative Gestaltung heraus.

Das Bundespatentgericht hat die Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die üblichen Grundsätze für die Unterscheidungskraft  gelten auch für ein als Marke angemeldetes Bildzeichen, das nur dann nicht mehr unterscheidungskräftig ist, wenn es die im Warenverzeichnis genannten Waren naturgetreu bildlich wiedergibt (BGH GRUR 2004, 507, 509 – Transformatorengehäuse; a. a. O. 683, 684 – Farbige Arzneimittelkapsel) oder wenn es sich bei ihm um eine einfache geometrische Form oder ein sonstiges einfaches graphisches Gestaltungselement handelt, und eine solche Gestaltung – wie den Verbrauchern aus Erfahrung bekannt ist – in der Werbung, auf der Ware, ihrer Verpackung oder auf Geschäftsbriefen üblicherweise in bloß ornamentaler,  schmückender Form verwendet wird (BGH GRUR 2000, 502, 503 – St. Pauli Girl; GRUR 2001, 734, 735 – Jeanshosentasche).

Es kann aber auch eine naturgetreue Wiedergabe einer Ware unterscheidungskräftig sein, sofern sie über warentypische oder lediglich dekorative Merkmale hinausgehende charakteristische Merkmale aufweist (BGH GRUR 2008, 505, 508 Rdnr. 25 – TUCSalzcracker), die erheblich von der Norm oder Branchenüblichkeit abweichen (EuGH GRUR Int. 2008, 43, 45 Rdnr. 37 – Rot-weiße rechteckige Tablette mit blauem ovalen Kern). Die Marke darf sich daher nicht in der Wiedergabe technisch-funktioneller oder typischer ästhetischer Formen der beanspruchten Ware erschöpfen, sondern muss davon erheblich abweichende charakteristische Merkmale aufweisen, die aus dem Rahmen der gebräuchlichen Gestaltungsvielfalt auf dem jeweiligen Warengebiet fallen und für die angesprochenen Verkehrskreise auch erkennbar sind.

Die Annahme der Unterscheidungskraft setzt aber nicht voraus, dass grundsätzlich jede denkbare Verwendung des Zeichens markenmäßig sein muss. Es genügt, wenn es praktisch bedeutsame und naheliegende Möglichkeiten gibt, das angemeldete Zeichen bei den Waren und Dienstleistungen, für die es eingetragen werden soll, so zu verwenden, dass es vom Verkehr ohne weiteres als Marke verstanden wird (BGH GRUR 2008, 1093 Rdnr. 22 – Marlene-Dietrich-Bildnis I m. w. N.; Beschl. v. 31. März 2010 – I ZB 62/09 Rdnr. 21 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; Beschl. v. 24. Juni 2010 – I ZB 115/08 Rdnr. 28 ff. -TOOOR).

Nach diesen Grundsätzen verfügt das Bildzeichen in Bezug auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft. Das Bildzeichen ist keine abstrakte Farbmarke, weswegen sich der Schutzumfang auch nur auf diese in sich geschlossene Farbkonzeption mit rechteckigem Umriss erstreckt (vgl. 24 W (pat) 81/00 – Blütenmuster; 29 W (pat) 52/01 – Rotes Parallelogramm).

Das angemeldete Zeichen kann nicht den Schutzbereich einer abstrakten Farbmarke erreichen, so dass eine grafische Verwendung des Anmeldezeichens, wie z. B. als Hintergrundfarbe von Prospekten oder als Briefpapierfärbung, keine markenmäßige Benutzung darstellt.

Die Bildmarke kann bei den angemeldeten Waren und Dienstleistungen ein dekoratives Farbelement sein, wie z. B. das vom DPMA ermittelte blaue Farbverlaufpapier und die Visitenkarten mit blauem Farbverlauf belegen.

Es gibt aber praktisch bedeutsame und naheliegende Möglichkeiten, das Bildzeichen so zu verwenden, dass es vom Verkehr ohne weiteres als Herkunftshinweis verstanden wird, bspw. wenn das Bildzeichen auf der Verpackung oder in wesentlich verkleinertem Format an einer unauffälligen Stelle auf der unbedruckten Rückseite oder in einer Ecke der Vorderseite von Papier, Pappe, Druckereierzeugnissen angebracht wird.

Auch hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen besteht eine Vielfalt von Möglichkeiten, das angemeldete Piktogramm in verkleinertem Format als Firmenkennzeichen zu verwenden.

Das angemeldete Bildzeichen kann daher von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen, die sich sowohl aus dem Handel als auch aus dem Endverbraucher zusammensetzen, als Hinweis auf die betriebliche Herkunft aufgefasst werden.

BGH, Xa ZB 14/09 – Winkelmesseinrichtung: Zur „unentrinnbaren Falle“ des EPA

BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2010 – Xa ZB 14/09 – Winkelmesseinrichtung

a) Ein Merkmal, das in den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht als zur Erfindung gehörend offenbart ist und dessen Streichung oder Ersetzung durch ein von der ursprünglichen Offenbarung gedecktes Merkmal zu einer Erweiterung des Schutzbereichs führen würde, kann im Patentanspruch verbleiben, wenn seine Einfügung zu einer Einschränkung gegenüber dem Inhalt der Anmeldung führt.

b) Eine Einschränkung in diesem Sinne liegt vor, wenn das hinzugefügte Merkmal eine Anweisung zum technischen Handeln konkretisiert, die in den ursprünglich eingereichten Unterlagen als zur Erfindung gehörend offenbart ist.

c) Um in solchen Fällen sicherzustellen, dass aus der Einfügung des Merkmals Rechte nicht hergeleitet werden, bedarf es grundsätzlich nicht der Aufnahme eines entsprechenden Hinweises („disclaimer„) in die Patentschrift.

Aus der Urteilsbegründung:

Der Senat verkennt nicht, dass diese Lösung jedenfalls im theoretischen Ansatz nicht mit der Auffassung der Großen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts in Einklang steht und in Fällen, in denen die Einfügung des Merkmals nicht zur Patentierung eines „Aliud“ geführt hat, zu abweichenden Ergebnissen führen kann. Er vermag der Auffassung der Großen Beschwerdekammer aber jedenfalls für den Anwendungsbereich von §§ 21 und 22 PatG nicht beizutreten.

St. Martin, singende Kinder und GEMA

Auf www. sueddeutsche.de findet sich hier ein Interview zu GEMA-gebührenpflichtigen St. Martinsliederbearbeitungen.

Das Interview hat einen Unterton, der ein gewisses Unverständnis bei dem Interviewer erkennen lässt, warum Kindergärten Lizenzgebühren bezahlen sollen, wenn sie Noten aus Liederbüchern kopieren (was aber eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte).

Abgesehen davon ist aber die Information interessant, dass es eine Flatrate für Kindergärten von nur 56 Euro pro Jahr für das Kopieren von Kinderliedern gibt. Dies sollte wohl bezahlbar sein.