BPatG, 25 W (pat) 516/10 – Panprazol / PANTOZOL: Kein Annäherungsmonopol

BPatG, Urt. v. 17. März 2011 – 25 W (pat) 516/10 – Panprazol / PANTOZOL

Amtliche Leitsätze:

Der Schutzumfang einer älteren Marke, der aufgrund einer deutlichen und für den Verkehr ohne weiteres erkennbare Annäherung an eine einschlägige warenbeschreibende Angabe eingeschränkt ist, erfährt keine Erweiterung im Verhältnis zu jüngeren Marken, die sich an  dieselbe Sachangabe annähern (Abgrenzung zu BGH GRUR 2008, 803, Tz. 22 – HEITEC).

Im Verhältnis zu Markeninhabern, die sich mit ihren Marken an warenbeschreibende Angaben annähern, kann es den Wettbewerbern nicht verwehrt werden, sich mit ihren (prioritätsjüngeren) Kennzeichnungen an dieselben Sachangaben anzunähern (Stichwort: kein Annäherungsmonopol), wenn dies unter angemessener Berücksichtigung der älteren Markenrechte geschieht. Beim Zeichenvergleich nach dem maßgeblichen Gesamteindruck wird dieser Forderung dadurch Rechnung getragen, dass den Faktoren bei der Zeichenbildung mehr (kennzeichnendes) Gewicht beigemessen wird, welche die schutzbegründende Eigenart der Marke ausmachen, die sich aus den Abweichungen gegenüber der Sachangabe ergibt.

Ausgehend davon besteht keine Verwechslungsgefahr zwischen der für Arzneimittel (hier: Magen-Darmtherapeutika für humanmedizinische Zwecke) registrierten Widerspruchsmarke „PANTOZOL“, deren Schutzumfang wegen der deutlichen und für den Verkehr ohne weiteres erkennbaren Annäherung an die einschlägige Wirkstoffangabe „Pantoprazol“ eingeschränkt ist, und der jüngeren Marke „Panprazol“, die sich ebenfalls an diese einschlägige Wirkstoffbezeichnung annähert.

EU-Patent revisited

Wie vor Kurzem in diesem Blog thematisiert wurde, wurde der Entwurf der Verordnung zur Schaffung des EU-Patents im Rahmen einer verstärkten Zusammenarbeit veröffentlicht. Ebenfalls bereits diskutiert wurde die Übersetzungsproblematik.

Eine Durchsicht des Entwurfs zeigt aber, dass noch ganz andere Schwierigkeiten auf dem Weg zum EU-Patent bestehen könnten. Diese resultieren nach Auffassung des Verfassers dieses Artikels aus dem Bestreben, das EU-Patent ohne Änderung des EPÜ Wirklichkeit werden zu lassen. Dieses Bemühen ist verständlich, damit nicht einzelne Staaten (beispielsweise aus dem mediterranen Raum) bei einer Ratifizierung eines geänderten EPÜ faktisch ein Vetorecht gegen die Verordnung zum EU-Patent ausüben könnten. Jedoch ist fraglich, ob der Vorschlag so gelingen kann.

Nach Auffassung des Verfassers dieses Artikels besteht ein Problem des Entwurfs zur Verordnung darin, dass der Spagat gemacht wird, einerseits ein neues Schutzrecht (das „EP mit einheitlicher Wirkung“, wie das EU-Patent im Entwurf bezeichnet wird) schaffen zu wollen, das sich durch die Einheitlichkeit vom bisherigen EP und somit auch von EPÜ-Vorschriften unterscheidet, andererseits aber das EP mit einheitlicher Wirkung vollständig auf dem EPÜ in seiner jetzigen Form aufzusetzen.

Dass es sich bei dem „EP mit einheitlicher Wirkung“ um ein „Europäisches Patent“ im Sinne des EPÜ handeln soll, ist aus dem gesamten Verordnungsentwurf ersichtlich. So sind nach Art. 3 Ziff. 1 des Entwurfs EU-Patente „Europäisches Patente, die mit identischem Schutzbereich für alle teilnehmenden Mitgliedsstaaten erteilt wurden, … sofern ihre einheitliche Wirkung in dem … Register für den einheitlichen Patentschutz eingetragen wurde“. Auch aus den Erläuterungen zum rechtlichen Ansatz (Ziffer 1.2) wird klar, dass sich der neue Vorschlag – anders als der Vorschlag aus dem Jahr 2000 – auf das bereits bestehende Europäische Patentsystem stützt. Ein EU-Patent ist immer ein EP im Sinne des EPÜ.

Um die Einheitlichkeit des Schutzrechts sicherzustellen, sieht Art. 4 Ziff. 2 des Entwurfs vor, dass die teilnehmenden Mitgliedsstaaten die notwendigen Maßnahmen ergreifen um sicherzustellen, dass am Tag der Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des EP im Europäischen Patentblatt die Wirkung eines EPs als nationales Patent als noch nicht eingetreten gelten, wenn die einheitliche Wirkung eingetragen wurde.

Das Dilemma besteht darin, dass diese Verpflichtung EPÜ-Regelungen widerspricht. So gewährt nach Art. 64 Abs.1 EPÜ das EP seinem Inhaber ab dem Tag der Bekanntmachung des Erteilungshinweises (vorbehaltlich der Übersetzungserfordernisse des Art. 64 Abs. 2 EPÜ) dieselben Rechte wie ein nationales Patent. Nach Art. 4 Ziff. 2 des Entwurfs soll durch nationalstaatliche Regelungen sichergestellt werden, dass diese nationalen Wirkungen nicht eintreten. Soll Art. 64 EPÜ einfach dadurch ausgehebelt werden können, dass durch nationales Recht fingiert wird, dass der Hinweis auf die Erteilung eines EPs als nicht veröffentlicht gilt, wenn es sich um ein EP mit einheitlicher Wirkung handelt?

Um die Problematik zusammenzufassen:
– Alle Mitgliedsstaaten, für die das EU-Patent potenziell Geltung haben kann, sind EPÜ-Vertragsstaaten.
– Der Verordnungsentwurf sieht vor, dass das EU-Patent als Europäisches Patent im Sinne des EPÜ erteilt wird. Als einziger – verfahrensrechtlicher – Unterschied erfolgt eine Eintragung der einheitlichen Wirkung in einem separaten Register (Art. 12 Ziff. 1 (b) des Verordnungsentwurfs).
– Obwohl die Mitgliedsstaaten als EPÜ-Vertragsstaaten verpflichtet sind, dem erteilten Patent in ihrem Hoheitsgebiet dieselbe Wirkung zuzuerkennen wie einem nationalen Patent, sollen nach Art. 4 Ziff. 2 des Verordnungsentwurfs die Mitgliedsstaaten durch nationale Regelungen sicherstellen, dass das EP, für das einheitliche Wirkung eingetragen wird, anders behandelt wird als ein EP, für das keine einheitliche Wirkung eingetragen wird.

Es ist dem Verfasser dieses Artikels unklar, wie Art. 4 Ziff. 2 des Verordnungsentwurfs realisiert werden kann, ohne dass die Mitgliedsstaaten gegen ihre vertraglichen Verpflichtungen aus dem EPÜ (insbesondere Art. 64 Abs. 1 EPÜ) verstoßen müssten.

Möglich erscheint eine Verpflichtung der EU-Mitgliedsstaaten, auf eine entsprechende Änderung des EPÜ hinzuwirken. Dabei würde jedoch wieder das Problem bestehen, dass die Verwirklichung des EU-Patents durch die erforderliche Revision des EPÜ lange verzögert oder durch einzelne Staaten blockiert werden könnte.

Es scheint also auch neben der Übersetzungsproblematik sehr wesentliche Probleme zu geben, die dem EU-Patent noch im Weg stehen.

Nur als Randnotiz sei angemerkt, dass die deutschsprachige Fassung des Entwurfs nur mit Vorsicht zu Rate gezogen werden sollte. So ist beispielsweise Artikel 5 mit „Prioritätsrecht“ überschrieben. Die Regelung bezieht sich aber ganz offensichtlich nicht auf das Prioritätsrecht, sondern auf das Verhältnis zu älteren Rechten (wie dies in der englischsprachigen Fassung zutreffend angegeben ist).

BGH, X ZR 72/08 – kosmetisches Sonnenschutzmittel III

BGH, Urteil vom 1. März 2011 – X ZR 72/08 – kosmetisches Sonnenschutzmittel III

Amtliche Leitsätze:

a) Als Ausgangspunkt für die Prüfung auf erfinderische Tätigkeit ist nicht ausschließlich auf die der Beschreibung des Streitpatents zu entnehmende „Aufgabe“ abzustellen; es ist vielmehr auch zu erwägen, ob die Bewältigung eines zum Aufgabenkreis des Fachmanns gehörenden (anderen) Problems dessen Lösung nahegelegt hat (Fortführung von BGH, Urteil vom 12. Februar 2003 – X ZR 200/99, GRUR 2003, 693 – Hochdruckreiniger).

b) Der Patentanspruch, auf den das Europäische Patentamt im europäischen Beschränkungsverfahren (Art. 105a, Art. 105b EPÜ) das Patent beschränkt hat, kann im Nichtigkeitsverfahren mangels eines einschlägigen Nichtigkeitsgrunds ebenso wenig auf das Erfordernis der Klarheit (Art. 84 EPÜ) geprüft werden wie die Patentansprüche des erteilten Patents.

Keine Dringlichkeit für Beweissicherungsverfügung erforderlich

Das OLG Düsseldorf hat in einer Entscheidung zum Urheberrecht (I-20 W 32/10) nunmehr erkannt, dass der Antrag auf Erlass einer Besichtigungsverfügung nicht deswegen zurückgewiesen werden kann, weil der Antragsteller mit Stellung des Antrags zugewartet hat. Das OLG Düsseldorf weicht damit von der entgegenstehenden Ansicht des OLG Köln (6 W 3/09) ab.

Das OLG Düsseldorf begründet seine Auffassung damit, dass eine Prüfung, ob ein Verfügungsgrund vorliegt, aufgrund einer Abwägung im Einzelfall zu erfolgen habe. Wann ein Verfügungsgrund vorliegt, sei verfahrensbezogen zu prüfen. Das OLG Düsseldorf führt sehr überzeugend aus, warum die für die Unterlassungsverfügung geübte Praxis, dass mit längerem Zuwarten mit der Rechtsverfolgung der Antragsteller zum Ausdruck bringt, ihm selbst sei die Sache nicht dringlich, weswegen für ihn dann auch der Verfügungsgrund verneint wird, nicht für das Beweissicherungsverfahren gilt.

Der Gesichtspunkt der Dringlichkeit treffe vielmehr nur dann zu, wenn das besondere Interesse an der Verfahrensart des einstweiligen Verfügungsverfahrens gerade in dem schnellen Erlangen eines Titels liegt.

Hingegen sei das besondere Interesse, das den Erlass einer Verfügung rechtfertigt, im Fall einer Beweissicherungsmaßnahme (hier: § 101 Abs. 3 UrhG)– anders als bei der Unterlassungsverfügung -, den Antragsgegner nicht durch eine Beteiligung am Verfahren in die Lage zu versetzen, die zu sichernden Beweismittel zu vernichten. Es bedürfe des Verfügungsverfahrens zur Beweissicherung, weil nur dieses Verfahren die Anordnung von Maßnahmen ohne Beteiligung des Gegners ermöglicht. Anders als im Falle etwa der Unterlassungsverfügung könne der Antragsteller hier im Fall fehlender Eilbedürftigkeit nicht auf den Klageweg verwiesen werden. Denn würde der Besichtigungsschuldner vorgewarnt, bestünde die Gefahr, dass der Antragsteller seinen Anspruch gar nicht mehr durchsetzen kann. Die Verneinung des Vorliegens des Verfügungsgrundes wegen längeren Zuwartens würde damit zur endgültigen Verweigerung des Besichtigungsanspruchs führen.

Aus diesen Erwägungen folgert das OLG Düsseldorf, dass unabhängig von einer zeitlichen Komponente bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 101a Abs. 3 UrhG auch ein Verfügungsgrund gegeben ist, es sei denn, eine Beseitigung von Beweismitteln sei ausnahmsweise ausgeschlossen.

Wenngleich in dem Verfahren vor dem OLG Düsseldorf eine Urheberrechtssache im Streit stand, dürften diese Überlegungen des OLG Düsseldorf auch für Beweissicherungsverfahren im Gebiet des Patentrechts zutreffen und für künftige Beweissicherungsverfahren zur Vorbereitung von Patentverletzungsklagen wichtig werden.

BPatG, 3 Ni 2/09- Lysimeterstation: Vertretung der Patentgemeinschaft

BPatG, Urt. v. 21. Februar 2011 – 3 Ni 2/09 – Lysimeterstation

Amtlicher Leitsatz:

Die für Prozesshandlungen geltende Vertretungsfiktion des § 62 Abs. 1 ZPO – hier für die in der mündlichen Verhandlung nicht erschienene Patentmitinhaberin als gemeinsam Beklagte im Nichtigkeitsverfahren – umfasst auch eine beschränkte Verteidigung des Streitpatents durch die weiteren, erschienenen Patentmitinhaber als notwendige Streitgenossen mittels abweichender Anträge.

Aus der Urteilsbegründung:

Im Nichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatentgericht gilt die Mitinhaberin, für die in der mündlichen Verhandlung niemand erschienen ist, nach § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 62 Abs 1 ZPO als von den patentanwaltlich vertretenen übrigen Mitinhaberinnen vertreten.

Im Hinblick auf die gesetzgeberische Absicht, eine einheitliche  – nicht nur gemeinsame  – Entscheidung zu ermöglichen umfasst die Vertretungsfiktion des § 62 Abs. 1 ZPO bei Termin- oder Fristversäumnis das gesamte mündliche Vorbringen und alle Prozesserklärungen der anwesenden Streitgenossen (Gesamtwirkung) – mag dieses Vorbringen und die Anträge dem Abwesenden günstig gewesen sein oder nicht, ohne dass es auf einen tatsächlichen Vertretungswillen ankommt. Dies gilt auch für die nach § 90 Abs. 3 PatG in der mündlichen Verhandlung zu stellenden Anträge, wenn diese eine beschränkte Verteidigung des Streitpatents beinhalten.

BPatG, 7 W (pat) 35/10 – VCR-Antrieb: Nachweis der Übermittlung per Fax

BPatG, Beschluss v. 8. Dezember 2010 – 7 W (pat) 35/10 – VCR-Antrieb

Amtlicher Leitsatz:

Zum Nachweis eines von der Feststellung des Anmeldezeitpunktes durch das Patentamt abweichenden früheren tatsächlichen Eingangs der Anmeldeunterlagen bei deren Übermittlung per Fax (Fortführung von BGH, WM 2004, 648).

BGH, I ZR 85/09: Nutzungsrechte für noch nicht bekannte Nutzungsarten

BGH, Urt. v. 28. Oktober 2010 – I ZR 85/09

Aus der Urteilsbegründung:

Eine wirksame Einräumung von Nutzungsrechten für noch nicht bekannte Nutzungsarten setzte eine eindeutige Erklärung des Berechtigten hinsichtlich der Einräumung solcher Nutzungsrechte oder eine angemessene Beteiligung des Berechtigten an den Erlösen aus deren Verwertung voraus; auch eine Einräumung von Nutzungsrechten für unbekannte Nutzungsarten an Filmwerken durch Filmurheber an Filmhersteller war nur unter dieser Voraussetzung gültig (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 – I ZR 18/09 Rn. 16 bis 27 – Der Frosch mit der Maske).

Bei einer Vereinbarung,  die keine angemessene Beteiligung des Urhebers an den Erlösen aus der Verwertung unbekannter Nutzungsarten vorsieht, ist eine eindeutige Erklärung des  Berechtigten hinsichtlich der Einräumung der Nutzungsrechte für unbekannte Nutzungsarten nur anzunehmen, wenn bei der Festlegung der Vergütung erkennbar erörtert und berücksichtigt wurde, dass mit ihr auch die Einräumung dieser Rechte abgegolten ist (BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 – I ZR 18/09 Rn. 39 – Der Frosch mit der Maske).

BGH, I ZR 212/08 – Mega-Kasten-Gewinnspiel: Einwand mitwirkenden Verschuldens

BGH, Urteil vom 14. Oktober 2010 – I ZR 212/08– Mega-Kasten-Gewinnspiel

Amtlicher Leitsatz:

Verlangt ein Mandant, der aufgrund einer Abmahnung Kenntnis von der Unvollständigkeit der  Markenrecherche hat, die  sein Rechtsanwalt für ihn durchgeführt hat, von diesem Anwalt Schadensersatz, muss er sich unter Umständen ein Verschulden des von ihm zur Abwehr der Abmahnung eingeschalteten Zweitanwalts anrechnen lassen.

BGH, I ZR 191/08 – AnyDVD

BGH, Urteil vom 14. Oktober 2010 – I ZR 191/08 – AnyDVD

Amtlicher Leitsatz:

Sind in einem im Internet veröffentlichten, seinem übrigen Inhalt nach dem Schutz der Presse- und Meinungsfreiheit  unterfallenden Beitrag elektronische Verweise (Links) auf fremde Internetseiten in der Weise eingebettet, dass sie einzelne Angaben des Beitrags belegen oder diese durch zusätzliche Informationen ergänzen sollen, so werden auch diese Verweise von der Presse- und Meinungsfreiheit umfasst.

Aus der Urteilsbegründung:

Der beanstandete Link in den Beiträgen des Beklagten auf die Internetseite von SlySoft gehört in diesem Sinne zum nach Art. 11 EU-Grundrechtecharta, Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG geschützten Bereich der freien Berichterstattung. Er beschränkt sich nicht, wie das Berufungsgericht angenommen hat, auf eine bloß technische Erleichterung für den Aufruf der betreffenden Internetseite. Wie auch das Berufungsgericht im Ansatz nicht verkannt hat, erschließt ein Link vergleichbar einer Fußnote zusätzliche Informationsquellen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 – I ZR 259/00, BGHZ 156, 1, 15 – Paperboy).

Indem das Berufungsgericht diesen informationsverschaffenden Charakter des Links auf der einen Seite und seine in der Erleichterung des Aufrufs der verlinkten Internetseite bestehende technische Funktion auf der anderen Seite als zwei gesondert zu würdigende Aspekte betrachtet, berücksichtigt es nicht hinreichend, welche Bedeutung den vom Beklagten gesetzten Links auf fremde Internetseiten nach dem Gesamteindruck der  beanstandeten Beiträge vom 19. und 28. Januar sowie vom 9. Februar 2005 für das Recht auf freie Berichterstattung zukommt. 

BGH, I ZR 127/09 – Kunstausstellung im Online-Archiv

BGH, Urteil vom 5. Oktober 2010 – I ZR 127/09 – Kunstausstellung im Online-Archiv

Amtlicher Leitsatz:

Wird im Rahmen der Online-Berichterstattung über eine Veranstaltung berichtet, bei der urheberrechtlich geschützte Werke wahrnehmbar werden (hier: Bericht über eine Ausstellungseröffnung), dürfen Abbildungen dieser Werke nur so lange als Teil dieser Berichterstattung im Internet öffentlich zugänglich gemacht werden, wie die Veranstaltung noch als Tagesereignis angesehen werden kann.

Aus der Urteilsbegründung:

Bei der Beurteilung der Aktualität des Ereignisses ist danach zu unterscheiden, ob die beanstandete Verwertungshandlung punktuell oder permanent in Rechte des Urhebers eingreift. Ein Eingriff in das Urheberrecht bedarf stets so lange einer Rechtfertigung, wie er andauert. Besteht der Eingriff in einer punktuellen Handlung, wie etwa bei einer Vervielfältigung und Verbreitung des Werkes, so muss er zum Zeitpunkt dieser Handlung gerechtfertigt sein. Handelt es sich bei dem Eingriff dagegen um eine Dauerhandlung, wie bei einer öffentlichen Zugänglichmachung des Werkes (Schricker/v. Ungern-Sternberg, Urheberrecht, 4. Aufl., § 19a UrhG Rn. 44), muss er während des gesamten Zeitraums dieser Handlung gerechtfertigt sein. Zur Berichterstattung über ein Ereignis durch Einstellen eines Beitrags ins Internet ist das öffentliche Zugänglichmachen von Werken, die im Verlauf dieses Ereignisses wahrnehmbar werden, daher nur so lange nach § 50 UrhG in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zulässig, wie das Ereignis, über das berichtet wird, noch als ein Tagesereignis anzusehen ist.

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Aktualität einer Kunstausstellung es rechtfertigt, zur Berichterstattung über die Kunstausstellung ausgestellte Kunstwerke abzubilden, ist daher danach zu unterscheiden, ob die Kunstwerke dabei vervielfältigt und verbreitet oder ob sie öffentlich zugänglich gemacht werden. Bei einer Vervielfältigung und Verbreitung der Kunstwerke durch deren Abbildung in einer Tageszeitung und den Vertrieb dieser Tageszeitung muss die Aktualität der Kunstausstellung allein zum Zeitpunkt der Vervielfältigung und Verbreitung gegeben sein. Werden die Kunstwerke dagegen dadurch öffentlich zugänglich gemacht, dass die mit Abbildungen der Kunstwerke illustrierten Zeitungsartikel in ein Online-Archiv im Internet eingestellt werden, muss die Aktualität der Kunstausstellung nicht nur zum Zeitpunkt des Einstellens ins Online-Archiv gegeben sein, sondern während der gesamten Dauer des Bereithaltens im Internet fortbestehen.