BGH, I ZR 50/09 – Einwilligungserklärung für Werbeanrufe

BGH, Urteil vom 14. April 2011 – I ZR 50/09 – Einwilligungserklärung für Werbeanrufe

Amtlicher Leitsatz:

Die auf einer Teilnahmekarte für ein Gewinnspiel unter der Rubrik „Telefonnummer“ enthaltene Angabe

„Zur Gewinnbenachrichtigung und für weitere interessante telefonische Angebote
der … GmbH aus dem Abonnementbereich, freiwillige Angabe, das Einverständnis kann jederzeit widerrufen werden“

genügt nicht dem Transparenzgebot des § 4 Nr. 5 UWG.

BGH, X ZR 28/09 – Nichtigkeitsstreitwert

BGH, Beschluss vom 12. April 2011 – X ZR 28/09 – Nichtigkeitsstreitwert

a) Der Gegenstandswert des Patentnichtigkeitsverfahrens wird durch den gemeinen Wert des Patents bei Klageerhebung zuzüglich des Betrags der bis dahin entstandenen Schadensersatzforderungen bestimmt.

b) Bei der Festsetzung des Gegenstandswerts kann von dem Streitwert eines auf das Streitpatent gestützten Verletzungsprozesses ausgegangen werden, der regelmäßig das Interesse des Nichtigkeitsklägers an der Nichtigerklärung  des Patents widerspiegelt. Dem Umstand, dass der gemeine Wert des Patents in der Regel über  dieses Individualinteresse hinausgeht, ist bei der Wertfestsetzung mangels anderweitiger Anhaltspunkte dadurch Rechnung zu tragen, dass der Gegenstandswert um ein Viertel höher als der Streitwert des
Verletzungsprozesses angenommen wird.

Meldung der Arbeitnehmererfindung – Haftetikett entschärft?

Der X. Senat des Bundesgerichtshofs hat in seiner Entscheidung im Verfahren X ZR 72/10 nunmehr erneut zu Fragen der Meldung und Inanspruchnahme Stellung genommen. Auch wenn die Problematik von Meldung und Inanspruchnahme durch die in § 6(2) ArbNEG n.F. vorgesehene Fiktion der Inanspruchnahme entschärft wurde, ist die Entscheidung nicht nur für Fälle, die noch nach altem Recht zu behandeln sind, von Interesse.

Die amtlichen Leitsätze:

a) Die Frist zur Inanspruchnahme einer Diensterfindung wird, wenn es an einer schriftlichen Erfindungsmeldung des Diensterfinders fehlt, grundsätzlich nur in Gang gesetzt, wenn der Arbeitgeber, insbesondere durch eine Patentanmeldung und die Benennung des Arbeitnehmers als Erfinder, dokumentiert, dass es keiner Erfindungsmeldung mehr bedarf, weil er über die Erkenntnisse bereits verfügt, die ihm der Diensterfinder durch die Erfindungsmeldung verschaffen soll.

b) Eine derartige Dokumentation der Kenntnis des Arbeitgebers von der Diensterfindung und den an ihr Beteiligten ergibt sich weder daraus, dass der Arbeitgeber durch die mündliche Mitteilung einer „Initialidee“ durch den Arbeitnehmer und schriftliche Berichte über anschließend durchgeführte Versuche Kenntnis von der technischen Lehre der Erfindung erhält, noch aus dem Umstand, dass der Arbeitgeber von einem Patent erfährt, das der Arbeitnehmer auf die Diensterfindung angemeldet hat.

Auch wenn damit die Haftetikett-Entscheidung fortgeführt wird, wird doch klargestellt, dass eine schriftliche Erfindungsmeldung nur in wenigen, sehr klar umrissenen Ausnahmefällen unterbleiben kann. Die in der Instanzrechtsprechung zu dieser Problematik unter Aufnahme einer Formulierung aus der Haftetikett-Entscheidung in den letzten Jahren häufig verwendete Argumentation, das Beharren auf einer schriftlichen Erfindungsmeldung sei unter den jeweiligen Umständen „treuewidrige Förmelei“, dürfte in Zukunft seltener zu sehen sein.

BGH zu Softwarepatenten

Der X. Senat des Bundesgerichtshofs hatte sich im Nichtigkeitsverfahren X ZR 121/09 wieder einmal mit computerimplementierten Erfindungen zu befassen. Dabei bestätigte er die in der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung (z.B. in BGH X ZR 47/07 – Wiedergabe topographischer Informationen) entwickelte Prüfungsmethodik:

Zunächst wird in einem ersten Prüfungsschritt geprüft, ob wenigstens ein Teilaspekt der beanspruchten Erfindung auf technischem Gebiet liege (§ 1 Abs. 1 PatG). Dann wird in einem zweiten Schritt geprüft, ob der Patentierungsausschluss für Programme für Datenverarbeitungsanlagen eingreift (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 PatG). Zum zweiten Schritt wird ermittelt, ob die beanspruchte Lehre der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dient.

Interessantes enthält diese jüngste BGH-Entscheidung zu beiden genannten Prüfungspunkten:

Was die Technizitätsprüfung (§ 1 Abs. 1 PatG) angeht, ist interessant, dass der Anspruch nicht unbedingt die ausführenden technischen Einheiten (Server, Client) nennen muss, um diese Hürde zu überwinden.

Was den zweiten Prüfungsschritt angeht, werden die früher aufgestellten Kriterien angewandt. So wird ein konkretes technisches Problem jedenfalls dann gelöst,
(a) wenn Gerätekomponenten modifiziert oder grundsätzlich abweichend adressiert werden, oder
(b) wenn der Ablauf eines zur Problemlösung eingesetzten Datenverarbeitungsprogramms durch technische Gegebenheiten außerhalb der Datenverarbeitungsanlage bestimmt wird oder wenn die Lösung gerade darin besteht, ein Datenverarbeitungsprogramm so auszugestalten, dass es auf die technischen Gegebenheiten der Datenverarbeitungsanlage Rücksicht nimmt.

Etwas überraschend an der Entscheidung im Verfahren X ZR 121/09 mutet an, dass die Prüfung, ob ein konkretes technisches Problem gelöst wird, so stark auf eine Subsumtion unter die bislang entwickelten – zahlenmäßig sehr wenigen – Fallgruppen reduziert wird.

Die in der Entscheidung X ZR 121/09 angelegten Maßstäbe, was ein „konkretes technisches Problem ist“, erscheinen dem Verfasser dieses Beitrags jedenfalls recht streng. So wird beispielsweise die Verlagerung von bestimmten Operationen in einem Netzwerk von einem Client-Rechner auf einen Server als „äußerlich-organisatorische Umverlagerung der Datenverarbeitung zwischen mehreren Netzwerkkomponenten“ angesehen, die allenfalls eine „Maßnahme der Datenverarbeitung“ und keine Lösung eines konkreten technischen Problems sei. Diese Argumentation ist insofern überraschend, als ja auch eine Maßnahme der Datenverarbeitung durchaus ein technisches Problem lösen kann.

Interessant ist jedenfalls, dass die Nichtigerklärung des Patents auf Grundlage des Ausschlusses für Programme für Datenverarbeitungsanlagen erfolgte, obwohl es die beanspruchte Lehre das Zusammenwirken mehrerer Geräte in einem Netzwerk betraf.

BGH, X ZR 86/10 – Cinch-Stecker: Ansprüche des Lizenzgebers im Falle einer Patentverletzung

BGH, Urteil vom 5. April 2011 – X ZR 86/10 – Cinch-Stecker

Amtliche Leitsätze:

a) Dem Inhaber eines Patents, der einem Dritten eine ausschließliche Lizenz erteilt hat, stehen im Falle einer Patentverletzung eigene Ansprüche gegen den Verletzer zu, wenn ihm aus der  Lizenzvergabe fortdauernde materielle Vorteile erwachsen.

b) Die für eine Klage auf Feststellung der Schadensersatzpflicht erforderliche Wahrscheinlichkeit, dass dem Patentinhaber aus der geltend gemachten Verletzungshandlung ein eigener Schaden entstanden ist, liegt in der Regel vor, wenn der Patentinhaber an der Ausübung der Lizenz durch den Lizenznehmer wirtschaftlich partizipiert (Bestätigung von BGH, Urteil vom 20. Mai 2008 – X ZR 180/05, BGHZ 176, 311 Rn. 26 ff. – Tintenpatrone).

c) Für eine wirtschaftliche Partizipation in diesem Sinne genügt es, wenn der Patentinhaber als alleiniger Gesellschafter des Lizenznehmers an dessen Gewinn beteiligt ist.

d) Der Anspruch des Patentinhabers auf Ersatz eines solchen Schadens ist grundsätzlich darauf gerichtet, dass der Lizenznehmer in seinem Vermögen so gestellt wird, wie er ohne die Schutzrechtsverletzung stehen würde.

BGH, X ZB 1/10 – Modularer Fernseher: Anspruch auf rechtliches Gehör

BGH, Beschluss vom 12. April 2011 – X ZB 1/10 – Modularer Fernseher

Amtlicher Leitsatz:

Hält das Patentgericht den Gegenstand eines mit dem Einspruch angegriffenen Patents im Hinblick auf eine Entgegenhaltung für nahegelegt, die bereits im Erteilungsverfahren berücksichtigt worden  ist und in der Einspruchsbegründung zwar angeführt, aber eher beiläufig behandelt wird, reicht es zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör grundsätzlich aus, wenn dem Patentinhaber in  der mündlichen Verhandlung ein entsprechender Hinweis erteilt wird. 

BGH, I ZR 174/08 – Änderung der Voreinstellung III: zur Unternehmerhaftung für Wettbewerbshandlungen des Vertriebspartners

BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 – I ZR 174/08 – Änderung der Voreinstellung III

Amtlicher Leitsatz:

Anbieter von Telefondienstleistungen, die nicht über ein eigenes Netz verfügen und die sich daher hinsichtlich der von ihnen angebotenen Leistung bei Netzbetreibern eindecken müssen (sog. Reseller), handeln im Verhältnis zu Endkunden nicht als Beauftragte der Netzbetreiber (§ 8 (2) UWG -> Unternehmerhaftung), die ihnen die benötigten Netzdienstleistungen als Vorprodukt zur Verfügung stellen.

BGH, I ZB 81/09 – Yoghurt-Gums: Teilverzicht auf die Marke, Rechtliches Gehör

BGH, Beschluss vom 9. September 2010 – I ZB 81/09 – Yoghurt-Gums

Amtliche Leitsätze:

a) Ein Teilverzicht auf die Marke kann auch im Löschungsverfahren nicht bedingt erklärt werden.

b) Sieht der Markeninhaber in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht von der Erklärung eines Teilverzichts auf die Marke durch eine Beschränkung des Warenverzeichnisses ab, weil das Gericht die Erklärung eines Teilverzichts auch noch nach Schluss der mündlichen Verhandlung als grundsätzlich unbedenklich bezeichnet, ist der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, wenn der rechtliche Hinweis des Gerichts nicht hinreichend klar erkennen lässt, dass es nach Schluss der mündlichen Verhandlung lediglich einen Teilverzicht berücksichtigen will,  der sich auf eine bloße Streichung einzelner Begriffe des Waren- oder Dienstleistungsverzeichnisses beschränkt.

BGH, X ZB 43/08 – Schweißheizung: Widerrechtliche Entnahme

BGH, Beschluss vom 22. Februar 2011 – X ZB 43/08 – Schweißheizung

Amtliche Leitsätze:

PatG § 21 Abs. 1 Nr. 3

Das Patent ist wegen widerrechtlicher Entnahme auch dann zu widerrufen, wenn sein Gegenstand nicht patentfähig ist.

PatG § 46 Abs. 1, 2; § 59 Abs. 4

a) Unter Beteiligten i.S.v. § 46 Abs. 1 PatG sind die jeweiligen Verfahrensbeteiligten zu verstehen (Anmelder, Patentinhaber, Einsprechende).

b) Hören die Prüfungsstelle im Erteilungs- oder die Patentabteilung im Einspruchsverfahren Verfahrensbeteiligte formlos an, ist dies in der Niederschrift über den Gang der Verhandlung zu vermerken. Eine inhaltliche Protokollierung kann auch bei einer solchen formlosen Anhörung bei umfangreicheren tatsächlichen Angaben, die für die Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erheblich sind, angezeigt sein.

c) Ein nicht am Einspruchsverfahren Beteiligter (hier: ein  Miterfinder) ist als Zeuge zu vernehmen. Seine Aussage ist zu protokollieren