Das OLG Düsseldorf hat in einer Entscheidung zum Urheberrecht (I-20 W 32/10) nunmehr erkannt, dass der Antrag auf Erlass einer Besichtigungsverfügung nicht deswegen zurückgewiesen werden kann, weil der Antragsteller mit Stellung des Antrags zugewartet hat. Das OLG Düsseldorf weicht damit von der entgegenstehenden Ansicht des OLG Köln (6 W 3/09) ab.
Das OLG Düsseldorf begründet seine Auffassung damit, dass eine Prüfung, ob ein Verfügungsgrund vorliegt, aufgrund einer Abwägung im Einzelfall zu erfolgen habe. Wann ein Verfügungsgrund vorliegt, sei verfahrensbezogen zu prüfen. Das OLG Düsseldorf führt sehr überzeugend aus, warum die für die Unterlassungsverfügung geübte Praxis, dass mit längerem Zuwarten mit der Rechtsverfolgung der Antragsteller zum Ausdruck bringt, ihm selbst sei die Sache nicht dringlich, weswegen für ihn dann auch der Verfügungsgrund verneint wird, nicht für das Beweissicherungsverfahren gilt.
Der Gesichtspunkt der Dringlichkeit treffe vielmehr nur dann zu, wenn das besondere Interesse an der Verfahrensart des einstweiligen Verfügungsverfahrens gerade in dem schnellen Erlangen eines Titels liegt.
Hingegen sei das besondere Interesse, das den Erlass einer Verfügung rechtfertigt, im Fall einer Beweissicherungsmaßnahme (hier: § 101 Abs. 3 UrhG)– anders als bei der Unterlassungsverfügung -, den Antragsgegner nicht durch eine Beteiligung am Verfahren in die Lage zu versetzen, die zu sichernden Beweismittel zu vernichten. Es bedürfe des Verfügungsverfahrens zur Beweissicherung, weil nur dieses Verfahren die Anordnung von Maßnahmen ohne Beteiligung des Gegners ermöglicht. Anders als im Falle etwa der Unterlassungsverfügung könne der Antragsteller hier im Fall fehlender Eilbedürftigkeit nicht auf den Klageweg verwiesen werden. Denn würde der Besichtigungsschuldner vorgewarnt, bestünde die Gefahr, dass der Antragsteller seinen Anspruch gar nicht mehr durchsetzen kann. Die Verneinung des Vorliegens des Verfügungsgrundes wegen längeren Zuwartens würde damit zur endgültigen Verweigerung des Besichtigungsanspruchs führen.
Aus diesen Erwägungen folgert das OLG Düsseldorf, dass unabhängig von einer zeitlichen Komponente bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 101a Abs. 3 UrhG auch ein Verfügungsgrund gegeben ist, es sei denn, eine Beseitigung von Beweismitteln sei ausnahmsweise ausgeschlossen.
Wenngleich in dem Verfahren vor dem OLG Düsseldorf eine Urheberrechtssache im Streit stand, dürften diese Überlegungen des OLG Düsseldorf auch für Beweissicherungsverfahren im Gebiet des Patentrechts zutreffen und für künftige Beweissicherungsverfahren zur Vorbereitung von Patentverletzungsklagen wichtig werden.