BGH, I ZR 20/10 – Schaumstoff Lübke: zum firmenmäßigen Gebrauch eines Zeichens und zur gerichtlichen Hinweispflicht

Leitsätze des Urteils BGH, Urteil vom 12. Mai 2011 – I ZR 20/10 – Schaumstoff Lübke:

a) Ein rein firmenmäßiger Gebrauch eines Zeichens ist keine rechtsverletzende Benutzung im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

b) Ist dem Klagevorbringen zu entnehmen, dass der Kläger das auf ein Markenrecht gestützte Klagebegehren entgegen der Fassung des Klageantrags nicht auf einen rein firmenmäßigen Gebrauch des angegriffenen Zeichens beschränken, sondern sich (auch) gegen eine Verwendung des angegriffenen Zeichens für Waren oder Dienstleistungen wenden will, muss das Gericht nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO auf einen sachdienlichen Antrag hinwirken.

c) Das Erfordernis, einen Hinweis nach § 139 ZPO aktenkundig zu machen, ihn insbesondere wenn er erst in der mündlichen Verhandlung erteilt wird zu protokollieren, hat auch die Funktion, dass der Hinweis in einer Form erteilt wird, die der betroffenen Partei die Notwendigkeit einer prozessualen Reaktion und sei es nur in der Form eines Antrags nach § 139 Abs. 5 ZPO deutlich vor Augen führt.

d) Mit der Revision oder Anschlussrevision kann eine gemischte Kostenentscheidung des Berufungsgerichts nach § 91a ZPO nicht mit der Begründung angefochten werden, das Berufungsgericht habe die Kostenregelung eines zwischen den Parteien abgeschlossenen Vergleichs verkannt.

EPA, T 0923/08 vom 2.8.2011: Verfahren zum Erfassen von Messwerten am menschlichen oder tierischen Körper

Leitsätze der Beschwerdekammer-Entscheidung T 0923/08 vom 2.8.2011:
Setzt ein Verfahren, das zum Erfassen von Messwerten am menschlichen oder tierischen Körper vorgesehen ist, zwingend einen chirurgischen Schritt zur Befestigung eines für die Verfahrensdurchführung unverzichtbaren Messelements am menschlichen oder tierischen Körper voraus, ist dieser Schritt als wesentliches Merkmal des Verfahrens anzusehen, das von einem solchen Verfahren umfasst wird, selbst wenn im Anspruch kein Verfahrens merkmal ausdrücklich auf diesen Schritt gerichtet ist. Ein solches Verfahren ist gemäß Artikel 53 (c) EPU von der Patentierbarkeit ausgenommen.
Das Ausklammern eines solchen chirurgischen Schritts, sei es durch eine Formulierung, wonach das chirurgisch befestigte Messelement bereits vor dem Beginn des Verfahrens am Körper angebracht war oder durch einen Disclaimer verletzt Artikel 84 EPU (1973), weil ein solcher Verfahrensanspruch dann nicht alle wesentlichen Merkmale der beanspruchten Erfindung enthält.

BGH, I ZR 216/10: Erbe des Architekten ./. Stuttgart 21

Aus der Pressemitteilung Nr. 186/2011 des Bundesgerichtshof:

Der für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im Rechtsstreit zwischen einem Erben des Architekten des Stuttgarter Hauptbahnhofs und der Deutschen Bahn AG die Nichtzulassungsbeschwerde des klagenden Erben zurückgewiesen. Mit seiner Beschwerde wollte der Kläger erreichen, dass der Bundesgerichtshof die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 6. Oktober 2010 zulässt und über den Fall verhandelt.

Der Stuttgarter Hauptbahnhof ist nach einem Entwurf von Prof. Dipl.-Ing. Paul Bonatz aus dem Jahre 1911 gestaltet worden. Diese Gestaltung ist urheberrechtlich geschützt [§ 2 (1) Nr. 4 UrhG -> Werke der Baukunst]. Urheberrechtsschutz besteht, nachdem der Architekt im Jahre 1956 verstorben ist, noch bis Ende des Jahres 2026. Die im Rahmen des Infrastrukturprojekts „Stuttgart 21“ vorgelegte Planung der Deutschen Bahn AG sieht den Abriss der Seitenflügel und der Treppenanlage in der großen Schalterhalle vor. Einer dieser Seitenflügel ist bereits im Jahre 2010 abgerissen worden. Der Kläger sieht durch diesen, teilweise bereits vollzogenen Teilabriss des Bahnhofsgebäudes die Urheberpersönlichkeitsrechte von Paul Bonatz beeinträchtigt. Mit der Klage will er den Wiederaufbau des Nordwest-Flügels erreichen sowie den Abriss des Südost-Flügels und der Treppenanlage verhindern. Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht Stuttgart haben die Klage abgewiesen. Die Revision war vom Oberlandeslandesgericht nicht zugelassen worden.

Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung des Oberlandesgerichts bestätigt und entschieden, dass Gründe für eine Zulassung der Revision nicht vorliegen. Nach § 543 Abs. 2 ZPO ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist. Diese Voraussetzungen waren vorliegend nicht erfüllt. Die maßgeblichen Rechtsfragen, die sich in dem Verfahren gestellt haben, hat der Bundesgerichtshof bereits in früheren Entscheidungen geklärt. Das Urteil des Oberlandesgerichts ließ auch keine Rechtsfehler erkennen, die eine Zulassung der Revision erfordert hätten.

Aus der Entscheidungsbegründung BGH, Beschluss v. 9. November 2011 – I ZR 216/10:

Die von der Beschwerde als grundsätzlich erachtete Rechtsfrage, ob im Rahmen der gebotenen Abwägung der betroffenen Interessen des Urhebers einerseits und des Eigentümers andererseits den urheberpersönlichkeitsrechtlichen Interessen des Urhebers nach seinem Tode ein geringeres Gewicht als zu seinen Lebzeiten beigemessen werden kann, ist bereits geklärt. Der Senat hat entschieden, dass die Urheberinteressen Jahre oder Jahrzehnte nach dem Tod des Urhebers nicht notwendig dasselbe Gewicht haben wie zu seinen Lebzeiten (Urteil vom 13. Oktober 1988 – I ZR 15/87, GRUR 1989, 106, 107 – Oberam-mergauer Passionsfestspiele II). Daran hat der Senat in seiner jüngeren Recht-sprechung festgehalten (Urteil vom 19. März 2008 – I ZR 166/05, GRUR 2008, 984 Rn. 29 = WRP 2008, 1440 – St. Gottfried).

Ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung hat die Frage, ob im Rahmen der Interessenabwägung solche Planungsalternativen zu berücksichtigen sind, die für den Urheber weniger einschneidende Folgen haben. Auch diese Frage ist bereits geklärt. Der Senat hat wiederholt entschieden, dass der Eigentümer eines urheberrechtlich geschützten Bauwerks, der sich zu Änderungen genötigt sieht, zwar grundsätzlich eine den betroffenen Urheber in seinen persönlichkeitsrechtlichen Interessen möglichst wenig berührende Lösung suchen muss. Hat er sich jedoch für eine bestimmte Planung entschieden, so geht es im Rahmen der Interessenabwägung nur noch darum, ob dem betroffenen Urheber die geplanten Änderungen des von ihm geschaffenen Bauwerks zuzumuten sind. Ob daneben noch andere, den Urheber gegebenenfalls weniger beeinträchtigende Lösungen denkbar sind, ist hierfür nicht von entscheidender Bedeutung (BGH, Urteil vom 31. Mai 1974 – I ZR 10/73, BGHZ 62, 331, 338 f. Schulerweiterung; GRUR 2008, 984 Rn. 39 – St. Gottfried).

Auch die von der Nichtzulassungsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Eigentümer im Rahmen der Interessenabwägung öffentliche Belange für sich reklamieren kann, hat keine grundsätzliche Bedeutung. Sie ist nicht klärungsbedürftig. Nach der Rechtsprechung des Senats ist bei einem Werk der Baukunst im Rahmen der Interessenabwägung insbesondere der Gebrauchszweck des Bauwerks zu berücksichtigen. Der Urheber eines Bauwerks weiß, dass der Eigentümer das Bauwerk für
einen bestimmten Zweck verwenden möchte. Er muss daher damit rechnen, dass sich aus wechselnden Bedürfnissen des Eigentümers ein Bedarf nach Veränderung des Bauwerkes ergeben kann (BGHZ 62, 331, 335 – Schulerweiterung; BGH, GRUR 2008, 984 Rn. 38 – St. Gottfried). Danach sind öffentliche Interessen an der Veränderung eines öffentlichen Zwecken dienenden Bauwerks in die Interessenabwägung einzubeziehen, wenn diese öffentlichen Interessen zugleich eigene Interessen des Eigentümers sind.

§ 2 (1) Nr. 4 UrhG -> Werke der Baukunst

Fusion von patentweblog.de und ipweblog.de

Der von Patentanwalt Dr. Meyer-Wildhagen betriebene patentweblog und der von Patentanwalt Dr. Meggle-Freund betriebene ipweblog fusionieren und sind in Zukunft gemeinsam unter ipweblog.de im Netz zu finden. Der von ipweblog.de bekannte Leitsatz-Ticker mit Verweisen auf einschlägige Seiten aus ipwiki.de findet sich in Zukunft in der Rubrik Leitsätze. Es publizieren auf ipweblog.de nun die Autoren Dr. Martin Meggle-Freund, Dr. Florian Meyer und Dr. Frank Meyer-Wildhagen. Die Autoren freuen sich über Kommentare und Anregungen. Die Mitwirkung steht weiterhin allen engagierten Kollegen offen.

BGH, X ZB 11/10: Fehlerhafte Übersetzung der Patentantmeldung

BGH, Beschluss v. 18. Juli 2011 – X ZB 11/10

Für die Zuerkennung des Anmeldetags ist erforderlich, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 2 Satz 1 PatG vorliegen, sowie dass innerhalb der Frist von drei Monaten eine § 14 PatV entsprechende Übersetzung vorliegt, die denselben Anforderungen genügt, mag sie auch ansonsten unvollständig oder fehlerhaft sein.

BGH, I ZR 211/08 – Schreibgeräte

BGH, Urteil vom 24. März 2011 – I ZR 211/08 – Schreibgeräte

a) Verfolgt der Kläger in getrennten Klagen vor den Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten territorial begrenzten Rechtsschutz aus unterschiedlichen Geschmacksmustern, liegt nicht derselbe Anspruch im Sinne von Art. 27 BrüsselIVO vor.

b) Lässt die graphische Darstellung eines Musters nicht erkennen, ob es einoder zweiteilig ausgestaltet ist, kann dies zur Folge haben, dass einerseits weitergehende Entgegenhaltungen aus dem vorbekannten Formenschatz möglich sind, dass andererseits aber auch ein größerer Schutzumfang des Musters besteht.

c) Ist die graphische Darstellung eines Musters in Schwarz-Weiß gehalten, ist bei der Verletzungsprüfung die angegriffene Form grundsätzlich von der farblichen Gestaltung zu abstrahieren, wenn nicht bei der angegriffenen Ausführungsform Kontrastfarben verwendet werden, die zu einem von einer einheitlichen Farbgebung abweichenden Gesamteindruck füh-ren.

d) Besteht Geschmacksmusterschutz für die Erscheinungsform eines Teils eines Erzeugnisses, ist bei der Prüfung des Gesamteindrucks der Verletzungsform der entsprechende Teil zugrunde zu legen.

BGH,X ZR 75/08 – Reifenabdichtmittel

BGH, Urteil vom 12. Juli 2011 – X ZR 75/08 – Reifenabdichtmittel

Ist den ursprünglichen Unterlagen der Patentanmeldung zu entnehmen, dass ein Erzeugnis bestimmte Bestandteile „enthalten“ soll, ist damit nicht ohne weiteres auch als zur Erfindung gehörend offenbart, dass ihm keine weiteren Bestandteile hinzugefügt werden dürfen. Für die Offenbarung, dass es zur Erfindung gehört, dass das Erzeugnis ausschließlich aus den genannten Bestandteilen „besteht“, bedarf es vielmehr in der Regel darüber hinausgehender Anhaltspunkte in den ursprünglichen Unterlagen, wie etwa des Hinweises, dass das ausschließliche Bestehen des Erzeugnisses aus den genannten Bestandteilen besondere Vorteile hat oder sonst erwünscht ist.

BGH, I ZR 150/09 – Basler Haarkosmetik: Zur Störerhaftung des Admin-C

 

Aus der Pressemitteilung Nr. 180/2011 des Bundesgerichtshof vom 10. November 2011 – I ZR 150/09 – Basler Haarkosmetik:

Ein Anspruch gegenüber dem Admin-C kann sich aus dem Gesichtspunkt der Störerhaftung ergeben. Die dafür erforderliche Verletzung zumutbarer Prüfungspflichten ergibt sich allerdings noch nicht aus der Stellung des Beklagten als Admin-C an sich. Denn dessen Funktions- und Aufgabenbereich bestimmt sich allein nach dem zwischen der DENIC und dem Domaininhaber abgeschlossenen Domainvertrag, wonach sich der Aufgabenbereich des Admin-C auf die Erleichterung der administrativen Durchführung des Domainvertrages beschränkt. Unter bestimmten Umständen kann den Admin-C aber – so der Bundesgerichtshof – eine besondere Prüfungspflicht hinsichtlich des Domainnamens treffen, dessen Registrierung er durch seine Bereitschaft, als Admin-C zu wirken, ermöglicht. Im Streitfall hatte sich der Beklagte gegenüber der in Großbritannien ansässigen Inhaberin des Domainnamens generell bereit erklärt, für alle von ihr registrierten Domainnamen als Admin-C zur Verfügung zu stehen. Ferner hatte die Klägerin vorgetragen, dass die britische Gesellschaft in einem automatisierten Verfahren freiwerdende Domainnamen ermittelt und automatisch registrieren lässt, so dass auf der Ebene des Anmelders und Inhabers des Domainnamens keinerlei Prüfung stattfindet, ob die angemeldeten Domainnamen Rechte Dritter verletzen könnten. Bei dieser Verfahrensweise besteht im Hinblick darauf, dass auch bei der DENIC eine solche Prüfung nicht stattfindet, eine erhöhte Gefahr, dass für den Domaininhaber rechtsverletzende Domainnamen registriert werden. Unter diesen Voraussetzungen hat der Bundesgerichtshof eine Pflicht des Admin-C bejaht, von sich aus zu überprüfen, ob die automatisiert registrierten Domainnamen Rechte Dritter verletzen.

 

Rechtserhaltende Benutzung – § 26 Abs. 3 S. 2 MarkenG vs. EuGH Bainbridge

Der Bundesgerichtshof hat im Verfahren I ZR 84/09 dem EuGH mehrere Vorlagefragen vorgelegt, die die rechtserhaltende Benutzung betreffen.

Im Kern geht es um die Frage, ob eine Benutzungsform eines Zeichens (z.B. einer Wortmarke in einer bestimmten Gestaltung) für mehrere eingetragene Marken rechtserhaltend sein kann.

§ 26 Abs. 3 S. 2 MarkenG ist insoweit eigentlich unmissverständlich: Eine eingetragene Marke kann durch Benutzung in einer abgewandelten Form, die den kennzeichnenden Charakter nicht verändert, rechtserhaltend benutzt werden, selbst wenn die abgewandelte Form ebenfalls als Marke eingetragen ist. Mit § 26 Marken wird Art. 10 der MarkenRL umgesetzt. Die Regelung des § 26 Abs. 3 S. 2 MarkenG, die keine Entsprechung in der MarkenRL hat, war vom Gesetzgeber wohl als Klarstellung intendiert: Ein Markeninhaber sollte Abwandlungen (z.B. Modernisierung eines Schriftbilds einer Wort-Bild-Marke) einer eingetragenen Marke ebenfalls registrieren können und die Marke in der abgewandelten Form benutzen dürfen, ohne Gefahr zu laufen, dadurch seine alte und deshalb wertvolle Marke wegen Nichtbenutzung zu verlieren.

Die Richtlinienkonformität des § 26 Abs. 3 S. 2 MarkenG wurde über lange Zeit weder in der Literatur noch in der Rechtsprechung angezweifelt. Eine ausführliche Darstellung gibt Rdnr. 37 des PROTI-Beschlusses.

Kompliziert wurde die Lage durch die Bainbridge-Entscheidung des EuGH (Urteil v. 13. September 2007 C-234/06). Teilweise wurde aus dieser Entscheidung abgeleitet, dass § 26 Abs. 3 S. 2 MarkenG nicht richtlinienkonform sei und deswegen unangewendet zu bleiben habe (OLG Köln, GRUR 2009, 958). Andere Obergerichte konnten keinen Widerspruch zwischen der Bainbridge-Rechtsprechung und § 26 Abs. 3 S. 2 MarkenG erkennen (OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2011, 134). Eine detaillierte Darstellung wird unter Rdnr. 21 des Proti-Beschlusses gegeben. Das Spannungsverhältnis zwischen der Bainbridge-Entscheidung und § 26 Abs. 3 S. 2 MarkenG, das sich in der unterschiedlichen Auffassung der Berufungsgerichte widerspiegelt, hat den BGH zu dem sehr ausführlichen und differenzierten Vorlagebeschluss veranlasst. Wenig Zweifel besteht daran, dass der BGH eine Auslegung der MarkenRL, nach der § 26 Abs. 3 S. 2 MarkenG nicht richtlinienkonform ist, aus zeichenrechtlichen Überlegungen für wenig befriedigend halten würde.

Der Fall hat auch noch eine sehr interessante europarechtliche Komponente, die ebenfalls Gegenstand einer Vorlagefrage ist: Ist das Vertrauen des Markeninhabers in § 26 Abs. 3 S. 2 MarkenG schützenswert, auch wenn sich dieser als nicht unionsrechtskonform erweisen würde? Die Brisanz dieser Frage ergibt sich vorliegend auch daraus, dass die Unionsrechtskonformität von § 26 Abs. 3 S. 2 MarkenG bis zur Bainbridge-Entscheidung des EuGH nicht in Frage gestellt wurde. Entsprechend führt der BGH im PROTI-Beschluss aus (Rdnr. 37): „Das Vertrauen auf die Gültigkeit des § 26 Abs. 3 Satz 2 MarkenG für eingetragene Marken hält der Senat gegenüber einer richtlinienkonformen Auslegung gem. Art. 10 Abs. 2 Buchst. a MarkenRL, falls die Bestimmung des § 26 Abs. 3 Satz 2 MarkenG mit der Richtlinie nicht in Einklang steht, für so gewichtig, dass er die Bestimmung ihrem Wortlaut gemäß jedenfalls auf vor der Veröffentlichung der ‚BAINBRIDGE‘-Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union liegende Sachverhalte weiter anwenden möchte.“

Mehr Interaktion im Kapitel II-Verfahren PCT

Nach einer Mitteilung des EPA vom 31. August 2011 wird das EPA als mit der internationalen vorläufigen Prüfung beauftragte Behörde (IPEA) künftig regelmäßig wenigstens einen Bescheid im Kapitel II-Verfahren PCT erlassen, falls andernfalls ein negativer IPRP (Kapitel II) ergehen würde. Der Anmelder hat neben der Einreichung neuer Ansprüche und einer Erwiderung auf den woISA bei Stellung des Kapitel II-Antrags regelmäßig wenigstens eine weitere Möglichkeit, die Ansprüche zu ändern.

Diese Änderung der Praxis des EPA ist begrüßenswert. Nach der bisherigen Vorgehensweise des EPA als IPEA, bei der Prüfer – oft basierend auf neuem Stand der Technik – neue Einwände gegen die nach Art. 34 PCT eingereichte Ansprüche erhoben, waren die Interaktions- und Reaktionsmöglichkeiten in der Praxis doch recht beschränkt. Manche Anmelder sahen sich – ganz verständlich – veranlasst, die mit dem Kapitel II-Verfahren verbundenen, erheblichen Kosten auf den Prüfstand zu stellen. Mit der neuen Praxis könnte das Kapitel II-Verfahren vor dem EPA wieder etwas an Attraktivität gewinnen. Dies wird jedoch nur geschehen, wenn eine sachgerechte internationale vorläufige Prüfung durchgeführt wird, die auf einer guten Recherche und auf technischem Sachverstand basiert und die die technische Lehre, nicht etwa in den EPA-Prüfungsrichtlinien aufgestellte Formerfordernisse zum Schwerpunkt der Prüfung macht.