BGH, Xa ZR 2/08 – MP3-Player-Import: Zur Mittäterschaft und Störerhaftung im Patentrecht

BGH, Urteil vom 17. September 2009 – Xa ZR 2/08 – MP3-Player-Import

Amtliche Leitsätze:

a) Den Spediteur, der auf Vernichtung angeblich patentverletzender Ware in Anspruch genommen wird, trifft keine prozessuale Obliegenheit zur Beschaffung der für ein qualifiziertes Bestreiten erforderlichen Informationen über die nähere Beschaffenheit der Ware; er kann daher die Übereinstimmung mit der erfindungsgemäßen Lehre grundsätzlich mit Nichtwissen bestreiten.

b) Schuldner des Unterlassungs- und des Vernichtungsanspruchs ist nicht nur, wer in eigener Person einen der Benutzungstatbestände des § 9 PatG verwirklicht oder vorsätzlich die Verwirklichung des Benutzungstatbestands durch einen Dritten ermöglicht oder fördert. Verletzer und damit Schuldner ist vielmehr auch, wer die Verwirklichung des Benutzungstatbestands durch den Dritten ermöglicht oder fördert, obwohl er sich mit zumutbarem Aufwand die Kenntnis verschaffen kann, dass die von ihm unterstützte Handlung das absolute Recht des Patentinhabers verletzt.

c) Den Spediteur trifft keine generelle Prüfungspflicht im Hinblick auf Schutzrechtsverletzungen durch die transportierte Ware (Bestätigung von BGH, Urt. v. 15.1.1957 – I ZR 56/55, GRUR 1957, 352, 354 – Taeschner/Pertussin II).

d) Eine Pflicht zur Einholung von Erkundigungen und gegebenenfalls zur eigenen Prüfung der Ware kann jedoch für den Spediteur entstehen, wenn ihm konkrete Anhaltspunkte für eine Schutzrechtsverletzung vorliegen.

siehe auch: Mittäterschaft, Störerhaftung, Prüfungspflichten des Spediteurs oder Frachtführers (ipwiki.de)

BGH, I ZB 94/06 – Kinder III: Verkehrsdurchsetzung eines hochgradig beschreibenden Zeichens

BGH, Beschluss vom 2. April 2009 – I ZB 94/06 – Kinder III

Amtliche Leitsätze:

Ein in der Art einer Dach- oder Zweitmarke verwandtes Zeichen kann auch als Teil einer komplexen Kennzeichnung oder in der Verwendung mit anderen Marken eine gewisse Selbständigkeit aufweisen und die Voraussetzungen der Verkehrsdurchsetzung i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG erfüllen.

Für die Verkehrsdurchsetzung eines graphisch und farblich gestalteten Wort-/Bildzeichens nach § 8 Abs. 3 MarkenG kann ein gegenüber dem reinen Wortzeichen geringerer Durchsetzungsgrund ausreichen.

siehe auch: Verkehrsdurchsetzungsgrad (ipwiki.de)

BGH, I ZR 5/07 – Seeing is Believing: GEMA unterliegt keinem unbeschränkten Abschlusszwang

BGH, Urteil vom 22. April 2009 – I ZR 5/07 – Seeing is Believing
Bundesgerichtshof Mitteilung der Pressestelle Nr. 88/2009

Amtliche Leitsätze:

Die Pflicht der Verwertungsgesellschaft, aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte jedermann auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einzuräumen, besteht ausnahmsweise dann nicht, wenn im Einzelfall eine missbräuchliche Ausnutzung der faktischen Monopolstellung der Verwertungsgesellschaft ausscheidet und diese dem Verlangen auf Einräumung von Nutzungsrechten vorrangige berechtigte Interessen entgegenhalten kann.

Die Beurteilung, ob eine sachlich gerechtfertigte Ausnahme vom Abschlusszwang nach § 11 Abs. 1 UrhWG gegeben ist, erfordert eine Abwägung der Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der Zielsetzung des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes sowie des Zweckes der grundsätzlichen Abschlusspflicht der Verwertungsgesellschaft.

Die Verwertungsgesellschaft darf die Einräumung von Nutzungsrechten danach dann verweigern, wenn der Interessent an der von ihm beabsichtigten Ausübung der begehrten Nutzungsrechte aus Rechtsgründen gehindert ist, weil es dazu der Einräumung weiterer Nutzungsrechte bedarf, die er nicht erlangen kann.

OLG Düsseldorf, I-2 U 48/07: zur Sachdienlichkeit einer Klageerweiterung im Patentverletzungsverfahren

OLG Düsseldorf, Teilurteil v. 03.09.2009 – I-2 U 48/07

Aus der Urteilsbegründung:

Die Sachdienlichkeit einer Klageerweiterung (§ 533 Nr. 1 ZPO) setzt zunächst voraus, dass durch die Mitbehandlung der Klageerweiterung im anhängigen Verfahren ein ansonsten drohender neuer Rechtsstreit zwischen den Parteien vermieden wird.

Für die Anerkennung der Sachdienlichkeit bedarf es darüber hinaus der Feststellung, dass für die Beurteilung der erweiterten Klage der bisherige Streitstoff verwendet werden kann.

In Patentverletzungsstreitigkeiten fehlt es hieran in aller Regel, wenn der Verletzungsgegenstand zwar derselbe ist, die von Anfang an angegriffene Ausführungsform jedoch aus einem weiteren Patent oder Gebrauchsmuster bekämpft wird, ohne dass der Schutzrechtsinhaber hierzu nach § 145 PatG gezwungen ist.

BGH, I ZR 176/06 – Auskunft der IHK

BGH, Urteil vom 22. April 2009 – I ZR 176/06 – Auskunft der IHK

Amtlicher Leitsatz:

Ein Hoheitsträger, der einerseits Prüfungen abnimmt und andererseits auf erwerbswirtschaftlicher Grundlage Lehrgänge zu deren Vorbereitung anbietet, handelt unter dem Gesichtspunkt der missbräuchlichen Ausnutzung einer amtlichen Stellung wettbewerbswidrig, wenn er gegenüber einem Prüfungsbewerber, den er über sein eigenes Leistungsangebot informiert und der sich daraufhin nach Konkurrenzangeboten erkundigt, erklärt, er wisse von keinen weiteren Angeboten, obwohl ihn der private Wettbewerber über sein Angebot informiert hat. Auf die Unwissenheit des jeweiligen Mitarbeiters kann sich der Hoheitsträger nicht stützen.

Aus der Urteilsbegründung:

Die Ableitung von Ansprüchen aus der wettbewerbsrechtlichen Generalklausel wegen noch unter der Geltung des UWG 2004 vorgenommener Wettbewerbshandlungen setzt mindestens voraus, dass die betreffende Verhaltensweise von ihrem Unlauterkeitsgehalt her den in den §§ 4 bis 7 UWG 2004 aufgeführten Beispiels- bzw. Anwendungsfällen unlauteren Verhaltens entspricht und zudem den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel zuwiderläuft.

Ein Rückgriff auf die Generalklausel ist insbesondere in Fällen geboten, in denen die Tatbestände der §§ 4 bis 7 UWG zwar bestimmte Gesichtspunkte der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung erfassen, aber keine umfassende Bewertung der Interessen der durch das Wettbewerbsverhältnis betroffenen Marktteilnehmer ermöglichen.

BGH, I ZR 144/06 – Knoblauchwürste: zur Herkunftstäuschung im weiteren Sinne, Kein Schutz für eine gestalterische Grundidee

BGH, Urteil vom 2. April 2009 – I ZR 144/06 – Knoblauchwürste

Amtlicher Leitsatz:

Im Rahmen des lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutzes spricht eine unterschiedliche Herstellerangabe in der Regel gegen eine Herkunftstäuschung im weiteren Sinne. Dagegen räumt eine Handelsmarke auf dem nachgeahmten Produkt die Gefahr der Herkunftstäuschung nicht notwendig aus; dies setzt indessen voraus, dass der Verkehr die Handelsmarke als solche erkennt.

Aus der Urteilsbegründung:

Allerdings kann eine gestalterische Grundidee, die keinem Sonderschutz zugänglich wäre, nicht im Wege des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes für einen Wettbewerber monopolisiert werden. Wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz kommt vielmehr allein für die konkrete Umsetzung der gestalterischen Grundidee in Betracht.

siehe auch: Motivschutz im Markenrecht (ipwiki.de)