BGH, X ZB 11/13 – Prüfungsgebühr

BGH, Beschluss vom 6. Mai 2014 – X ZB 11/13 – Prüfungsgebühr

Hat der Anmelder Prüfungsantrag gestellt und die Prüfungsgebühr bezahlt, begründet es keinen Anspruch auf Rückzahlung der Gebühr, wenn die Anmeldung später zurückgenommen wird oder als zurückgenommen gilt; dies gilt auch dann, wenn die Prüfung der Anmeldung noch nicht aufgenommen worden ist.

BGH, X ZR 25/13 – Sitzgelenk

BGH, Beschluss vom 13. Mai 2014 – X ZR 25/13 – Sitzgelenk

Amtliche Leitsätze:

a) Eine Patentnichtigkeitsklage kann auch in der Berufungsinstanz ohne Einwilligung des Beklagten zurückgenommen werden (Bestätigung von BGH, Be-schluss vom 22. Juni 1993 – X ZR 25/86, GRUR 1993, 895 – Hartschaumplatten).

b) Eine Klagerücknahme durch die Hauptpartei bedarf auch dann nicht der Zustimmung eines auf Seiten des Klägers am Rechtsstreit beteiligten Streithelfers, wenn dieser gemäß § 69 ZPO als Streitgenosse anzusehen ist (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 22. Dezember 1965, 297 f. – Nebenintervention).

BGH, X ZR 77/12 – Proteintrennung

BGH, Urteil vom 18. März 2014 – X ZR 77/12 – Proteintrennung

Amtliche Leitsätze:

PatG § 81

Eine Patentnichtigkeitsklage ist nicht schon deshalb als rechtsmissbräuchlich anzusehen, weil sich der Nichtigkeitskläger einer früheren, von einer zusammen mit ihm wegen Verletzung des Streitpatents in Anspruch genommenen Partei erhobenen Klage nicht als Streitgenosse oder Streithelfer angeschlossen, sondern zunächst den Ausgang dieses Verfahrens abgewartet hat.

EPÜ Art. 54; PatG § 3

a) Durch eine Vorveröffentlichung offenbart kann auch dasjenige sein, was im Patentanspruch und in der Beschreibung nicht ausdrücklich erwähnt, aus der Sicht des Fachmanns jedoch für die Ausführung der unter Schutz gestellten Lehre selbstverständlich ist und deshalb keiner besonderen Offenbarung bedarf, sondern „mitgelesen“ wird. Die Einbeziehung von Selbstverständlichem erlaubt jedoch keine Ergänzung der Offenbarung durch das Fachwissen, sondern dient lediglich der vollständigen Ermittlung des Sinngehalts, d.h. derjenigen technischen Information, die der fachkundige Leser der Quelle vor dem Hintergrund seines Fachwissens entnimmt (Bestätigung von BGH, Urteil vom 16. Dezember 2008 X ZR 89/07, BGHZ 179, 168 = GRUR 2009, 382 – Olanzapin).

b) Ergibt sich für den Fachmann aus der Beschreibung eines Verfahrens zur Herstellung eines zum therapeutischen Einsatz geeigneten Proteinkonzent-rats, dass es weiterer Verfahrensschritte bedarf, um die therapeutische Ein-setzbarkeit herbeizuführen, so ist eine Maßnahme, die im Prioritätszeitpunkt das in der Praxis allgemein übliche Mittel war, um dieses Ziel zu erreichen, vom Offenbarungsgehalt der Veröffentlichung umfasst.

BGH, X ZR 31/11 – Reifendemontiermaschine

BGH, Urteil vom 1. April 2014 – X ZR 31/11 – Reifendemontiermaschine

Es ist durch Auslegung des Patentanspruchs unter Heranziehung der Beschreibung und der Zeichnungen zu ermitteln, ob die Kennzeichnung des Gegenstands eines Nebenanspruchs dahin, dass er eine in Übereinstimmung mit den vorangehenden Ansprüchen ausgebildete Vorrichtung umfasst (hier: comprising a device in accordance with claims 1 to 12), die Verwirklichung der Merkmale sämtlicher vorangehender Unteransprüche erfordert.

Aus der Urteilsbegründung:

Entgegen der Annahme des Patentgerichts, das für die von ihm vertretene Ansicht keine Begründung gegeben hat, ist Patentanspruch 13 nicht so zu lesen, dass die dort beanspruchte Reifendemontiermaschine sämtliche Merkmale der erteilten Ansprüche 1 bis 12 aufweisen muss. Die Anspruchsformulierung ist vielmehr dahin auszulegen, dass Patentanspruch 13 eine Maschine mit den Merkmalen eines oder mehrerer der Patentansprüche 1 bis 12 unter Schutz stellt.

Nachveröffentlichter Stand der Technik für das europäische Patent mit einheitlicher Wirkung

Die Problematik, dass eine in nur einem Staat existierende nachveröffentlichte nationale Patentanmeldungen das komplette europäische Patent mit einheitlicher Wirkung zu Fall bringen kann, wurde bereits früher in diesem Blog , in anderen Blogs und Fachzeitschriften (vgl. epi Information 1/2014, S. 30-31) diskutiert.

In einem Artikel von A. Hüttermann in Mitt. 2014, S. 72-73 mit dem Titel „Sind einige Patentinhaber gleicher als andere (?) – Ältere Rechte im kommenden Einheitspatentsystem“ wird die Auffassung vertreten, dass nur nachveröffentlichte Patentanmeldungen aus demjenigen Staat, dessen Recht nach Art. 7 der VO 1257/2012 (im Folgenden: EPeW-VO) anwendbar ist, dem europäischen Patent mit einheitlicher Wirkung entgegenstehen können. Die Argumentation beruht auf der Auffassung, Art. 7 EPeW-VO würde auch definieren, was als „nationale“ Patentanmeldung i.S.v. Art. 139 Abs. 2 EPÜ für ein europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung zu verstehen ist.

Es gibt jedoch gewichtige Gründe dafür, dass nicht nur nachveröffentlichte nationale Patentanmeldungen in dem Staat, dessen Recht nach Art. 7 EPeW-VO auf das europäische Patent als Gegenstand des Vermögens anzuwenden ist, Stand der Technik für das europäische Patent mit einheitlicher Wirkung sind, sondern auch die nachveröffentlichten Anmeldungen aus allen anderen Staaten, für die die einheitliche Wirkung eingetragen wurde:

1. Art. 7 EPeW-VO betrifft nur die Bestimmung des anwendbaren Rechts für das europäische Patent mit einheitlicher Wirkung „als Gegenstand des Vermögens“. Dieser Begriff dürfte ähnlich wie im EPÜ auszulegen sein und somit nur Fragen wie die Übertragung, Lizenzierung oder dingliche Rechte am europäischen Patent mit einheitlicher Wirkung betreffen, nicht jedoch die materiellen Schutzvoraussetzungen.

2. Sowohl die EPeW-VO als auch das Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht (EPGÜ) enthalten keine Vorschriften zu materiellen Schutzvoraussetzungen, da auch ein europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung den entsprechenden Vorschriften des EPÜ unterliegt. Nach Art. 138 i.V.m. Art. 139 Abs. 2 EPÜ sind nachveröffentlichte Anmeldungen jedes Staates, für den das europäische Patent erteilt ist, Stand der Technik.

3. Eine Beschränkung des Stands der Technik derart, dass nur nachveröffentlichte Patentanmeldungen aus dem nach Art. 7 EPeW-VO bestimmten Staat dem europäischen Patent mit einheitlicher Wirkung entgegenstehen können, würde auch dem Normzweck des Art. 139 Abs. 2 EPÜ widersprechen. Art. 139 Abs. 2 EPÜ soll eine Doppelpatentierung verhindern. Wäre beispielsweise nach Art. 7 EPeW-VO auf das europäische Patent mit einheitlicher Wirkung als Gegenstand des Vermögens das Recht Deutschlands anwendbar, könnten gegenstandsgleiche ältere nachveröffentlichte Patente aus jedem anderen Staat (FR, GB, …) nicht zur Nichtigkeit des europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung führen. Gegenstandsgleiche Patente könnten in allen Staaten mit Ausnahme des nach Art. 7 EPeW-VO bestimmten Staates koexistieren, was durch Art. 139 Abs. 2 EPÜ gerade ausgeschlossen werden soll.

Zusammenfassend dürften also entgegen der in Mitt. 2014, S. 72-73 geäußerten Auffassung nationale nachveröffentlichte Patentanmeldungen aller Staaten, für die das europäische Patent mit einheitlicher Wirkung erteilt wurde, Stand der Technik nach Art. 139 Abs. 2 EPÜ sein.

Die Problematik, dass einem europäischen Patent mit einheitlicher Wirkung potenziell sehr umfangreicher nachveröffentlichter Stand der Technik entgegenstehen kann, hat in jüngerer Zeit auch zu Vorschlägen sowohl des Select Committee als auch des EEPC des epi (vgl. epi Information 1/2014, S. 20) geführt. Nach diesen Vorschlägen soll durch nationale Gesetzgebung ermöglicht werden, dass nach einer aufgrund eines kollidierenden älteren Rechts erfolgten Nichtigerklärung des europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung eine Validierung in denjenigen Staaten erfolgen kann, in denen der entsprechende nachveröffentlichte Stand der Technik nicht existiert. Das europäische Patent mit einheitlicher Wirkung würde so nachträglich in ein Bündel zerfallen. Sinnvoller wäre es natürlich gewesen, entsprechende Regelungen gleich in die EPeW-VO aufzunehmen, wie dies in den ersten Verordnungsentwürfen im Ansatz vorgesehen war, oder im EPGÜ zu vereinbaren. Eine derartige nationale Regelung könnte auch im Hinblick auf Art. 4 Abs. 2 EPeW-VO problematisch sein, nach der die beteiligten Staaten sicherstellen müssen, dass die Wirkungen des europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung als nationales Patent nicht eintreten, soweit die einheitliche Wirkung eingetragen wurde.

BGH, X ZR 107/12 – Kommunikationskanal

BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 – X ZR 107/12 – Kommunikationskanal

Amtlicher Leitsatz (zu EPÜ Art. 88):

Die Priorität einer Voranmeldung kann in Anspruch genommen werden, wenn sich die dort anhand eines Ausführungsbeispiels oder in sonstiger Weise beschriebenen technischen Anweisungen für den Fachmann als Ausgestaltung der in der Nachanmeldung umschriebenen allgemeineren technischen Lehre darstellen und diese Lehre in der in der Nachanmeldung offenbarten Allgemeinheit bereits der Voranmeldung als zu der angemeldeten Erfindung gehörend entnehmbar ist.

Aus der Urteilsbegründung:

Bei Anmeldung eines europäischen Patents kann das Prioritätsrecht einer vorangegangenen Anmeldung nach Art. 87 Abs. 1 EPÜ in Anspruch genommen werden, wenn beide dieselbe Erfindung betreffen.

a) Diese Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung des Senats erfüllt, wenn die mit der Nachanmeldung beanspruchte Merkmalskombination in der Voranmeldung in ihrer Gesamtheit als zu der angemeldeten Erfindung gehörend offenbart ist (BGH, Urteil vom 11. September 2001 X ZR 168/98, BGHZ 148, 383, 388 Luftverteiler; Urteil vom 30. Januar 2008 X ZR 107/04, GRUR 2008, 597, 599 Betonstraßenfertiger). Der Gegenstand der beanspruchten Erfindung muss im Prioritätsdokument identisch offenbart sein; es muss sich um dieselbe Erfindung handeln (EPA GBK, Beschluss vom 31. Mai 2001 – G2/98, GRUR Int. 2002, 80; BGH, Urteil vom 14. Oktober 2003 X ZR 4/00, GRUR 2004, 133, 135 Elektronische Funkti-onseinheit). Dabei ist die Offenbarung des Gegenstands der ersten Anmeldung nicht auf die dort formulierten Ansprüche beschränkt, vielmehr ist dieser aus der Gesamt-heit der Anmeldeunterlagen zu ermitteln.

b) Für die Beurteilung der identischen Offenbarung gelten die Prinzipien der Neuheitsprüfung (BGH, GRUR 2004, 133, 135 Elektronische Funktionseinheit). Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist danach erforderlich, dass der Fachmann die im Anspruch bezeichnete technische Lehre den Ursprungsunterlagen „unmittelbar und eindeutig“ (BGH, Urteil vom 11. September 2001 – X ZR 168/98, BGHZ 148, 383, 389 – Luftverteiler; Urteil vom 8. Juli 2010 – Xa ZR 124/07, GRUR 2010, 910, Rn. 62 – Fälschungssicheres Dokument; Urteil vom 14. August 2012 X ZR 3/10, GRUR 2012, 1133 Rn. 31 – UV-unempfindliche Druckplatte) als mögli-che Ausführungsform der Erfindung entnehmen kann (BGH, Beschluss vom 11. September 2001 – X ZB 18/00, GRUR 2002, 49, 51 – Drehmomentübertragungseinrichtung; Urteil vom 18. Februar 2010 – Xa ZR 52/08, GRUR 2010, 599 Rn. 22, 24 Formteil). Zu ermitteln ist mithin, was der Fachmann der Vorveröffentlichung als den Inhalt der gegebenen allgemeinen Lehre entnimmt (BGH, Urteil vom 16. De-zember 2008 – X ZR 89/07, BGHZ 179, 168 Rn. 25 – Olanzapin). Maßgeblich ist da-bei das Verständnis des Fachmanns zum Zeitpunkt der Einreichung der prioritätsbe-anspruchenden Patentanmeldung (BGH, GRUR 2004, 133, 135 – Elektronische Funktionseinheit).

c) Das Erfordernis einer unmittelbaren und eindeutigen Offenbarung muss dabei in einer Weise angewendet werden, die berücksichtigt, dass die Ermittlung dessen, was dem Fachmann als Erfindung und was als Ausführungsbeispiel der Erfindung offenbart wird, wertenden Charakter hat, und eine unangemessene Beschränkung des Anmelders bei der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts der Voranmeldung vermeidet. Insoweit ist zugrunde zu legen, dass das Interesse des Anmelders regelmäßig erkennbar darauf gerichtet ist, möglichst breiten Schutz zu er-langen, also die Erfindung in möglichst allgemeiner Weise vorzustellen und nicht auf aufgezeigte Anwendungsbeispiele zu beschränken. Soweit in der Anmeldung bereits Ansprüche formuliert sind, haben diese vorläufigen Charakter. Erst im Verlauf des sich anschließenden Prüfungsverfahrens ist herauszuarbeiten, was unter Berücksichtigung des Standes der Technik schutzfähig ist und für welche Ansprüche der Anmelder Schutz begehrt. Erst mit der Erteilung des Patents mit bestimmten Ansprü-chen erfolgt eine endgültige Festlegung des Schutzgegenstands.

aa) Dieser Gesichtspunkt liegt der Rechtsprechung des Senats zugrunde, wo-nach bei der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts auch Verallgemeinerungen ursprungsoffenbarter Ausführungsbeispiele zugelassen werden. Danach ist ein „breit“ formulierter Anspruch unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Erweiterung jedenfalls dann unbedenklich, wenn sich ein in der Anmeldung beschriebenes Ausführungsbeispiel der Erfindung für den Fachmann als Ausgestaltung der im Anspruch umschriebenen allgemeineren technischen Lehre darstellt und diese Lehre in der beanspruchten Allgemeinheit für ihn bereits der Anmeldung – sei es in Gestalt eines in der Anmeldung formulierten Anspruchs, sei es nach dem Gesamtzusammenhang der Unterlagen – als zu der angemeldeten Erfindung gehörend entnehmbar ist (BGH, Urteil vom 17. Juli 2012 – X ZR 117/11, BGHZ 194, 107 Rn. 52 – Polymerschaum). Solche Verallgemeinerungen sind vornehmlich dann zugelassen worden, wenn von mehreren Merkmalen eines Ausführungsbeispiels, die zusammengenommen, aber auch für sich betrachtet dem erfindungsgemäßen Erfolg förderlich sind, nur eines oder nur einzelne in den Anspruch aufgenommen worden sind (ständige Rechtsprechung seit BGH, Beschluss vom 23. Januar 1990 – X ZB 9/89, BGHZ 110, 123, 126 Spleißkammer; aus jüngerer Zeit BGHZ 194, 107 Rn. 52 – Polymerschaum; BGH, GRUR 2012, 1133 Rn. 31 f. – UV-unempfindliche Druckplatte).

bb) Nach vergleichbaren Maßgaben ist die Prüfung vorzunehmen, ob der Gegenstand der Erfindung im Prioritätsdokument identisch offenbart ist. Die Priorität einer Voranmeldung kann in Anspruch genommen werden, wenn sich die dort an-hand eines Ausführungsbeispiels oder in sonstiger Weise beschriebenen Anweisungen für den Fachmann als Ausgestaltung der in der Nachanmeldung umschriebenen allgemeineren technischen Lehre darstellen und diese Lehre in der in der Nachanmeldung offenbarten Allgemeinheit bereits der Voranmeldung als zu der angemeldeten Erfindung gehörend entnehmbar ist.

BGH, X ZB 18/12 – „Fond Memories“

BGH, Beschluss vom 13. Januar 2014 – X ZB 18/12 – „Fond Memories“

Amtlicher Leitsatz:

§ 6 Abs. 1 SortG ist mangels einer einheitlichen Regelung über eine kürzere Frist innerhalb der Europäischen Union dahin auszulegen, dass eine Sorte als neu gilt, wenn Pflanzen oder Pflanzenteile der Sorte mit Zustimmung des Berechtigten oder seines Rechtsvorgängers vor dem Antragstag nicht oder nur innerhalb eines Zeitraums von einem Jahr im In-land oder von vier Jahren (bei Reben und Baumarten sechs Jahren) im Ausland zu gewerblichen Zwecken an andere abgegeben worden sind.

UPC-Übereinkommen – ein Jahr nach Unterzeichnung

In seinem President’s Blog vom 21.2.2014 drückt der Präsident des EPA seine Freude darüber aus, dass die Ratifikation des vor etwas mehr als einem Jahr unterzeichneten Übereinkommens über ein einheitliches Patentgericht „Fahrt aufnimmt“. Auslöser für diese Freude war, dass neben Österreich, das bislang als einziger Staat das Übereinkommen ratifiziert hat, sich nunmehr die Parlamente Frankreichs und Maltas mit den Ratifikationsgesetzen befasst haben. Ob dieser Stand der Ratifikation ein Jahr nach Unterzeichnung Grund zur Freude sein kann, mag man kritisch hinterfragen.

Eine weitere – wenn auch hoffentlich eher hypothetische – Überlegung angesichts der neu aufflammenden Diskussion um ein Referendum zum Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU ist, welchen Einfluss ein etwaiger EU-Austritt des Vereinigten Königreichs auf das UPC-Übereinkommen hätte:

Nach Art. 89 Abs. 1 UPC-Übereinkommen muss das Vereinigte Königreich das UPC-Übereinkommen ratifizieren, damit das UPC-Übereinkommen in Kraft tritt. Ohne eine Ratifikation des UPC-Übereinkommens durch das Vereinigte Königreich erhält auch die Einheitspatent-VO keine Geltung (Art. 18 Abs. 2 Einheitspatent-VO).

Was wäre nun, wenn das Vereinigte Königreich das UPC-Übereinkommen ratifiziert und nach einem entsprechenden Referendum tatsächlich die EU verlassen würde? Dann wäre mit dem Vereinigten Königreich ein Nicht-EU-Mitgliedsstaat Vertragspartner des UPC-Übereinkommens. Eine solche Konstellation, in der das Patentgerichtssystem durch ein Übereinkommen zwischen EU-Mitgliedsstaaten und Drittstaaten errichtet ist, hatte der EuGH jedoch bereits im Gutachten 1/09 als mit dem Unionsrecht unvereinbar angesehen. Ein wesentlicher Aspekt des EuGH-Gutachtens war, dass ein solches Übereinkommen mit Drittstaaten den mitgliedsstaatlichen Gerichten Rechtsprechungsbefugnisse entziehen würde.

Ein – hoffentlich nicht realistischer – EU-Austritt des Vereinigten Königreichs dürfte also wesentliche Folgen auch für das Einheitspatentgerichtssystem haben, selbst wenn er nach dem Inkrafttreten des UPC-Übereinkommens erfolgen würde.