T 307/03: Zum Doppelschutzverbot

Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer 3.3.07 vom 3. Juli 2007 T 307/03 – 3.3.07

Amtliche Leitsätze:

I. Der Grundsatz des Doppelschutzverbots, d. h. der Erfinder (oder sein Rechtsnachfolger) hat nur darauf
Rechtsanspruch, dass das Europäische Patentamt ihm für eine gegebene in einem gegebenen Anspruch definierte Erfindung ein – einziges – Patent erteilt, ist nach dem EPÜ anwendbar und kann aus Artikel 60 EPÜ abgeleitet werden, wonach „das Recht auf das europäische Patent … dem Erfinder oder seinem Rechtsnachfolger [zusteht]“ (s. Nr. 2.1 der Entscheidungsgründe).

II. Der Entscheidung T 587/98 (ABl. EPA 2000, 497), wonach es im EPÜ keine Rechtsgrundlage für ein Verbot „kollidierender Ansprüche“ gibt (s. dort Nr. 3.6 der Entscheidungsgründe), wird nicht gefolgt (s. Nr. 2.7 der Entscheidungsgründe).

III. Ein Einwand wegen Doppelpatentierung kann auch dann erhoben werden, wenn der Gegenstand des erteilten Anspruchs im Gegenstand des später eingereichten Anspruchs enthalten ist, d. h. wenn der Anmelder den Gegenstand des bereits erteilten Patentanspruchs erneut patentieren lassen will und zusätzlich Patentschutz für einen anderen Gegenstand begehrt, der im bereits erteilten Patent nicht beansprucht
wird. Ist insbesondere der Gegenstand, der zweimal patentiert würde, sowohl im schon erteilten Patent als auch in der vorliegenden anhängigen Anmeldung die bevorzugte Ausführungsart der Erfindung, kann das Ausmaß der Doppelpatentierung nicht als geringfügig vernachlässigt werden. Um den Einwand der Doppelpatentierung auszuräumen, müssten die Ansprüche der anhängigen Anmeldung auf den anderen, noch nicht patentierten Gegenstand beschränkt sein, sodass man sich im Prüfungsverfahren auf die Frage konzentrieren kann, ob ein auf diesen anderen Gegenstand gerichteter Anspruch den Erfordernissen
des EPÜ entspricht (s. Nrn. 5.2 bis 5.4 der Entscheidungsgründe).

BGH, I ZR 99/06: Zur Kausalität zwischen Verletzergewinn und Rechtsverletzung

BGH, Urteil v. 14. Mai 2009 – I ZR 99/06

Aus der Urteilsbegründung:

Der Verletzergewinn ist nur insoweit herauszugeben, als er auf der Urheberrechtsverletzung beruht.

Bei der urheberrechtsverletzenden Verwertung einer Bearbeitung kommt es insoweit maßgeblich darauf an, inwieweit der Entschluss der Käufer zum Erwerb der Bearbeitung gerade darauf zurückzuführen ist, dass diese die Züge erkennen lässt, auf denen der Urheberrechtsschutz des benutzten Werkes beruht. Dabei ist dies nicht im Sinne einer adäquaten Kausalität, sondern – vergleichbar mit der Bemessung der Mitverschuldensanteile im Rahmen des § 254 BGB – im Sinne einer wertenden Zurechnung zu verstehen.

Für die Entscheidung zum Kauf eines Gebrauchsgegenstandes ist regelmäßig nicht nur die ästhetische Gestaltung, sondern auch die technische Funktionalität von Bedeutung. Es kann daher nicht ohne weiteres angenommen werden, dass der durch die identische Nachahmung eines urheberrechtlich geschützten Gebrauchsgegenstandes erzielte Gewinn in vollem Umfang darauf beruht, dass jeder Kaufentschluss – und damit der gesamte Gewinn – allein durch das imitierte Aussehen und nicht durch andere wesentliche Umstände wie etwa die technische Funktionalität oder den niedrigen Preis verursacht worden ist.

Anhaltspunkte für eine Gewichtung der für den Kaufentschluss maßgeblichen ästhetischen und funktionalen Merkmale können sich insbesondere aus der Art des Gebrauchsgegenstandes ergeben. So wird der Funktionalität bei Möbeln erfahrungsgemäß eine größere Bedeutung für die Kaufentscheidung zukommen als bei Schmuck.

Von dem Gesamtgewinn sind zunächst die abzugsfähigen Kosten abzuziehen; erst danach ist der Verletzergewinn um den Kausalitätsabschlag zu vermindern.

Bei der Bemessung des Schadensersatzanspruchs des Verletzten gegen den Hersteller der rechtsverletzenden Gegenstände auf Herausgabe des Verletzergewinns sind allerdings Ersatzzahlungen, die der Hersteller deshalb an seine Abnehmer leistet, weil diese am Weitervertrieb der rechtsverletzenden Gegenstände gehindert sind, nicht abzuziehen.

siehe auch: Bemessung des Schadensersatzes

BGH, Urteil I ZR 123/06 – Fräsautomat: unlautere Mitbewerberbehinderung

BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 – I ZR 123/06 – Fräsautomat

Weist ein Fachverband, dem Schlüsselhersteller als Mitglieder angehören, potentielle Abnehmer des Herstellers einer Maschine, mit der Schlüsselprofile gefräst werden können (Fräsautomat), darauf hin, die Verwendung des Fräsautomaten könne Patent- und Markenrechte seiner Mitglieder verletzen, so kann darin eine unlautere Mitbewerberbehinderung liegen, wenn mit dem Fräsautomaten zwar in einem nennenswerten Umfang auch das Prägen nicht geschützter Profile möglich ist, der Hinweis wegen seines pauschalen Inhalts aber Interessenten dazu veranlassen kann, sicherheitshalber gleich von dem Erwerb der Maschine Abstand zu nehmen.

siehe auch: Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung

BGH, I ZR 141/06 – Überregionaler Krankentransport

BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 – I ZR 141/06 – Überregionaler Krankentransport

Amtliche Leitsätze:

a) Die Durchführung eines Krankentransports i.S. von § 2 Abs. 2 Rettungsgesetz Nordrhein-Westfalen (RettG NRW) durch einen privaten Unternehmer stellt sowohl eine Wettbewerbshandlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2004 als auch eine geschäftliche Handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2008 dar.

b) In dem sich aus §§ 18 ff. RettG NRW ergebenden Verbot, Notfallrettung oder Krankentransporte ohne Genehmigung zu betreiben, liegt eine Marktverhaltensregelung zum Schutz der im Rahmen von Krankentransporten zu befördernden Personen.

c) Der Umstand, dass ein Unternehmer nach einer landesrechtlichen Vorschrift Krankentransporte auch dann durchführen darf, wenn allein der Zielort im Einsatzbereich seines Krankenwagens liegt, ändert nichts daran, dass der Unternehmer bei einem in einem anderen Bundesland beginnenden Krankentransport (auch) die dort geltenden Genehmigungserfordernisse beachten muss. Die sich daraus ergebende Rechtswidrigkeit des Verhaltens kann aber die Annahme eines Bagatellverstoßes i.S. von § 3 UWG 2004, § 3 Abs. 1 UWG 2008 rechtfertigen.

LG Mannheim, 7 O 327/08: Fehler in der Übersetzung der europäischen Patentschrift

LG Mannheim Urteil vom 10.7.2009, 7 O 327/08

Amtlicher Leitsatz:

Ist bei der deutschen Übersetzung eines Europäischen Patents, für das der Hinweis auf die Erteilung vor dem 1. Mai 2008 im Europäischen Patentblatt veröffentlicht worden ist, eine in den Zeichnungen benutzte fremdsprachige Abkürzung (hier: „ch. bits“ für „Kanalbits“) nicht übersetzt worden, sondern in der fremden Sprache verblieben, ist die Rechtsfolge nicht gem. Art. II § 3 Abs. 2 IntPatÜG a.F., dass die Wirkungen des europäischen Patents für die Bundesrepublik Deutschland als von Anfang an nicht eingetreten gelten würden, sondern dass in entsprechender Anwendung von Art. II § 3 Abs. 4 IntPatÜG a.F. der Übersetzungsmangel berichtigt werden kann und der Verkehr entsprechend Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜG a.F. geschützt wird.

siehe auch: Übersetzungen europäischer Patentschriften (ipwiki.de)

BGH, I ZR 247/03 – Le-Corbusier-Möbel II: Amtliche Leitsätze

BGH, Urteil vom 22. Januar 2009 – I ZR 247/03 – Le-Corbusier-Möbel II

Nach dem Post vom 20. Juli nun auch die amtlichen Leitsätze zu „Le-Corbusier-Möbel II“:

a) Die Vorschrift des Art. 4 Abs. 1 der Informationsgesellschafts-Richtlinie über das Verbreitungsrecht begründet nicht nur ein Mindestrecht, hinter dem die Mitgliedstaaten bei der Bestimmung ihres Schutzniveaus nicht zurückbleiben dürfen, sondern stellt eine verbindliche Regelung des Verbreitungsrechts auch im Sinne eines Maximalschutzes dar.

b) Ein Dritter greift nicht in das ausschließlich dem Urheber zustehende Verbreitungsrecht nach § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 17 UrhG ein, wenn er Nachbildungen urheberrechtlich geschützter Modelle von Möbeln öffentlich aufstellt oder der Öffentlichkeit zum Gebrauch zugänglich macht.

siehe auch: Verbreitungsrecht (ipwiki.de)

LG Düsseldorf, 4a O 93/07: Zur Erschöpfung eines Verfahrenspatentes

LG  Düsseldorf, 4a O 93/07

Aus der Urteilsbegründung:

Allerdings gehen in Rechtsprechung und Literatur die Ansichten darüber auseinander, ob die Rechte aus einem Sachpatent und einem Verfahrenspatent erschöpft sind, wenn eine patentgeschützte Vorrichtung, das sich zur Ausübung eines ebenfalls patentgeschützten Verfahrens eignet, durch den Patentinhaber oder mit dessen Zustimmung in den Verkehr gebracht wurde.

siehe auch: Erschöpfung (ipwiki.de)

BGH, I ZB 52/08 – DeutschlandCard

BGH, Beschluss vom 22. Januar 2009 – I ZB 52/08 – DeutschlandCard

Dass eine Bezeichnung allgemein gehalten und deshalb mit einer gewissen begrifflichen Unbestimmtheit verbunden ist, steht der Feststellung, dass ihr als beschreibende Sachangabe die Unterscheidungskraft fehlt, nicht entgegen (hier: „Deutschland“ als Angabe des Einsatzgebiets einer als „Deutschland-Card“ bezeichneten Ausweis-, Berechtigungs-, Kredit- oder Kundenkarte).

siehe auch: Beschreibende Angaben (ipwiki.de)

BGH, I ZB 115/07: Zur Wirksamkeit einer Verbotsverfügung

BGH, Beschluss vom 22. Januar 2009 – I ZB 115/07

Amtliche Leitsätze:

a) Eine im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes durch Urteil erlassene Verbotsverfügung wird mit der Verkündung des Urteils wirksam und ist vom Schuldner ab diesem Zeitpunkt zu beachten, wenn sie eine Ordnungsmittelandrohung enthält. In diesem Fall kann gegen den Schuldner bei einer schuldhaften Zuwiderhandlung nach Verkündung des Urteils ein Ordnungsmittel festgesetzt werden, wenn die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung vorliegen und die Verbotsverfügung vollzogen ist.

b) Sobald der Schuldner das Verbot beachten und im Fall einer Zuwiderhandlung mit der Verhängung von Ordnungsmitteln rechnen muss, weil das Urteil eine Ordnungsmittelandrohung enthält, ist er durch den Schadensersatzanspruch nach § 945 ZPO dagegen geschützt, dass sich die Verbotsverfügung nachträglich als unberechtigt erweist.