BGH, I ZB 3/09 – Ausgangskontrolle

BGH, Beschluss vom 4. Februar 2010 – I ZB 3/09

Amtlicher Leitsatz (§ 233 ZPO):

Die einer Kanzleiangestellten erteilte konkrete Weisung, die in der Berufungsschrift angegebene Faxnummer des Berufungsgerichts noch einmal zu überprüfen, reicht in Verbindung mit der in der Rechtsanwaltskanzlei bestehenden allgemeinen Weisung, zur Ermittlung der Telefaxnummer des zuständigen Gerichts das Ortsverzeichnis „Gerichte und Finanzbehörden“ zu verwenden, aus, um Fehler bei der Ermittlung der Faxnummer oder ihrer Übertragung in den Schriftsatz aufzudecken. Es ist dann ausnahmsweise nicht erforderlich, die Faxnummer nach dem Absenden des Schriftsatzes nochmals anhand eines zuverlässigen Verzeichnisses zu überprüfen.

siehe auch: Ausgangskontrolle (ipwiki.de)

BGH, Xa ZR 36/08 – Gelenkanordnung: Zur Ermittlung des einem Patent zugrunde liegenden technischen Problems

BGH, Urteil vom 4. Februar 2010 – Xa ZR 36/08 – Gelenkanordnung

Amtliche Leitsätze (EPÜ Art. 69; PatG § 1, § 14):

a) Die Ermittlung des einem Patent zugrunde liegenden technischen Problems ist Teil der Auslegung des Patentanspruchs. Das technische Problem ist aus dem zu entwickeln, was die Erfindung tatsächlich leistet.

b) In der Beschreibung des Patents enthaltene Angaben zur „Aufgabe“ der Erfindung können einen Hinweis auf das richtige Verständnis des Patentanspruchs enthalten. Auch für solche Angaben gilt jedoch – wie für den gesamten übrigen Inhalt der Patentschrift – der Vorrang des Patentanspruchs.

BGH, I ZR 216/07 – Schubladenverfügung: Zur Abmahnung und Abmahnkostenersatz

BGH, Urteil vom 7. Oktober 2009 – I ZR 216/07 – Schubladenverfügung

Amtliche Leitsätze:

a) Ein Aufwendungsersatzanspruch nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG besteht nur für eine Abmahnung, die vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens ausgesprochen wird.

b) Für eine Abmahnung, die erst nach Erlass einer Verbotsverfügung ausgesprochen wird, ergibt sich ein Aufwendungsersatzanspruch auch nicht aus Geschäftsführung ohne Auftrag.

BGH, Xa ZR 100/05 – Thermoplastische Zusammensetzung: Zur ausführbaren Offenbarung der Erfindung

BGH, Urteil vom 25. Februar 2010 – Xa ZR 100/05 – Thermoplastische Zusammensetzung

Amtliche Leitsätze:

a) Eine ausführbare Offenbarung der Erfindung kann zu verneinen sein, wenn der geschützte Gegenstand im Patentanspruch durch offene Bereichsangaben für physikalische Eigenschaften über die dem Fachmann in der Gesamtheit der Unterlagen an die Hand gegebene Lösung hinaus so weit verallgemeinert wird, dass der Patentschutz über den Beitrag der Erfindung zum Stand der Technik hinausgeht.

b) Ist ein Verfahren offenbart, durch das ein Stoff oder ein sonstiges Erzeugnis erhalten werden kann, deren physikalische Eigenschaften in den offenen Bereich fallen, kann das ausführbar offenbarte erfindungsgemäße Erzeugnis dadurch charakterisiert werden, dass es durch das angegebene Verfahren erhältlich ist.

BGH, I ZR 73/07 – Hier spiegelt sich Erfahrung: Aufklärungspflicht bei einer Alleinstellungsbehauptung

BGH, Urteil vom 22. Oktober 2009 – I ZR 73/07 – Hier spiegelt sich Erfahrung

Amtlicher Leitsatz (UWG § 5 Abs. 1 Nr. 3):

Nimmt ein Wettbewerber den anderen wegen der Behauptung einer Spitzenstellung gerichtlich in Anspruch, trifft den Beklagten zwar grundsätzlich eine prozessuale Aufklärungspflicht hinsichtlich der Richtigkeit der von ihm aufgestellten Alleinstellungsbehauptung. Dies gilt aber nicht, wenn der Kläger ausnahmsweise selbst über die erforderlichen Kenntnisse verfügt, um die Richtigkeit der beanstandeten Behauptung beurteilen zu können.

BGH, X ZR 65/05 – einteilige Öse: Zur Frage des Vorliegens einer erfinderischen Tätigkeit

BGH, Urteil vom 8. Dezember 2009 – X ZR 65/05 – einteilige Öse

Amtlicher Leitsatz (PatG § 4; EPÜ Art. 56):

Das Auffinden einer neuen Lehre zum technischen Handeln kann nicht schon dann als nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend bewertet werden, wenn lediglich keine Hinderungsgründe zutage treten, von im Stand der Technik Bekanntem zum Gegenstand dieser Lehre zu gelangen, sondern diese Wertung setzt voraus, dass das Bekannte dem Fachmann Anlass oder Anregung gab, zu der vorgeschlagenen Lehre zu gelangen.

BGH, I ZR 23/07 – Vorbeugen mit Coffein!

BGH, Urteil vom 21. Januar 2010 – I ZR 23/07 – Vorbeugen mit Coffein!

Amtliche Leitsätze:

UWG § 4 Nr. 11; LFGB § 27 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 Fall 2

a) Die Vorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 2 LFGB enthält keine Erweiterung, sondern lediglich eine der Konkretisierung dienende Erläuterung des Irreführungsverbots in § 27 Abs. 1 Satz 1 LFGB und erfasst daher inhaltlich zutreffende Werbeaussagen nicht.

b) Die hinreichende wissenschaftliche Absicherung der einem kosmetischen Mittel beigelegten Wirkung kann sich auch schon aus einer einzelnen Arbeit ergeben, sofern diese auf überzeugenden Methoden und Feststellungen beruht.

siehe auch: Marktverhaltensregeln

BGH, X ZR 28/06 – Hubgliedertor II: Unzulässige Erweiterung

BGH, Urteil vom 22. Dezember 2009 – X ZR 28/06 – Hubgliedertor II

Amtlicher Leitsatz:

Eine Passage in der Beschreibung, die nicht Inhalt der ursprünglichen Unterlagen gewesen ist, kann nur dann den Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung begründen, wenn deren Berücksichtigung bei der Auslegung des Patentanspruchs des erteilten Patents zu einem veränderten Verständnis der darin verwendeten Begriffe oder des geschützten Gegenstands führt.

BGH, X ZR 27/06 – Hubgliedertor I: unzulässige Erweiterung

BGH, Urteil vom 22. Dezember 2009 – X ZR 27/06 – Hubgliedertor I

Amtlicher Leitsatz:

Eine unzulässige Erweiterung liegt vor, wenn der Gegenstand des Patents sich für den Fachmann erst aufgrund eigener, von seinem Fachwissen getragener Überlegungen ergab, nachdem er die ursprünglichen Unterlagen zur Kenntnis genommen hatte.

BPatG, 35 W (pat) 6/07: Beschränkung der Prüfungskompetenz der Gebrauchsmusterstelle

BPatG, Beschluss v. 29. Oktober 2009 – 35 W (pat) 6/07

Aus der Beschlussbegründung:

Im Rahmen der sog. absoluten Schutzvoraussetzungen prüfte die Gebrauchsmusterstelle, ob eine gebrauchsmusterfähige Erfindung oder ob eine technische Lehre vorliegt oder ein Schutzausschluss für Computerprogramme oder für ein Verfahren Schutz beansprucht wird. Diese Übung geht auf eine Zeit zurück, in der es aufgrund des Raumformkriteriums leicht zu erkennen war, „ob der Gegenstand, für den die Eintragung begehrt wurde, seiner Art nach im damaligen Anwendungsbereich des Gebrauchsmusterschutzes
lag“. Durch die nunmehr geltenden gesetzlichen Vorschriften ist der Bereich, für den Gebrauchsmuster eingetragen werden können, deutlich ausgeweitet worden. Dies kann, zu erheblichen Abgrenzungsproblemen führen, beispielsweise bei der Beurteilung der Technizität oder der Frage, ob ein Verfahren vorliegt oder nicht.

Nun aber:

Es existiert keine gesetzliche Grundlage, die es der Gebrauchsmusterstelle erlauben würde, im Eintragungsverfahren die absoluten Schutzhindernisse zu prüfen.

Sollen abweichend von seinem Charakter als Registerverfahren bereits im Eintragungsverfahren nicht nur die formellen, sondern auch die sog. absoluten Schutzvoraussetzungen von der Gebrauchsmusterstelle überprüft werden, erfordert dies eine eindeutige gesetzliche Regelung. Dies kann der Gesetzgeber ohne weiteres dadurch erreichen, dass er im Wege der Verweisung in § 8 Abs. 1 S. 1 GebrMG die Eintragung nicht nur von der Einhaltung der in den §§ 4 und 4a GebrMG enthaltenen formellen Anforderungen abhängig macht, sondern auch vom Nichtvorliegen der in den §§ 1 Abs. 2 und 2 GebrMG geregelten Schutzausschließungsgründe unter Einschluss der Prüfung, ob die betreffende Anmeldung die in § 1 Abs. 2 GebrMG genannten Gegenstände oder Tätigkeiten als solche beansprucht.

siehe auch: Formalprüfung (ipwiki.de)