BGH, Urteil vom 1. März 2017 – X ZR 10/15 – Ankopplungssystem

BGH, Urteil vom 1. März 2017 – X ZR 10/15 – Ankopplungssystem

Amtlicher Leitsatz:

Ein Patent kann vom Nichtigkeitsbeklagten nur insoweit beschränkt verteidigt werden, als es vom Nichtigkeitskläger angegriffen wird. Die beschränkte Verteidigung des Streitpatents durch Kombination eines angegriffenen Anspruchs mit einem nicht angegriffenen Unteranspruch oder mit einer von mehreren Varianten eines nicht angegriffenen Unteranspruchs ist unzulässig.

BGH, I ZR 101/15 – MICRO COTTON

BGH, Urteil vom 3. November 2016 – I ZR 101/15 – MICRO COTTON

Amtliche Leitsätze:

a) Werden mehrere Beklagte auf markenrechtlicher Grundlage auf Unterlassung, Auskunft, Vernichtung, Schadensersatz und Abmahnkosten in Anspruch genommen und tritt hinsichtlich eines der Beklagten die Unterbrechung des Prozesses gemäß § 240 ZPO ein, darf hinsichtlich der anderen Beklagten ein Teilurteil ergehen.

b) Über eine auf Nichtigerklärung der Klagemarke gerichtete Widerklage mehrerer Beklagter darf, wenn der Prozess gegen einen der Beklagten gemäß § 240 ZPO unterbrochen ist, hinsichtlich der anderen Beklagten durch Teilurteil entschieden werden.

c) Bei der Beurteilung, ob der Verkehr die Verwendung eines Zeichens nicht als markenmäßig wahrnimmt, weil er dem Zeichen infolge einer vor der beanstandeten Handlung erfolgten Gewöhnung nur eine rein beschreibende Bedeutung entnimmt, hat eine Zeichenverwendung außer Betracht zu bleiben, gegen die der Markeninhaber vorgegangen ist.

BGH, I ZB 55/16

BGH, Beschluss vom 28. Februar 2017 – I ZB 55/16

Amtlicher Leitsatz:

Fällt die Geschäftsgebühr für die vorgerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts mehrfach an und werden die vorgerichtlich geltend gemachten Ansprüche im Wege objektiver Klagehäufung in einem einzigen gerichtlichen Verfahren verfolgt, so dass die Verfahrensgebühr nur einmal anfällt, sind alle entstandenen Geschäftsgebühren in der tatsächlichen Höhe anteilig auf die Verfahrensgebühr anzurechnen.

BGH, I ZR 126/15 – PUC

BGH, Beschluss vom 23. Februar 2017 – I ZR 126/15 – PUC

Amtliche Leitsätze:

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung des Art. 14 der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. Nr. L 299 vom 8. November 2008, S. 25) und des Art. 34 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. Nr. L 78 vom 24. März 2009, S. 1) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist es mit Art. 14 der Richtlinie 2008/95/EG vereinbar, wenn die Ungültigkeit oder der Verfall einer nationalen Marke, die die Grundlage für die Beanspruchung des Zeitrangs einer Unionsmarke bildet und Gegenstand eines Verzichts gewesen oder erloschen ist, nachträglich nur dann festgestellt werden kann, wenn die Voraussetzungen für die Ungültigkeit oder den Verfall nicht nur zum Zeitpunkt des Verzichts auf die Marke oder ihres Erlöschens, sondern auch zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über die Feststellung vorliegen?

2. Falls die Frage 1 zu bejahen ist: Hat die Inanspruchnahme des Zeitrangs nach Art. 34 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 die Wirkung, dass das nationale Markenrecht erlischt und nicht mehr rechtserhaltend benutzt werden kann, oder bleibt die nationale Marke auf der Grundlage des Unionsrechts aufrechterhalten, auch wenn sie im Register des betreffenden Mitgliedstaats nicht mehr existiert, mit der Folge, dass sie weiterhin rechtserhaltend benutzt werden kann und muss?

BGH, I ZR 273/14 – Videospiel-Konsolen III

BGH, Urteil vom 2. März 2017 – I ZR 273/14 – Videospiel-Konsolen III

Amtlicher Leitsatz:

Die Vorschrift des § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist zwar einschränkend dahin auszulegen, dass in bestimmtem Umfang auch Tatsachen, die erst während des Revisionsverfahrens oder nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz eingetreten sind, in die Urteilsfindung einfließen können, soweit sie unstreitig sind oder ihr Vorliegen in der Revisionsinstanz ohnehin von Amts wegen zu beachten ist und schützenswerte Belange der Gegenseite nicht entgegenstehen. Tatsachen, die bereits vor Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz entstanden sind und von einer Partei erst während des Revisionsverfahrens vorgetragen werden, können vom Revisionsgericht jedoch nicht berücksichtigt werden (Fortführung von BGH, Urteil vom 23. September 2014 – VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 21 mwN).

BGH, X ZR 11/15 – Borrelioseassay

BGH, Urteil vom 17. Januar 2017 – X ZR 11/15 – Borrelioseassay

Amtlicher Leitsatz:

Ein In-vitro-Verfahren, bei dem mit einem durch seine offenbarte Aminosäurensequenz und der für diese codierenden Nukleinsäuresequenz definierten Polypeptid oder mit Polypeptiden, für die im Patent nicht näher bestimmte Segmente der Nukleinsäuresequenz codieren, auf eine spezifische immunologische Bindung getestet werden kann (hier: auf gegen Borrelia burgdorferi gerichtete Antikörper), ist insgesamt ausführbar offenbart, wenn das Verfahren mit einem der vollen Sequenzlänge entsprechenden Polypeptid mit einem praktisch brauchbaren Ergebnis ausgeführt werden kann, auch wenn besser geeignete Segmente nicht ohne erfinderisches Bemühen aufgefunden werden können.

BGH, I ZB 43/16

BGH, Beschluss vom 26. Januar 2017 – I ZB 43/16

Amtlicher Leitsatz:

Gelingt es einem Prozessbevollmächtigten infolge einer technischen Störung des Empfangsgeräts des Gerichts nicht, einen fristwahrenden Schriftsatz per Telefax zu übermitteln, ist er nicht gehalten, eine dem Pressesprecher des Gerichts zugewiesene Telefaxnummer ausfindig zu machen und den Schriftsatz zur Fristwahrung an diese Nummer zu versenden.

BGH, X ZR 17/13 – Vakuumtransportsystem

BGH, Urteil vom 10. Januar 2017 – X ZR 17/13 – Vakuumtransportsystem

Amtliche Leitsätze:

a) Die Revision gegen ein auf Patentverletzung erkennendes Berufungsurteil ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, wenn das Patent ganz oder teilweise rechtskräftig für nichtig erklärt wird und dies dem Berufungsurteil die Grundlage entzieht. Der Zulassungsgrund muss – gegebenenfalls innerhalb der Frist zur Wiedereinsetzung in die insoweit versäumte Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde – geltend gemacht werden (Fortführung von BGH, Beschluss vom 6. April 2004 – X ZR 272/02, BGHZ 158, 372 – Druckmaschinen-Temperierungssystem I).

b) Die Partei kann den Wegfall der Urteilsgrundlage nicht im Wege einer Restitutionsklage geltend machen, wenn sie es schuldhaft unterlassen hat, den Restitutionsgrund zum Gegenstand einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Verletzungsurteil zu machen.

BGH, I ZR 154/15 – Afterlife

BGH, Urteil vom 6. Oktober 2016 – I ZR 154/15 – Afterlife

Amtliche Leitsätze:

a) Bei der Bestimmung der Reichweite der dem Inhaber eines Internetanschlusses im Falle einer über seinen Anschluss begangenen Urheberrechtsverletzung obliegenden sekundären Darlegungslast zur Nutzung des Anschlusses durch andere
Personen sind auf Seiten des Urheberrechtsinhabers die Eigentumsgrundrechte gemäß Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und Art. 14 Abs. 1 GG zu berücksichtigen. Handelt es sich bei den Personen, die den Anschluss mitgenutzt haben, um den Ehegatten oder Familienangehörige, so wirkt zugunsten des Anschlussinhabers
der grundrechtliche Schutz von Ehe und Familie (Art. 7 EUGrundrechtecharta, Art. 6 Abs. 1 GG).

b) Dem Inhaber eines privaten Internetanschlusses ist es regelmäßig nicht zumutbar, die Internetnutzung seines Ehegatten einer Dokumentation zu unterwerfen, um im gerichtlichen Verfahren seine täterschaftliche Haftung abwenden zu können. Ebenfalls unzumutbar ist es regelmäßig, dem Anschlussinhaber die Untersuchung des Computers seines Ehegatten im Hinblick auf die Existenz von Filesharing-Software abzuverlangen.

BGH, X ZR 64/15 – Lichtschutzfolie

BGH, Urteil vom 14. Februar 2017 – X ZR 64/15 – Lichtschutzfolie

Amtliche Leitsätze:

ArbNErfG § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 2 Satz 2,
beide in der bis 30. September 2009 geltenden Fassung

a) Für Erfindungen, die vor dem 1. Oktober 2009 gemeldet wurden, ist das Schriftformerfordernis des § 5 ArbNErfG a.F. weiterhin maßgeblich.

b) Wenn der Arbeitgeber eine nicht in Schriftform gemeldete Diensterfindung mit dem Inhalt der von seinem Arbeitnehmer entwickelten technischen Lehre zum Patent anmeldet und dabei alle an der Entwicklung beteiligten Erfinder benennt, liegt darin in der Regel auch dann eine zuverlässige Grundlage für den Beginn der in § 6 Abs. 2 Satz 2 ArbNErfG a.F. normierten Frist, wenn der Arbeitnehmer nach der Einreichung der Patentanmeldung eine formgerechte Erfindungsmeldung nachreicht.

c) Meldet ein Arbeitnehmer eine Erfindung, die im Verhältnis zu einer früher gemeldeten, vom Arbeitgeber nicht in Anspruch genommenen Erfindung lediglich eine schöpferische Weiterentwicklung darstellt, die zwar für die wirtschaftliche Verwertung der Erfindung bedeutsam, aber nicht selbständig schutzfähig ist, erlangt der Arbeitgeber, der den Gegenstand der zweiten Meldung in Anspruch nimmt und zusammen mit dem Gegenstand der ersten Meldung zum Patent anmeldet, am Gegenstand der Anmeldung und der daraus hervorgehenden
Schutzrechte eine Mitberechtigung.

PatG § 6 Satz 2, BGB § 745 Abs. 1

Eine Benutzungsregelung, die einem der Mitberechtigten die Nutzung der gemeinsamen Erfindung verbietet, kann allenfalls unter besonderen Voraussetzungen einer ordnungsmäßigen Verwaltung und Benutzung entsprechen.