BGH, Beschluss vom 25. September 2018 – X ZR 76/18 – Werkzeuggriff

BGH, Beschluss vom 25. September 2018 – X ZR 76/18 – Werkzeuggriff

Amtlicher Leitsatz:

Ist der Schuldner zur Auskunft über den Vertriebsweg bestimmter Erzeugnisse und deren gewerbliche Abnehmer verurteilt, weil die Erzeugnisse patentverletzend sind und die Inanspruchnahme des Schuldners auch nicht unverhältnismäßig ist, steht einer Einstellung der Zwangsvollstreckung wegen eines dem Schuldner durch die Abnehmerauskunft drohenden nicht zu ersetzenden Nachteils regelmäßig ein überwiegendes Interesse des Gläubigers an der Durchsetzung des Auskunftsanspruchs entgegen. Dies gilt auch dann, wenn das Patent bei Durchsetzung des Auskunftsanspruchs bereits abgelaufen ist.

BGH, I ZR 154/16 – Werbeblocker II

BGH, Urteil vom 19. April 2018 – I ZR 154/16 – Werbeblocker II

Amtliche Leitsätze:

a) Das Angebot einer Software, die Internetnutzern ermöglicht, beim Abruf mit Werbung finanzierter Internetangebote die Anzeige von Werbung zu unterdrücken, ist keine unlautere zielgerichtete Behinderung im Sinne des § 4 Nr. 4 UWG. Dies gilt auch, wenn das Programm die Freischaltung bestimmter Werbung solcher Werbetreibender vorsieht, die dem Anbieter des Programms hierfür ein Entgelt entrichten.

b) Das Angebot einer Werbeblocker-Software stellt auch keine aggressive geschäftliche Handlung im Sinne des § 4a Abs. 1 UWG gegenüber den Unternehmen dar, die an der Schaltung von Werbung interessiert sind.

BGH, Urteil vom 24. April 2018 – X ZR 50/16 – Gurtstraffer

BGH, Urteil vom 24. April 2018 – X ZR 50/16 – Gurtstraffer

Amtliche Leitsätze:

a) Eine in dem Sachanspruch eines Patents enthaltene Zweck- oder Funktionsangabe für die beanspruchte Vorrichtung bringt regelmäßig zum Ausdruck, dass die Vorrichtung für den genannten Zweck oder die genannte Funktion objektiv geeignet sein muss. Damit bleibt der Patentanspruch ein Sachanspruch, der sich auf eine Vorrichtung richtet, mit der die genannten Zwecke oder Funktionen realisiert werden können.

b) Zur Bejahung der Patentfähigkeit reicht es nicht aus, dass die vom Streitpatent vorgeschlagene technische Lösung aus Sicht des Standes der Technik mit Nachteilen oder ihre Realisierung mit Schwierigkeiten verbunden ist, wenn die vom Erfinder vorgeschlagene Lösung diese Nachteile oder Schwierigkeiten in Kauf nimmt (Bestätigung von BGH, Urteil vom 4. Juni 1996 – X ZR 49/94, BGHZ 133, 57 – Rauchgasklappe).

Kommen für den Fachmann zur Lösung eines Problems mehrere Alternativen in Betracht, können mehrere von ihnen naheliegend sein. Hierbei ist es grundsätzlich ohne Bedeutung, welche der Lösungsalternativen der Fachmann als erste in Betracht zöge (BGH, Urteile vom 16. Februar 2016 – X ZR 5/14, GRUR 2016, 1023 Rn. 19 – Anrufroutingverfahren; vom 6. März 2012 – X ZR 50/09, juris Rn. 19 mwN).

BGH, I ZR 20/17 – Davidoff Hot Water III

BGH, Beschluss vom 26. Juli 2018 – I ZR 20/17 – Davidoff Hot Water III

Amtlicher Leitsatz:

Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung von Art. 9 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. Nr. L 78 vom 24. März 2009, S. 1) und Art. 9 Abs. 3 Buchst. b der Verordnung (EU) Nr. 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. Nr. L 154 vom 16. Juni 2017, S. 1) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Besitzt eine Person, die für einen Dritten markenrechtsverletzende Waren lagert, ohne vom Rechtsverstoß Kenntnis zu haben, diese Ware zum Zwecke des Anbietens oder Inverkehrbringens, wenn nicht sie selbst, sondern allein der Dritte beabsichtigt, die Ware anzubieten oder in Verkehr zu bringen?

BGH, I ZR 184/15 – Klauselersetzung

BGH, Urteil vom 14. Dezember 2017 – I ZR 184/15 – Klauselersetzung

Amtliche Leitsätze:

a) Die Bestimmung des § 1 UKlaG gewährt den gemäß § 3 Abs. 1 UKlaG anspruchsberechtigten Stellen gegen den Verwender von gemäß §§ 307 bis 309 BGB unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen keinen Beseitigungsanspruch. Da die Vorschriften über die Kontrolle unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen gemäß § 1 UKlaG und des Lauterkeitsrechts nebeneinander anwendbar sind, kann sich ein Beseitigungsanspruch für eine Verbraucherzentrale als qualifizierte Einrichtung im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG
jedoch aus § 3a UWG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG ergeben.

b) Da der Beseitigungsanspruch die Abwehr einer bereits eingetretenen, aber fortwirkenden Beeinträchtigung zum Gegenstand hat, führt der Wegfall des Störungszustands zum Erlöschen des Anspruchs. Fällt der Störungszustand während des Prozesses in den Tatsacheninstanzen weg, weil beispielsweise der Beklagte von sich aus hinreichende Beseitigungshandlungen vornimmt, wird der auf Beseitigung gerichtete Antrag unbegründet, auch wenn der Kläger die Verfahrensdauer nicht zu vertreten hat.

c) Qualifizierten Einrichtungen gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG steht gemäß § 5 UKlaG in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG ein Anspruch auf Ersatz der für eine Abmahnung erforderlichen Aufwendungen zu. Erforderlich sind die Abmahnkosten, die tatsächlich entstanden sind und nach Lage des Falls aus der Perspektive des Abmahnenden objektiv notwendig waren. Kosten für die Einschaltung eines Anwalts sind bei einer qualifizierten Einrichtung nur ausnahmsweise bei besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeit, auf Grund derer der Verband mit seiner Ausstattung und Erfahrung nicht in der Lage
war, das Geschehen korrekt zu bewerten, erstattungsfähig.

BGH, I ZR 243/16 – Gewohnt gute Qualität

BGH, Urteil vom 15. Februar 2018 – I ZR 243/16 – Gewohnt gute Qualität

Amtliche Leitsätze:

a) Ein Rechtsmittelführer, der die Verletzung einer gerichtlichen Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO geltend macht, muss darlegen, wie er auf einen entsprechenden Hinweis reagiert, insbesondere was er hierauf im Einzelnen vorgetragen hätte und wie er weiter vorgegangen wäre. Er ist dabei grundsätzlich nicht gehindert, sein bisheriges Vorbringen zu ändern und insbesondere zu präzisieren, zu ergänzen oder zu berichtigen. Eine durch Änderungen etwa entstehende Widersprüchlichkeit in seinem Vortrag ist allein im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen.

b) Eine „gute und professionelle Beratung“ und ein „Service in gewohnt guter Qualität“ sind keine besonderen Merkmale einer Dienstleistung und daher nicht geeignet, die wettbewerbliche Eigenart einer Dienstleistung zu begründen.

BGH – Ballerinaschuh

BGH, Urteil vom 11. Januar 2018 – I ZR 187/16 – Ballerinaschuh

Amtliche Leitsätze:

a) Modelle, die über eine Internetseite dem allgemeinen Publikum zum Kauf angeboten werden, gehören zum vorbekannten Formenschatz, von dem der interessierte Benutzer Kenntnis nehmen kann, und sind bei der Prüfung des
Schutzumfangs eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters zu berücksichtigen.

b) Umstände, die den Schutzumfang eines Geschmacksmusters zu schmälern geeignet sind, gehören grundsätzlich nicht zu den Tatsachen, die der klagende Schutzrechtsinhaber von sich aus offenbaren muss. Es obliegt vielmehr
dem aus dem Geschmacksmuster in Anspruch genommenen Beklagten, hierzu vorzutragen.

c) Stellt derjenige, der unberechtigt wegen einer Schutzrechtsverletzung abgemahnt worden ist, infolge der Verwarnung den Vertrieb des beanstandeten Produkts ein, ist wegen des in der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung liegenden Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb auch der Schaden ersatzfähig, der dem Verwarnten infolge der Vertriebseinstellung nach Erhebung einer Klage wegen der Schutzrechtsverletzung entsteht.

BGH, I ZR 76/17

BGH, Beschluss vom 22. März 2018 – I ZR 76/17

Amtliche Leitsätze:

a) Die Aussetzung eines Rechtsstreits bis zur Zustellung einer in diesem Rechtsstreit eingereichten Streitverkündungsschrift kommt weder in direkter noch in analoger Anwendung von § 148 ZPO in Betracht.

b) Trifft das Gericht eine Entscheidung, bevor eine in dem Rechtsstreit eingereichte Streitverkündungsschrift zugestellt worden ist, wird dadurch weder das Recht der streitverkündenden Partei auf ein faires Verfahren und auf wirkungsvollen Rechtsschutz noch ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.

BGH, I ZR 201/16 – goFit

BGH, Urteil vom 15. Februar 2018 – I ZR 201/16 – goFit

Amtliche Leitsätze:

a) Einem Firmenbestandteil kann nicht bereits deshalb der Schutz als Firmenschlagwort versagt werden, weil er kennzeichnungsschwach ist. Entscheidend ist, ob er im Vergleich zu den übrigen Firmenbestandteilen geeignet ist, sich als Teil des Unternehmenskennzeichens im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen durchzusetzen.

b) Der Betreiber einer plattforminternen Suchmaschine, die nach Eingabe eines mit einem Unternehmenskennzeichen ähnlichen oder identischen Suchworts automatisch Vorschläge zu einer Suchwortergänzung anzeigt, die auf einer Auswertung früherer Suchanfragen basieren, benutzt das Zeichen selbst (Anschluss an BGH, Urteil vom 14. Mai 2013 – VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213 Rn. 17 – AutocompleteFunktion).

c) Die Verwendung eines Unternehmenskennzeichens als Schlüsselwort für die Anzeige automatischer Suchwortergänzungen erfolgt nicht unbefugt, wenn dadurch den Internetnutzern lediglich eine Alternative zu den Waren oder Dienstleistungen dieses Unternehmens vorgeschlagen werden soll und die Funktion des Unternehmenskennzeichens nicht beeinträchtigt wird, als Hinweis auf das Unternehmen zu dienen.

BGH, Beschluss vom 7. Juni 2018 – I ZB 57/17

BGH, Beschluss vom 7. Juni 2018 – I ZB 57/17

Amtlicher Leitsatz:

Das Festhalten an einer im Urteil erster Instanz zurückgewiesenen Rechtsansicht führt auch dann nicht zur Unzulässigkeit der Berufung, wenn in der Berufungsbegründung lediglich bereits in erster Instanz vorgetragene rechtliche Argumente wiederholt werden (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 9. März 1995 – IX ZR 143/94, NJW 1995, 1560 [juris Rn. 8]; Beschluss vom 23. Oktober 2012 – XI ZB 25/11, NJW 2013, 174 Rn. 10).