Autor: Dr. Martin Meggle-Freund

BGH – X ZR 102/06: Zur wirtschaftlichen Verwertbarkeit einer Diensterfindung

BGH, Urt. v. 4. Dezember 2007 – X ZR 102/06 – Ramipril

Leitsätze:

a) Bei Abschluss eines Lizenzvertrages über die unbeschränkt in Anspruch genommene Diensterfindung ist der Vergütungsanspruch des Erfinders – gegebenenfalls vorläufig – festzustellen oder festzusetzen.

b) Kommt eine Feststellung nicht zustande und unterlässt der Arbeitgeber eine Festsetzung, kann der Erfinder auf gerichtliche Bestimmung der angemessenen Vergütung klagen.

c) Der festzusetzende Vergütungsanspruch kann ausnahmsweise auf Null reduziert sein, wenn die vorbehaltlose Aufgabe des Nutzungsrechts durch den Lizenznehmer ohne Reduzierung der von ihm zu zahlenden Lizenzgebühren den Schluss zulässt, dass der Lizenznehmer der lizenzierten Erfindung keinen wirtschaftlichen Wert beigemessen hat.

d) Muss sich der Arbeitgeber für die Aufgabe des Nutzungsrechts des Lizenznehmers Beschränkungen bei der zukünftigen Verwertung der Diensterfindung unterwerfen, kann dies gegen die Annahme sprechen, der Erfindung sei kein wirtschaftlicher Wert beigemessen worden.

siehe auch: Bemessung der Vergütung (ipwiki.de)

OLG Karlsruhe – 6 U 163/07: Wettbewerbswidrige Berechtigungsanfrage

Daß eine unberechtigte Schutzrechtsanfrage einen Wettbewerbsverstoß im Hinblick auf den Tatbestand der „gezielten Behinderung“ darstellen kann, ist weithin bekannt.

Das OLG Karlsruhe hat in seinem Urteil vom 9.4.2008, 6 U 163/07 nun auch eine Berechtigungsanfrage als wettbewerbswidrig eingestuft (wettbewerbswidrige Berechtigungsanfrage). Im konkreten Fall richtete der Patentinhaber seine Berechtigungsanfrage an die Abnehmer der potentiell patentverletzenden Produkte, wobei er allerdings trotz detaillierter Angaben zum Patent verschwieg, daß gegen das fragliche Patent ein Einspruch anhängig ist. Das OLG Karlsruhe sah darin den Tatbestand einer irreführenden Werbung verwirklicht.

OLG Köln – 6 U 143/07: Zur Abnehmerverwarnung

OLG Köln, Urt. v. 21.12.200 – 6 U 143/07

An einer objektiv unangemessenen gezielten Behinderung durch die Verwarnung eines Abnehmers fehlt es bei einem Zulieferer, der selbst nicht als Schutzrechtsverletzer in Betracht kam, aus denselben Gründen, die bei dieser Fallgruppe einer Haftung des Verwarnenden wegen eines betriebsbezogenen (unmittelbaren) Eingriffs in das Recht des Zulieferers am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb entgegenstehen.

ipwiki.de:

BGH, I ZR 38/05: Wettbewerbswidrige Markenanmeldung

BGH, I ZR 38/05, Entscheidung vom 10.01.2008:

Leitsatz:

„In der Anmeldung einer im Ausland bereits eingetragenen und für identische oder gleichartige Waren benutzten Marke kann eine wettbewerbswidrige Behinderung u.a. dann liegen, wenn der Anmelder die mit der Eintragung der Marke entstehende Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzen möchte. Dies ist der Fall, wenn der Anmelder weiß, dass ein identisches oder verwechselbares Zeichen im Ausland bereits für identische oder gleichartige Waren benutzt wird, und wenn sich ihm nach den Umständen zumindest die Kenntnis aufdrängen muss, dass der Inhaber der ausländischen Marke die Absicht hat, das Zeichen in absehbarer Zeit auch im Inland zu benutzen. Der Umstand, dass der Anmelder die inländische Marke für eigene Waren benutzen will, schließt dabei die Unlauterkeit nicht aus, wenn die unter der Marke zu vertreibenden Waren Nachahmung der Waren darstellen, die der Inhaber der ausländischen Marke unter dieser Marke vertreibt.“

-> Wettbewerbswidrige Markenanmeldung (Wettbewerbsrecht) (ipwiki.de)
-> Gezielte Behinderung (§ 4 Nr. 10 UWG) (ipwiki.de)

BPatG, 33 W (pat) 205/01 – GALLUP II: Druckereierzeugnisse

aus den Leitsätzen BPatG, Entsch. v. 15. Januar 2008 – 33 W (pat) 205/01 – GALLUP II:

Zwischen Druckereierzeugnissen und anderen Waren und Dienstleistungen besteht nicht schon deshalb eine Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit, weil letztere das Thema oder der inhaltliche Gegenstand von Druckereierzeugnissen sein können.


Eine Ähnlichkeit kann sich jedoch angesichts besonders enger
Berührungspunkte ergeben, etwa bei gleicher Zweckrichtung oder
funktionellem Zusammenhang, z. B. bei sich gegenseitig ergänzenden oder
ersetzenden Druckereierzeugnissen und anderen Waren und
Dienstleistungen, soweit die angesprochenen Verkehrskreise aufgrund der
speziellen Verhältnisse auf dem betreffenden Markt davon ausgehen
werden, dass die Waren und Dienstleistungen aus gleichen Unternehmen stammen können.

LG Düsseldorf, 4a O 427/06 – Rückruf der patentverletzenden Ware aus den Vertriebswegen

Aus LG Düsseldorf, 4a O 427/06 – WC-Duftspüler:

Ein Anspruch auf Rückruf der bereits vertriebenen Produkte und ihre
endgültige Entfernung aus den Vertriebswegen durch die Verletzerin
steht der Verletzten zu und ergibt sich aus §§ 139 Abs. 1 PatG; 1004
Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG
(Enforcement-Richtlinie).

Nach Art. 10 der Enforcement-Richtlinie, die bis zum 29. April 2006
in nationales Recht hätte umgesetzt werden müssen, sollen die
Mitgliedstaaten in ihren nationalen Rechtsordnungen vorsehen, dass dem
Verletzten eine Möglichkeit gegeben wird, den Rückruf der
patentverletzenden Ware aus den Vertriebswegen zu erreichen. Diese
Rechtsfolge lässt sich im Wege richtlinienkonformer Auslegung aus §
1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog herleiten, denn diese Vorschrift
berechtigt den Verletzten dazu, die „Beseitigung“ der Beeinträchtigung
zu verlangen. Darunter lässt sich der Rückruf patentverletzender Ware
und ihre endgültige Entfernung aus den Vertriebswegen subsumieren. Auch
der Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der
Enforcement-Richtlinie tendiert dazu, einen Anspruch auf Rückruf und
Entfernung patentverletzender Erzeugnisse aus den Vertriebswegen
bereits de lege lata anzunehmen.

siehe auch (ipwiki.de)
Rückrufanspruch
Vernichtungsanspruch

BPatG – 24 W (pat) 97/07: Bedenken gegen die Weitergeltung der Inlandsvertretung außerhalb anhängiger Verfahren

Der 24. Senat des Bundespatentgerichts äußert in seiner Entscheidung BPatG, Entscheidung vom 29.1.2008 – 24 W (pat) 97/07 Bedenken gegen eine Anwendung des § 96 Abs. 4 MarkenG außerhalb anhängiger Verfahren, wie in der „Mitteilung Nr. 9/05 des Präsidenten des DPMA über die Mandatsniederlegung durch Inlandsvertreter“ vom 18. Januar 2005 (BlPMZ 2005, 41) dargelegt ist.

siehe auch: Markenrecht:Inlandsvertreter (ipwiki.de)

Rundbrief der Patentanwaltskammer zum Londoner Übereinkommen

Die Patentanwaltskammer erläuterte heute in einem Rundbrief die Situation Deutschlands hinsichtlich des Londoner Übereinkommens wie folgt: 

"Deutschland hat mit dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über internationale Patentübereinkommen vom 10. Dezember 2003 ein Umsetzungsgesetz erlassen. Dieses Gesetz wird jedoch nach Auskunft des Bundesministeriums der Justiz wieder aufgehoben werden, nachdem der dort vorgesehene Zeitpunkt des in Kraft tretens nicht mit dem Londoner Übereinkommen übereinstimmt.

Das Bundesministerium der Justiz beabsichtigt, bis zum 1. Mai 2008 ein neues Umsetzungsgesetz zu erlassen. In diesem Gesetz soll geregelt werden, dass Artikel II § 3 IntPatÜG aufgehoben wird und dass in Artikel XI § 2 IntPatÜG eine Übergangsvorschrift vorgesehen wird, nach der für europäische Patente, für die der Hinweis auf die Erteilung vor dem 1. Mai 2008 im Europäischen Patentblatt veröffentlicht worden ist, Artikel II § 3 IntPatÜG jeweils in der Fassung anwendbar ist, die im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Hinweises gegolten hat. Dies wird bedeuten, dass für europäische Patente, bei denen der Erteilungshinweis vor dem 1. Juni 1992 veröffentlicht wurde, wie bisher keine Übersetzungspflicht besteht. Für Patente, bei denen der Erteilungshinweis vom 1. Juni 1992 bis einschließlich 30. April 2008 veröffentlicht wurde, gilt das jetzt bestehende Recht weiter, d.h. die Übersetzung ist für erteilte europäische Patente und im Einspruchsverfahren geänderte europäische Patente erforderlich. Nach vorläufiger Auskunft des Bundesjustizministeriums ist für im Beschränkungsverfahren vor dem EPA abgeänderte europäische Patente unabhängig von deren Erteilungstag in keinem Fall eine Übersetzung vorgesehen.

Für europäische Patente, für die der Hinweis auf Erteilung am oder nach dem 1. Mai 2008 veröffentlicht wird, ist keine Übersetzung mehr erforderlich. Europäische Patente sind damit künftig mit Erteilung unmittelbar in Deutschland wirksam, bei Nichtzahlung der ersten Jahresgebühr erlöschen die Patente nicht mehr wie bisher nach Art. II § 3 Abs. 2 IntPatÜG rückwirkend ex tunc, sondern ex nunc mit Ablauf der Zuschlagsfrist, nachdem § 20 Abs.1 Nr. 3 PatG i.V.m. § 7 PatKostG anwendbar sind. Zugleich sind die Auswirkungen auf Art. II § 8 IntPatÜG (Verbot des Doppelschutzes) zu berücksichtigen."

BPatG – 29 W (pat) 128/05, 29 W (pat) 13/06: Vorlagefragen zur Wettbewerbsverzerrung durch Ungleichbehandlung

BPatG, Entscheidung v. 19. Dezember 2007 – 29 W (pat) 128/05, 29 W (pat) 13/06 – Volks-Handy, Volks-Camcorder, Volks-Kredit

Vorlagefragen des 29. Senats zu Artikel 3 Abs. 1 lit. b) und c) Richtlinie 89/104 EWG, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG,
Richtlinie Markenanmeldungen des DPMA vom 27. Oktober 1995, Richtlinie Markenanmeldungen des DPMA vom 13. Juni 2006:

1. Fordert Artikel 3 RL 89/104/EWG vom 21. Dezember 1988 zur Sicherung der Gleichheit der Wettbewerbschancen eine Gleichbehandlung von identischen oder vergleichbaren Anmeldungen?

2. Wenn ja, ist das Gericht verpflichtet, konkreten Hinweisen auf eine wettbewerbsverzerrende Ungleichbehandlung nachzugehen und dabei Vorentscheidungen der Behörde in gleich gelagerten Fällen in die Prüfung einzubeziehen?

3. Wenn ja, ist das Gericht verpflichtet, das Verbot einer wettbewerbsverzerrenden Diskriminierung bei der Auslegung und Anwendung von Artikel 3 RL 89/104 EWG vom 21. Dezember 1988 zu berücksichtigen, wenn es eine solche Diskriminierung festgestellt hat?

4. Wenn die Fragen 1 bis 3 mit nein beantwortet werden, muss dann eine nationale gesetzliche Möglichkeit bestehen, dass zur Vermeidung der Verzerrung des Wettbewerbs die nationale Behörde von Amts wegen die Verpflichtung hat, ein Nichtigkeitsverfahren gegen früher zu Unrecht eingetragene Marken einzuleiten?

siehe auch: Voreintragungen (ipwiki.de)