Autor: Dr. Martin Meggle-Freund

BGH, I ZB 115/07: Zur Wirksamkeit einer Verbotsverfügung

BGH, Beschluss vom 22. Januar 2009 – I ZB 115/07

Amtliche Leitsätze:

a) Eine im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes durch Urteil erlassene Verbotsverfügung wird mit der Verkündung des Urteils wirksam und ist vom Schuldner ab diesem Zeitpunkt zu beachten, wenn sie eine Ordnungsmittelandrohung enthält. In diesem Fall kann gegen den Schuldner bei einer schuldhaften Zuwiderhandlung nach Verkündung des Urteils ein Ordnungsmittel festgesetzt werden, wenn die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung vorliegen und die Verbotsverfügung vollzogen ist.

b) Sobald der Schuldner das Verbot beachten und im Fall einer Zuwiderhandlung mit der Verhängung von Ordnungsmitteln rechnen muss, weil das Urteil eine Ordnungsmittelandrohung enthält, ist er durch den Schadensersatzanspruch nach § 945 ZPO dagegen geschützt, dass sich die Verbotsverfügung nachträglich als unberechtigt erweist.

BGH, I ZR 148/06 – Le Corbusier-Möbel II: Keine Verbreitung ohne Übertragung der Verfügungsgewalt

BGH, Urt. v. 22. Januar 2009 – I ZR 148/06 – Le Corbusier-Möbel II

Aus der Urteilsbegründung:

Eine Verbreitung auf andere Weise als durch Verkauf i.S. des Art. 4 Abs. 1 der Informationsgesellschafts-Richtlinie liegt nur vor, wenn eine Übertragung des Eigentums an dem Gegenstand erfolgt.

Ein Dritter greift daher nicht in das ausschließlich dem Urheber nach § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 17 Abs. 1 UrhG zustehende Verbreitungsrecht ein, wenn er Nachbildungen urheberrechtlich geschützter Modelle von Möbeln der Öffentlichkeit zum Gebrauch zugänglich macht.

Von einer Verbreitung ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften auch nicht auszugehen, wenn einem Dritten der Besitz des Originals oder eines Vervielfältigungsstücks übertragen wird.

siehe auch: Verbreitungsrecht (ipwiki.de)

LG Mannheim, 7 O 94/08: Zum Unterlassungsanspruch einer Patentverwertungsgesellschaft und FRAND

LG Mannheim Urteil vom 27.2.2009, 7 O 94/08

Amtliche Leitsätze:

1. Der Einwand des als Patentverletzer in Anspruch genommenen, der im Register eingetragene Patentinhaber oder sein Rechtsvorgänger hätten das Klagepatent nicht wirksam gem. § 6 ArbnErfG in Anspruch genommen, ist unerheblich.

2. Auch eine Patentverwertungsgesellschaft, die nicht selbst patentgemäße Gegenstände herstellt und/oder vertreibt, hat grundsätzlich gegen Dritte einen Unterlassungsanspruch. Dass sie diesen durchzusetzen sucht, um Verletzer zur Lizenznahme anzuhalten, ist dem Patentsystem als Teil der geltenden Rechts- und Wirtschaftsordnung immanent und erscheint grundsätzlich weder schikanös noch rechtsmissbräuchlich.

3. a) Die Erklärung des Patentinhabers gegenüber einer Standardisierungsorganisation, jedem Interessenten zu fairen, angemessenen und nicht diskriminierenden Bedingungen eine Lizenz zu erteilen, ist keine „dingliche“ Verfügung über das Patent, sondern bewirkt allenfalls schuldrechtliche Verpflichtungen im Sinne eines pactum de non petendo , die nicht dem Sukzessionsschutz nach § 15 Abs. 3 PatG unterfallen.

b) Die Übertragung eines Patents, für das eine solche Erklärung gegenüber der Standardisierungsorganisation abgegeben worden ist, auf einen Dritten, ohne diesem dieselben (hier unterstellten) Verpflichtungen aufzuerlegen, bezweckt grundsätzlich weder eine Wettbewerbsbeschränkung i.S.d. Art. 81 Abs. 1 EG noch wird eine solche bewirkt.

siehe auch: FRAND (ipwiki.de)

BGH, X ZR 153/04 – Druckmaschinen-Temperierungssystem II: Zum Widerruf wegen mangelhafter Offenbarung

BGH, Urteil vom 21. April 2009 – X ZR 153/04 – Druckmaschinen-Temperierungssystem II

Amtlicher Leitsatz:

Der Gegenstand des Patents geht nicht schon dadurch über den Inhalt der Anmeldung hinaus, dass er mit Begriffen gekennzeichnet ist, die in den Anmeldungsunterlagen als solche nicht verwendet worden sind, insbesondere, wenn damit längere Umschreibungen in den ursprünglich eingereichten Unterlagen zusammenfassend oder schlagwortartig umschrieben werden.

zudem (aus der Urteilsbegründung):

Das Erfordernis der ausführbaren Offenbarung bedeutet nicht, dass die Lehre alle im Einzelnen zur Erreichung des erfindungsgemäßen Ziels erforderlichen Schritte detailliert beschreiben müsste. Es reicht aus, wenn dem Fachmann ein generelles Lösungsschema an die Hand gegeben wird. Unschädlich ist, wenn er bei der Nacharbeitung auf Unvollkommenheiten stößt, die er als solche erkennt und mit Hilfe seines Wissens im Sinne der Erfindung überwinden kann, ohne selbst erfinderisch tätig werden zu müssen.

siehe auch: Widerruf wegen mangelhafter Offenbarung, Widerruf wegen mangelnder Ausführbarkeit

OLG Karlsruhe, 6 U 61/09: Einstweilige Verfügung in Patentverletzungsstreitigkeiten

OLG Karlsruhe Urteil vom 8.7.2009, 6 U 61/09

Amtliche Leitsätze:

1. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Verfügung in Patentverletzungsverfahren ist, dass die Beurteilung der Verletzungsfrage im Einzelfall keine Schwierigkeiten macht und dass sich keine durchgreifenden Zweifel an der Schutzfähigkeit des Klageschutzrechts aufdrängen. Mit Schwierigkeiten ist die Beurteilung der Verletzungsfrage nicht erst dann verbunden, wenn sie im Hauptsacheverfahren nicht ohne Heranziehung eines Sachverständigen beantwortet werden könnte. Ergänzend ist eine Bewertung und Abwägung der Interessen der Parteien vorzunehmen.

2. Gesichtspunkte, die gegen das Vorliegen eines Verfügungsgrundes sprechen, können sich aus Verhandlungen über den Abschluss eines Lizenzvertrags ergeben sowie daraus, dass im parallel geführten Hauptsacheverfahren demnächst ein Termin zur mündlichen Verhandlung stattfindet.

siehe auch: Einstweilige Verfügung in Patentverletzungsstreitigkeiten (ipwiki.de)

BGH, I ZR 57/07 – Cybersky: Verletzung des Sendeunternehmen zustehenden Leistungsschutzrechts, vorbeugender Unterlassungsanpruch, Störerhaftung

BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 – I ZR 57/07 – Cybersky

Amtliche Leitsätze:

a) Wer für eine Ware, die nach dem Urheberrechtsgesetz sowohl rechtmäßig als auch rechtswidrig genutzt werden kann, gezielt damit wirbt, dass diese für urheberrechtswidrige Zwecke verwendet werden kann (hier: zur Verletzung des Sendeunternehmen zustehenden Leistungsschutzrechts nach § 87 Abs. 1 UrhG), darf diese Ware nicht in Verkehr bringen, solange die von ihm geschaffene Gefahr einer urheberrechtswidrigen Verwendung fortbesteht.

b) Der vorbeugende Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG erstreckt sich auf die eine künftige Rechtsverletzung vorbereitenden Maßnahmen; er umfasst daher auch die Werbung für eine Ware mit der Aussage, diese könne zur Verletzung von nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechten verwendet werden (Bestätigung von BGH, Urt. v. 22.1.1960 – I ZR 41/58, GRUR 1960, 340, 343 f. – Werbung für Tonbandgeräte).

siehe auch: Erstbegehungsgefahr (ipwiki.de)

BGH, I ZR 31/06 – Jeder 100. Einkauf gratis: Keine unangemessene unsachliche Beeinflussung des Durchschnittsverbrauchers

BGH, Urteil vom 22. Januar 2009 – I ZR 31/06 – Jeder 100. Einkauf gratis

Amtlicher Leitsatz:

Die Werbung, jeder 100. Kunde erhalte seinen Einkauf gratis, stellt keine unangemessene unsachliche Beeinflussung des Durchschnittsverbrauchers dar, weil die Rationalität seiner Kaufentscheidung auch dann nicht völlig in den Hintergrund tritt, wenn er im Hinblick auf die angekündigte Chance eines Gratiseinkaufs möglichst viel einkauft.

siehe auch: Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit (ipwiki.de)

BGH, I ZR 49/06 – Mambo No. 5: GEMA-Wahrnehmung

BGH, Urteil vom 4. Dezember 2008 – I ZR 49/06 – Mambo No. 5

Amtlicher Leitsatz:

Räumt der Urheber einem Dritten urheberrechtliche Nutzungsrechte ein, obwohl er die entsprechenden Rechte schon zuvor der GEMA zur Wahrnehmung überlassen hatte, und geht die Rechtseinräumung zugunsten des Dritten daher ins Leere, kann nicht davon ausgegangen werden, der Urheber habe dem Dritten jedenfalls die Ansprüche abgetreten, die ihm im Falle einer Urheberrechtsverletzung im Hinblick auf das eigene Interesse an der Rechtsverfolgung neben der GEMA zustehen.

siehe auch: Einräumung von Nutzungsrechten (ipwiki.de)