BGH, X ZB 37/08 – Lichtbogenschnürung: Schutz von Geheimhaltungsinteressen des mutmaßlichen Patentverletzers

BGH, Beschluss vom 16. November 2009 – X ZB 37/08 – Lichtbogenschnürung

BGB § 809; PatG § 140c Abs. 1 Satz 3

Amtliche Leitsätze:

Ist über den Vorwurf der Patentverletzung im selbständigen Beweisverfahren ein Sachverständigengutachten erstellt worden, können möglicherweise berührte Geheimhaltungsinteressen des vermeintlichen Verletzers in aller Regel in der Weise gewahrt werden, dass der Schutzrechtsinhaber die Einsicht in das Gutachten (zunächst) auf namentlich benannte rechts- bzw. patentanwaltliche Vertreter beschränkt und diese insoweit umfassend zur Verschwiegenheit verpflichtet werden.

Zur Einsicht durch den Schutzrechtsinhaber persönlich darf ein solches Gutachten nicht freigegeben werden, bevor der vermeintliche Schutzrechtsverletzer Gelegenheit hatte, seine Geheimhaltungsinteressen geltend zu machen. Er hat insoweit im Einzelnen darzulegen, welche Informationen im Gutachten Geheimhaltungswürdiges, namentlich Geschäftsgeheimnisse, offenbaren und welche Nachteile ihm aus der Offenbarung drohen.

Aus der Urteilsbegründung:

Der Rechts- oder Patentanwalt, dem Verschwiegenheit auferlegt ist, muss bei der weiteren Beratung des Patentinhabers, etwa über das weitere Vorgehen gegen den vermeintlichen Verletzer, sein besonderes Augenmerk darauf richten, keine Gutachteninhalte zu offenbaren oder Ausführungen zu machen, die dem – in der Regel sachkundigen – Patentinhaber Rückschlüsse darauf, insbesondere auf Privatgeheimnisse des vermeintlichen Verletzers ermöglichen könnten. Ist das nach Lage des Sachverhalts nicht möglich, bleibt dem Rechts- bzw. Patentanwalt nur übrig, zunächst darauf hinzuwirken, dass das Gutachten auch der Partei zugänglich gemacht werden darf und die Beratung danach auszurichten. Dem Rechts- oder Patentanwalt wäre es insbesondere verwehrt, selbst zu befinden, welche Informationen in dem ihm unter Anordnung der Verschwiegenheit überlassenen Dokument „wirklich“ geheimhaltungswürdige Belange des vermeintlichen Verletzers betreffen und seine Verschwiegenheit nur auf diese zu beschränken.

Dem vermeintlichen Verletzer bleibt als Gewähr dafür, dass die gegnerischen Rechts- oder Patentanwälte die Verschwiegenheitsanordnung beachten, nicht nur der Verlass darauf, dass diese das in sie kraft ihrer Stellung als Organe der Rechtspflege gesetzte Vertrauen nicht enttäuschen. Die Verpflichtung zur Bewahrung etwaiger aus dem Gutachten ersichtlicher Privatgeheimnisse des Besichtigungsschuldners ist auch strafbewehrt (§ 203 StGB).

siehe auch: Schutz von Geheimhaltungsinteressen des mutmaßlichen Patentverletzers (ipwiki.de)

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