Autor: Dr. Martin Meggle-Freund

BGH, I ZB 62/09 – Marlene-Dietrich-Bildnis II: doch markenfähig

BGH, Beschluss vom 31. März 2010 – I ZB 62/09 – Marlene-Dietrich-Bildnis II

Amtliche Leitsätze:

a) Zeichen oder Angaben, die sonst als Werbemittel verwendet werden, ohne dass sie für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen beschreibend sind, kann nicht schon wegen einer solchen Verwendung die Eintragung als Marke versagt werden.

b) Bei der Prüfung des Eintragungshindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist im Wege einer Prognose zu ermitteln, ob dem angemeldeten Zeichen von Haus aus Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen zukommt. Dabei sind die in der betreffenden Branche bestehenden Verkehrsgepflogenheiten sowie – wenn das angemeldete oder ein ähnliches Zeichen bereits benutzt wird – die Kennzeichnungsgewohnheiten und die tatsächliche Wahrnehmung der angesprochenen Verkehrsteilnehmer zu berücksichtigen. Die Wahrnehmung des Verkehrs, ob ein Zeichen im Einzelfall als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der betreffenden Ware oder Dienstleistung verstanden wird, kann auch dadurch beeinflusst werden, dass Marken bei den betreffenden Waren oder Dienstleistungen üblicherweise an bestimmten Stellen angebracht werden.

c) Einer Beschränkung der Marke darauf, dass der Schutz nur für die Anbringung des Zeichens an einer bestimmten Stelle begehrt wird (sogenannte Positionsmarke), bedarf es nicht, wenn – wie im Regelfall – praktisch bedeutsame und naheliegende Möglichkeiten der Anbringung des Zeichens an verschiedenen Stellen auf oder außerhalb der Ware oder Dienstleistung in Betracht kommen, bei denen das Zeichen vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden wird.

Aus der Urteilsbegründung:

Lässt sich eine [solche] bereits bestehende Kennzeichnungspraxis nicht feststellen, genügt allein dieser Umstand als solcher dagegen nicht, um die Eignung des angemeldeten Zeichens, vom Verkehr als Herkunftshinweis vertanden zu werden, zu verneinen. Vielmehr bedarf es auch in diesem Fall der auf allgemeine Erfahrungssätze und den festgestellten Tatsachen gestützten Prognose darüber, wie das angemeldete Zeichen von den angesprochenen Verkehrskreisen mutmaßlich wahrgenommen werden wird, wenn es – innerhalb der fünfjährigen Benutzungsschonfrist (vgl. § 49 MarkenG) -, wie vom Anmelder beabsichtigt, zur Kennzeichnung der betreffenden Waren oder Dienstleistungen benutzt wird.

Es genügt, wenn es praktisch bedeutsame und naheliegende Möglichkeiten gibt, das angemeldete Zeichen bei den Waren und Dienstleistungen, für die es eingetragen werden soll, so zu verwenden, dass es vom Verkehr ohne weiteres als Marke verstanden wird (BGH GRUR 2008, 1093 Tz. 22 – Marlene-Dietrich-Bildnis I, m.w.N.).

BGH, Xa ZR 126/07 – Klammernahtgerät: Ausführbarkeit der Erfindung

BGH, Urteil vom 13. Juli 2010 – Xa ZR 126/07 – Klammernahtgerät

Amtlicher Leitsatz:

Eine Erfindung ist ausführbar offenbart, wenn die in der Patentanmeldung enthaltenen Angaben dem fachmännischen Leser so viel an technischer Information vermitteln, dass er mit seinem Fachwissen und seinem Fachkönnen in der Lage ist, die Erfindung erfolgreich auszuführen. Es ist nicht erforderlich, dass mindestens eine praktisch brauchbare Ausführungsform als solche unmittelbar und eindeutig offenbart ist.

BGH, I ZR 123/08 – Espressomaschine: Irreführende Preisangabe über ein Preisvergleichsportal

BGH, Urteil vom 11. März 2010 – I ZR 123/08 – Espressomaschine

Amtlicher Leitsatz:

Der durchschnittlich informierte Nutzer eines Preisvergleichsportals im Internet verbindet mit den ihm dort präsentierten Informationsangeboten vorbehaltlich klarer gegenteiliger Hinweise regelmäßig die Erwartung einer höchstmöglichen Aktualität. Er geht deshalb grundsätzlich davon aus, dass er das dort beworbene Produkt zu dem angegebenen Preis erwerben kann, und wird irregeführt, wenn der tatsächlich verlangte Preis nach einer Preiserhöhung auch nur für einige Stunden über dem im Preisvergleichsportal angegebenen Preis liegt.

siehe auch: Irreführende Angaben über Preis und Verkaufsmodalitäten

BGH, I ZR 35/08: Berechtigungsvertrag mit der GEMA

BGH, Urteil v. 11. März 2010 – I ZR 35/08

Aus der Urteilsbegründung:

Komponisten der GEMA mit dem Abschluss eines solchen Berechtigungsvertrages sämtliche Rechte einräumen, die zur Nutzung ihrer Musikwerke als Klingeltöne erforderlich sind, und es daher für die Nutzung eines Musikwerks als Klingelton auch dann lediglich einer Lizenz der GEMA und keiner zusätzlichen Einwilli-gung des Urhebers bedarf, wenn das Musikwerk – wie dies hier der Fall ist – auf eine Art und Weise zum Klingelton umgestaltet wird, die bei Einräumung der Nutzungsrechte üblich und voraussehbar war.

BGH, I ZR 27/08 – Telefonwerbung nach Unternehmenswechsel

BGH, Urteil vom 11. März 2010 – I ZR 27/08 – Telefonwerbung nach Unternehmenswechsel

Amtlicher Leitsatz:

Wer nach einem Wechsel zu einem anderen Unternehmen Kunden seines ehemaligen Arbeitgebers, die ihm aus seiner früheren Tätigkeit bekannt sind, anruft, um sie von dem Wechsel in Kenntnis zu setzen, verstößt im Allgemeinen nicht gegen § 7 Abs. 1 UWG.

-> Telefonwerbung nach Unternehmenswechsel

BGH, I ZR 51/08 – POWER BALL: Kennzeichenverletzung durch Beeinflussung der Google-Suche

BGH, Urteil vom 4. Februar 2010 – I ZR 51/08 – POWER BALL

Amtlicher Leitsatz:

Gibt ein Unternehmen in einer bestimmten Zeile seiner Internetseite, von der es weiß, dass eine Internetsuchmaschine (hier: Google) auf die dort angegebenen Wörter zugreift, zusammen mit seiner Produktkennzeichnung eine Bezeichnung an (hier: power ball) [-> Markenmäßige Benutzung], die mit der Marke eines Dritten (hier: POWER BALL) verwechselbar ist, ist es dafür verantwortlich, dass die Internetsuchmaschine die Kennzeichen zusammen als Treffer anführt.

BGH, X ZR 51/09: Beschwerde gegen eine Verurteilung zur Auskunftserteilung

BGH, Beschluss vom 29. Juni 2010 – X ZR 51/09

Amtliche Leitsätze:

Gibt der zur Auskunftserteilung verurteilte Beklagte noch vor Abschluss der Tatsacheninstanzen zur Abwendung der Zwangsvollstreckung Auskunft, ist sein diesbezüglicher Aufwand bei der Berechnung des Wertes der mit seiner Revision geltend zu machenden Beschwer zu berücksichtigen.

Die Revision ist zur Fortbildung des Rechts auch dann zuzulassen, wenn dieser Zulassungsgrund bei Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde vorlag und danach in anderer Sache eine entsprechende Leitentscheidung des Bundesgerichtshofes ergangen ist (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 06.05.2004 – I ZR 197/03, GRUR 2004, 712; Beschl. v. 08.09.2004 – V ZR 260/03, NJW 2005, 154).

BGH, I ZR 85/08 – Ausschreibung in Bulgarien: Zum Markortprinzip

BGH, Urteil vom 11. Februar 2010 – I ZR 85/08 – Ausschreibung in Bulgarien

Amtlicher Leitsatz:

Das anwendbare materielle Wettbewerbsrecht ist grundsätzlich auch dann nach dem Marktortprinzip zu bestimmen, wenn sich der wettbewerbliche Tatbestand im Ausland ausschließlich unter inländischen Unternehmen abspielt oder sich gezielt gegen einen inländischen Mitbewerber richtet, der dadurch im Wettbewerb behindert wird (Aufgabe von BGHZ 40, 391, 397 ff. – Stahlexport).

BGH, I ZR 178/08 – Half-Life 2: Erschöpfung des Verbreitungsrechts in bezug auf ein Computerprogramm

BGH, Urteil vom 11. Februar 2010 – I ZR 178/08 – Half-Life 2

Amtlicher Leitsatz:

Der urheberrechtliche Grundsatz der Erschöpfung des Verbreitungsrechts wird nicht berührt, wenn der Berechtigte das von ihm geschaffene, auf DVD vertriebene Computerspiel so programmiert, dass es erst nach der online erfolgten Zuweisung einer individuellen Kennung genutzt werden kann, und wenn er sich vertraglich ausbedingt, dass diese Kennung nicht an Dritte weitergegeben werden darf. Dies gilt auch dann, wenn die DVD mit dem Computerspiel wegen der ohne Kennung eingeschränkten Spielmöglichkeiten vom Ersterwerber praktisch nicht mehr weiterveräußert werden kann.

Aus der Urteilsbegründung:

Die Rechtsfolge der Erschöpfung soll nur Behinderungen des Warenverkehrs infolge der Ausübung des Verbreitungsrechts begrenzen. Einschränkungen der rechtlichen oder tatsächlichen Verkehrsfähigkeit eines Werkstücks, die sich nicht aus dem Verbreitungsrecht des Urhebers als solchem ergeben, sondern auf anderen Umständen beruhen wie beispielsweise auf der spezifischen Gestaltung des betreffenden Werkes oder Werkstücks, berühren den Grundsatz der Erschöpfung des urheberrechtlichen Verbreitungsrechts nicht. Es ist urheberrechtlich unbedenklich, wenn der Urheber sein Werk oder Werkstücke, die sein Werk verkörpern, so gestaltet, dass diese nur auf bestimmte Art und Weise genutzt werden können, und die Weiterveräußerung des Originals des Werks oder von ihm in Verkehr gebrachter Werkstücke durch den Ersterwerber infolge ihrer konkreten Ausgestaltung eingeschränkt ist oder faktisch ganz ausscheidet, weil wegen der beschränkten Nutzungsmöglichkeiten ein nennenswertes Interesse nachfolgender Erwerber nicht besteht.