Autor: Dr. Martin Meggle-Freund

BVerfG, 1 BvR 2576/04: Anwaltliches Erfolgshonorar

Nun habe ich noch die schon seit einiger Zeit in Diskussion befindliche Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 12.12.2006 – 1 BvR 2576/04) zum Verbot des anwaltlichen Erfolgshonorars wikisiert:

-> Anwaltliches Erfolgshonorar
-> Anwaltliche Unabhängigkeit
-> Prozesskostenrisiko

Kurz (aus den Leitsätzen): § 49 b Absatz 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung in der Fassung vom 2. September 1994 (Bundesgesetzblatt I Seite 2278) und § 49 b Absatz 2 Satz 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung in der Fassung vom 5. Mai 2004 (Bundesgesetzblatt I Seite 718) sind nach Maßgabe der Gründe insoweit mit Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, als sie keine Ausnahme vom Verbot anwaltlicher Erfolgshonorare vorsehen.

BPatG 26 W (pat) 24/06 – POST: Zur Schutzunfähigkeit des Zeichens „POST“ und die Anforderungen an die Verkehrsdurchsetzung

Im Beschluß BPatG, Beschl. v. 10. April 2007 – 26 W (pat) 24/06 – POST nimmt der Senat Stellung zur Schutzunfähigkeit des Zeichens „POST“ auf dem Gebiet der Beförderung und Zustellung von Briefen, Paketen und anderen Gütern, sowie zu den Anforderungen an die Verkehrsdurchsetzung.

Leitsätze:

1. Das Wort „POST“ stellt für Dienstleistungen auf dem Gebiet der Beförderung und Zustellung von Briefen, Paketen und anderen Gütern eine schutzunfähige Angabe i. S. d. (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) dar.

2. Für die Überwindung absoluter Schutzhindernisse durch Verkehrsdurchsetzung (§ 8 Abs. 3 MarkenG) ist die Glaubhaftmachung von Tatsachen erforderlich, die eine Benutzung der Marke als Marke durch den Anmelder erkennen lassen (Anschluss an EuGH MarkenR 2002, 231 ff., Nr. 64 – Philips/Remington). Eine Verwendung durch Dritte, z. B. in redaktionellen Beiträgen über den Anmelder oder auf von Dritten aufgestellten Hinweisschildern, stellt keine solche Benutzung dar.

3. Die Bestimmung des im Einzelfall erforderlichen Verkehrsdurchsetzungsgrades darf zwar nicht von dem Grad des an der fraglichen Angabe bestehenden Freihaltungsbedürfnisses abhängig gemacht werden. Bei seiner Bestimmung ist jedoch der spezifische Charakter der Bezeichnung, deren Durchsetzung geltend gemacht wird, zu berücksichtigen (EuGH MarkenR 1999, 189 ff., Nr. 54 – Chiemsee). An den Nachweis der Verkehrsdurchsetzung einer Gattungsbezeichnung als Marke eines bestimmten Unternehmens sind strenge Anforderungen zu stellen. Dies gilt be-sonders dann, wenn die Verkehrsauffassung maßgeblich von einem jahrzehntelang bestehenden Angebotsmonopol bestimmt ist, das es dem Verkehr nahe legt, die Gattungsbezeichnung mit dem einzigen Anbieter der fraglichen Dienstleistungen in Verbindung zu bringen, ohne darin zugleich einen Herkunftshinweis zu sehen (BGH MarkenR 2006, 341 ff., Nr. 20 – LOTTO). Erforderlich ist in einem solchen Fall eine nahezu einhellige Verkehrsdurchsetzung in allen beteiligten Verkehrs-kreisen (BGH GRUR 2003, 1040, 1044 – Kinder; MarkenR 2006, 341 ff., Nr. 20 – LOTTO).

4. Die Feststellung einer nahezu einhelligen Verkehrsdurchsetzung lässt nur einen unbedeutenden rechnerischen Abschlag von der einhelligen, m. a. W. ausnahmslosen, Durchsetzung zu. Hierfür (und für den Nachweis eines Bedeutungswandels von einer glatt beschreibenden Angabe zu einem Hinweis auf ein einzelnes Unternehmen) reichen Zuordnungsgrade von weniger als 85% jedenfalls im Fall eines vorangegangenen und teilweise noch fortbestehenden Angebotsmonopols nicht aus.

-> Verkehrsurchsetzung
-> Post

Pagerank-Wirkung von ipwiki.de

Ein externer Link auf den mittlerweile über 1500 Seiten von ipwiki.de hat scheinbar doch recht erhebliche Auswirkungen auf den Pagerank der jeweils verlinkten Seite. Bei der kürzlichen Pagerank-Neubewertung durch Google ist der noch nicht lange eingebundene ipweblog aus dem Stand von Pagerank 0 auf Pagerank 3 gehüpft. Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, daß das nur an der Qualität meiner ipweblog-Posts hängt. 😉 So betrachtet ist die Textlink-Werbung auf ipwiki.de wohl eher ein Schnäppchen.

Der Pagerank-Sprung von ipweblog erlaubt es nun auch ein Anbieten des ipweblog bei dem Textlink-Broker.

Nebenbei bemerkt sind die gesponsorten Links eine willkommene Unterstützung der Weiterentwicklung von ipwiki. Sie machen im Vergleich zur Google-Adsense momentan den deutlich größeren Anteil der Werbeeinnahmen aus.

Im Monat April:

Textlink-Werbung: 63,86 €
Google-Adsense: 19,95 €

T 1020/03: zur zweiten medizinischen Indikation

In der Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer 3.3.04 vom 29. Oktober 2004 T 1020/03 – 3.3.04 findet sich eine längere Abhandlung zum Thema der Patentierbarkeit von Stoffen und Stoffgemischen, inbesondere zur zweiten medizinischen Indikation. Die Kammer hat die bisherige Rechtsprechung hierzu ausführlich zusammengefaßt.

Leitsatz: Bei jeder unter Artikel 52 (4) Satz 1 EPÜ fallenden Verwendung eines Stoffgemisches, das bereits für eine therapeutische Anwendung vorgeschlagen wurde, ist ein Anspruch für eine zweite medizinische Verwendung, der auf die Herstellung des Stoffgemisches für diese zweite medizinische Verwendung gerichtet ist, unabhängig davon gewährbar, wie ausführlich diese Verwendung beschrieben wird, sofern sie neu und erfinderisch ist. Für die Neuheit ist auch nach Artikel 54 (5) EPÜ maßgeblich, ob die therapeutische Anwendung neu ist, und zwar unabhängig davon, wie ausführlich die Therapie im Anspruch dargelegt ist.

Ausnahme amtlicher Datenbanken vom Urheberschutz

Im Hinblick auf die aktuelle Vorlagefrage des BGH (BGH, Beschl. v. 28. September 2006 – I ZR 261/03 – Sächsischer Ausschreibungsdienst) bezüglich der Ausnahme von amtlichen Datenbanken aus dem Urheberschutz habe ich die Artikel „Datenbanken“ und „Amtliche Werke“ im ipwiki überarbeitet.

Laut BGH wäre nach autonomem deutschem Recht die Ausnahmebestimmung des § 5 UrhG auf Datenbanken, die den Sui-generis-Schutz nach §§ 87a ff. UrhG genießen, entsprechend anzuwenden.

Diesbezüglich von Interesse ist sicherlich auch ein aktuelles Urteil des OLG Köln (6 U 229/05 vom 15.12.2006), in dem eine dem BGH entgegengesetzte Meinung vertreten wird.

-> Datenbankschutz
-> Ausnahmen vom Urheberschutz

T 0992/03: Vorlagefragen bezüglich Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung

In der Leitsatz-Entscheidung T 0992/03 vom 20. Oktober 2006 werden der Großen Beschwerdekammer folgende Fragen, nun anhängig unter G 1/07, vorgelegt:

1. Is a claimed imaging method for a diagnostic purpose (examination phase within the meaning given in G 1/04), which comprises or encompasses a step consisting in a physical intervention practised on the human or animal body (in the present case, an injection of a contrast agent into the heart), to be excluded from patent protection as a „method for treatment of the human or animal body by surgery“ pursuant to Article 52(4) EPC if such step does not per se aim at maintaining life and health?

2. If the answer to question 1 is in the affirmative, could the exclusion from patent protection be avoided by amending the wording of the claim so as to omit the step at issue, or disclaim it, or let the claim encompass it without being limited to it?

3. Is a claimed imaging method for a diagnostic purpose (examination phase within the meaning given in G 1/04) to be considered as being a constitutive step of a „treatment of the human or animal body by surgery“ pursuant to Article 52(4) EPC if the data obtained by the method immediately allow a surgeon to decide on the course of action to be taken during a surgical intervention?

-> Chirurgische oder therapeutische Verfahren

BPatG, 10 W (pat) 13/05: Die entsprechende Anwendung der §§ 240, 249 ZPO (Unterbrechung bei Insolvenz) auf die Zahlung von Jahresgebühren erscheint gerechtfertigt

BPatG, Beschl. v. 30. Januar 2007 – 10 W (pat) 13/05

Der juristische Senat des Bundespatentgerichts greift (trotz Bedenken des Präsidenten des DPMA) bei Nichtzahlung der Jahresgebühren wegen Insolvenz auf die Regelungen der ZPO bezüglich der Unterbrechung des Verfahrens zurück.

Die entsprechende Anwendung der §§ 240, 249 ZPO auf die Zahlung von Jahresgebühren nach dem Patentkostengesetz erscheint ihm gerechtfertigt.

-> Rückgriff auf die ZPO

BGH bestätigt Rechtsprechung zur Haftung von eBay bei Markenverletzungen

aus der Pressemitteilung des BGH, Urteil vom 19. April 2007 – I ZR 35/04:

„Der Bundesgerichtshof hat an seiner Rechtsprechung zur Haftung von Internet-Auktionshäusern für Markenverletzungen festgehalten. Danach betrifft das im Telemediengesetz (TMG) geregelte Haftungsprivileg für Host-Provider nur die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung, nicht dagegen den Unterlassungsanspruch.“

-> Internetrecht:Störerhaftung

Deutsches Uhrenmuseum – Himmelsscheibe von Nebra – Synchronizität

Letzes Wochenende hatte ich die Gelegenheit, das Deutsche Uhrenmuseum in Furtwangen (Schwarzwald) zu besuchen. Nach einer Privatführung, die uns eine befreundete Wissenschaftlerin des Museums bot, blickte ich kurz durch den aktuellen Museumsführer mit dem Tiel „Moderne Zeiten“. Dabei zog eine seitenfüllende Abbildung einer Metallplatte mit der Darstellung von Sonne und Mond meine Aufmerksamkeit auf sich. Die befreundete Museumsmitarbeiterin klärte mich über die Relevanz dieses Objekts – die „Himmelsscheibe von Nebra“ – auf, die mich offensichtlich so beeindruckte.

Nach meinem anfänglichen Interesse an der Scheibe als solcher stellte sich mir bald die Frage nach den Bildrechten. Ich mutmaßte, daß ein etwaiges Urheberrecht hier wohl längst abgelaufen sei und – sollte jemandem gegen den Willen der Eigentümerin (das Land Sachsen-Anhalt) ein gutes Foto von der Scheibe gelungen sein – der Fotograf das Bild durchaus weiterverwerten könne. Ich wurde schnell etwas besseren belehrt…

Nicht wenig überrascht war ich heute, als mir der Begriff „Himmelsscheibe von Nebra“ bei der Durchsicht der aktuellen GRUR (Heft April 2007) entgegensprang. Ein kurzer Kommentar befaßt sich mit dem Urteil des LG Magdeburg vom 16.10.2003 – 7 O 847/03, bei dem es um die umstrittenen Verwertungsrechte bezüglich der Himmelscheibe ging. Durch den Kommentar wurde die Frage, die ich mir vor wenigen Tagen im Deutschen Uhrenmuseum stellte, schnell beantwortet (-> § 71 UrhG – nachgelassene Werke).

Übrigens nennt Carl Gustav Jung solch relativ zeitnah aufeinander folgende Ereignisse, die nicht über eine Kausalbeziehung verknüpft sind, „Synchronizitäten“.

Nebenbei bemerkt lief heute auf Bayern2 in „radioWissen“ ein Feature mit dem Titel „Und Gott würfelt doch! Über den Zufall“. In dem Radiofeature wurden derartige Zufälle als Koinzidenzen bezeichnet. Ein Erklärungsmodell für derartige Zufälle ist – soweit ich mich an die Sendung erinnere – schon durch die Vielzahl an Menschen und Situationen gegeben, die auf dieser Welt agieren bzw. eintreten.