BPatG, 25 W (pat) 79/12: Festsetzung des Gegenstandswerts
BPatG, Beschl. v. 13. November 2014 – 25 W (pat) 79/12
Amtliche Leitsätze:
Bei der Festsetzung des Gegenstandswerts im Widerspruchs(beschwerde)verfahren ist das
wirtschaftliche Interesse des Inhabers der mit dem Widerspruch angegriffenen Marke am
Erhalt seiner Marke maßgeblich (st.Rspr.).
Mangels ausreichender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine betragsmäßige Schätzung
dieses wirtschaftlichen Interesses ist bei der Festsetzung des Gegenstandswerts von dem in § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG normierten Regelwert auszugehen (abw. BPatG Beschluss vom 8. August 2013 – 30 W (pat) 57/11).
Der erkennende Senat hält entgegen der Mehrheit der Marken-Beschwerdesenate des
Bundespatentgerichts, die einer BGH-Praxis folgend den Gegenstandswert regelmäßig mit
50.000,– Euro festsetzen, an seiner Rechtsprechung fest, dieses wirtschaftliche Interesse bei unbenutzten angegriffenen Marken ohne werterhöhende Faktoren in der Form zu bemessen, dass der Ausgangsregelwert nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG verfünffacht wird (vgl. Senatsbeschluss vom 9. August 2012 – 25 W (pat) 510/11, BlPMZ 2012, 421 – Gegenstandswert im Widerspruchs- bzw. Widerspruchsbeschwerdeverfahren). Daraus ergibt sich im vorliegenden Verfahren ein Gegenstandswert in Höhe von 20.000,– Euro.
Bei der Bemessung des Gegenstandswerts für das Beschwerdeverfahren ist auf die
Gesetzeslage zum Zeitpunkt der Anhängigkeit des Beschwerdeverfahrens abzustellen
(Rechtsgedanke des § 40 GKG), und der zu diesem Zeitpunkt gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2
RVG normierte Regelwert zu Grunde zu legen.
Aus den Entscheidungsgründen:
Insgesamt zeigen die vorstehenden Zahlen, dass die Widerspruchs- und Widerspruchsbeschwerdeverfahren
mit steigender Höhe der Gegenstandswerte und damit
steigender Kostenbelastung sich zunehmend von dem ursprünglichen gesetzgeberischen
Zweck und Ideal entfernen, den Beteiligten ein schnelles und im Wesentlichen
an der Registerlage orientiertes und deshalb im Vergleich zum Verletzungsprozess
einfacheres und auch deutlich kostengünstigeres Verfahren zur Klä-
rung markenrechtlicher Kollisionen (regelmäßig vor der Benutzungsaufnahme einer
jüngeren Marke) zur Verfügung zu stellen. Dass dieser gesetzgeberische
Zweck, der auch in den sehr niedrigen Gebühren für die Erinnerung vor dem Patentamt
und die Beschwerde vor dem Bundespatentgericht in Höhe von aktuell
150,– bzw. 200,– € zum Ausdruck kommt, durch unangemessen hohe Gegenstandswerte
und den daraus folgenden entsprechend hohen Anwaltskosten konterkariert
wird, ergibt sich aus dem vorstehend dargestellten Zahlenwerk ohne
Weiteres. Angesichts der inflationären Tendenzen beim Gegenstandswert (Verfünffachung
des Werts von 2006 bis 2012) und der dadurch bedingten gestiegenen
Kostenbelastung für die Beteiligten ist es auch wenig überraschend, dass das
Instrument des markenrechtlichen Widerspruchsverfahrens zur Klärung von streitigen
Kollisionslagen von den Markeninhabern zunehmend zurückhaltend genutzt
wird. Die durchschnittliche Zahl der Widerspruchsbeschwerdeentscheidungen
beim Bundespatentgericht pro Jahr war in den Jahren 1995 bis 2004 etwa um einen
Faktor 3 und in den Jahren 2005 bis 2008 etwa um einen Faktor 2 höher als
in der jüngeren Vergangenheit der Jahre 2009 bis 2013, wohingegen die Zahl der
Verfahren zu Fragen der absoluten Schutzfähigkeit bezogen auf den Zeitraum von
1995 bis 2012 (mit Ausnahme der Jahre 2001 bis 2004 mit um circa 40 % höheren
Entscheidungszahlen) nahezu konstant geblieben ist. Der erkennende Senat hält
es für außerordentlich bedauerlich, dass das markenrechtliche Widerspruchsverfahren
als wertvolles Instrument der „Regulierung“ und „Vorabklärung“ vor einem
tatsächlichen Aufeinandertreffen der Marken im Markt wohl nicht zuletzt auch aufgrund
des signifikant gestiegenen Kostenaufwands zunehmend ungenutzt bleibt.
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