Rechtsbeschwerde: Kostenfestsetzungsverfahren vor dem BPatG
Da der 4. Nichtigkeitssenat in einer weiteren Entscheidung (Beschluss vom 7. Mai 2012 in der Rechtssache 4 ZA (pat) 13/12) die Rechtsbeschwerde im Kostenfestsetzungsverfahren zugelassen und somit den in diesem Blog schon mehrfach diskutierten Beschluss 4 ZA (pat) 35/11 fortgeführt hat, soll hier noch einmal auf die letztgenannte Entscheidung eingegangen werden, die mittlerweile auch im Volltext veröffentlicht ist.
1. Der Senat führt in dem Beschluss 4 ZA (pat) 35/11 in Ziffer 3. der Entscheidungsgründe aus: „Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nach § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG i. V. m.§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 ZPO auch im Verfahren vor dem Bundespatentgericht statthaft …, da § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG ausdrücklich die Vorschriften der Zivilprozessordung über das Kostenfestsetzungsverfahren für entsprechend anwendbar erklärt. Diese Gesamtverweisung erfüllt damit zugleich die von § 99 Abs. 2 PatG geforderte Zulassung einer Anfechtung der Entscheidungen des Patentgerichts und gewährleistet damit Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde in entsprechender Anwendung des § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO.“
2. Der Senat begründet dies in dem Beschluss 4 ZA (pat) 35/11 in Ziffer 3a. der Entscheidungsgründe weiter wie folgt:
– Die Änderung des Beschwerderechts durch die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO zugelassene Rechtsbeschwerde gegen Beschlüsse des Beschwerde- und Berufungsgerichts würde dazu führen, dass die Zulässigkeit einer Rechtsbeschwerde im Verfahren vor dem Bundespatentgericht neu zu bewerten sei und auch in Kostenfestsetzungsverfahren durch die entsprechende Verweisung auf die ZPO nicht ausgeschlossen sei.
– 99 Abs. 2 PatG würde „nur ‚eine Zulassung durch dieses Gesetz‘ fordern“. Auch die im Hinblick auf die Besonderheiten des Verfahrens vor dem Bundespatentgericht einschränkende Verweisung in § 99 Abs. 1 PatG fordere eher einen Gleichklang mit der Regelung des § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO als dass sie diesem entgegenstünde.
– Die Generalverweisung des § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG würde auch ohne ausdrückliche Erwähnung des § 574 ZPO das insoweit eigenständige Rechtsmittelrecht der Zivilprozessordung im Kostenfestsetzungsrecht umfassen.
3. Diese Auffassung erscheint immer noch etwas überraschend.
Zwar ist zuzugeben, dass § 84 Abs. 2 S. 2 PatG eine dynamische Verweisung auf die ZPO-Vorschriften zum Kostenfestsetzungsverfahren ist. Änderungen der ZPO-Vorschriften wirken sich unmittelbar auf das Verfahren vor dem BPatG aus – sofern ihre Anwendung nicht nach § 99 Abs. 1 oder Abs. 2 PatG ausgeschlossen ist.
Nach § 84 Abs. 2 S. 3 PatG i.V.m. § 99 Abs. 2 PatG sind jedoch die ZPO-Vorschriften über die Rechtsmittel zum BGH von dieser Verweisung gerade ausgeschlossen. Bei jeder anderen Auslegung hätte die Vorschrift des § 84 Abs. 2 S. 3 PatG keinerlei Bedeutung und wäre schlicht hinfällig.
Insofern ist schon erstaunlich, dass es sich bei § 84 Abs. 2 S. 2 PatG um eine „Gesamtverweisung“ handeln soll. Aufgrund des Ausschlusses der Vorschriften über die Rechtsmittel von der Verweisung des § 84 Abs. 2 S. 2 PatG kann eine Änderung der ZPO-Vorschriften zur Statthaftigkeit von Rechtsmitteln zum BGH nach meiner Auffassung nicht eine Neubewertung erfordern, ob diese ZPO-Vorschriften von der Verweisung des § 84 Abs. 2 S. 2 PatG umfasst sein sollen.
4. Sofern der Senat in dem Beschluss 4 ZA (pat) 35/11 in Ziffer 3a. der Entscheidungsgründe auf die Kommentarliteratur zu § 83 MarkenG Bezug nimmt, dürfte zu beachten sein, dass die analoge Anwendung des § 83 MarkenG auf ein Nebenverfahren zu einem Beschwerdeverfahren vor dem Marken-Beschwerdesenat wohl näherliegend sein dürfte als eine Anwendung entsprechender Vorschriften bei einem Nebenverfahren vor einem Nichtigkeitssenat. Die Hinweise auf § 83 MarkenG in dem Beschluss 4 ZA (pat) 35/11 verwundern auch insoweit etwas, als der Senat in dem Beschluss 4 ZA (pat) 35/11 die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde eben nicht mit einer analogen Anwendung des § 100 PatG begründet. Zur relevanten Frage, ob § 84 Abs. 2 S. 2 PatG eine Anwendung des Rechtsbeschwerderechts der ZPO umfasst, dürfte sich die Kommentarliteratur zu § 83 MarkenG nur schwerlich fruchtbar machen lassen.
5. Ungeachtet der obigen Anmerkungen sei noch einmal betont, dass auch nach Auffassung des Verfassers dieses Beitrags die divergierende Rechtsprechung der Nichtigkeitssenate zur Erstattungsfähigkeit von Doppelvertretungskosten unbefriedigend ist. Ein Rechtsmittel zum BGH (oder alternativ die Schaffung eines gemeinsamen Senats am BPatG) wäre wünschenswert, um eine einheitliche Praxis sicherzustellen. Ob dies im Rahmen der bestehenden gesetzlichen Vorschriften möglich ist, wie der 4. Nichtigkeitssenat meint, oder es dazu einer Gesetzesänderung bedarf, wird hoffentlich bald durch den BGH geklärt werden.