EPA-Seminar „Boards of Appeal”

Am 26. und 27.11.2015 fand in München das EPA-Beschwerdekammerseminar statt. Die Vorträge werden online zur Verfügung gestellt werden.

Unter den zahlreichen vorgestellten Entscheidungen mögen – neben den ausführlich dargestellten Entscheidungen der Großen Beschwerdekammer zur Klarheit im Einspruchsverfahren (G 3/14) und zu den Grenzen des Patentierungsausschlusses des Art. 53(b) EPÜ (G 2/13 und G 2/12) – die folgenden Aspekte für Praktiker von besonderem Interesse sein:

In T 899/13 wurde betont, dass der Patentinhaber oder Anmelder als Beschwerdeführer sämtliche Beanstandungen, die nach der angegriffenen Entscheidung der Patenterteilung oder Aufrechterhaltung des Patents entgegenstehen, durch Ausführungen in der Beschwerdebegründung oder Änderungen der Anmeldung adressieren muss. Tut er dies nicht, führt dies zur Unzulässigkeit der Beschwerde, die nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist nicht mehr heilbar ist. Im entschiedenen Fall enthielt die Beschwerdebegründung keine Ausführungen zu Klarheitsbeanstandungen gegen abhängige oder nebengeordnete Ansprüche, was zur Unzulässigkeit der Beschwerde führte. Hingegen muss der Einsprechende als Beschwerdeführer nur einen der Gründe, die der Aufrechterhaltung des Patents entgegenstehen, in seiner Beschwerdebegründung adressieren, damit die Beschwerde zulässig ist (T 682/11).

In T 2532/11 wurde die Beschwerde als unzulässig verworfen, weil der Patentinhaber neue Anträge stellte und Ausführungen zu deren Zulässigkeit einreichte, ohne den im erstinstanzlichen Verfahren gestellten (Haupt-)Antrag aufrechtzuerhalten. Diese Entscheidung wurde bislang anscheinend nicht von weiteren Entscheidungen aufgegriffen.

In einem rechtsvergleichenden Vortrag wurde von Prof. Ann der Status der Beschwerdeinstanzen der IP5-Ämter dargestellt, insbesondere auch im Hinblick auf die Unabhängigkeit der Richter/Beschwerdekammermitglieder. So scheint beispielsweise die Ernennung eines Administrative Patent Judge, der PTAB-Mitglied im USPTO ist, nicht auf Lebenszeit zu erfolgen, was nach Darstellung des Vortragenden kritische Fragen zur Unabhängigkeit der PTAB-Mitglieder im USPTO aufwerfen könnte. Natürlich besteht im US-Verfahren noch die Möglichkeit, Rechtsmittel zum CAFC einzulegen, so dass die Überprüfung durch eine unabhängige gerichtliche Instanz sichergestellt ist. Dass auch die Mitglieder der EPA-Beschwerdekammern nur auf einen Zeitraum von fünf Jahren ernannt werden und eine Wiederernennung erforderlich ist (Art. 11(3) EPÜ), wurde bei der EPA-Konferenz nicht thematisiert. Wollte man schon in Frage stellen, ob der Status der PTAB-Mitglieder im USPTO eine wirkliche Unabhängigkeit sicherstellt, könnte man nach meiner Auffassung ähnliche Probleme ebenso im Hinblick auf die zeitlich beschränkte Ernennung der EPA-Beschwerdekammermitglieder sehen. Für das EPA käme erschwerend hinzu, dass – anders als im USPTO-Verfahren – keine Überprüfung durch eine Instanz außerhalb des Amtes vorgesehen ist.

Mehrere der beim EPA-Beschwerdekammerseminar vortragenden Beschwerdekammermitglieder, einschließlich des Vizepräsidenten DG3, betonten, dass im Nachgang zu der Entscheidung R 19/12 (Ablehnung des Vizepräsidenten DG3 als Vorsitzender wegen Besorgnis der Befangenheit aufgrund seiner Doppelfunktion) zwischenzeitlich in mehreren weiteren Entscheidungen (R 8/13, R 2/14) den Anträgen auf Ablehnung des Vorsitzenden wegen Besorgnis der Befangenheit nicht stattgegeben worden war.

Ein ebenso unterhaltsamer wie praxisnaher Vortrag zum Aufgabe-Lösungs-Ansatz (G. Ashley, „Problem-solution approach to inventive step and challenging cases“), insbesondere im Hinblick auf die Wahl des nächstliegenden Stands der Technik, hat mir persönlich besonders gut gefallen und ist es wert, in seiner Online-Aufzeichnung angehört zu werden.

BGH X ZR 112/13 (Teilreflektierende Folie) – Wirksame Priorität

In der Entscheidung BGH, Urteil v. 15.09.2015 – X ZR 112/13 – Teilreflektierende Folie befasste sich der X. Senat unter anderem mit der für eine wirksame Inanspruchnahme der Priorität erforderlichen Erfindungsidentität und dem Offenbarungsgehalt der Prioritätsanmeldung. Der Leitsatz wurde bereits früher in diesem Blog berichtet.

Der Patentanspruch des mit der Nichtigkeitsklage angegriffenen Patents wies das Merkmal einer Folie mit einer Fläche von mindestens 3 m mal 4 m auf. Das Bundespatentgericht hatte die Auffassung vertreten, dass dieses Merkmal in der Prioritätsanmeldung nicht offenbart sei und es mithin an der für die Wirksamkeit des Prioritätsrechts erforderlichen Erfindungsidentität fehle. Das Merkmal der Folienfläche von mindestens 3 m mal 4 m war in der Beschreibung und den Ansprüchen der Prioritätsanmeldung nicht wörtlich offenbart. Jedoch vermochte der erkennende X. Senat in der Entscheidung BGH, Urteil v. 15.09.2015, X ZR 112/13 – Teilreflektierende Folie einer – nüchtern betrachtet doch eher schematisch anmutenden – Figur der Prioritätsanmeldung das Merkmal zu entnehmen, dass die Fläche der Folie Abmessungen von mindestens 3 m mal 4 m aufweist. Die erforderliche Erfindungsidentität war somit gegeben.

Auch wenn in einigen Entscheidungen des X. Senats (siehe beispielsweise BGH, Urteil v. 17.02.2015 – X ZR 161/12 – Wundbehandlungsvorrichtun) die Grenzen der im Vergleich zu den Beschwerdekammern des EPA großzügigeren Maßstäbe des Offenbarungsbegriffs in der BGH-Rechtsprechung deutlich wurden, veranschaulicht diese jüngste Entscheidung zum Offenbarungsgehalt (hier: der Prioritätsanmeldung), dass auch eine einzige Figur im Einzelfall eine ausreichende Offenbarung für die Grenzen eines beanspruchten Bereichs bieten kann.

BGH, X ZB 2/15 – Verzinsung des Kostenerstattungsanspruchs

BGH, Beschluss vom 22. September 2015 – X ZB 2/15 – Verzinsung des Kostenerstattungsanspruchs

Antliche Leitsätze:

a) Wird eine zugunsten des Beklagten ergangene Kostengrundentscheidung aufgrund einer Klagerücknahme wirkungslos, so ist der Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO dennoch vom Zeitpunkt des Eingangs eines auf der Grundlage der ersten Entscheidung eingereichten Kostenfestsetzungsantrags an zu verzinsen, soweit gemäß § 269 Abs. 4 ZPO eine inhaltsgleiche Kostenentscheidung zugunsten des Beklagten ergangen ist.

b) Wird eine Kostengrundentscheidung aufgehoben oder zu Ungunsten des Gläubigers abgeändert, zu einem späteren Zeitpunkt aber wiederhergestellt, so ist eine Verzinsung des Anspruchs auf Kostenerstattung gemäß § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO frühestens von dem Zeitpunkt an möglich, in dem die wiederherstellende Entscheidung verkündet worden ist.

BPatG – Präklusion im Nichtigkeitsverfahren

BPatG – Präklusion im Nichtigkeitsverfahren (Anmerkung zu BPatG, Urteil vom 12. Februar 2014, 5 Ni 59/10 (EP))

In der Entscheidung BPatG, Urteil vom 12.02.2014, 5 Ni 59/10 (EP) hatte sich der 5. Nichtigkeitssenat des BPatG mit den Präklusionsvorschriften nach dem neuen Nichtigkeitsverfahrensrecht auseinanderzusetzen. Deutlich wird, wie streng die Präklusionsvorschriften im Ermessen des Gerichts auch gegen den Patentinhaber wirken können, wenn dieser das Patent beschränkt mit – streitgegenständlichen, da ebenfalls mit der Nichtigkeitsklage angegriffenen – Ansprüchen verteidigt, die auf die Merkmalskombination eines oder mehrerer Unteransprüche gerichtet sind.

So führt der 5. Nichtigkeitssenat aus:

Beruft sich im Nichtigkeitsverfahren der Patentinhaber erstmals in der mündlichen Verhandlung (bzw. nach Ablauf einer gemäß § 83 Abs. 2 PatG gesetzten Frist) darauf, die Merkmalskombination eines Unteranspruchs oder eine solche aus mehreren Unteransprüchen sei neu und erfinderisch, liegt darin eine Verteidigung mit einer geänderten Fassung des Patents und ein neues Verteidigungsmittel im Sinne des § 83 Abs. 4 PatG. (Leitsatz)

Insoweit unterscheidet sich die Geltendmachung der eigenständigen erfinderischen Qualität eines Unteranspruchs nicht grundsätzlich von der Geltendmachung der Patentfähigkeit einer (hilfsweise) durch Aufnahme eines oder mehrerer Merkmale aus der Beschreibung beschränkten Fassung. (Ziff. 3 a) aa) der Entscheidungsgründe)

Diese Auffassung des 5. Nichtigkeitssenats erscheint sehr weitgehend, jedenfalls soweit sie sich auf mit der Nichtigkeitsklage angegriffene Unteransprüche bezieht. Ein abhängiger Patentanspruch, der im Nichtigkeitsverfahrens angegriffen wird, definiert einen Gegenstand, der – ganz unabhängig davon, ob der übergeordnete Anspruch sich als rechtsbeständig erweist – auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit zu prüfen ist (BGH GRUR 1980, 166 Doppelachsaggregat; BGH, Urteil vom 29.09.2011, X ZR 109/08 Sensoranordnung). Es würde also einiges dafür sprechen, die beschränkte Verteidigung des Patentinhabers durch hilfsweise Beschränkung auf einen erteilten, mit der Nichtigkeitsklage angegriffenen Unteranspruchs nur als eine Einschränkung auf einen bereits immer verfahrensgegenständlichen, von der Prüfung des übergeordneten Anspruchs unabhängigen Streitgegenstand anzusehen, die nicht verspätet sein kann.

Die Berufung gegen BPatG, Urteil vom 12.02.2014 – 5 Ni 59/10 (EP) scheint anhängig zu sein (BGH X ZR 41/14). Dies ist übrigens bereits das zweite Mal, dass dieses Nichtigkeitsverfahren zur Fortbildung der Rechtsprechung beiträgt. Im ersten Urteil (BPatG, Urteil vom 15.02.2012, 5 Ni 59/10 (EP)) hatte der 5. Nichtigkeitssenat die Übertragung des Prioritätsrechts als unwirksam angesehen und den deutschen Teil des europäischen Patents im angegriffenen Umfang für nichtig erklärt. Im Nichtigkeitsberufungsurteil (BGH, Urteil vom 16.04.2013, X ZR 49/12 Fahrzeugscheibe) konnte der Bundesgerichtshof zur Klärung der Frage beitragen, welche Formerfordernisse für die wirksame Übertragung des Prioritätsrechts gelten (Qualifikation nach dem Forderungsstatut, Art. 14 Abs,. 2 Rom-I-VO bzw. Art. 33 Abs. 2 EGBGB a.F.; Formfreiheit der Übertragung des Prioritätsrechts nach dem im entschiedenen Fall maßgeblichen deutschen Recht, insoweit Abgrenzung zur EPA-Beschwerdekammerentscheidung T 62/05).

Für die Praxis empfiehlt es sich vorerst, innerhalb der mit dem qualifizierten Hinweis gesetzten Frist ausdrücklich auch eine Verteidigung auf Basis der abhängigen, angegriffenen Ansprüche zu beantragen, sofern diese die Patentfähigkeit zu stützen vermögen. Eine Beschränkung darauf erst in der Verhandlung kann jedenfalls nach den Kriterien der Entscheidung BPatG, Urteil vom 12.02.2014, 5 Ni 59/10 (EP) präkludiert sein.

BGH, I ZR 15/14 – Amplidect/ampliteq

BGH, Urteil vom 23. September 2015 – I ZR 15/14 – Amplidect/ampliteq

Amtlicher Leitsatz:

Eine Verletzungshandlung, die während der Geltung einer später für nichtig erklärten Gemeinschaftsmarke und noch vor der Eintragung der aus der Gemeinschaftsmarke im Wege der Umwandlung gemäß Art. 112 Abs. 1 Buchst. b EGV
207/2009 hervorgegangenen deutschen Klagemarke stattgefunden hat, löst weder Ansprüche wegen Verletzung der gemäß Art. 55 Abs. 2 EGV 207/2009 mit Wirkung ex tunc für nichtig erklärten Gemeinschaftsmarke noch Ansprüche nach dem Markengesetz wegen Verletzung der zu diesem Zeitpunkt noch nicht
eingetragenen deutschen Klagemarke aus.

BGH, I ZB 3/14

BGH, Beschluss vom 16. April 2015 – I ZB 3/14

Amtliche Leitsätze:

a) Eine Schiedsvereinbarung, die alle Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern oder zwischen der Gesellschaft und Gesellschaftern, welche diesen Gesellschaftsvertrag, das Gesellschaftsverhältnis oder die Gesellschaft betreffen, mit Ausnahme von Beschlussmängelstreitigkeiten einem Schiedsgericht zur Entscheidung zuweist, muss, um wirksam zu sein, auch dann nicht die in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs „Schiedsfähigkeit II“ (Urteil vom 6. April 2009 – II ZR 255/08, BGHZ 180, 221) aufgestellten Anforderungen an eine Schiedsvereinbarung für Beschlussmängelstreitigkeiten erfüllen, wenn es sich bei der fraglichen Streitigkeit um eine die Auslegung des Gesellschaftsvertrags
betreffende Feststellungsklage nach § 256 ZPO handelt.

b) Die Vereinbarung einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung des Schiedsspruchs zur Einleitung eines Abhilfeverfahrens wegen eines Verstoßes des Schiedsgerichts gegen den Anspruch einer Partei auf rechtliches Gehör entzieht einer Partei nicht den notwendigen Rechtsschutz und ist daher nicht wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig.

c) Die Vereinbarung der Zustellung eines Schiedsspruchs durch Einschreiben mit Rückschein ist auch dann nicht wegen Verstoßes gegen den Grundsatz einer dem Rechtsschutz durch staatliche Gerichte gleichwertigen Ausgestaltung des schiedsgerichtlichen Verfahrens nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn der Schiedsspruch bevollmächtigten Rechtsanwälten zuzustellen ist.

BGH, I ZR 59/13 – Springender Pudel

BGH, Urteil vom 2. April 2015 – I ZR 59/13 – Springender Pudel

Amtliche Leitsätze:

a) Sind bei einem aus einem Wort und einem Bild bestehenden Zeichen die Komposition des Gesamterscheinungsbildes, die Anordnung der Markenbestandteile sowie der Wortanfang mit einer bekannten Wort-Bild-Marke identisch (hier: Bildbestandteil eines Tiers im Sprung aus derselben Perspektive, in derselben Haltung und in derselben Sprungrichtung), kann von bildlicher Zeichenähnlichkeit auszugehen sein.

b) Der Inhaber einer bekannten Marke kann die Löschung einer Marke auch dann verlangen, wenn keine Verwechslungsgefahr vorliegt, die Ähnlichkeiten zwischen den Kollisionszeichen aber so groß sind, dass die angesprochenen Verkehrskreise das angegriffene Zeichen mit der bekannten Marke gedanklich verknüpfen.

c) Der durch die Eigentumsgarantie geschützte Inhaber einer bekannten Marke muss es nicht dulden, dass für ein sein Markenrecht verletzendes Zeichen Registerschutz für identische oder ähnliche Waren begründet wird, auch wenn das Zeichen in humorvoller Weise auf die bekannte Marke anspielt und als Markenparodie in den Schutzbereich der Kunstfreiheit fällt.

BGH, I ZR 69/11 – Elektronische Leseplätze II

BGH, Urteil vom 16. April 2015 – I ZR 69/11 – Elektronische Leseplätze II

Amtliche Leitsätze:

a) Vertragliche Regelungen im Sinne von § 52b Satz 1 UrhG, die einem Zugänglichmachen von Werken an elektronischen Leseplätzen entgegenstehen können, sind allein Regelungen in bestehenden Verträgen und keine Regelungen in bloßen Vertragsangeboten.

b) Soweit es nach § 52b Satz 1 und 2 UrhG zulässig ist, Werke an elektronischen Leseplätzen zugänglich zu machen, sind in entsprechender Anwendung des § 52a Abs. 3 UrhG die zur Zugänglichmachung erforderlichen Vervielfältigungen zulässig.

c) An elektronischen Leseplätzen dürfen Werke unter den Voraussetzungen des § 52b Satz 1 und 2 UrhG auch dann zugänglich gemacht werden, wenn sie von Nutzern der elektronischen Leseplätze nicht nur gelesen, sondern ausgedruckt oder abgespeichert werden können.

d) An elektronischen Leseplätzen nach § 52b Satz 1 und 2 UrhG zugänglich gemachte Werke dürfen von Nutzern der elektronischen Leseplätze unter den Voraussetzungen des § 53 UrhG vervielfältigt werden.

e) Betreiber elektronischer Leseplätze können für unbefugte Vervielfältigungen eines Werkes durch Nutzer der elektronischen Leseplätze haften, wenn sie nicht die ihnen möglichen und zumutbaren Vorkehrungen getroffen haben, um solche Rechtsverletzungen zu verhindern.

BGH, I ZR 4/14 – Green-IT

BGH, Urteil vom 19. März 2015 – I ZR 4/14 – Green-IT

Amtliche Leitsätze:

a) Verfolgt der in erster Instanz erfolgreiche Kläger mit einem erstmals im Berufungsrechtszug gestellten Hilfsantrag dasselbe Klageziel wie mit dem erstinstanzlich erfolgreichen Hauptantrag, stellt dies keine Klageerweiterung dar, die mit der Anschlussberufung geltend gemacht werden muss (Fortführung von BGH, Urteil vom 22. Januar 2015 – I ZR 127/13, NJW 2015, 1608).

b) Räumt der Inhaber des Urheberrechts an einem Computerprogramm dem Erwerber einer Programmkopie das Recht zur Nutzung für die gesamte Zeit der Funktionsfähigkeit des Computerprogramms ein, liegt eine Veräußerung im Sinne von § 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG vor, die zur Erschöpfung des Verbreitungsrechts an der Programmkopie führen kann.

c) Die Erschöpfung des Verbreitungsrechts an der Kopie eines Computerprogramms gemäß § 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG erstreckt sich auf das Recht zum Weiterverbreiten der Programmkopie sowohl durch Weitergabe eines die Programmkopie enthaltenden Datenträgers als auch durch Bekanntgabe eines zum Herunterladen des Programms erforderlichen Produktschlüssels. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Weiterverkäufer die „erschöpfte“ Kopie des Computerprogramms seinerseits von dem Verkäufer durch Übergabe eines Datenträgers oder durch Bekanntgabe des Produktschlüssels erhalten hat.

d) Wird die „erschöpfte“ Kopie eines Computerprogramms durch Bekanntgabe des Produktschlüssels weiterverkauft, setzt die Berechtigung des Nacherwerbers zum Herunterladen und damit Vervielfältigen des Computerprogramms nach § 69d Abs. 1 UrhG voraus, dass der Vorerwerber seine Kopien dieses Programms zum Zeitpunkt des Weiterverkaufs unbrauchbar gemacht hat.

e) Der Markeninhaber muss es nach Art. 13 Abs. 2 GMV nicht hinnehmen, dass seine Marke für den weiteren Vertrieb der von ihm oder mit seiner Zustimmung unter dieser Marke in Verkehr gebrachten Kopie eines Computerprogramms verwendet wird, wenn die ernstliche Gefahr besteht, dass der Erwerber der Kopie das Urheberrecht am Computerprogramm verletzt (Anschluss an BGH, Urteil vom 6. Oktober 2011 – I ZR 6/10, GRUR 2012, 392 = WRP 2012, 469 – Echtheitszertifikat).

BGH, X ZR 110/13 – Entsperrbild (Slide to Unlock)

BGH, Urteil vom 25. August 2015 – X ZR 110/13 – Entsperrbild

a) Bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit bleiben Anweisungen, die die Vermittlung bestimmter Inhalte betreffen und damit darauf zielen, auf die
menschliche Vorstellung oder Verstandesfähigkeit einzuwirken, als solche außer Betracht. Anweisungen, die Informationen betreffen, die nach der erfindungsgemäßen Lehre wiedergegeben werden sollen, können die Patentfähigkeit unter dem Gesichtspunkt der erfinderischen Tätigkeit nur insoweit
stützen, als sie die Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln bestimmen oder zumindest beeinflussen (Bestätigung von BGH, Urteil
vom 26. Oktober 2010 – X ZR 47/07, GRUR 2011, 125 – Wiedergabe topografischer Informationen; Urteil vom 26. Februar 2015 – X ZR 37/13, GRUR
2015, 660 – Bildstrom).

b) Informationsbezogene Merkmale eines Patentanspruchs sind darauf hin zu untersuchen, ob die wiederzugebende Information sich zugleich als Ausführungsform eines – im Patentanspruch nicht schon anderweitig als solches angegebenen – technischen Lösungsmittels darstellt. In einem solchen Fall ist das technische Lösungsmittel bei der Prüfung auf Patentfähigkeit zu berücksichtigen.