BGH, I ZR 151/13 – Gesamtvertrag Unterhaltungselektronik

BGH, Urteil vom 19. November 2015 – I ZR 151/13 – Gesamtvertrag Unterhaltungselektronik

Amtliche Leitsätze:

a) Die Höhe der nach § 54 Abs. 1, § 54b Abs. 1 UrhG geschuldeten Gerätevergütung entspricht der Höhe des Schadens, den Urheber und Leistungsschutzberechtigte dadurch erleiden, dass das jeweilige Gerät als Typ ohne ihre Erlaubnis tatsächlich für nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG zulässige Vervielfältigungen genutzt wird. Zum Ausgleich dieses Schadens ist grundsätzlich die angemessene Vergütung zu zahlen, die die Nutzer hätten entrichten müssen, wenn sie die Erlaubnis für die Vervielfältigungen eingeholt hätten.

b) Das Vervielfältigen eines Werkes nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG durch Herunterladen aus dem Internet ist grundsätzlich auch dann nach §§ 54 bis 54b UrhG vergütungspflichtig, wenn der Rechtsinhaber seine Zustimmung zum Herunterladen erteilt hat. Hat der Rechtsinhaber für die Erteilung seiner Zustimmung eine Vergütung erhalten, ist der Anspruch auf Zahlung einer Gerätevergütung allerdings erloschen. Soweit von einem mit Zustimmung des Rechteinhabers durch Herunterladen aus dem Internet angefertigten Vervielfältigungsstück eines Werkes weitere Vervielfältigungsstücke nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG hergestellt werden, sind diese Vervielfältigungen nach § 54 Abs. 1, § 54b Abs. 1 UrhG vergütungspflichtig.
c) Das Vervielfältigen von Original-Audio-CDs oder Original-Film-DVDs nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG ist grundsätzlich auch dann nach §§ 54 bis 54b UrhG vergütungspflichtig, wenn die Datenträger mit einem (unwirksamen) Kopierschutz versehen sind.

d) Die Vergütung steht nicht in einem wirtschaftlich angemessenen Verhältnis zum Preisniveau des Geräts und beeinträchtigt die Hersteller von Geräten und Speichermedien unzumutbar im Sinne von § 54a Abs. 4 UrhG, wenn mögliche Nutzer derartige Geräte oder Speichermedien in erheblichem Umfang nicht im Inland, sondern im Ausland erwerben, weil sie dort zu einem geringeren Preis angeboten werden, und wenn dieser geringere Preis darauf beruht, dass im Ausland keine oder eine geringere Gerätevergütung als im Inland erhoben wird.

e) Zur Bestimmung des Preisniveaus des Geräts im Sinne von § 54a Abs. 4 UrhG ist auf den Endverkaufspreis des Gerätes einschließlich der Umsatzsteuer und der Gerätevergütung abzustellen.

f) Das Ermessen des Oberlandesgerichts bei der Festsetzung des Inhalts eines Gesamtvertrags (§ 16 Abs. 4 Satz 3 UrhWG) ist durch die Parteianträge begrenzt.

BGH, I ZR 239/14 – Eligard

BGH, Urteil vom 2. Dezember 2015 – I ZR 239/14 – Eligard

Amtlicher Leitsatz:

Gestattet ein Verwaltungsakt dem <a href="http://www cialis 100mg.ipwiki.de/parallelimport“>Parallelimporteur eine bestimmte Kennzeichnung des parallel zu importierenden Arzneimittels, kann der Markeninhaber vor den Zivilgerichten grundsätzlich nicht geltend machen, diese Kennzeichnung verstoße gegen die Vorschriften des Arzneimittelgesetzes und sei deshalb rechtswidrig. Ist der auf der Grundlage von § 25 AMG erlassene Zulassungsbescheid nicht nichtig, ist er der Prüfung zugrunde zu legen, ob der Markeninhaber sich aus berechtigten Gründen im Sinne von § 24 Abs. 2 MarkenG dem Vertrieb der parallelimportierten Arzneimittel widersetzen kann.

BGH, I ZR 86/13 – Himalaya Salz

BGH, Urteil vom 31. März 2016 – I ZR 86/13 – Himalaya Salz

Amtliche Leitsätze:

a) Die in den §§ 126 ff. MarkenG enthaltenen Regelungen vermitteln nach der Novellierung des Markengesetzes durch das Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7. Juli 2008 (BGBl. I, S. 1191) für geografische Herkunftsangaben keinen lauterkeitsrechtlich, sondern einen kennzeichenrechtlich begründeten Schutz.

b) Die Bestimmung des § 127 Abs. 1 MarkenG ist unionsrechtskonform dahingehend einschränkend auszulegen, dass bei der Beurteilung der Frage, ob eine Gefahr der Irreführung über die geografische Herkunft des Produkts besteht, bei Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln mit der geografischen Herkunft etwa verbundene besondere Qualitäts- oder Eigenschaftsvorstellungen unberücksichtigt bleiben.

c) Ein Online-Händler ist für ein im eigenen Namen auf seiner Internetseite eingestelltes Verkaufsangebot als Täter verantwortlich, auch wenn er sich bei der Ausgestaltung der Produktpräsentation eines dritten Unternehmers – hier seines Lieferanten – bedient.

Wiedereinsetzung am EPA – Jahresgebühren

In den vergangenen Jahren haben die EPA-Beschwerdekammern in mehreren Wiedereinsetzungsfällen eine Kasuistik entwickelt, nach der das nach Art. 122 EPÜ zu erfüllende Kriterium der „nach den gegebenen Umständen gebotenen Sorgfalt“ erfordert, dass der bestellte Vertreter den Anmelder nicht nur einmal, sondern mehrfach an die Frist zur Zahlung einer Jahresgebühr erinnert (J 4/07, Ziffer 4.1, J 12/10, Ziffer 3). Die Verpflichtung zur Erinnerung des Anmelders trifft den Vertreter – insoweit abweichend von der BPatG-Rechtsprechung (beispielsweise nach den Beschlüssen in den Verfahren 10 W (pat) 37/03, 10 W (pat) 36/04, 10 W (pat) 47/05) – selbst dann, wenn nicht der im Patentregister eingetragene Vertreter, sondern ein Dritter vom Anmelder mit der Zahlung der Jahresgebühren beauftragt wurde (J 12/10, Ziffer 3).

In der Entscheidung T 942/12 vom 17.11.2015 hat die Beschwerdekammer nunmehr entschieden, dass den Vertreter dann keine Verpflichtung trifft, den Anmelder an die Frist zur Zahlung einer Jahresgebühr zu erinnern, wenn der Anmelder dem Vertreter ausdrücklich mitgeteilt hatte, dass der Vertreter die Fristen nicht überwachen und auch keine Erinnerungen an den Anmelder senden müsse (T 942/12, Ziffer 3.4).

Für den patentanwaltlichen Anmeldervertreter empfiehlt es sich, ausdrücklich mit dem Anmelder abzuklären, ob dann, wenn die Jahresgebührenzahlung vom Anmelder selbst oder von Dritten vorgenommen wird, der im Register eingetragene Vertreter dennoch die Zahlungsfristen überwachen und den Anmelder an offene Jahresgebührenfristen erinnern soll, und die entsprechende Korrespondenz dauerhaft zu dokumentieren.

Markenrechtsrichtlinie 2015: Neues Verwaltungsverfahren zur Nichtigkerklärung

Die <a href="http://eur-lex visit this site right here.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32015L2436″>Richtlinie (EU) 2015/2436 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (im Folgenden: MarkenRiLi 2015) bringt neben materiellen Änderungen (wie einer Erweiterung der Liste möglicher Markenformen) auch die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Einführung eines effizienten Verwaltungsverfahrens zur Nichtigerklärung einer Marke wegen relativer Schutzhindernisse mit sich (Artikel 45 i.V.m. Art. 5 Abs. 1-3 MarkenRiLi 2015). Durch die Umsetzung der MarkenRiLi 2015 in Deutschland wird zusätzlich zum Löschungsverfahren vor den ordentlichen Gerichten (§ 55 MarkenG) ein DPMA-Verfahren bereitgestellt werden, das mit einem geringeren Kostenrisiko als das landgerichtliche Löschungsverfahren verbunden sein wird. Für die Umsetzung dieser Vorschriften der MarkenRiLi 2015 ist eine längere Umsetzungsfrist von sieben Jahren nach Inkrafttreten der MarkenRiLi 2015 vorgesehen (ErwG 38 MarkenRiLi 2015).

BGH, Beschluss vom 22. März 2016 – I ZB 44/15 – Gestörter Musikvertrieb

BGH, Beschluss vom 22. März 2016 – I ZB 44/15 – Gestörter Musikvertrieb

Amtlicher Leitsatz:

Besteht für eine Rechtsmittelzuständigkeit eine landesgesetzliche Konzentration nach § 105 UrhG für Urheberrechtsstreitsachen und erteilt das erstinstanzliche Gericht eine unzutreffende Belehrung über das für das Rechtsmittelverfahren zuständige Gericht, kann die Partei bei dem in der Rechtsmittelbelehrung angeführten Gericht fristwahrend Rechtsmittel einlegen, auch wenn dessen Zuständigkeit für das Rechtsmittelverfahren tatsächlich nicht gegeben ist.

BGH, Urteil vom 21. April 2016 – I ZR 198/13 – Verlegeranteil

BGH, Urteil vom 21. April 2016 – I ZR 198/13 – Verlegeranteil

Eine Verwertungsgesellschaft hat die Einnahmen aus ihrer Tätigkeit nach dem wesentlichen Grundgedanken des § 7 Satz 1 UrhWG ausschließlich an die Berechtigten zu verteilen, und zwar in dem Verhältnis, in dem diese Einnahmen auf einer Verwertung der Rechte und Geltendmachung von Ansprüchen der jeweiligen Berechtigten beruhen. Damit ist es unvereinbar, wenn Verlegern nach der Satzung der Verwertungsgesellschaft Wort ein ihrer verlegerischen Leistung entsprechender Anteil am Ertrag zusteht und Verlage nach dem Verteilungsplan dieser Verwertungsgesellschaft einen pauschalen Anteil der Verteilungssumme unabhängig davon erhalten, ob und inwieweit die Einnahmen der Verwertungsgesellschaft auf der Wahrnehmung der ihr von Verlegern eingeräumten Rechte oder übertragenen Ansprüche beruhen.

BGH, I ZR 222/13 – Lernstark

BGH, Urteil vom 10. Dezember 2015 – I ZR 222/13 – Lernstark

Amtlicher Leitsatz:

a) Die für einen Mehrfruchtsaft verwendeten Angaben „Lernstark“ und „Mit Eisen … zur Unterstützung der Konzentrationsfähigkeit“ stellen gesundheitsbezogene Angaben im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 dar, wobei die erste Angabe in den Anwendungsbereich des Art. 10 Abs. 3 und die zweite Angabe in den Anwendungsbereich des Art. 10 Abs. 1 dieser Verordnung fällt.

b) Eine Angabe über die Entwicklung und die Gesundheit von Kindern im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 setzt nicht voraus, dass sich eine Angabe ausdrücklich oder ausschließlich auf die Entwicklung und die Gesundheit von Kindern bezieht. Vielmehr genügt es,
wenn sich für den Durchschnittsverbraucher aus den Umständen ergibt, dass sich die Angabe insbesondere auf die Entwicklung und die Gesundheit von Kindern bezieht.

c) Die Zulässigkeit der Verwendung einer gesundheitsbezogenen Angabe im Sinne von Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 hängt nicht davon ab, dass die verwendete Angabe mit einer zugelassenen Angabe wörtlich übereinstimmt. Vielmehr dürfen auch mit einer zugelassenen Angabe gleichbedeutende Angaben verwendet werden.

d) Die für ein Lebensmittel verwendete Angabe „Mit Eisen … zur Unterstützung der Konzentrationsfähigkeit“ ist, wenn der Durchschnittsverbraucher sie nach den Umständen insbesondere auf die Entwicklung und die Gesundheit von Kindern im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG)
Nr. 1924/2006 bezieht, gleichbedeutend mit der nach Art. 1 in Verbindung mit Anlage I der Verordnung (EU) Nr. 957/2010 in die Liste zulässiger Angaben gemäß Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 für den Nährstoff „Eisen“ aufgenommenen Angabe „Eisen trägt zur normalen kognitiven
Entwicklung von Kindern bei“.

BGH, Urteil vom 19. Januar 2016 – X ZR 141/13 – Rezeptortyrosinkinase

BGH, Urteil vom 19. Januar 2016 – X ZR 141/13 – Rezeptortyrosinkinase

Amtlicher Leitsatz:

Eine Lehre zum technischen Handeln, die die Nutzung einer Entdeckung zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolgs lehrt, ist dem Patentschutz unabhängig davon zugänglich, ob die Lehre über die zweckgerichtete Nutzung des aufgedeckten naturgesetzlichen Zusammenhangs hinaus einen „erfinderischen Überschuss“ enthält. Dies gilt auch für die Bereitstellung einer für ein Humanprotein codierenden Nukleinsäuresequenz. Einer Kennzeichnung der Sequenz als isoliert oder durch ein technisches Verfahren gewonnen im Patentanspruch bedarf es dabei nicht.

Aus der Urteilsbegründung:

Eine Entdeckung ist nach Art. 52 Abs. 2 Buchst. a, Abs cheap cialis 100mg. 3 EPÜ als solche ebenso wie eine wissenschaftliche Theorie oder eine mathematische Methode dem Patentschutz nicht zugänglich. Anders als es der Oberste Gerichtshof
der Vereinigten Staaten für das amerikanische Patentrecht entschieden hat (566 U.S. (2012) – Mayo v. Prometheus), ist jedoch eine Lehre zum technischen Handeln, die die Nutzung einer Entdeckung zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolgs lehrt, nach europäischem – und deutschem – Recht dem Patentschutz unabhängig davon zugänglich, ob die Lehre über die Nutzung des aufgedeckten naturgesetzlichen Zusammenhangs hinaus einen „erfinderischen Überschuss“ enthält. Denn jedes technische Handeln beruht auf der zielgerichteten Nutzung von Naturgesetzen, so dass es sich verbietet, bei der – auch für den Patentschutz computerimplementierter Erfindungen maßgeblichen – Prüfung der Frage, ob die gelehrte technische Lösung des Problems auf erfinderischer Tätigkeit beruht, die Frage außer Betracht zu lassen, ob dem Fachmann die Erkenntnis einer physikalischen, chemischen oder biologischen Gesetzmäßigkeit, die die Grundlage der technischen Lehre der Erfindung bildet, nahegelegt war.

BGH, X ZR 170/12 – Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung II

BGH, Versäumnisurteil vom 1. Dezember 2015 – X ZR 170/12 – Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung II

Amtliche Leitsätze:

a) Den vom Schutzrechtsinhaber im Hinblick auf eine Schutzrechtsverwarnung eingeschalteten Rechtsanwalt trifft gegenüber dem später Verwarnten eine Garantenpflicht dahin, den Schutzrechtsinhaber nicht in einer die Rechtslage unzutreffend einschätzenden Weise über die Berechtigung der Schutzrechtsverwarnung zu beraten.

b) Geht die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung auf eine fahrlässig unzutreffende Rechtsberatung des Schutzrechtsinhabers durch einen Rechtsanwalt zurück, kann der Rechtsanwalt neben dem Schutzrechtsinhaber un-ter dem Gesichtspunkt eines rechtswidrigen und schuldhaften Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zum Schadensersatz verpflichtet sein.

c) Hat der Rechtsanwalt den Schutzrechtsinhaber bei unklarer Rechtslage auf alle wesentlichen Gesichtspunkte hingewiesen, die für oder gegen eine Verletzung des Schutzrechts sprechen, und entscheidet sich der Schutzrechtsinhaber trotz der aufgezeigten Bedenken dazu, die Verwarnung auszusprechen, kommt eine Haftung des Rechtsanwalts wegen unberechtigter Schutzrechtsverwarnung nach § 823 Abs. 1 BGB regelmäßig nicht in Betracht.