BGH, I ZR 9/16 – Bettgestell

BGH, Urteil vom 29. Juni 2017 – I ZR 9/16 – Bettgestell

Amtliche Leitsätze:

a) Als wirkliche und ernsthafte Anstalten, die ebenso wie die Benutzung eines Designs ein Vorbenutzungsrecht im Sinne von § 41 Abs. 1 DesignG begründen können, sind Vorbereitungshandlungen aller Art anzusehen, die auf die Benutzung des Designs gerichtet sind und den ernstlichen Willen sicher erkennen lassen, die Benutzung alsbald aufzunehmen.

b) Nur im Inland getroffene wirkliche und ernsthafte Anstalten zur Benutzung eines Designs können ein Vorbenutzungsrecht im Sinne von § 41 Abs. 1 DesignG begründen.

BGH, I ZR 164/16 – Parfummarken

BGH, Urteil vom 9. November 2017 – I ZR 164/16 – Parfummarken

Amtliche Leitsätze:

a) Bei der Bestimmung des für die internationale Zuständigkeit nach Art. 97 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 maßgeblichen schadensbegründenden Ereignisses in Fällen, in denen demselben Beklagten in verschiedenen Mitgliedstaaten begangene Verletzungshandlungen in Form der „Benutzung“ im Sinne von Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 vorgeworfen werden, ist nicht auf jede einzelne Verletzungshandlung abzustellen, sondern es ist eine Gesamtwürdigung seines Verhaltens vorzunehmen, um den Ort zu bestimmen, an dem die ursprüngliche Verletzungshandlung, auf die das vorgeworfene Verhalten zurückgeht, begangen worden ist oder droht.

b) Bietet ein Wirtschaftsteilnehmer auf seiner Internetseite, die sich an Abnehmer in anderen Mitgliedstaaten richtet, unter Verletzung der Rechte aus einer Unionsmarke Waren zum Kauf an, die auf dem Bildschirm betrachtet und über die Internetseite
bestellt werden können, ist der Ort des für die internationale Zuständigkeit maßgeblichen schadensbegründenden Ereignisses im Sinne von Art. 97 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 der Ort, an dem der Prozess der Veröffentlichung des Angebots
durch den Wirtschaftsteilnehmer auf seiner Internetseite in Gang gesetzt worden ist, und nicht der Ort, an dem die Internetseite abgerufen werden kann. Kommt der Kontakt zu Abnehmern in anderen Mitgliedstaaten dadurch zustande,
dass der Händler Produkt- und Preislisten per E-Mail versendet, ist der Ort des schadensbegründenden Ereignisses der Ort, an dem die Versendung der E-Mail veranlasst wird.

BGH, I ZR 7/16 – Cookie-Einwilligung

BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2017 – I ZR 7/16 – Cookie-Einwilligung

Richtlinie 2002/58/EG Art. 5 Abs. 3 und Art. 2 Buchst. f; Richtlinie 2009/136/EG Art. 2 Nr. 5; Richtlinie 95/46/EG Art. 2 Buchst. h; Verordnung (EU) 2016/679 Art. 6 Abs. 1 Buchst. a; UKlaG § 1; BGB § 307 Bd; TMG § 12 Abs. 1, § 13 Abs. 1, § 15 Abs. 3

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung der Art. 5 Abs. 3 und Art. 2 Buchst. f der Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation, ABl. Nr. L 201 vom 31. Juli 2002, S. 37) in der durch Art. 2 Nr. 5 der Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten, der Richtlinie 2002/58/EG über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation und der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (ABl. Nr. L 337 vom 18. Dezember 2009, S. 11) geänderten Fassung in Verbindung mit Art. 2 Buchst. h der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. Nr. L 281 vom 23. November 1995, S. 31) sowie des Art. 6 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, ABl. Nr. L 119/1 vom 4. Mai 2016, S. 1) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.

a) Handelt es sich um eine wirksame Einwilligung im Sinne des Art. 5 Abs. 3 und des Art. 2 Buchst. f der Richtlinie 2002/58/EG in Verbindung mit Art. 2 Buchst. h der Richtlinie 95/46/EG, wenn die Speicherung von Informationen oder der Zugriff auf Informationen, die bereits im Endgerät des Nutzers gespeichert sind, durch ein voreingestelltes Ankreuzkästchen erlaubt wird, das der Nutzer zur Verweigerung seiner Einwilligung abwählen muss?

b) Macht es bei der Anwendung des Art. 5 Abs. 3 und des Art. 2 Buchst. f der Richtlinie 2002/58/EG in Verbindung mit Art. 2 Buchst. h der Richtlinie 95/46/EG einen Unterschied, ob es sich bei den gespeicherten oder abgerufenen Informationen um personenbezogene Daten handelt?

c) Liegt unter den in Vorlagefrage 1 a) genannten Umständen eine wirksame Einwilligung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) 2016/679 vor?

2. Welche Informationen hat der Diensteanbieter im Rahmen der nach Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2002/58/EG vorzunehmenden klaren und umfassenden Information dem Nutzer zu erteilen? Zählen hierzu auch die Funktionsdauer der Cookies und die Frage, ob Dritte auf die Cookies Zugriff erhalten?

BGH, I ZR 163/16 – Rückrufsystem

BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2017 – I ZR 163/16 – Rückrufsystem

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher (ABl. 2011 L 304, S. 64) folgende
Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Können die Mitgliedstaaten eine Bestimmung vorsehen, die – wie die Bestimmung des Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGBGB – den Unternehmer verpflichtet, dem Verbraucher im Rahmen des Abschlusses von Fernabsatzverträgen vor Abgabe von dessen Vertragserklärung nicht nur gegebenenfalls, sondern stets seine Telefonnummer zur Verfügung zu stellen?

2. Bedeutet die in der deutschen Sprachfassung des Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2011/83/EU verwendete Wendung „gegebenenfalls“, dass ein Unternehmer nur über in seinem Unternehmen bereits tatsächlich vorhandene Kommunikationsmittel informieren muss, er also nicht gehalten ist, einen Telefon- oder Telefaxanschluss bzw. ein E-Mail-Konto neu einzurichten, wenn er sich entschließt, in seinem Unternehmen auch Fernabsatzverträge abzuschließen?

3. Falls die Frage 2 bejaht wird:

Bedeutet die in der deutschen Sprachfassung des Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2011/83/EU angeführte Wendung „gegebenenfalls“, dass nur solche Kommunikationsmittel bereits in einem Unternehmen vorhanden sind, die vom Unternehmer tatsächlich jedenfalls auch für den Kontakt zu Verbrauchern im Rahmen des Abschlusses von Fernabsatzverträgen eingesetzt werden, oder sind auch solche Kommunikationsmittel im Unternehmen vorhanden, die vom Unternehmer bislang ausschließlich zu anderen Zwecken, wie etwa der
Kommunikation mit Gewerbetreibenden oder Behörden, genutzt werden?

4. Ist die in Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2011/83/EU erfolgte Aufzählung der Kommunikationsmittel Telefon, Telefax und E-Mail abschließend, oder kann der Unternehmer auch andere, dort nicht genannte Kommunikationsmittel – wie etwa ein Internet-Chat oder ein telefonisches Rückrufsystem – einsetzen, sofern dadurch eine schnelle Kontaktaufnahme und eine effiziente Kommunikation sichergestellt ist?

5. Kommt es bei der Anwendung des Transparenzgebots des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83/EU, nach dem der Unternehmer den
Verbraucher in klarer und verständlicher Weise über die in Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2011/83/EU genannten Kommunikationsmittel informieren muss, darauf an, dass die Information schnell und effizient erteilt wird?

BGH, I ZB 39/16 – Schokoladenstäbchen III

BGH, Beschluss vom 6. April 2017 – I ZB 39/16 – Schokoladenstäbchen III

a) Bei der Prüfung, ob eine dreidimensionale Marke, die in der Form einer Ware besteht, Unterscheidungskraft aufweist, weil ihre Gestaltung erheblich von der Norm oder Branchenüblichkeit abweicht, ist auf ihren Gesamteindruck abzustellen.

b) Die Frage, ob der Vertrieb einer Ware Auswirkungen darauf hat, ob und in welcher Weise der Verkehr eine Warenform im Zeitpunkt der Markenanmeldung oder der Schutzerstreckung als branchenüblich ansieht, ist nach den gesamten Gegebenheiten des betroffenen Marktsegments – etwa den dort bestehenden Marktanteilen, den erzielten Umsätzen, der räumlichen und
zeitlichen Ausdehnung des Vertriebs und sonstigen Vertriebsumständen – zu beantworten.

BGH, I ZR 55/16 – Preisportal

BGH, Urteil vom 27. April 2017 – I ZR 55/16 – Preisportal

Amtlicher Leitsatz:

Bei dem über das Internet erfolgenden Angebot eines Preisvergleichs für Bestattungsdienstleistungen ist die Information darüber, dass der Preisvergleich nur solche Anbieter erfasst, die sich gegenüber dem Anbieter des Vergleichsportals für den Fall eines Vertragsabschlusses zur Zahlung einer Provision verpflichtet haben, eine wesentliche Information im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG.

BGH, I ZR 100/16 – Märchensuppe

BGH, Urteil vom 18. Mai 2017 – I ZR 100/16 – Märchensuppe

Amtliche Leitsätze:

a) Eine nährwertbezogene Angabe über einen reduzierten Nährstoffanteil stellt auch dann eine vergleichende Angabe im Sinne des Art. 9 der Verordnung (EG) 1924/2006 dar, wenn sie auf einen erhöhten oder verminderten Nährstoffgehalt hinweist, ohne Vergleichsprodukte zu benennen. Eine solche Angabe unterliegt, selbst wenn sie die in Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit dem Anhang der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 genannten Bedingungen einhält, zusätzlich den Anforderungen des Art. 9 Abs. 1 Satz 2 dieser Verordnung.

b) Die nach Art. 9 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 erforderliche Information über den Unterschied in der Menge des Nährstoffs ist so zu geben, dass der Durchschnittsverbraucher sie unschwer zur Kenntnis nehmen kann. Dies erfordert, wenn die Information nicht in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang mit der nährstoffbezogenen Angabe erfolgt, mindestens einen im räumlichen Zusammenhang mit der Angabe angebrachten Hinweis darauf, wo die Zusatzinformation aufgefunden werden kann.

BGH, I ZR 58/16 – Sicherung der Drittauskunft

BGH, Urteil vom 21. September 2017 – I ZR 58/16 – Sicherung der Drittauskunft

a) Begehrt der Rechtsinhaber, es dem Internet-Provider zu untersagen, diejenigen Daten zu löschen, die für die Erteilung der Auskunft gemäß § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG über Name und Anschrift von Personen erforderlich sind, denen dynamische IP-Adressen zugeteilt waren, unter denen urheberrechtsverletzende Handlungen im Internet vorgenommen wurden, ist
der Rechtsweg zur streitigen ordentlichen Gerichtsbarkeit eröffnet. Dieses Begehren ist nicht nach den Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit
geltend zu machen.

b) Der Internet-Provider ist in Fällen offensichtlicher Rechtsverletzungen bis zum Abschluss des Gestattungsverfahrens nach § 101 Abs. 9 UrhG verpflichtet, die Löschung der von ihm nach § 96 Abs. 1 Satz 1 TKG erhobenen Verkehrsdaten zu unterlassen, die die Auskunftserteilung nach § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG gegenüber dem Rechtsinhaber ermöglichen.

Gebühren für die Teilanmeldung

Dass die anspruchsabhängige Anmeldegebühr bei der Teilung deutscher Patentanmeldungen zu einem gebührenrechtlichen Fallstrick führen kann, wurde bereits früher in diesem Blog diskutiert. Anders als nach der Systematik der EPA-Gebührenordnung ist bei deutschen Patentanmeldungen die „Anspruchsgebühr“ nach dem PatKostG ein von der Anspruchsanzahl abhängiger Teil der Anmeldegebühr. Da für die Teilanmeldung die für die Stammanmeldung angefallenen Kosten zu entrichten sind (§ 39 Abs. 2 PatG), fällt der bereits für die Stammanmeldung angefallene anspruchsabhängige Teil der Anmeldegebühr für die Teilanmeldung selbst dann an, wenn die Teilanmeldung weniger Ansprüche als die Stammanmeldung hat.

Das Bundespatentgericht hat nunmehr in zwei Entscheidungen (BPatG, Beschluss vom 14. November 2016 – 7 W (pat) 30/15 – Gebühren für die Teilanmeldung I und BPatG, Beschluss vom 12. April 2017 – 7 W (pat) 28/15 – Gebühren für die Teilanmeldung II) zwei praxisrelevante Aspekte adressiert:

1. BPatG, Beschluss vom 14. November 2016 – 7 W (pat) 30/15 – Gebühren für die Teilanmeldung I: Hatte die Stammanmeldung mehr als zehn Ansprüche, fällt die für die Stammanmeldung angefallene anspruchsabhängige Anmeldegebühr auch in der Teilanmeldung an, selbst wenn diese weniger Ansprüche als die Stammanmeldung hat.

2. BPatG, Beschluss vom 12. April 2017 – 7 W (pat) 28/15 – Gebühren für die Teilanmeldung II: Hat die Teilanmeldung mehr Ansprüche als die Stammanmeldung und wird nur die für die Stammanmeldung angefallene niedrigere Anmeldegebühr entrichtet (deren Höhe je nach Anzahl der Ansprüche der Stammanmeldung von der Anzahl der Ansprüche der Stammanmeldung abhängig sein kann), führt dies nicht zur Unwirksamkeit der Teilung, sondern nur dazu, dass die Teilanmeldung (zunächst) mit den ursprünglichen Ansprüchen der Stammanmeldung geprüft wird.

Im zweiten Fall kann der Anmelder den mit der Teilanmeldung eingereichten Anspruchssatz nach Stellung des Prüfungsantrags erneut einreichen, wobei der für die höhere Anspruchsanzahl erforderliche Differenzbetrag der Anmeldegebühr zu entrichten ist, damit die Änderung des Antrags Wirksamkeit entfaltet (§ 3 Abs. 1 Ziff. 5 PatKostG).