LG Düsseldorf, 4b O 172/08
Aus der Urteilsbegründung:
Im gewerblichen Rechtsschutz werden an die Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt strenge Anforderungen gestellt. Dem Grundsatz nach trägt ein Verletzer das Risiko der Schuldhaftigkeit, welches sich nicht ohne weiteres auf den Schutzrechtsinhaber verschieben lässt. In der Regel ist deshalb die Benutzung einer patentierten und damit geprüften Erfindung auch bei einem Irrtum über deren Rechtsbeständigkeit als schuldhaft anzusehen (BGH GRUR 1961, 26 – Grubenschaleisen; BGH GRUR 1977, 250 – Kunststoffhohlprofil; OLG Düsseldorf GRUR 1982, 35 – Kunststoffschläuche; OLG München GRUR-RR 2006, 385 – Kassieranlage; Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. Aufl., § 139 Rn. 48; Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 139 Rn. 101; Schulte/Kühnen, PatG, 8. Aufl., § 139 Rn. 77 d)).
Diese Risikoverteilung gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Rechtsbestand des verletzten Schutzrechts Gegenstand eines Nichtigkeitsberufungsverfahrens ist. Einem jeden Nichtigkeitsberufungsverfahren, dessen Sinn und Zweck gerade die Überprüfung des instanzgerichtlichen Urteils ist, wohnt dem Ansatz nach das Risiko einer anderen Beurteilung des Streitstands durch den Bundesgerichtshof inne. Die Möglichkeit, dass das verletzte Patent im Nichtigkeitsberufungsverfahren nicht vernichtet wird, ist stets ernstlich in Rechnung zu stellen (OLG Düsseldorf GRUR 1982, 35 – Kunststoffschläuche; Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. Aufl., § 139 Rn. 48), weshalb ein Fachunternehmen, das sich trotz noch nicht endgültig geklärter Rechtslage entschließt, von einem Schutzrecht Gebrauch zu machen, grundsätzlich auf eigene Gefahr handelt (BGH GRUR 1987, 564 – Taxi Genossenschaft; OLG Nürnberg GRUR 1967, 538 – Laternenflaschen).
Etwas anderes kann allerdings dann gelten, wenn dem Unternehmen nach sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage auch unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen des anderen Teils nicht zugemutet werden kann, eine Klärung der Rechtslage abzuwarten, ehe es seine Interessen durchsetzt (BGH GRUR 1987, 564 – Taxi Genossenschaft), oder wenn bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen, dem irrig Handelnden ungünstigen Beurteilung durch die Gerichte bzw. den Bundesgerichtshof nicht gerechnet werden brauchte, was beispielsweise der Fall ist, wenn das später als rechtsirrig zu qualifizierende Handeln der bis dahin geltenden höchstrichterlichen gefestigten Rechtsprechung entsprochen hat (BGH GRUR 1987, 564 – Taxi Genossenschaft; BGH GRUR 1990, 474 – Neugeborenentransporte; BGH GRUR 1998, 568 – Beatles-Doppel-CD; BGH GRUR 1999, 49 – Bruce Springsteen and his Band; BGH GRUR 2002, 622 – shell.de; BGH GRUR 2002, 706 – Vossius; LG Düsseldorf Mitt.1998, 273 – Patentanwaltlicher Rat).
siehe auch: Schadensersatzanspruch (ipwiki.de)