BGH, Mitteilung der Pressestelle Nr. 193/2012, Haftung von Eltern für illegales Filesharing ihrer minderjährigen Kinder

BGH, Mitteilung der Pressestelle Nr. 193/2012, Haftung von Eltern für illegales Filesharing ihrer minderjährigen Kinder zu BGH, Urteil vom 15. November 2012 – I ZR 74/12 – Morpheus

Laut Pressemitteilung hat der I. Zivilsenat entschieden:

Eltern haften für das illegale Filesharing eines 13-jährigen Kindes grundsätzlich nicht, wenn sie das Kind über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen belehrt hatten und keine Anhaltspunkte dafür hatten, dass ihr Kind diesem Verbot zuwiderhandelt.

Eltern genügen ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes 13-jähriges Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen belehren. Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internet durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, besteht grundsätzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen sind Eltern erst verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte für eine rechtsverletzende Nutzung des Internetanschlusses durch das Kind haben.

BGH, I ZR 44/10: zum ausschließliches Recht des Sendeunternehmens

BGH, Beschluss vom 16. August 2012 – I ZR 44/10

Amtlicher Leitsatz:

Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. Nr. L 167 vom 22. Juni 2001, S. 10) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Umfasst der Begriff der öffentlichen Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG die drahtgebundene Weitersendung eines durch Rundfunk gesendeten Werkes, wenn die ursprüngliche Sendung im Sendegebiet auch drahtlos empfangen werden kann, das Werk an die Besitzer von Empfangsgeräten weitergesendet wird, die die Sendung allein oder im privaten bzw. familiären Kreis empfangen, und die Weitersendung durch ein anderes als das ursprüngliche Sendeunternehmen zu Erwerbszwecken vorgenommen wird?

EuGH, C-128/11 – Gebrauchthandel mit Softwarelizenzen

EuGH, Urteil v. 3.7.2012, C-128/11 – Gebrauchthandel mit Softwarelizenzen

Auszüge aus der Urteilsbegründung bzgl. der Vorlagefragen aus BGH, Beschluss vom 3. Februar 2011 – I ZR 129/08 – Oracle ./. UsedSoft:

Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24 bestimmt, dass sich mit dem Erstverkauf einer Programmkopie in der Union durch den Urheberrechtsinhaber oder mit seiner Zustimmung das Recht auf die Verbreitung dieser Kopie in der Union erschöpft.

Zur Frage, ob in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens durch die fraglichen Geschäfte das Eigentum an der Kopie des Computerprogramms übertragen wird, ist festzustellen, dass aus der Vorlageentscheidung hervorgeht, dass der Kunde von Oracle, der die Kopie des betreffenden Computerprogramms herunterlädt und mit Oracle einen Lizenzvertrag über die Nutzung dieser Kopie abschließt, gegen Zahlung eines Entgelts ein unbefristetes Recht zur Nutzung dieser Kopie erhält. Dadurch, dass Oracle eine Kopie des Computerprogramms zugänglich macht und ein entsprechender Lizenzvertrag abgeschlossen wird, soll diese Kopie für die Kunden von Oracle gegen Zahlung eines Entgelts, das es dem Urheberrechtsinhaber ermöglichen soll, eine dem wirtschaftlichen Wert der Kopie des ihm gehörenden Werkes entsprechende Vergütung zu erzielen, dauerhaft nutzbar gemacht werden.

Unter diesen Umständen wird durch die in Randnr. 44 des vorliegenden Urteils erwähnten, in ihrer Gesamtheit geprüften Geschäfte das Eigentum an der Kopie des betreffenden Computerprogramms übertragen.

Insoweit spielt es in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens keine Rolle, ob dem Kunden die Kopie des Computerprogramms vom Rechtsinhaber über das Herunterladen von dessen Internetseite oder über einen materiellen Datenträger wie eine CD-ROM oder DVD zur Verfügung gestellt wird. Selbst wenn der Rechtsinhaber auch in diesem letztgenannten Fall das Recht des Kunden, die Kopie des gelieferten Computerprogramms zu nutzen, formell von dem Geschäft trennt, das darin besteht, die Kopie dieses Programms auf einem materiellen Datenträger an den Kunden zu übertragen, bleiben für den Erwerber aus den in Randnr. 44 des vorliegenden Urteils genannten Gründen das Geschäft, das im Heraufladen einer Kopie des Computerprogramms vom Datenträger besteht, und das Geschäft, das im Abschluss eines Lizenzvertrags besteht, untrennbar miteinander verbunden. Da der Erwerber, der eine Kopie des Computerprogramms von einem materiellen Datenträger wie einer CD-ROM oder DVD herauflädt und für diese Kopie einen entsprechenden Lizenzvertrag schließt, das Recht erhält, sie gegen Zahlung eines Entgelts unbefristet zu nutzen, ist davon auszugehen, dass durch diese beiden Geschäfte, wenn eine Kopie des betreffenden Computerprogramms auf einem materiellen Datenträger wie einer CD-ROM oder DVD zur Verfügung gestellt wird, ebenfalls das Eigentum an dieser Kopie übertragen wird.

Gleichwohl bewirkt der Abschluss eines Wartungsvertrags wie der des Ausgangsverfahrens anlässlich des Verkaufs einer nichtkörperlichen Programmkopie, dass die ursprünglich gekaufte Kopie repariert und aktualisiert wird. Selbst wenn der Wartungsvertrag befristet ist, sind die aufgrund eines solchen Vertrags verbesserten, veränderten oder ergänzten Funktionen Bestandteil der ursprünglich heruntergeladenen Kopie und können von deren Erwerber ohne zeitliche Begrenzung genutzt werden, und zwar auch dann, wenn der Erwerber später beschließt, seinen Wartungsvertrag nicht zu verlängern.

Es ist jedoch daran zu erinnern, dass, wie in den Randnrn. 69 bis 71 des vorliegenden Urteils ausgeführt, die Erschöpfung des Verbreitungsrechts nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24 den Ersterwerber nicht dazu berechtigt, die von ihm erworbene Lizenz, falls sie für eine seinen Bedarf übersteigende Zahl von Nutzern gilt, aufzuspalten und das Recht zur Nutzung des betreffenden Computerprogramms nur für eine von ihm bestimmte Nutzerzahl weiterzuverkaufen.

Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass der Urheberrechtsinhaber, also Oracle, beim Weiterverkauf einer Nutzungslizenz durch den Weiterverkauf einer von seiner Internetseite heruntergeladenen Programmkopie berechtigt ist, mit allen ihm zur Verfügung stehenden technischen Mitteln sicherzustellen, dass die beim Verkäufer noch vorhandene Kopie unbrauchbar gemacht wird.

BGH, I ZR 6/11 – Kommunikationsdesigner: Rechte der Miturhebergesellschaft

BGH, Urteil vom 23. Februar 2012 – I ZR 6/11 – Kommunikationsdesigner

Amtlicher Leitsatz:

Urheber, die ihre Werke durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts verwerten, deren alleinige Gesellschafter sie sind, können – falls die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist – in entsprechender Anwendung des § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG von dem Vertragspartner der Gesellschaft die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, um auf diese Weise eine angemessene Vergütung für die Werknutzung zu erreichen.

CDU/CSU: Diskussionspapier zur Vereinfachung des Urheberrechts und Softwarepatenten

Die beiden stellvertretenden CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Günter Krings und Michael Kretschmer haben am Dienstag ein Diskussionspapier veröffentlicht, in dem sie ihre Vorstellung über die Zukunft des Urheberrechts darlegen. Das Papier weist zurecht darauf hin, dass „das deutsche Urheberrecht sich im Grundsatz bewährt hat“ und „nicht neu geschaffen werden muss“. In der aktuellen Urheberrechtsdebatte wird leider allzu oft – in Unkenntnis der Materie – die in Jahrhunderten erfolgte Entwicklung des Urheberrechts blind negiert. Das Urheberrecht entwickelt sich, wie jeder andere Rechtsbereich auch, ständig fort und passt sich den aktuellen Gegebenheiten an. Etabliertes umzustürzen zu wollen ist schlicht naiv – und in Unkenntnis der Materie zudem eine Anmaßung.

Im Detail ist das Papier aber durchaus problematisch. Die Aussage, „Computerprogramme werden richtigerweise durch das Urheberrecht geschützt“, „Softwarepatente auf Quell-Codes laufen dem urheberrechtlichen Schutzzweck zuwider“ ist nicht mit der aktuellen Rechtssituation kompatibel. Patentschutz und Urheberschutz laufen einander nicht zuwider. Der Schutzgedanke von Patentrecht und Urheberrecht sind auf unterschiedliche Aspekte gerichtet. Urheberrecht schützt kulturelle Werke. Patente schützen technische Erfindungen. Eine Steuersoftware für einen Roboter, die einen technischen Beitrag liefert ist als technische Erfindung patentierbar. Das Urheberrecht bietet für die technische Erfindung hinter solch einer Steuersoftware keinen Schutz. Das Patentrecht hat mit der Erfordernis eines technischen Beitrages ein Kriterium herausgearbeitet, mit dem zwischen patentierbarer Software (Robotersteuerung, ABS-System, etc.) und nicht patentierbarer Software (Geschäftsverfahren, Spielideen, etc) unterschieden werden kann. Die Rechtsprechung hat dieses Kriterium in jahrzehnterlanger Entwicklung herausgearbeitet und damit eine Lösung gefunden, die dem Grundanliegen des Patentschutzes gerecht wird.

Eine scharfe Trennlinie zwischen technisch und nicht-technisch zu ziehen ist, zugegeben, schwierig, so dass so mancher Einzelfall unter Interessensabwägung entschieden werden muss. Das ist in anderen Rechtsgebieten aber auch nicht anders üblich und führt unter Berücksichtigung der den Normen zugrunde liegenden Gedanken in der Regel zu vernünftigen Ergebnissen.

BGH, I ZR 59/10 – PC als Bild- und Tonaufzeichnungsgerät

BGH, Urteil vom 30. November 2011 – I ZR 59/10- PC als Bild- und Tonaufzeichnungsgerät

Amtliche Leitsätze:

Es kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass sämtliche PCs mit eingebauter Festplatte, die in den Jahren 2002 bis 2005 in Verkehr gebracht wurden, im Sinne des § 54 Abs. 1 UrhG aF dazu geeignet und bestimmt waren, Bild- und Tonaufzeichnungen vorzunehmen.

Für die Frage, ob PCs mit eingebauter Festplatte im Sinne des § 54 Abs. 1 UrhG aF zur Vornahme von Bild- und Tonaufzeichnungen geeignet und bestimmt sind, kommt es nicht darauf an, ob sie bereits mit den dafür erforderlichen Zusatzgeräten wie TV- oder Audio-Karten ausgestattet sind.

Soweit PCs als Multifunktionsgeräte bestimmungsgemäß nicht nur für Bild- und Tonaufzeichnungen, sondern auch zu anderen Zwecken genutzt werden können, ist dies für die Vergütungspflicht nach § 54 Abs. 1 UrhG aF selbst dann unerheblich, wenn die Nutzung der anderen Funktionen überwiegen sollte.

Der Abschluss von Gesamtverträgen mit dem Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) über die Vergütung von CD-Brennern und DVD-Brennern steht einem Vergütungsanspruch für PCs mit eingebauter Festplatte nach § 54 Abs. 1 UrhG aF nicht entgegen.

Soweit PCs für Vervielfältigungen im Sinne des § 54 Abs. 1 UrhG aF zum Privatgebrauch nach § 53 Abs. 1 UrhG aF geeignet und bestimmt sind, besteht auch bei einer Überlassung an Geschäftskunden die Vermutung, dass sie tatsächlich für solche Vervielfältigungen verwendet werden. Dabei handelt es sich allerdings um eine widerlegliche Vermutung; sie kann durch den Nachweis entkräftet werden, dass nach dem normalen Gang der Dinge eine Verwendung dieser PCs für die Erstellung privater Kopien über einen geringen Umfang hinaus unwahrscheinlich ist.

Aus der Urteilsbegründung:

Es hat zwar festgestellt, dass die Beklagte im Jahr 2003 zumindest 2% und in den Jahren 2004 und 2005 jeweils etwa 3% ihrer PCs mit TV-Karten ausgerüstet hatte und dass im fraglichen Zeitraum mit von der Beklagten in Verkehr gebrachten PCs über TV-Karten auch Bild- oder Tonaufzeichnungen vorgenommen wurden. Diesen Feststellungen ist jedoch nicht zu entnehmen, dass sämtliche Modelle oder welche Modelle der von der Beklagten in Verkehr gebrachten PCs als Vervielfältigungsgeräte im Sinne des § 54 Abs. 1 UrhG aF genutzt werden konnten.

LG Mannheim, 7 O 442/11: Unwirksame allgemeine Geschäftsbedingung eines Verlages

LG Mannheim Urteil vom 5.12.2011, 7 O 442/11

Amtliche Leitsätze:

1. Ein Presseunternehmen verwendet Vertragsbedingungen, wenn es mit ihm vertraglich zusammenarbeitenden freien Journalisten ein Abrechnungsformular mit Vertragsklauseln überlässt, die Benutzung des Formulars erwartet und wirtschaftlichen Druck bei Nichtverwendung ausübt.

2. Eine Klausel über den Umfang der Nutzungsrechtseinräumung ist unwirksam, wenn Rechte für jede erdenkliche, ausdrücklich aufgezählte Nutzungsart übertragen werden, auch für unbekannte Nutzungsarten eine weitere Vergütung nicht verlangt werden kann, die Ausübung des Widerrufsrechts ausgeschlossen wird und die Nutzungsrechte „umfassend, ausschließlich, räumlich, zeitlich und inhaltlich unbeschränkt“ durch eine Einmalzahlung abgegolten werden sollen.

Aus der Urteilsbegründung:

Die Kammer schließt sich der Auffassung des Oberlandesgerichts Hamburg (vgl. GRUR-RR 2011, 293) an, wonach es sich bei § 31 Abs. 5 UrhG um eine zwingende Inhaltsnorm handelt, die im Rahmen der AGB-Kontrolle zu beachten ist und wonach ein Übermaß an Rechtsübertragung im Wege Allgemeiner Geschäftsbedingungen selbst dann einer Kontrolle zu unterwerfen ist, wenn die einzelnen Nutzungsarten einzeln bezeichnet sind. Um eine solche Übertragung im Übermaß handelt es sich vorliegend, da die Verfügungsbeklagte als Verwenderin der Klausel sich ausgehend von einer konkreten Verwendungssituation des vom jeweiligen Journalisten erstellten Beitrages letztlich alle denkbaren Nutzungsrechte übertragen lässt, die sie zudem noch auf gesellschaftlich verbundene Unternehmen weiterübertragen können will. Bereits aus diesem Grund ist die Klausel nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.