BGH, I ZR 88/08 – Opel-Blitz II: Identitätsschutz bei Spielzeugautos

Amtlicher Leitsatz:
Im Rahmen des Identitätsschutzes der Marke nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG kommt es nur auf Beeinträchtigungen der Funktionen der Marke an, soweit sie für Waren oder Dienstleistungen eingetragen und benutzt wird, die mit denjenigen identisch sind, für die das angegriffene Zeichen benutzt wird.
Aus der Urteilsbegründung:
Die Ergebnisse der von der Klägerin vorgelegten Verkehrsbefragung stehen – wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler angenommen hat – der Feststellung nicht entgegen, dass die angesprochenen Verbraucher in dem auf dem Spielzeugmodell der Beklagten angebrachten Opel-Blitz-Zeichen keinen Hinweis auf die Herkunft dieses Produkts aus einem bestimmten Unternehmen sehen.
Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die wirklichkeitsgetreue Nachbildung als solche noch nicht unlauter i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG ist, weil insoweit wegen der Erwartungen, welche die angesprochenen Verbraucher an derartiges Spielzeug stellen, und der darauf beruhenden jahrzehntelangen Üblichkeit detailgetreuer Nachbildungen ein berechtigtes Interesse der Beklagten besteht (vgl. dazu auch BGHZ 126, 208, 214 – McLaren).

OLG Köln, 6 U 180/09 – dsds-news.de: Verzicht auf die Registrierung des Domain-Namens nicht erforderlich

Ein Inhaber von Marken- oder Kennzeichenrechten kann den Verzicht auf die Registrierung eines prioritätsjüngeren ähnlichen Domain-Namens im Wege des Beseitigungsanspruchs – über die Unterlassung seiner Verwendung für bestimmte Tätigkeitsfelder hinaus – vom Inhaber der Domain nur verlangen, wenn jede Belegung der unter dem Domain-Namen betriebenen Website notwendig die Voraussetzungen einer Kennzeichenverletzung nach §§ 14 Abs. 2 Nr. 2 oder 3, 15 Abs. 2 oder 3 MarkenG erfüllt.

BGH, I ZR 195/07 – Preisnachlass nur für Vorratsware: Unlautere Verkaufsförderungsmaßnahme

BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009 – I ZR 195/07 – Preisnachlass nur für Vorratsware


Amtlicher Leitsatz:

Die Werbung für einen erheblichen Preisnachlass verstößt gegen das in § 4 Nr. 4 UWG geregelte Transparenzgebot, wenn nicht klar und eindeutig darauf hingewiesen wird, dass die Vergünstigung nur für vorrätige Waren in Anspruch genommen werden kann. Dies gilt auch dann, wenn der Preisnachlass nur kurzfristig – hier am Tage der Werbung – gewährt wird.

BGH, I ZR 142/07 – MIXI

Amtlicher Leitsatz:
Bei einem zu einem Wort zusammengesetzten Zeichen (hier: KOHLERMIXI) misst der Verkehr den einzelnen Wortbestandteilen (hier: KOHLER und MIXI) keine selbständig kennzeichnende Stellung zu, wenn er nicht Veranlassung hat, das Zeichen zergliedernd wahrzunehmen. Von einer zergliedernden Wahrnehmung des zusammengesetzten Zeichens ist ohne Hinzutreten besonderer Umstände nicht auszugehen, wenn eine dem Verkehr nicht bekannte Herstellerangabe mit einer älteren nicht bekannten Marke zu einem Wort zusammengefügt wird.

BGH, I ZR 149/07 – Sondernewsletter: Preisangabenverordnung, Abmahnkostenersatz

BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009 – I ZR 149/07 – Sondernewsletter


Amtliche Leitsätze:

a) Wer in einer an die Allgemeinheit gerichteten Werbung für einen Telefon-Tarif oder eine Internet-Flatrate unter Angabe von Preisen wirbt, muss, wenn die Inanspruchnahme dieser Leistungen einen Kabelanschluss des Anbieters voraussetzt, in der Werbung hinreichend deutlich auf die Kosten des Kabelanschlusses hinweisen [-> Preisangabenverordnung].
b) Wer in einer an die Allgemeinheit gerichteten Werbung für einen Internet-Zugang über ein Kabelnetz unter Angabe der Übertragungsgeschwindigkeit wirbt, braucht nicht darauf hinzuweisen, dass diese Übertragungsgeschwindigkeit aufgrund von Umständen, auf die er keinen Einfluss hat, nicht durchgängig erreicht werden kann.
c) Richtet sich die Höhe der Abmahnkosten nach dem Gegenstandswert der Abmahnung, sind die Kosten einer nur teilweise berechtigten Abmahnung gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG nur zu ersetzen, soweit die Abmahnung berechtigt war. Dabei ist die Höhe des Ersatzanspruchs nach dem Verhältnis des Gegenstandswerts des berechtigten Teils der Abmahnung zum Gegenstandswert der gesamten Abmahnung zu bestimmen.

BGH, X ZR 47/06 – Nabenschaltung I: Übersetzungsfehler eines europäischen Patents

Amtliche Leitsätze:
Im Patentnichtigkeitsverfahren ist der Antrag auf Feststellung, dass die Wirkungen eines europäischen Patents für die Bundesrepublik Deutschland als von Anfang an nicht eingetreten gelten [-> Nichtigkeit eines europäischen Patents], weil der Anmelder oder Patentinhaber eine (vollständige) deutsche Übersetzung der europäischen Patentschrift nicht fristgerecht eingereicht hat, nicht statthaft.

BGH, I ZR 44/07 – OFFROAD: Keine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne

Amtliche Leitsätze:
a) Eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne kann vorliegen, wenn ein mit einer älteren Marke übereinstimmender Bestandteil identisch oder ähnlich in ein zusammengesetztes Zeichen aufgenommen wird, in dem er neben einem Serienzeichen eine selbstständig kennzeichnende Stellung behält.
b) Einem Bestandteil eines zur Kennzeichnung einer Zeitschrift verwendeten Zeichens kommt eine solche selbstständig kennzeichnende Stellung nicht zu, wenn ihm – wie dem Bestandteil „automobil“ – von Haus aus jegliche Unterscheidungskraft und somit auch die Eignung fehlt, als ein auf die Herkunft der so bezeichneten Zeitschriften aus einem bestimmten Unternehmen hin-weisender Stammbestandteil einer Zeichenserie für die Titel einer Reihe von Automobilzeitschriften verwendet zu werden, und der Zeichenbestandteil auch nicht aufgrund seiner tatsächlichen Verwendung vom Verkehr als ein solcher Stammbestandteil einer bereits existierenden Zeichenserie verstanden wird.

BGH, Xa ZR 74/09 – Nabenschaltung II: Übersetzungsfehler bei einem europäischen Patent

BGH, Urteil vom 18. März 2010 – Xa ZR 74/09 – Nabenschaltung II

Amtlicher Leitsatz:

Hat der Patentinhaber fristgerecht eine Übersetzung des nicht in deutscher Sprache veröffentlichten europäischen Patents eingereicht, findet Art. II § 3 Abs. 2 IntPatÜbkG keine Anwendung und bleibt es auch dann beim Eintritt der gesetzlichen Wirkungen des Patents für die Bundesrepublik Deutschland, wenn die Übersetzung Auslassungen aufweist. Solche Auslassungen sind grundsätzlich als Fehler der Übersetzung anzusehen, deren Rechtsfolgen sich nach Art. II § 3 Abs. 4 und 5 IntPatÜbkG bestimmen.

Aus der Urteilsbegründung:

Sowohl im Fall einer unvollständigen als auch im Fall einer fehlerhaften Übersetzung wird der Zweck der Norm, die interessierte Öffentlichkeit zu informieren, nicht in vollem Umfang erreicht. Sowohl im einen wie im anderen Fall kann der Patentschrift die Information über die technische Lehre des Streitpatents nicht vollständig und zweifelsfrei entnommen werden. Ob dieser Mangel auf Fehlern oder auf Auslassungen beruht, spielt dabei gemessen an Sinn und Zweck der Regelung keine entscheidende Rolle. Auslassungen beeinträchtigen grundsätzlich das Informationsinteresse auch nicht stärker als sinnentstellende Übersetzungen. Auch wenn eine Übersetzung in wesentlichen Teilen fehlerhaft ist, kann eine berichtigte Übersetzung nachgereicht werden. Dies trägt nach dem Willen des Gesetzgebers den Interessen der Beteiligten hinreichend Rechnung. Entscheidend ist dabei nicht, wie umfangreich die Fehler sind und ob sie inhaltlich für das Verständnis bedeutsam sind. Dies würde eine Prüfung im Einzelfall voraussetzen, die der Gesetzgeber nicht als maßgeblich angesehen hat. Können aber selbst inhaltlich schwerwiegende Mängel durch Einreichung einer Berichtigung geheilt werden, so kann nichts anderes für Auslassungen gelten, die ebenso wie die Fehlerhaftigkeit die Kenntnisnahme vom Inhalt der Patentschrift erschweren. Zudem lässt sich in Grenzfällen, wie bei dem Fehlen einzelner Wörter oder Halbsätze einerseits und einer grob sinnentstellenden Wiedergabe des englisch- oder französischsprachigen Textes andererseits eine klare Grenze zwischen Fehlern des Textes und Auslassungen im Text kaum ziehen.

Dem Erfordernis der Rechtssicherheit ist dadurch Rechnung getragen, dass maßgeblich die Patentansprüche in der Verfahrenssprache bleiben. Den im Einzelfall darüber hinaus bestehenden Belangen des Vertrauensschutzes für denjenigen, der auf eine fehlerhafte oder unvollständige Übersetzung vertraut und hierdurch eine fehlerhafte Vorstellung vom Gegenstand oder Schutzbereich des Patents gewonnen hat, hat der Gesetzgeber durch die Einräumung eines Weiterbenutzungsrechts Rechnung getragen. Dies stellt für den Fall einer fehlerhaften wie für den Fall einer nicht vollständigen Information über den Gegenstand des Patents gleichermaßen einen angemessenen Ausgleich der widerstreitenden Interessen dar.

BGH, I ZR 174/07 – Peek & Cloppenburg: Internetauftritt Gleichnamiger

BGH, Urteil vom 31. März 2010 – I ZR 174/07 – Peek & Cloppenburg

Amtlicher Leitsatz:

Die Gleichgewichtslage, die zwischen zwei in derselben Branche, aber an verschiedenen Standorten tätigen gleichnamigen Handelsunternehmen besteht, kann dadurch gestört werden, dass eines der beiden Unternehmen das Unternehmenskennzeichen als Internetadresse oder auf seinen Internetseiten verwendet, ohne dabei ausreichend deutlich zu machen, dass es sich nicht um den Internetauftritt des anderen Unternehmens handelt (Abgrenzung zu BGH, Urt. v. 23.6.2005 – I ZR 288/02, GRUR 2006, 159 = WRP 2006, 238 – hufeland.de).

-> Internetauftritt Gleichnamiger, Namen als Internetadresse, Recht zur Benutzung des eigenen Namens und der eigenen Anschrift

Aus der Urteilsbegründung:

Im Streitfall folgt eine Erhöhung der Verwechslungsgefahr und damit eine Störung der Gleichgewichtslage daraus, dass die Beklagte die Bezeichnungen „peek-und-cloppenburg.de“ und „peek-und-cloppenburg.com“ als Internetadressen und die Bezeichnung „info@peek-und-cloppenburg.de“ als E-Mail-Adresse benutzt und beworben und die Bezeichnung „Peek & Cloppenburg“ auf ihrer Internetseite und auf dort eingestellten Werbebeilagen verwendet hat, ohne dabei deutlich zu machen, dass es sich bei „Peek & Cloppenburg“ um zwei voneinander unabhängige Unternehmen handelt, die in unterschiedlichen Regionen des Bundesgebiets tätig sind.

Aus dem Internetauftritt der Beklagten ergibt sich nicht ausreichend deutlich, dass es sich bei der Beklagten um ein Unternehmen mit einem räumlich beschränkten Wirkungskreis handelt.

Da eine Website üblicherweise über die Startseite aufgerufen wird und die Beklagte auf ihrer Startseite ausreichend deutlich darauf hinzuweisen hat, dass es sich nicht um den Internetauftritt der Klägerin handelt (vgl. dazu unter II 3 a), wäre es unverhältnismäßig, einen entsprechenden Hinweis auch noch auf sämtlichen Folgeseiten zu verlangen.

Dass es Trefferanzeigen von Suchmaschinen und andere elektronische Verweisungen (Links) gibt, die unmittelbar auf Unterseiten eines Internetauftritts führen, steht nicht der Annahme entgegen, dass eine Website zumeist über die Startseite aufgerufen wird. Zudem sucht nach der Lebenserfahrung eine nicht unerhebliche Anzahl von Internetnutzern, die durch eine elektronische Verweisung auf die Unterseite eines Internetauftritts geleitet worden sind, danach auch noch die Startseite auf. Unter diesen Umständen steht die erforderliche Ausführlichkeit des klarstellenden Hinweises unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit dem Gebot eines Hinweises auch auf den Folgeseiten der Homepage entgegen.