BGH, X ZR 1/09 – Dentalgerätesatz: Mangelnde Neuheit eines Gerätesatzes

BGH, Urteil vom 5. April 2011 – X ZR 1/09 – Dentalgerätesatz

Amtlicher Leitsatz:

Für die Annahme mangelnder Neuheit eines Gerätesatzes, dessen Bestandteile in ihren technischen Merkmalen zur Erreichung eines bestimmten Zwecks aufeinander abgestimmt sind, reicht es nicht aus, dass im Stand der Technik eine Mehrzahl von Einzelteilen eines solchen Satzes ohne funktionale Abstimmung bekannt ist.

BGH, I ZR 196/08 – Zweite Zahnarztmeinung II: Zum Datenbankschutz

BGH, Urteil vom 1. Dezember 2010 – I ZR 196/08 – Zweite Zahnarztmeinung II

a) Geben Dritte über eine Eingabemaske Daten in eine Datenbank ein, sind die Kosten für die Software, mit der die Daten für Zwecke der Datenbank erfasst und dargestellt werden, eine Investition im Sinne des § 87a Abs. 1 Satz 1 UrhG zur Beschaffung und Darstellung der Datenbankelemente und keine Kosten der Datenerzeugung. Entsprechendes gilt für die Kosten der Überprüfung der von Dritten eingegebenen Daten auf ihre Eignung für Zwecke der Datenbank.

b) Ein Anteil von zehn Prozent des Datenvolumens der gesamten Datenbank erfüllt nicht die Voraussetzungen, die an einen nach dem Umfang wesentlichen Teil der Datenbank im Sinne des § 87b Abs. 1 Satz 1 UrhG zu stellen sind.

c) Für die Übernahme eines nach der Art wesentlichen Teils der Datenbank im Sinne von § 87b Abs. 1 Satz 1 UrhG ist es nicht erforderlich, dass diejenigen Elemente übernommen werden, die die Struktur der Datenbank ausmachen.

d) Für den Eingriff in die Rechte des Datenbankherstellers nach § 87b Abs. 1 Satz 2 UrhG reicht es aus, dass die Entnahmehandlungen darauf gerichtet sind und im Fall ihrer Fortsetzung dazu führen würden, die Datenbank insgesamt oder einen nach Art oder Umfang wesentlichen Teil zu vervielfältigen, zu verbreiten oder öffentlich wiederzugeben.

BGH, I ZR 155/09 – Sedo: Zur Haftung für Markenrechtsverstöße beim Domain-Parking

BGH, Urteil vom 18. November 2010 – I ZR 155/09 – Sedo

a) Eine markenmäßige Verwendung eines Domainnamens liegt regelmäßig vor, wenn auf der unter dem Domainnamen erreichbaren Internetseite ein elektronischer Verweis (Link) angebracht ist, der zu einem Produktangebot führt.

b) Bietet ein Diensteanbieter im Sinne des Teledienstegesetzes a.F. – Entsprechendes ist unter Geltung des Telemediengesetzes anzunehmen – seinen Kunden ein sogenanntes Domain-Parking-Programm an, in das der Kunde unter seinem Domainnamen eine Internetseite mit elektronischen Werbeverweisen (Werbelinks) einstellen kann, bei deren Aufruf aufgrund vorher bestimmter Schlüsselwörter Werbung von Drittunternehmen erscheint, haftet der Diensteanbieter weder als Täter noch als Teilnehmer von Kennzeichenverletzungen, wenn die Auswahl des Schlüsselworts ohne seine Mitwirkung oder Kenntnis erfolgt und dem Diensteanbieter die Kennzeichenverletzungen seines Kunden auch nicht bekannt sind.

c) Ist mit dem entsprechenden Programm des Diensteanbieters keine besondere Gefahr für die Verletzung von Kennzeichenrechten Dritter verbunden, trifft dessen Anbieter auch im Rahmen einer Störerhaftung keine allgemeine Pflicht, die in sein System von Kunden eingestellten Domainnamen auf Kennzeichenverletzungen zu prüfen.

d) Die Kunden des Diensteanbieters, die unter ihren Domainnamen Internetseiten mit Werbeverweisen in ein solches Programm des Diensteanbieters einstellen, sind nicht seine Beauftragten im Sinne von § 14 Abs. 7, § 15 Abs. 6 MarkenG.

BGH, X ZR 72/10 – Initialidee: Fiktion der Erfindungsmeldung durch Anmeldung der Erfindung zum Patent

BGH, Urteil vom 12. April 2011 – X ZR 72/10 – Initialidee

Amtliche Leitsätze:

a) Die Frist zur Inanspruchnahme einer Diensterfindung wird, wenn es an
einer schriftlichen Erfindungsmeldung des Diensterfinders fehlt, grundsätzlich nur in Gang gesetzt, wenn der Arbeitgeber, insbesondere durch
eine Patentanmeldung und die Benennung des Arbeitnehmers als Erfinder, dokumentiert, dass es keiner Erfindungsmeldung mehr bedarf,
weil er über die Erkenntnisse bereits verfügt, die ihm der Diensterfinder
durch die Erfindungsmeldung verschaffen soll.

b) Eine derartige Dokumentation der Kenntnis des Arbeitgebers von der
Diensterfindung und den an ihr Beteiligten ergibt sich weder daraus,
dass der Arbeitgeber durch die mündliche Mitteilung einer „Initialidee“
durch den Arbeitnehmer und schriftliche Berichte über anschließend
durchgeführte Versuche Kenntnis von der technischen Lehre der Erfindung erhält, noch aus dem Umstand, dass der Arbeitgeber von einem
Patent erfährt, das der Arbeitnehmer auf die Diensterfindung angemeldet hat (Fortführung von BGH, Urteil vom 4. April 2006  – X ZR 155/03,
BGHZ 167, 118 – Haftetikett).

c) Hat der Arbeitnehmer die Diensterfindung unberechtigt zum Patent angemeldet, bedarf es nach Inanspruchnahme der Diensterfindung durch
den Arbeitgeber gemäß §§ 6, 7 ArbNErfG einer Übertragung und nicht
nur einer Umschreibung der Anmeldung oder eines hierauf erteilten Patents auf den Arbeitgeber.

OLG Karlsruhe , 6 U 29/11: Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung

OLG Karlsruhe Beschluß vom 18.4.2011, 6 U 29/11

Amtlicher Leitsatz:

Im Rahmen der Interessenabwägung, die bei der Entscheidung über einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem Urteil wegen Patentverletzung vorzunehmen ist, kommt es u.a. auf die dem Beklagten aus der Vollstreckung drohenden Schäden an. Die Gefahr hoher, nicht kompensierbarer Schäden kann zu verneinen sein, wenn der Beklagte vorträgt, er habe die angegriffenen Geräte so abgeändert, dass sie jedenfalls danach von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch mehr machten.

BGH, X ZR 121/0 – Webseitenanzeige: Patentierungsausschluss für Softwarepatente

BGH, Urteil vom 24. Februar 2011 – X ZR 121/0 – Webseitenanzeige

Amtliche Leitsätze:

a) Bei Erfindungen mit Bezug zu Geräten und Verfahren (Programmen) der
elektronischen Datenverarbeitung
ist zunächst zu klären, ob der Gegenstand der  Erfindung zumindest mit einem Teilaspekt auf technischem Gebiet liegt (§ 1 Abs. 1 PatG). Danach ist zu prüfen, ob dieser Gegenstand lediglich ein Programm für Datenverarbeitungsanlagen als solches darstellt und deshalb vom Patentschutz ausgeschlossen ist. Der Ausschlusstatbestand  greift nicht ein, wenn diese weitere
Prüfung ergibt, dass die Lehre Anweisungen enthält, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen.

b) Ein Verfahren, das der datenverarbeitungsmäßigen Abarbeitung von Verfahrensschritten in netzwerkmäßig verbundenen technischen Geräten (Server, Clients) dient, weist die für den Patentschutz vorauszusetzende Technizität auch dann auf, wenn diese Geräte nicht ausdrücklich im Patentanspruch genannt sind

BPatG, 21 W (pat) 308/08 – Optische Inspektion von Rohrleistungen

BPatG, Entsch. v. 13. April 2011  – 21 W (pat) 308/08 – Optische Inspektion von Rohrleistungen

Amtliche Leitsätze:

1. Dass ein Einsprechender nach Erlöschen des Patents kein eigenes Rechtsschutzbedürfnis geltend gemacht hat, führt regelmäßig zur Erledigung des Einspruchsverfahrens.

2. Der Annahme einer Erledigung steht nicht entgegen, dass das Patent nicht widerrufen und damit das Ziel des Einspruchsverfahren nicht erreicht oder der Erteilungsbeschluss nicht mit Wirkung ex tunc beseitigt worden wäre, ebenso wenig ein Fortbestand des Allgemeininteresses. Es ist auch nicht erforderlich, dass der Patentinhaber gegenüber der Allgemeinheit eine Freistellungserklärung abgibt.

(im Anschluss an BGH GRUR 1997, 615 ff – Vornapf; BPatGE 51, 128 ff – Radauswuchtmaschine, in Abgrenzung zu BPatG, Beschluss vom 20. Oktober 2010,

BGH, I ZR 108/09 – TÜV: Alternative Klagehäufung

BGH, Beschluss vom 24. März 2011 – I ZR 108/09 – TÜV

Amtliche Leitsätze:

a) Die alternative Klagehäufung, bei der der Kläger ein einheitliches Klagebegehren aus mehreren prozessualen Ansprüchen (Streitgegenständen) herleitet und dem Gericht die Auswahl  überlässt, auf welchen Klagegrund es die Verurteilung stützt, verstößt  gegen das Gebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, den Klagegrund bestimmt zu bezeichnen.

b) Hat der Kläger mehrere Klagegründe im Wege einer alternativen Klagehäufung verfolgt, kann er die gebotene Bestimmung der Reihenfolge, in der er die prozessualen Ansprüche geltend machen will, noch in der Berufungs- oder der Revisionsinstanz nachholen.

c) Nimmt der Kläger die Bestimmung erst  in der Revisionsinstanz vor, kann der auch im Prozessrecht geltende  Grundsatz von Treu und Glauben den Kläger in der Wahl der Reihenfolge in der Weise beschränken, dass er zunächst die vom Berufungsgericht behandelten Streitgegenstände zur Entscheidung des Revisionsgerichts stellen muss.

BGH, I ZR 50/09 – Einwilligungserklärung für Werbeanrufe

BGH, Urteil vom 14. April 2011 – I ZR 50/09 – Einwilligungserklärung für Werbeanrufe

Amtlicher Leitsatz:

Die auf einer Teilnahmekarte für ein Gewinnspiel unter der Rubrik „Telefonnummer“ enthaltene Angabe

„Zur Gewinnbenachrichtigung und für weitere interessante telefonische Angebote
der … GmbH aus dem Abonnementbereich, freiwillige Angabe, das Einverständnis kann jederzeit widerrufen werden“

genügt nicht dem Transparenzgebot des § 4 Nr. 5 UWG.

BGH, X ZR 28/09 – Nichtigkeitsstreitwert

BGH, Beschluss vom 12. April 2011 – X ZR 28/09 – Nichtigkeitsstreitwert

a) Der Gegenstandswert des Patentnichtigkeitsverfahrens wird durch den gemeinen Wert des Patents bei Klageerhebung zuzüglich des Betrags der bis dahin entstandenen Schadensersatzforderungen bestimmt.

b) Bei der Festsetzung des Gegenstandswerts kann von dem Streitwert eines auf das Streitpatent gestützten Verletzungsprozesses ausgegangen werden, der regelmäßig das Interesse des Nichtigkeitsklägers an der Nichtigerklärung  des Patents widerspiegelt. Dem Umstand, dass der gemeine Wert des Patents in der Regel über  dieses Individualinteresse hinausgeht, ist bei der Wertfestsetzung mangels anderweitiger Anhaltspunkte dadurch Rechnung zu tragen, dass der Gegenstandswert um ein Viertel höher als der Streitwert des
Verletzungsprozesses angenommen wird.