BGH, Urteil vom 24. November 2011 – Medusa

BGH, Urteil vom 24. November 2011 – Medusa

Amtliche Leitsätze

a) Der Umstand, dass ein zunächst nach § 2 UrhG geschütztes Kunstwerk gemeinfrei geworden ist, schließt eine markenmäßige Verwendung einer dem Kunstwerk entsprechenden oder ihm ähnlichen Gestaltung nicht aus.

b) Fasst der Durchschnittsverbraucher ein Bildmotiv nur als dekoratives Element auf, ergibt sich eine markenmäßige Verwendung dieses Motivs nicht daraus, dass ein kleiner Teil des angesprochenen Publikums das Bildmotiv als Marke erkennt und der fraglichen Abbildung deshalb einen Herkunftshinweis entnimmt.

BGH, I ZR 59/10 – PC als Bild- und Tonaufzeichnungsgerät

BGH, Urteil vom 30. November 2011 – I ZR 59/10- PC als Bild- und Tonaufzeichnungsgerät

Amtliche Leitsätze:

Es kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass sämtliche PCs mit eingebauter Festplatte, die in den Jahren 2002 bis 2005 in Verkehr gebracht wurden, im Sinne des § 54 Abs. 1 UrhG aF dazu geeignet und bestimmt waren, Bild- und Tonaufzeichnungen vorzunehmen.

Für die Frage, ob PCs mit eingebauter Festplatte im Sinne des § 54 Abs. 1 UrhG aF zur Vornahme von Bild- und Tonaufzeichnungen geeignet und bestimmt sind, kommt es nicht darauf an, ob sie bereits mit den dafür erforderlichen Zusatzgeräten wie TV- oder Audio-Karten ausgestattet sind.

Soweit PCs als Multifunktionsgeräte bestimmungsgemäß nicht nur für Bild- und Tonaufzeichnungen, sondern auch zu anderen Zwecken genutzt werden können, ist dies für die Vergütungspflicht nach § 54 Abs. 1 UrhG aF selbst dann unerheblich, wenn die Nutzung der anderen Funktionen überwiegen sollte.

Der Abschluss von Gesamtverträgen mit dem Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) über die Vergütung von CD-Brennern und DVD-Brennern steht einem Vergütungsanspruch für PCs mit eingebauter Festplatte nach § 54 Abs. 1 UrhG aF nicht entgegen.

Soweit PCs für Vervielfältigungen im Sinne des § 54 Abs. 1 UrhG aF zum Privatgebrauch nach § 53 Abs. 1 UrhG aF geeignet und bestimmt sind, besteht auch bei einer Überlassung an Geschäftskunden die Vermutung, dass sie tatsächlich für solche Vervielfältigungen verwendet werden. Dabei handelt es sich allerdings um eine widerlegliche Vermutung; sie kann durch den Nachweis entkräftet werden, dass nach dem normalen Gang der Dinge eine Verwendung dieser PCs für die Erstellung privater Kopien über einen geringen Umfang hinaus unwahrscheinlich ist.

Aus der Urteilsbegründung:

Es hat zwar festgestellt, dass die Beklagte im Jahr 2003 zumindest 2% und in den Jahren 2004 und 2005 jeweils etwa 3% ihrer PCs mit TV-Karten ausgerüstet hatte und dass im fraglichen Zeitraum mit von der Beklagten in Verkehr gebrachten PCs über TV-Karten auch Bild- oder Tonaufzeichnungen vorgenommen wurden. Diesen Feststellungen ist jedoch nicht zu entnehmen, dass sämtliche Modelle oder welche Modelle der von der Beklagten in Verkehr gebrachten PCs als Vervielfältigungsgeräte im Sinne des § 54 Abs. 1 UrhG aF genutzt werden konnten.

BGH, X ZR 104/09 – antimykotischer Nagellack: zur Bemessung der Abeitnehmererfindervergütung

BGH, Urteil vom 6. März 2012 – X ZR 104/09 – antimykotischer Nagellack

Amtliche Leitsätze:

a) Die Vergütung einer Diensterfindungen ist nicht deshalb unangemessen, weil ihr nach der in der Vergütungsvereinbarung zur Bemessung der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Erfindung gewählten Methode der Lizenzanalogie ein Erfindungswert zugrunde liegt, der erheblich geringer ist als der Gewinn, den der Arbeitgeber durch die Herstellung und den Vertrieb eines erfindungsgemäßen Produkts erwirtschaftet.

b) Auch die Bemessung der Vergütung eines an einer Hochschule beschäftigten Erfinders mit 30 % der durch die Verwertung der Erfindung erzielten Einnahmen hat keinen Einfluss auf die Ermittlung der angemessenen Vergütung eines Arbeitnehmers nach § 9 ArbEG.

c) Die Findung eines angemessenen Lizenzsatzes obliegt dem Tatrichter. Das Revisionsgericht kann nur prüfen, ob dieser von verfahrensfehlerfrei festgestellten Anknüpfungstatsachen ausgegangen ist und sämtliche erhebliche Gesichtspunkte in seine Gesamtwürdigung einbezogen und hierbei Erfahrungssätze und Denkgesetze beachtet hat.

d) Die Ermittlung der Analoglizenzgebühr aus dem Produkt von Nettoverkaufserlösen und angemessenem Lizenzsatz begründet nicht ohne weiteres deshalb eine erhebliche Unbilligkeit der Vergütungsvereinbarung, weil als Verkaufspreise bei Lieferungen an konzernangehörige Unternehmen vereinbarungsgemäß die konzerninternen Abgabepreise des Arbeitgebers anzusetzen sind.

BGH, I ZR 131/10 – regierung-oberfranken.de: Störerhaftung der DENIC

BGH, Urteil vom 27. Oktober 2011 – I ZR 131/10 – regierung-oberfranken.de

Amtliche Leitsätze:

a) Die für die Registrierung von Domainnamen unter der Top-Level-Domain
„.de“ zuständige DENIC haftet dann als Störerin, wenn sie von Dritten auf eine offenkundige, von ihrem Sachbearbeiter unschwer zu erkennende Verletzung des Namensrechts hingewiesen wird (Fortführung von BGHZ 148, 13
– ambiente.de).

b) Eine solche offenkundige Namensrechtsverletzung liegt vor, wenn es sich bei dem als verletzt geltend gemachten Namen um die offizielle Bezeichnung der für die Verwaltung eines Regierungsbezirks zuständigen Behörde handelt
und der beanstandete Domainnamen von einem in Panama ansässigen Unternehmen registriert worden ist.

BGH, I ZR 123/10: Widerrufsbelehrung

BGH, Urteil vom 9. November 2011 – I ZR 123/10

Amtliche Leitsätze:

a) Eine Widerrufsbelehrung mit dem einleitenden Satz „Verbraucher haben das folgende Widerrufsrecht“ verstößt nicht gegen das Deutlichkeitsgebot gemäß § 312c Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB.

b) Der Unternehmer braucht nicht zu prüfen, ob die Adressaten der Widerrufs-belehrung Verbraucher oder Unternehmer sind, da ihm eine solche Prüfung bei einem Fernabsatzgeschäft häufig nicht möglich ist.

BGH, X ZR 67/09 – Sachverständigenablehnung V

BGH, Beschluss vom 3. April 2012 – X ZR 67/09 – Sachverständigenablehnung V

Amtlicher Leitsatz:

Ist einer Partei im Patentnichtigkeitsverfahren vor der Bestellung des gerichtlichen Sachverständigen Gelegenheit gegeben worden, zur fachlichen und persönlichen Eignung einer von der Gegenpartei vorgeschlagenen Person Stellung zu nehmen, und verfügt sie über keinerlei Informationen zur Person des Sachverständigen, handelt sie schuldhaft, wenn sie, ohne zumindest einfache und ohne weiteres mögliche Erkundigungen eingeholt zu haben, die Erklärung abgibt, gegen die als Sachverständigen vorgeschlagene Person bestünden keine Einwände.

Aus der Beschlussbegründung:

Die Findung eines geeigneten Sachverständigen ist in Patentnichtigkeitsverfahren nicht nur deswegen regelmäßig schwierig, weil die wünschenswerte Qualifikation des Sachverständigen eng mit der gegebenenfalls nicht einfach zu beantwortenden und zwischen den Parteien streitigen Frage zusammenhängt, über welche Ausbildung und Erfahrung der Fachmann verfügt, der im Prioritätszeitpunkt mit der Lösung des dem Streitpatent zugrunde liegenden technischen Problems beauftragt worden wäre. Es kommt vielmehr hinzu, dass in vielen Fällen notwendigerweise mehr oder weniger enge fachliche und berufliche Beziehungen zwischen den als Sachverständige in Betracht kommenden Wissenschaftlern, die auf dem betreffenden Gebiet forschen und lehren, und denjenigen am Patentnichtigkeitsverfahren beteiligten Unternehmen bestehen, die auf diesem Gebiet tätig sind und sich ihrerseits mit Forschung und Entwicklung befassen. Für die Parteien erkennbares Ziel ihrer Einbindung in die Sachverständigensuche ist es daher, ihre Fach- und Sachkunde nicht nur hinsichtlich der Qualifikationsanforderungen, sondern auch hinsichtlich etwaiger Bedenken zu nutzen, die gegen die Bestellung eines Sachverständigen wegen eines zu starken Näheverhältnisses des Vorgeschlagenen zu einer Prozesspartei oder einem am Verfahrensausgang interessierten Wettbewerber bestehen könnten. Dies ermöglicht es dem Gericht, Bedenken schon im Vorfeld der Beauftragung Rechnung zu tragen und nicht erst nach der Erstellung des schriftlichen Gutachtens mit der Folge eines beträchtlichen Zeitverlusts bei einer erfolgreichen Ablehnung.

BGH, I ZR 96/10 – INJECTIO: Werbung für homöopathisches Arzneimittel

BGH, Urteil vom 28. September 2011 – I ZR 96/10 – INJECTIO

Amtliche Leitsätze;

a) Eine Werbung für ein registriertes homöopathisches Arzneimittel, in der die Wirkstoffe des Arzneimittels und deren jeweilige Anwendungsgebiete genannt sind, fällt auch dann unter das Verbot der Werbung mit Anwendungsgebieten nach § 5 HWG, wenn in der Werbung die Pflichtangabe gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9, § 11 Abs. 3 Satz 1 AMG („Anwendungsgebiete: Registriertes homöopathisches Arzneimittel, daher ohne Angabe einer therapeutischen Indikation.“) aufgeführt ist.

b) § 5 HWG ist nicht einschränkend dahingehend auszulegen, dass ein Werbeverbot nur in Betracht kommt, wenn die konkrete Werbeaussage zu einer unmittelbaren oder

BGH, I ZR 75/10 – OSCAR: Zum Territorialitätsprinzip

BGH, Urteil vom 8. März 2012 – I ZR 75/10 – OSCAR

Amtliche Leitsätze:

a) Im Verhältnis zum Verwechslungsschutz stellt die Geltendmachung einer identischen Verletzung der Marke im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG denselben Streitgegenstand dar. Werden aus einem Schutzrecht sowohl Ansprüche wegen Verwechslungsschutz nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 als auch wegen Bekanntheitsschutz nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG geltend gemacht, handelt es sich ebenfalls um einen einheitlichen Streitgegenstand (Fortführung von BGH, Beschluss vom 24. März 2011 I ZR 108/09, BGHZ 189, 56 Rn. 3 TÜV I; Urteil vom 17. August 2011 I ZR 108/09, GRUR 2011, 1043 Rn. 27 TÜV II).

b) Ob eine zeichenrechtlich relevante Verletzungshandlung im Inland vorliegt, hängt davon ab, ob das Angebot einen hinreichenden wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug („commercial effect“) aufweist. Dabei ist eine Gesamtabwägung vorzunehmen, bei der auf der einen Seite zu berücksichtigen ist, wie groß die Auswirkungen der Kennzeichenbenutzung auf die inländischen wirtschaftlichen Interessen des Zeicheninhabers sind. Auf der anderen Seite ist maßgebend, ob und inwieweit die Rechtsverletzung sich als unvermeidbare Begleiterscheinung technischer oder organisatorischer Sachverhalte darstellt, auf die der Inanspruchgenommene keinen Einfluss hat oder ob dieser etwa – zum Beispiel durch die Schaffung von Bestellmöglichkeiten aus dem Inland oder die Lieferung auch ins Inland – zielgerichtet von der inländischen Erreichbarkeit profitiert (Fortführung von BGH, Urteil vom 13. Oktober 2004 I ZR 163/02, GRUR 2005, 431, 433 – HOTEL MARITIME).

BGH, X ZR 50/09: Zur erfinderischen Tätigkeit

BGH, Urteil v. 6. März 2012 – X ZR 50/09

Aus der Urteilsbegründung:

Der Patentfähigkeit ermangelt nicht nur das nächstliegende Vorgehen, sondern jede für den Fachmann naheliegende Lösung eines technischen Problems (BGH, Urteil vom 7. Dezember 1999 X ZR 40/95, GRUR 2000, 591, 596 Inkrustierungsinhibitoren; vom 10. Dezember 2002 X ZR 68/99, GRUR 2003, 317, 320 kosmetisches Sonnenschutzmittel I).

Es gibt auch keinen Rechtssatz, dass nur die Lösungsalternative, die der Fachmann voraussichtlich zunächst ausprobieren würde, naheliegend sei (BGH, Urteil vom 18. Februar 1997 X ZR 25/95, bei Bausch, Nichtigkeitsrechtsprechung in Patentsachen, BGH 1994 bis 1998, 445 Zerstäubervorrichtung; vom 26. Juli 2001 X ZR 93/95, Mitt. 2002, 16 – Filtereinheit).

Kommen für den Fachmann Alternativen in Betracht, können somit mehrere von ihnen naheliegend sein (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2003 X ZR 113/00 [Flachantenne], juris Rn. 47).

BGH, I ZR 55/10 – METRO/ROLLER’s Metro: zur Branchennähe, Kennzeichnungskraft und Prägetheorie

BGH, Urteil vom 22. März 2012 – I ZR 55/10 – METRO/ROLLER’s Metro

Amtlicher Leitsatz:

Zwischen Fachhandel und Cash&Carry-Märkten als Formen des Vertriebs an Gewerbetreibende besteht eine beträchtliche Branchennähe.

Aus der Urteilsbegründung:

Für die Beurteilung der Branchennähe kommt es in erster Linie auf die Produktbereiche und Arbeitsgebiete an, die nach der Verkehrsauffassung typisch für die Parteien sind. Anhaltspunkte für eine Branchennähe können Berührungspunkte der Waren oder Dienstleistungen der Unternehmen auf den Märkten sowie Gemeinsamkeiten der Vertriebswege und der Verwendbarkeit der Produkte und Dienstleistungen sein. In die Beurteilung einzubeziehen sind naheliegende und nicht nur theoretische Ausweitungen der Tätigkeitsbereiche der Parteien. Im Einzelfall können auch Überschneidungen in Randbereichen der Unternehmenstätigkeiten zu berücksichtigen sein (BGH, Urteil vom 20. Ja-nuar 2011 I ZR 10/09, GRUR 2011, 831 Rn. 23 = WRP 2011, 1174 BCC, mwN).

Die Kennzeichnungskraft einer Firmenbezeichnung wird durch den Grad der Eignung des Zeichens bestimmt, sich auf Grund seiner Eigenart und seines durch Benutzung erlangten Bekanntheitsgrades dem Verkehr als Name des Unternehmensträgers einzuprägen (BGH, Urteil vom 21. Februar 2002 I ZR 230/99, GRUR 2002, 898, 890 = WRP 2002, 1066 defacto).

Für die Bestimmung des Grades der Kennzeichnungskraft kommt es bei einem Unternehmenskennzeichen deshalb anders als bei der Marke darauf an, ob der Verkehr das fragliche Kennzeichen nicht nur einem bestimmten, sondern gerade dem Unternehmen zuordnet, das für diese Bezeichnung Schutz beansprucht (BGH, Urteil vom 27. November 2003 I ZR 79/01, GRUR 2004, 514, 516 = WRP 2004, 758 Telekom).

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit sind die sich gegenüberstehenden Kennzeichen jeweils als Ganzes zu betrachten und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen (BGH, Urteil vom 10. Juni 2009 I ZR 34/07, GRUR-RR 2010, 205 Rn. 37 Haus & Grund IV, mwN). Das schließt es nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile eines komplexen Zeichens für den durch das Kennzeichen im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 2005 C120/04, Slg. 2005, I-8551 = GRUR 2005, 1042 Rn. 28 f. = WRP 2005, 1505 THOMSON LIFE; BGH, Beschluss vom 11. Mai. 2006 I ZB 28/04, BGHZ 167, 322 Rn. 18 Malteserkreuz I).