Autor: Dr. Martin Meggle-Freund

LG Mannheim, 7 O 142/09: Lizenzanalogie bei standardessentiellen Patenten

LG Mannheim, Urteil vom 5.3.2010, 7 O 142/09

Zur Schätzung der Höhe des Schadensersatzes im Wege der Lizenzanalogie bei standardessentiellen Patenten, wenn der Patentinhaber standardisierte Lizenzbedingungen angeboten hat.

Aus der Urteilsbegründung:

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Lizenzgebühr auch nicht deshalb zu mindern, weil durch ihre Entrichtung eine Vielzahl standardessentieller Patente vergütet wird. Insoweit ergibt sich aus den der Schadensschätzung zugrunde gelegten Standardlizenzverträgen der Klägerin, dass die Stücklizenzgebühren in ihrer Höhe davon unabhängig ist, wie viele der essentiellen Patente für die Klägerin bestehen und von den Lizenznehmern benutzt werden. Diese Bedingungen sind daher auch der Berechnung des Schadensersatzes im Wege der Lizenzanalogie in Orientierung an den Standardlizenzverträgen der Klägerin zugrunde zu legen.

BGH, X ZR 49/09: Zur Frage der erfinderischen Tätigkeit

BGH, Urteil vom 29. Juni 2010 – X ZR 49/09 – Bundespatentgericht

Amtliche Leitsätze:

ZPO § 524:

Hat das Patentgericht die Nichtigkeitsklage als unbegründet abgewiesen, kann sich die Beklagte der Berufung des Nichtigkeitsklägers mit dem Ziel der Abweisung der Klage als unzulässig und der Begründung anschließen, der Kläger sei als Strohmann einer früheren Nichtigkeitsklägerin mit den von ihm erhobenen Einwendungen in gleichem Maße ausgeschlossen, wie diese selbst es wäre.

PatG § 4; EPÜ Art. 56

a) Hat der Stand der Technik vor dem Prioritätstag einer neuen Erfindung über lange Zeit stagniert, ist es eine Frage der Umstände des Einzelfalls (hier: zu verzeichnende lange Entwicklungszyklen auf dem betroffenen technischen Gebiet), ob dies darauf hindeutet, dass die neue Erfindung dem Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt war oder nicht.

b) Der zum Ingenieur ausgebildete Fachmann bezieht in seine Recherche solchen gattungsfremden Stand der Technik ein, bei dem nach Art der sich dort stellenden Probleme vom Prinzip her Lösungen zu erwarten sind, wie er sie benötigt, auch wenn die Anforderungen im Detail durchaus erheblich differieren (hier: Maßnahmen zur Reibungsverminderung zwischen Maschinenelementen bei Vorrichtungen zum Formen und Komprimieren von Kabeln bzw. Bohrlochwerkzeugen zur Einführung von Rohrabschnitten in Bohrlöcher hinein einerseits und bei Zugeinheiten zum Ziehen metallischer Zugrohlinge andererseits).

BGH, X ZR 115/07: Zweckangabe im Patentanspruch

BGH, Urteil v. 6. Juli 2010 – X ZR 115/07

Aus der Urteilsbegründung:

Einer Zweckangabe kommt regelmäßig die Aufgabe zu, den durch das Patent geschützten Gegenstand dahin zu definieren, dass er nicht nur die räumlich-körperlichen Merkmale erfüllen, sondern auch so ausgebildet sein muss, dass er für den im Patentanspruch angegebenen Zweck verwendbar ist.

BGH, I ZB 62/09 – Marlene-Dietrich-Bildnis II: doch markenfähig

BGH, Beschluss vom 31. März 2010 – I ZB 62/09 – Marlene-Dietrich-Bildnis II

Amtliche Leitsätze:

a) Zeichen oder Angaben, die sonst als Werbemittel verwendet werden, ohne dass sie für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen beschreibend sind, kann nicht schon wegen einer solchen Verwendung die Eintragung als Marke versagt werden.

b) Bei der Prüfung des Eintragungshindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist im Wege einer Prognose zu ermitteln, ob dem angemeldeten Zeichen von Haus aus Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen zukommt. Dabei sind die in der betreffenden Branche bestehenden Verkehrsgepflogenheiten sowie – wenn das angemeldete oder ein ähnliches Zeichen bereits benutzt wird – die Kennzeichnungsgewohnheiten und die tatsächliche Wahrnehmung der angesprochenen Verkehrsteilnehmer zu berücksichtigen. Die Wahrnehmung des Verkehrs, ob ein Zeichen im Einzelfall als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der betreffenden Ware oder Dienstleistung verstanden wird, kann auch dadurch beeinflusst werden, dass Marken bei den betreffenden Waren oder Dienstleistungen üblicherweise an bestimmten Stellen angebracht werden.

c) Einer Beschränkung der Marke darauf, dass der Schutz nur für die Anbringung des Zeichens an einer bestimmten Stelle begehrt wird (sogenannte Positionsmarke), bedarf es nicht, wenn – wie im Regelfall – praktisch bedeutsame und naheliegende Möglichkeiten der Anbringung des Zeichens an verschiedenen Stellen auf oder außerhalb der Ware oder Dienstleistung in Betracht kommen, bei denen das Zeichen vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden wird.

Aus der Urteilsbegründung:

Lässt sich eine [solche] bereits bestehende Kennzeichnungspraxis nicht feststellen, genügt allein dieser Umstand als solcher dagegen nicht, um die Eignung des angemeldeten Zeichens, vom Verkehr als Herkunftshinweis vertanden zu werden, zu verneinen. Vielmehr bedarf es auch in diesem Fall der auf allgemeine Erfahrungssätze und den festgestellten Tatsachen gestützten Prognose darüber, wie das angemeldete Zeichen von den angesprochenen Verkehrskreisen mutmaßlich wahrgenommen werden wird, wenn es – innerhalb der fünfjährigen Benutzungsschonfrist (vgl. § 49 MarkenG) -, wie vom Anmelder beabsichtigt, zur Kennzeichnung der betreffenden Waren oder Dienstleistungen benutzt wird.

Es genügt, wenn es praktisch bedeutsame und naheliegende Möglichkeiten gibt, das angemeldete Zeichen bei den Waren und Dienstleistungen, für die es eingetragen werden soll, so zu verwenden, dass es vom Verkehr ohne weiteres als Marke verstanden wird (BGH GRUR 2008, 1093 Tz. 22 – Marlene-Dietrich-Bildnis I, m.w.N.).

BGH, Xa ZR 126/07 – Klammernahtgerät: Ausführbarkeit der Erfindung

BGH, Urteil vom 13. Juli 2010 – Xa ZR 126/07 – Klammernahtgerät

Amtlicher Leitsatz:

Eine Erfindung ist ausführbar offenbart, wenn die in der Patentanmeldung enthaltenen Angaben dem fachmännischen Leser so viel an technischer Information vermitteln, dass er mit seinem Fachwissen und seinem Fachkönnen in der Lage ist, die Erfindung erfolgreich auszuführen. Es ist nicht erforderlich, dass mindestens eine praktisch brauchbare Ausführungsform als solche unmittelbar und eindeutig offenbart ist.

BGH, I ZR 123/08 – Espressomaschine: Irreführende Preisangabe über ein Preisvergleichsportal

BGH, Urteil vom 11. März 2010 – I ZR 123/08 – Espressomaschine

Amtlicher Leitsatz:

Der durchschnittlich informierte Nutzer eines Preisvergleichsportals im Internet verbindet mit den ihm dort präsentierten Informationsangeboten vorbehaltlich klarer gegenteiliger Hinweise regelmäßig die Erwartung einer höchstmöglichen Aktualität. Er geht deshalb grundsätzlich davon aus, dass er das dort beworbene Produkt zu dem angegebenen Preis erwerben kann, und wird irregeführt, wenn der tatsächlich verlangte Preis nach einer Preiserhöhung auch nur für einige Stunden über dem im Preisvergleichsportal angegebenen Preis liegt.

siehe auch: Irreführende Angaben über Preis und Verkaufsmodalitäten

BGH, I ZR 35/08: Berechtigungsvertrag mit der GEMA

BGH, Urteil v. 11. März 2010 – I ZR 35/08

Aus der Urteilsbegründung:

Komponisten der GEMA mit dem Abschluss eines solchen Berechtigungsvertrages sämtliche Rechte einräumen, die zur Nutzung ihrer Musikwerke als Klingeltöne erforderlich sind, und es daher für die Nutzung eines Musikwerks als Klingelton auch dann lediglich einer Lizenz der GEMA und keiner zusätzlichen Einwilli-gung des Urhebers bedarf, wenn das Musikwerk – wie dies hier der Fall ist – auf eine Art und Weise zum Klingelton umgestaltet wird, die bei Einräumung der Nutzungsrechte üblich und voraussehbar war.

BGH, I ZR 27/08 – Telefonwerbung nach Unternehmenswechsel

BGH, Urteil vom 11. März 2010 – I ZR 27/08 – Telefonwerbung nach Unternehmenswechsel

Amtlicher Leitsatz:

Wer nach einem Wechsel zu einem anderen Unternehmen Kunden seines ehemaligen Arbeitgebers, die ihm aus seiner früheren Tätigkeit bekannt sind, anruft, um sie von dem Wechsel in Kenntnis zu setzen, verstößt im Allgemeinen nicht gegen § 7 Abs. 1 UWG.

-> Telefonwerbung nach Unternehmenswechsel

BGH, I ZR 51/08 – POWER BALL: Kennzeichenverletzung durch Beeinflussung der Google-Suche

BGH, Urteil vom 4. Februar 2010 – I ZR 51/08 – POWER BALL

Amtlicher Leitsatz:

Gibt ein Unternehmen in einer bestimmten Zeile seiner Internetseite, von der es weiß, dass eine Internetsuchmaschine (hier: Google) auf die dort angegebenen Wörter zugreift, zusammen mit seiner Produktkennzeichnung eine Bezeichnung an (hier: power ball) [-> Markenmäßige Benutzung], die mit der Marke eines Dritten (hier: POWER BALL) verwechselbar ist, ist es dafür verantwortlich, dass die Internetsuchmaschine die Kennzeichen zusammen als Treffer anführt.