EPG, UPC_CFI_59/2025: Keine Abmahnung vor einstweiliger Maßnahme erforderlich bei ASI/AEI-Bedrohung

EPG, Lokalkammer München, Beschl. v. 19. Mai 2025 – UPC_CFI_59/2025

Die Lokalkammer München des Einheitlichen Patentgerichts befasste sich mit einem Antrag auf einstweilige Maßnahmen im Zusammenhang mit zwei europäischen Patenten. Das Verfahren wurde gegenstandslos, nachdem die Antragsgegnerin eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgegeben hatte. In diesem Fall entschied das Gericht, dass der Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen zurückgewiesen wird, die erlassene Anordnung vom 28. Januar 2025 damit wirkungslos ist und die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin aufzuerlegen sind.

Es wurde festgestellt, dass in Fällen, in denen eine Anti-Suit Injunction (ASI) oder Anti-Enforcement Injunction (AEI) droht, eine Abmahnung nicht erforderlich ist, da davon ausgegangen werden kann, dass die Antragsgegnerin nicht darauf reagieren wird. Die Kostenentscheidung beruht auf der Tatsache, dass die Antragsgegnerin durch die Unterlassungserklärung sich in die Lage der unterlegenen Partei begab und keine Billigkeitsgründe eine andere Kostenverteilung rechtfertigten.

Das Gericht stellte klar, dass eine ex-parte Entscheidung in dringlichen Fällen gerechtfertigt ist, wenn die Gefahr besteht, dass das Recht des Antragstellers durch zuvor erlassene Entscheidungen anderweitiger Gerichte vereitelt werden könnte. Der Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen war somit nicht offensichtlich unbegründet oder unzulässig, woher die Kostenregelung zugunsten der Antragstellerin resultiert.

Gerichtliche Leitsätze:

Kommt es für die Kostentragungspflicht im Rahmen einer Entscheidung nach Regel 360 VerfO [→ Erledigung der Hauptsache] darauf an, ob die Beklagte Veranlassung zur Klageerhebung gegeben hat, ist auf die objektive Sicht einer Person in der Position der Klägerin im Zeitpunkt der Klageeinreichung abzustellen. Es ist zu fragen, ob die Klägerin zu diesem Zeitpunkt davon ausgehen durfte, nicht ohne gerichtliche Hilfe zu ihrem Recht zu kommen.

Eine Abmahnung ist nicht Voraussetzung für die Zulässigkeit oder Begründetheit eines Antrags auf Erlass einstweiliger Maßnahmen. Ihr Fehlen lässt nicht ohne weiteres die Dringlichkeit des Begehrens entfallen. Ihr Fehlen kann aber dazu führen, dass der Antragsteller die Kosten zu tragen hat, wenn der Antragsgegner unmittelbar zu Beginn des Verfahrens eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgibt (Fortführung von CoA, Anordnung vom 24.10.2024, CoA_2-2024, APL_83-2024 – Edwards/Meril).

Auch ohne vorherige Abmahnung und trotz unmittelbar abgegebener Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung nach Einleitung eines Verfahrens auf Erlass einstweiliger Maßnahmen sind dem Antragsgegner die Kosten aufzuerlegen, wenn eine vorherige Abmahnung entbehrlich war, weil sie von vornherein keinen Erfolg versprach oder infolge der Abmahnung die Gefahr bestanden hätte, dass das geltend gemachte Recht vor einer gerichtlichen Entscheidung endgültig vereitelt worden wäre.

Hat der Antragsgegner bereits ein gerichtliches Verfahren auf Erlass einer Anti-Suit Injunction oder Anti-Enforcement Injunction eingeleitet, ist eine Abmahnung durch den Antragsteller vor einem Antrag auf Erlass einer Anti-Anti-Suit Injunction oder Anti-Anti-Enforcement Injunction regelmäßig entbehrlich, weil davon auszugehen ist, dass ihr der Antragsgegner nicht nachkommen wird, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für ein anderes Verhalten sprechen.

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