Entscheidung des Gerichts erster Instanz des Einheitspatentgerichts, Lokalkammer Den Haag, UPC_CFI_239/2023, verkündet am 22. November 2024
Amtliche Leitsätze:
- Das Patent ist gültig und wird durch Äquivalenz verletzt.
- Der Schutzumfang im Falle einer Verletzung wird in zwei Schritten bewertet, wobei Art. 69 EPÜ [→ Schutzbereich] und das Protokoll [→ Auslegungsprotokoll] angewendet werden. Der erste Schritt bewertet die ‚wörtliche‘ Verletzung der Merkmale des Patents im Hinblick auf die Auslegung der Ansprüche. Im zweiten Schritt, wenn das Patent nicht als wörtlich verletzt gilt, wird die Äquivalenz bewertet.
- Der angewandte Test zur Beurteilung der Verletzung durch Äquivalenz basiert auf der Rechtsprechung in verschiedenen nationalen Jurisdiktionen, wie von beiden Parteien in diesem Fall vorgeschlagen. Dies bedeutet, dass eine Variation als äquivalent zu einem im Anspruch spezifizierten Element gilt, wenn die folgenden vier Fragen bejaht werden:
- Technische Äquivalenz: Löst die Variation (im Wesentlichen) das gleiche Problem, das die patentierte Erfindung löst, und erfüllt sie (im Wesentlichen) die gleiche Funktion in diesem Kontext?
- Angemessener Schutz für den Patentanmelder: Ist die Erweiterung des Schutzanspruchs auf das Äquivalent ein verhältnismäßiger, fairer Schutz für den Patentanmelder?
- Angemessene Rechtssicherheit für Dritte: Versteht der Fachmann aus dem Patent, dass der Schutzumfang der Erfindung breiter ist als das, was wörtlich beansprucht wird?
- Ist das angeblich verletzende Produkt neu und erfinderisch im Vergleich zum Stand der Technik?
- Das Gericht kann eine spezifische Formulierung für ein Schreiben an die Kunden oder zur Veröffentlichung auf der Website des Verletzers gemäß Art. 64 EPGÜ [→ Abhilfemaßnahmen im Rahmen von Verletzungsverfahren] und Unionsrecht anordnen.