OLG Düsseldorf, I-2 U 40/10: Patentrechtliches Verbot der Benutzung des unmittelbaren Verfahrenserzeugnisses

OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.11.2010 – I-2 U 40/10

Aus der Urteilsbegründung:

Die besagten Vorschriften (§ 9 Satz 2 Nr. 3 PatG, Art. 64 Abs. 2 EPÜ) sehen einen (das Anbieten, Inverkehrbringen, Gebrauchen, Einführen, Besitzen) umfassenden Sachschutz für diejenigen Erzeugnisse vor, die durch das patentierte Verfahren unmittelbar hergestellt sind. Bereits die Gesetzesformulierung macht unmissverständlich deutlich, dass der derivative Erzeugnisschutz nicht auf jedwedes Verfahren anwendbar ist, sondern nur für solche Verfahren gilt, die ein Erzeugnis hervorbringen. Es entspricht von daher zu Recht gefestigter Auffassung, dass § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG allein bei Vorliegen eines Herstellungsverfahrens einschlägig ist, welches sich dadurch auszeichnet, dass mit ihm ein Erzeugnis hervorgebracht oder ein Erzeugnis äußerlich oder hinsichtlich seiner inneren Beschaffenheit irgendwie verändert wird. Demgegenüber bleiben reine Arbeitsverfahren, bei denen kein Erzeugnis geschaffen oder in seiner Konstitution variiert, sondern – im Gegenteil – veränderungsfrei auf eine Sache eingewirkt (diese z.B. bloß untersucht, gemessen oder befördert) wird, außerhalb des Anwendungsbereichs von § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG (Schulte, PatG EPÜ, 8. Aufl., § 9 PatG Rn. 82 f.; Benkard, PatG GebrMG, 10. Aufl., § 9 PatG Rn. 53 f.; Benkard, EPÜ, 2002, Art. 64 Rn. 22; Busse, PatG, 6. Aufl., § 9 PatG Rn. 101; Mes, PatG GebrMG, 2. Aufl., § 9 PatG Rn. 44; von Meibom/vom Feld, Festschrift Bartenbach, 2005, S. 385, 390 f.; Kraßer, Patentrecht, 6. Aufl., S. 773; Schramm, Der Patentverletzungsprozess, 6. Aufl., S. 128 f.; Jestaedt, Patentrecht, 2. Aufl., Rn. 556-562). Zur Differenzierung zwingt zudem die weitere Überlegung, dass § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG, Art. 64 Abs. 2 EPÜ einen Sachschutz fingieren, der – abgesehen von der Handlungsalternative des Herstellens, die im Rahmen des aus einem Verfahrenspatent abgeleiteten Erzeugnisschutzes naturgemäß keinen Platz hat – mit demjenigen Schutz übereinstimmt, der bestehen würde, wenn das Verfahrenserzeugnis selbst durch ein Sachpatent geschützt wäre. Daraus folgt umgekehrt, dass dasjenige, für das ein ergänzender Verfahrenserzeugnisschutz reklamiert wird, prinzipiell taugliches Objekt eines Sachpatents sein können muss.

Ein Untersuchungsbefund, der nach Abschluss des patentgemäßen Verfahrens erhalten wird und der z.B. – wie beim Verfügungspatent – eine Aussage darüber liefert, ob die untersuchte DNA-Probe einen bestimmten Gendefekt aufweist oder nicht, genügt den vorgenannten Anforderungen nicht.

Kommentar

  • Silvia Bort Martí

    I work as a IP transfer specialist at the University of Valencia

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