BGH, I ZR 228/15 – Reformistischer Aufbruch

BGH, Beschluss vom 27. Juli 2017 – I ZR 228/15 – Reformistischer Aufbruch

Amtliche Leitsätze:

Richtlinie 2001/29/EG Art. 2 Buchst. a, Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 3; UrhG §§ 50, 51

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. Nr. L 167 vom 22. Juni 2001, S. 10) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Lassen die Vorschriften des Unionsrechts zu den Ausnahmen oder Beschränkungen dieser Rechte gemäß Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG Umsetzungsspielräume im nationalen Recht?

2. In welcher Weise sind bei der Bestimmung der Reichweite der in Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG vorgesehenen Ausnahmen oder Beschränkungen des ausschließlichen Rechts der Urheber zur Vervielfältigung (Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG) und zur öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung (Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG) ihrer Werke die Grundrechte der EU-Grundrechtecharta zu berücksichtigen?

3. Können die Grundrechte der Informationsfreiheit (Art. 11 Abs. 1 Satz 2 EUGrundrechtecharta) oder der Pressefreiheit (Art. 11 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta) Ausnahmen oder Beschränkungen des ausschließlichen Rechts der Urheber zur Vervielfältigung (Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG) und zur öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung (Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG) ihrer Werke außerhalb der in Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG vorgesehenen Ausnahmen oder Beschränkungen rechtfertigen?

4. Ist die öffentliche Zugänglichmachung von urheberrechtlich geschützten Werken im Internetportal eines Presseunternehmens bereits deshalb nicht als erlaubnisfreie Berichterstattung über Tagesereignisse gemäß Art. 5 Abs. 3 Buchst. c Fall 2 der Richtlinie 2001/29/EG anzusehen, weil es dem Presseunternehmen möglich und zumutbar war, vor der öffentlichen Zugänglichmachung der Werke des Urhebers seine Zustimmung einzuholen?

5. Fehlt es an einer Veröffentlichung zum Zwecke des Zitats gemäß Art. 5 Abs. 3 Buchst. d der Richtlinie 2001/29/EG, wenn zitierte Textwerke oder Teile davon nicht – beispielsweise durch Einrückungen oder Fußnoten – untrennbar in den neuen Text eingebunden werden, sondern im Internet im Wege der Verlinkung als neben dem neuen Text selbständig abrufbare PDF-Dateien öffentlich zugänglich gemacht werden?

6. Ist bei der Frage, wann ein Werk im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Buchst. d der Richtlinie 2001/29/EG der Öffentlichkeit bereits rechtmäßig zugänglich gemacht wurde, darauf abzustellen, ob dieses Werk in seiner konkreten Gestalt bereits zuvor mit Zustimmung des Urhebers veröffentlicht war?

BGH, I ZR 139/15 – Afghanistan Papiere

BGH, Beschluss vom 1. Juni 2017 – I ZR 139/15 – Afghanistan Papiere

Amtliche Leitsätze:

Richtlinie 2001/29/EG Art. 2 Buchst. a, Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 2 und 3

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 2 Buchst. a, Art. 3 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. Nr. L 167 vom 22. Juni 2001, S. 10) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Lassen die Vorschriften des Unionsrechts zum ausschließlichen Recht der Urheber zur Vervielfältigung (Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG) und zur öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung (Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG) ihrer Werke und den Ausnahmen oder Beschränkungen dieser Rechte (Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/EG) Umsetzungsspielräume im nationalen Recht?

2. In welcher Weise sind bei der Bestimmung der Reichweite der in Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/EG vorgesehenen Ausnahmen oder Beschränkungen des ausschließlichen Rechts der Urheber zur Vervielfältigung (Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG) und zur öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung (Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG) ihrer Werke die Grundrechte der EU-Grundrechtecharta zu berücksichtigen?

3. Können die Grundrechte der Informationsfreiheit (Art. 11 Abs. 1 Satz 2 EU-Grundrechtecharta) oder der Pressefreiheit (Art. 11 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta) Ausnahmen oder Beschränkungen des ausschließlichen Rechts der Urheber zur Vervielfältigung (Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG) und zur öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung (Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG) ihrer Werke außerhalb der in Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/EG vorgesehenen Ausnahmen oder Beschränkungen rechtfertigen?

BGH, I ZR 115/16 – Metall auf Metall III

BGH, Beschluss vom 1. Juni 2017 – I ZR 115/16 – Metall auf Metall III

Amtliche Leitsätze:

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 2 Buchst. c und Art. 5 Abs. 3 Buchst. d der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. Nr. L 167 vom 22. Juni 2001, S. 10) sowie Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums (ABl. Nr. L 376 vom 27. Dezember 2006, S. 28) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Liegt ein Eingriff in das ausschließliche Recht des Tonträgerherstellers zur Vervielfältigung seines Tonträgers aus Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/EG vor, wenn seinem Tonträger kleinste Tonfetzen entnommen und auf einen anderen Tonträger übertragen werden?

2. Handelt es sich bei einem Tonträger, der von einem anderen Tonträger übertragene kleinste Tonfetzen enthält, im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/115/EG um eine Kopie des anderen Tonträgers?

3. Können die Mitgliedstaaten eine Bestimmung vorsehen, die – wie die Bestimmung des § 24 Abs. 1 UrhG – klarstellt, dass der Schutzbereich des ausschließlichen Rechts des onträgerherstellers zur Vervielfältigung (Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/EG) und Verbreitung (Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/115/EG) seines Tonträgers in der Weise immanent beschränkt ist, dass ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung seines Tonträgers geschaffen worden ist, ohne seine Zustimmung verwertet werden darf?

4. Wird ein Werk oder ein sonstiger Schutzgegenstand im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Buchst. d der Richtlinie 2001/29/EG für Zitatzwecke genutzt, wenn nicht erkennbar ist, dass ein fremdes Werk oder ein fremder sonstiger Schutzgegenstand genutzt wird?

5. Lassen die Vorschriften des Unionsrechts zum Vervielfältigungsrecht und Verbreitungsrecht
des Tonträgerherstellers (Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/EG und Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/115/EG) und den Ausnahmen oder Beschränkungen dieser Rechte (Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/EG und Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2006/115/EG) Umsetzungsspielräume im nationalen Recht?

6. In welcher Weise sind bei der Bestimmung des Schutzumfangs des ausschließlichen Rechts des Tonträgerherstellers zur Vervielfältigung (Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/EG) und Verbreitung (Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/115/EG) seines Tonträgers und der Reichweite der Ausnahmen oder Beschränkungen dieser Rechte (Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/EG und Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2006/115/EG) die Grundrechte der EUGrundrechtecharta zu berücksichtigen?

BGH, I ZR 92/16 – Mart-Stam-Stuhl

BGH, Urteil vom 23. Februar 2017 – I ZR 92/16 – Mart-Stam-Stuhl

Amtlicher Leitsatz:

Allein aus der Präsentation eines Produkts auf einer Messe im Inland folgt nicht ohne weiteres, dass der Aussteller das Produkt damit gezielt bewirbt, um die Messebesucher zu dessen (späteren) Erwerb im Inland anzuregen. Von einer solchen gezielten Werbung ist nicht auszugehen, wenn der Aussteller die Messebesucher deutlich darauf hinweist, dass sie das ausgestellte Produkt nicht erwerben oder bestellen können, weil er sich Änderungen des Produkts vorbehält. Auch wenn das ausgestellte Produkt in den Schutzbereich eines urheberrechtlich geschützten Werkes eingreift, verletzt der Aussteller in einem solchen Fall durch die Präsentation des Produkts nicht das Verbreitungsrecht des Urhebers dieses Werkes und begründet dadurch auch keine entsprechende Erstbegehungsgefahr (Fortführung von BGH, Urteil vom 23. Oktober 2014 – I ZR 133/13, GRUR 2015, 603 Rn. 21 bis 24 = WRP 2015, 717 – Keksstangen).

BGH, I ZB 41/16 – Anwaltskosten im Gestattungsverfahren

BGH, Beschluss vom 26. April 2017 – I ZB 41/16 – Anwaltskosten im Gestattungsverfahren

Amtlicher Leitsatz:

Die Kosten anwaltlicher Vertretung, die ein Urheberrechtsinhaber im Verfahren nach § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 9 Satz 1 UrhG zur Erlangung der Auskunft über IP-Adressen aufwendet, sind notwendige Kosten der Rechtsverfolgung im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO im nachfolgend gegen eine Person geführten Rechtsstreit, die für eine über eine dieser IP-Adressen begangene Urheberrechtsverletzung verantwortlich ist, soweit die Kosten anteilig auf diese Person entfallen. Dies gilt auch dann, wenn das urheberrechtsberechtigte Unternehmen über eine Rechtsabteilung verfügt und dem Auskunftsverfahren vorgelagerte Ermittlungen selbst ausgeführt hat (Fortführung von BGH, Beschluss vom 15. Mai 2014 – I ZB 71/13, GRUR 2014, 1239 Rn. 10 = WRP 2014, 1468 – Deus ex; Beschluss vom 11. Dezember 2014 – I ZB 7/14, ZUM-RD 2015, 214 Rn. 9).

BGH, I ZR 42/15 – PC mit Festplatte II

BGH, Urteil vom 16. März 2017 – I ZR 42/15 – PC mit Festplatte II

Amtlicher Leitsatz:

Der Umstand, dass mehrere Verwertungsgesellschaften für die Wahrnehmung von Vergütungsansprüchen gemäß § 54 Abs. 1 UrhG aF zuständig sind, steht dem Eingreifen der von § 13c Abs. 1 UrhWG bestimmten und zugunsten der in der Zentralstelle für private Überspielungsrechte (ZPÜ) zusammengeschlossenen Verwertungsgesellschaften wirkenden Vermutung nicht entgegen.

BGH, I ZR 39/15 – PC mit Festplatte I

BGH, Urteil vom 16. März 2017 – I ZR 39/15 – PC mit Festplatte I

Amtliche Leitsätze:

a) In den Jahren 2002 bis 2005 in Verkehr gebrachte PCs mit eingebauter Festplatte, die über eine Festplattenkapazität von wenigstens 10 GB, Prozessoren (CPUs) mit einer Rechenleistung von wenigstens 300 MHz und einen Arbeitsspeicher (RAM) von wenigstens 128 MB verfügen, zählen zu den nach § 54 Abs. 1 UrhG (in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung vom 25. Juli 1994, aF) vergütungspflichtigen Geräten oder
Tonträgern.

b) Bei der Prüfung der Geeignetheit und erkennbaren Bestimmtheit eines Geräts zur Vornahme vergütungspflichtiger Vervielfältigungen im Sinne von § 54 Abs. 1 UrhG aF ist eine generalisierende Betrachtungsweise zulässig, wenn davon auszugehen ist, dass die konkret in Rede stehenden Geräte nicht anders beschaffen sind als andere Geräte einer Gattung (im Anschluss an BGH, GRUR 2012, 705 Rn. 14 f. – PC als Bild- und Tonaufzeichnungsgerät).

c) Der vom Hersteller oder Händler im Rahmen der Konzeption der Produkte und deren Verkaufsstrategie in den Blick genommene Kundenkreis („Business-PC“) steht der Annahme einer erkennbaren Zweckbestimmung zur Herstellung auch privater Vervielfältigungen ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass die weit überwiegende Anzahl der fraglichen Geräte nicht an private Endnutzer veräußert wird.

d) Ruft der Verhandlungsführer einer Verwertungsgesellschaft bei den Vertragsverhandlungen über den Abschluss eines Gesamtvertrags zu einem Gerätetyp den Eindruck hervor, beim Abschluss des Gesamtvertrags zu den verlangten Vergütungssätzen werde für einen vorübergehenden Zeitraum eine Geräteabgabe für einen anderen Gerätetyp nicht beansprucht und schließt daraufhin die Nutzervereinigung den Gesamtvertrag ab, können entsprechende Ansprüche wegen des anderen Gerätetyps gegen die Mitglieder der Nutzervereinigung aufgrund Verwirkung ausgeschlossen sein.

BGH, I ZR 35/15 – externe Festplatten

BGH, Urteil vom 16. März 2017 – I ZR 35/15 – externe Festplatten

Amtliche Leitsätze:

a) Die Verpflichtung von Herstellern, Importeuren und Händlern zur Zahlung einer Vergütung für Geräte oder Speichermedien besteht kraft Gesetzes (§ 54 Abs. 1, § 54b Abs. 1 UrhG) und wird nicht erst durch das Aufstellen eines Tarifs oder den Abschluss eines Gesamtvertrags begründet. Desgleichen ergibt sich die Höhe dieser Vergütung aus dem Gesetz (§ 54a UrhG) und wird nicht erst durch von Verwertungsgesellschaften aufgestellte Tarife oder die als Tarife geltenden Vergütungssätze in Gesamtverträgen bestimmt.

b) Ein Hersteller, Importeur oder Händler vergütungspflichtiger Geräte oder Speichermedien kann sich grundsätzlich nicht mit Erfolg darauf berufen, er sei zur Zahlung einer Vergütung nicht verpflichtet, weil er vor der Veröffentlichung eines Tarifs keine Kenntnis vom Bestehen einer Vergütungspflicht und von der Höhe der Vergütung haben und die Gerätevergütung daher nicht in den Gerätepreis einfließen lassen konnte.

c) Das Anfertigen von Sicherungskopien stellt eine nach § 54 Abs. 1, § 54b Abs. 1 UrhG vergütungspflichtige Vervielfältigung dar. Die Vergütung für das Anfertigen von Sicherungskopien ist geringer zu bemessen als die Vergütung für das Anfertigen von Kopien, die der Nutzung des Werkes dienen.

BGH, I ZR 36/15 – Gesamtvertrag PCs

BGH, Urteil vom 16. März 2017 – I ZR 36/15 – Gesamtvertrag PCs

Amtlicher Leitsatz:

Das Oberlandesgericht darf sich bei der Bemessung der angemessenen Vergütung im Sinne von § 54 Abs. 1, § 54a, § 54b Abs. 1 UrhG auf denselben Vertragsgegenstand und denselben Zeitraum betreffende Gesamtverträge stützen, in denen sich die Parteien unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben auf eine angemessene Vergütung geeinigt haben.