BGH, I ZR 140/15 – YouTube

BGH, Beschluss vom 13. September 2018 – I ZR 140/15 – YouTube

Amtliche Leitsätze:

I. Das Verfahren wird ausgesetzt.

II. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 3 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167 vom 22. Juni 2001, S. 10), Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“; ABl. L 178 vom 17. Juli 2000, S. 1) sowie Art. 11 Satz 1 und Art. 13 der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (ABl. L 157 vom 30. April 2004, S. 45) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Nimmt der Betreiber einer Internetvideoplattform, auf der Nutzer Videos mit urheberrechtlich geschützten Inhalten ohne Zustimmung der Rechtsinhaber öffentlich zugänglich machen, eine Handlung der Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG vor, wenn

– er mit der Plattform Werbeeinnahmen erzielt,
– der Vorgang des Hochladens automatisch und ohne vorherige Ansicht oder Kontrolle durch den Betreiber erfolgt,
– der Betreiber nach den Nutzungsbedingungen für die Dauer der Einstellung des Videos eine weltweite, nicht-exklusive und gebührenfreie Lizenz an den Videos erhält,
– der Betreiber in den Nutzungsbedingungen und im Rahmen des Hochladevorgangs darauf hinweist, dass urheberrechtsverletzende Inhalte nicht eingestellt werden dürfen,
– der Betreiber Hilfsmittel zur Verfügung stellt, mit deren Hilfe Rechtsinhaber auf die Sperrung rechtsverletzender Videos hinwirken können,
– der Betreiber auf der Plattform eine Aufbereitung der Suchergebnisse in Form von Ranglisten und inhaltlichen Rubriken vornimmt und registrierten Nutzern eine an von diesen bereits angesehenen Videos orientierte Übersicht mit empfohlenen Videos anzeigen lässt, sofern er keine konkrete Kenntnis von der Verfügbarkeit Urheberrechtsverletzender Inhalte hat oder nach Erlangung der Kenntnis diese Inhalte unverzüglich löscht oder unverzüglich den Zugang zu ihnen sperrt?

2. Für den Fall, dass die Frage 1 verneint wird:

Fällt die Tätigkeit des Betreibers einer Internetvideoplattform unter den in Frage 1 beschriebenen Umständen in den Anwendungsbereich von Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG?

3. Für den Fall, dass die Frage 2 bejaht wird:

Muss sich die tatsächliche Kenntnis von der rechtswidrigen Tätigkeit oder Information und das Bewusstsein der Tatsachen oder Umstände, aus denen die rechtswidrige Tätigkeit oder Information offensichtlich wird, nach Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG auf konkrete rechtswidrige Tätigkeiten oder Informationen beziehen?

4. Weiter für den Fall, dass die Frage 2 bejaht wird:

Ist es mit Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG vereinbar, wenn der Rechtsinhaber gegen einen Diensteanbieter, dessen Dienst in der Speicherung von durch einen Nutzer eingegebenen Informationen besteht und von einem Nutzer zur Verletzung eines Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte genutzt worden ist, eine gerichtliche Anordnung erst dann erlangen kann, wenn es nach einem Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung erneut zu einer derartigen Rechtsverletzung gekommen ist?

5. Für den Fall, dass die Fragen 1 und 2 verneint werden:

Ist der Betreiber einer Internetvideoplattform unter den in Frage 1 beschriebenen Umständen als Verletzer im Sinne von Art. 11 Satz 1 und Art. 13 der Richtlinie 2004/48/EG anzusehen?

6. Für den Fall, dass die Frage 5 bejaht wird:

Darf die Verpflichtung eines solchen Verletzers zur Leistung von Schadensersatz nach Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG davon abhängig gemacht werden, dass der Verletzer sowohl in Bezug auf seine eigene Verletzungshandlung als auch in Bezug auf die Verletzungshandlung des Dritten vorsätzlich gehandelt hat und wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass Nutzer die Plattform für konkrete Rechtsverletzungen nutzen?

Aus der Urteilsbegründung:

Es ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union fraglich, ob nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2004/48/EG für eine Haftung des Betreibers einer Internetplattform auf Schadensersatz verlangt werden kann, dass er von konkreten Rechtsverletzungen durch die Nutzer der Plattform wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat es bei der Bereitstellung eines Medienabspielgeräts, das den Zugriff auf ohne Zustimmung des Rechtsinhabers im Internet zur Verfügung gestellte Werke ermöglicht (vgl. EuGH, GRUR 2017, 610 Rn. 50 – Stichting Brein/Wullems [Filmspeler]), und der Bereitstellung und dem Betrieb einer Filesharing-Plattform im Internet, die durch die Indexierung von geschützten Werken und das Anbieten einer Suchmaschine den Nutzern
den Zugriff auf ohne Zustimmung des Rechtsinhabers bereitgestellte Werke ermöglicht (vgl. EuGH, GRUR 2017, 790 Rn. 45 – Stichting Brein/XS 4ALL [The Pirate Bay]), ausreichen lassen, dass die jeweiligen Beklagten bewusst eine gefährliche Handlung vornahmen und allgemein mit rechtswidrigen Nutzungen rechneten. Würde es für einen Schadensersatzanspruch gegen einen Diensteanbieter, der eine aktive Rolle spielt, genügen, dass er nur allgemein wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass es zu Rechtsverletzungen auf der Plattform kommt, wäre seine Haftung auch insoweit strenger als die des Diensteanbieters, der eine neutrale Rolle einnimmt und damit in den Anwendungsbereich des Art. 14 der Richtlinie 2000/31/EG fällt; dessen Haftung auf Schadensersatz setzt nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2000/31/EG
das Bewusstsein von Tatsachen oder Umständen voraus, aus denen die rechtswidrige Tätigkeit oder Information
offensichtlich wird (siehe oben Rn. 44 ff.).

BGH, I ZR 53/17 – uploaded

BGH, Beschluss vom 20. September 2018 – I ZR 53/17 – uploaded

Amtliche Leitsätze:

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 3 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167 vom 22. Juni 2001, S. 10), Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“; ABl. L 178 vom 17. Juli 2000, S. 1) sowie Art. 11 Satz 1 und Art. 13 der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (ABl. L 157 vom 30. April 2004, S. 45) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. a) Nimmt der Betreiber eines Sharehosting-Dienstes, über den Nutzer Dateien mit urheberrechtlich geschützten Inhalten ohne Zustimmung der Rechtsinhaber öffentlich zugänglich machen, eine Handlung der Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG vor, wenn

– der Vorgang des Hochladens automatisch und ohne vorherige Ansicht oder Kontrolle durch den Betreiber erfolgt,

– der Betreiber in den Nutzungsbedingungen darauf hinweist, dass urheberrechtsverletzende Inhalte nicht eingestellt werden dürfen,

– er mit dem Betrieb des Dienstes Einnahmen erzielt,

– der Dienst für legale Anwendungen genutzt wird, der Betreiber aber Kenntnis davon hat, dass auch eine erhebliche Anzahl urheberrechtsverletzender Inhalte (mehr als 9.500 Werke) verfügbar sind,

– der Betreiber kein Inhaltsverzeichnis und keine Suchfunktion anbietet, die von ihm bereitgestellten unbeschränkten Download-Links aber von Dritten in Linksammlungen im Internet eingestellt werden, die Informationen zum Inhalt der Dateien enthalten und die Suche nach bestimmten Inhalten ermöglichen,

– er durch die Gestaltung der von ihm nachfrageabhängig gezahlten Vergütung für Downloads einen Anreiz schafft, urheberrechtlich geschützte Inhalte hochzuladen, die anderweitig für Nutzer nur kostenpflichtig zu erlangen sind und

– durch die Einräumung der Möglichkeit, Dateien anonym hochzuladen, die Wahrscheinlichkeit erhöht wird, dass Nutzer für Urheberrechtsverletzungen nicht zur Rechenschaft gezogen werden?

b) Ändert sich diese Beurteilung, wenn über den Sharehosting-Dienst in einem Umfang von 90 bis 96% der Gesamtnutzung urheberrechtsverletzende Angebote bereitgestellt werden?

2. Für den Fall, dass die Frage 1 verneint wird:

Fällt die Tätigkeit des Betreibers eines Sharehosting-Dienstes unter den in Frage 1 beschriebenen Umständen in den Anwendungsbereich von Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG?

3. Für den Fall, dass die Frage 2 bejaht wird:

Muss sich die tatsächliche Kenntnis von der rechtswidrigen Tätigkeit oder Information und das Bewusstsein der Tatsachen oder Umstände, aus denen die rechtswidrige Tätigkeit oder Information offensichtlich wird, nach Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG auf konkrete rechtswidrige Tätigkeiten oder Informationen beziehen?

4. Weiter für den Fall, dass die Frage 2 bejaht wird:

Ist es mit Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG vereinbar, wenn der Rechtsinhaber gegen einen Diensteanbieter, dessen Dienst in der Speicherung von durch einen Nutzer eingegebenen Informationen besteht und von einem Nutzer zur Verletzung eines Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte genutzt worden ist, eine gerichtliche Anordnung erst dann erlangen kann, wenn es nach einem Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung erneut zu einer derartigen Rechtsverletzung gekommen ist?

5. Für den Fall, dass die Fragen 1 und 2 verneint werden:

Ist der Betreiber eines Sharehosting-Dienstes unter den in Frage 1 beschriebenen Umständen als Verletzer im Sinne von Art. 11 Satz 1 und Art. 13 der Richtlinie 2004/48/EG anzusehen?

6. Für den Fall, dass die Frage 5 bejaht wird:

Darf die Verpflichtung eines solchen Verletzers zur Leistung von Schadensersatz nach Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG davon abhängig gemacht werden, dass der Verletzer sowohl in Bezug auf seine eigene Verletzungshandlung als auch in Bezug auf die Verletzungshandlung des Dritten vorsätzlich gehandelt hat und wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass Nutzer die Plattform für konkrete Rechtsverletzungen nutzen?

Aus der Urteilsbegründung:

Fraglich ist, ob die Beklagte auch dann als Verletzer im Sinne der Richtlinie 2004/48/EG anzusehen ist, der nicht nur auf Unterlassung, sondern auch auf Zahlung von Schadensersatz und Herausgabe von Gewinnen haften kann, wenn ihr Verhalten weder eine Handlung der Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG darstellt noch in den Anwendungsbereich des Art. 14 der Richtlinie 2000/31/EG fällt. Nach Ansicht des Senats ist diese Frage zu bejahen, weil derjenige, der an einer Verletzungshandlung beteiligt ist, nach der Richtlinie 2004/48/EG entweder Mittelsperson oder Verletzer sein muss und daher nur Verletzer sein kann, wenn sich seine Beteiligung nicht auf das Angebot von Diensten beschränkt, die von einem Dritten zur Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums in Anspruch genommen werden. Danach ist nicht nur der Nutzer, der bei der öffentlichen Wiedergabe eine zentrale Rolle spielt und in voller Kenntnis der Folgen seines Verhaltens – also absichtlich und gezielt – tätig wird, um Dritten einen Zugang zu einem geschützten Werk oder einer geschützten Leistung zu verschaffen, Verletzer; Verletzer ist nach Auffassung des Senats vielmehr auch der Diensteanbieter, der sich bei der öffentlichen Wiedergabe durch Nutzer seiner Plattform nicht auf eine neutrale Rolle beschränkt, sondern eine aktive Rolle spielt.

BGH, I ZR 186/16 – Konferenz der Tiere

BGH, Urteil vom 6. Dezember 2017 – I ZR 186/16 – Konferenz der Tiere

Amtlicher Leitsatz:

Der Teilnehmer einer Internettauschbörse, der Dateifragmente in der Tauschbörse zum Herunterladen anbietet, die einem urheberrechtlich geschützten Werk zuzuordnen sind, das im zeitlichen Zusammenhang mit der beanstandeten Handlung in der Tauschbörse zum Herunterladen bereit gehalten wird, haftet regelmäßig als Mittäter einer gemeinschaftlich mit den anderen Nutzern der Internettauschbörse begangenen Verletzung des Rechts zur öffentlichen Zugänglichmachung des Werks.

Aus der Urteilsbegründung:

Es stellt keinen Wertungswiderspruch dar, kleinsten Partikeln eines Film oder Tonträgers Leistungsschutz zuzubilligen, während Teile eines Musikwerks nur dann Urheberrechtsschutz genießen, wenn sie für sich genommen den urheberrechtlichen Schutzvoraussetzungen genügen (zum Schutz von Teilen eines Werks nach Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juli 2009 – C-5/08, Slg. 2009, I-6569 = GRUR 2009, 1041 Rn. 39 – Infopaq/DDF I). Die Unterschiede im Schutzumfang ergeben sich aus dem gänzlich unterschiedlichen Schutzgegenstand dieser Rechte. Während das
verwandte Schutzrecht am Tonträger den Schutz der wirtschaftlichen, organisatorischen und technischen Leistung des Tonträgerherstellers zum Gegenstand hat, schützt das Urheberrecht am Musikwerk die persönliche geistige Schöpfung des Komponisten (BGH, GRUR 2009, 403 Rn. 16 – Metall auf Metall I;
GRUR 2017, 895 Rn. 19 – Metall auf Metall III).

BGH, I ZR 85/17 – Krankenhausradio

BGH, Urteil vom 11. Januar 2018 – I ZR 85/17 – Krankenhausradio

Amtliche Leitsätze:

a) Das Recht zur Kündigung eines urheberrechtlichen Lizenzvertrags wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB infolge der Änderung einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung setzt voraus, dass diese Rechtsprechung nach der gemeinschaftlichen Vorstellung der Parteien auf den konkret in Rede stehenden Sachverhalt anwendbar ist.

b) Die Rechtsprechung zur Frage der öffentlichen Wiedergabe von Hörfunksendungen in Wartezimmern von Arztpraxen ist nicht auf die Frage der öffentlichen Wiedergabe von Hörfunksendungen in Patientenzimmern eines Krankenhauses anwendbar (Fortführung von BGH, Urteil vom 18. Juni
2015 – I ZR 14/14, GRUR 2016, 278 = WRP 2016, 218 – Hintergrundmusik in Zahnarztpraxen).

c) Der Betreiber eines Krankenhauses, der Patientenzimmer mit Radiogeräten ausstattet, mit denen Patienten ausgestrahlte Radiosendungen über eine krankenhauseigene Kabelanlage empfangen können, gibt die Radiosendungen im Sinne von § 15 Abs. 3 UrhG öffentlich wieder und verletzt
daher die Rechte von Urhebern, ausübenden Künstlern und Sendeunternehmen zur öffentlichen Wiedergabe ihrer Werke oder Leistungen.

BGH, I ZR 11/16 – Vorschaubilder III

BGH, Urteil vom 21. September 2017 – I ZR 11/16 – Vorschaubilder III

Urheberrecht:

Bietet der Betreiber einer Internetseite eine Suchfunktion in Form eines elektronischen Verweises (Links) auf eine Suchmaschine an, mit der Besucher seiner Internetseite durch die Eingabe von Suchbegriffen in eine Suchmaske von der Suchmaschine gespeicherte Vorschaubilder urheberrechtlich geschützter Fotografien anzeigen lassen können, stellt dies eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 15 Abs. 2 UrhG dar, wenn die von der Suchmaschine gefundenen Fotografien ohne Erlaubnis des Rechtsinhabers im Internet eingestellt waren und der Anbieter der Suchfunktion vom Fehlen der Erlaubnis des Rechtsinhabers wusste oder vernünftigerweise wissen musste. Auch wenn der Anbieter der Suchfunktion mit Gewinnerzielungsabsicht handelt, besteht keine Vermutung, dass er vom Fehlen der Erlaubnis des Rechtsinhabers Kenntnis hatte.

BGH, Urteil vom 13. Juli 2017 – I ZR 193/16 – Benutzerkennung

BGH, Urteil vom 13. Juli 2017 – I ZR 193/16 – Benutzerkennung

Amtlicher Leitsatz:

Fallen Netzbetreiber und Endkundenanbieter auseinander, so betrifft allein die vom Netzbetreiber erteilte Auskunft über die Zuordnung der dynamischen IP-Adresse zu einer für den Endkundenanbieter vergebenen Benutzerkennung und nicht die Auskunft des Endkundenanbieters über Namen und Anschrift des Inhabers des der Benutzerkennung zugeordneten Anschlusses die Verwendung von Verkehrsdaten im Sinne des § 101 Abs. 9 UrhG.

BGH, I ZR 58/16 – Sicherung der Drittauskunft

BGH, Urteil vom 21. September 2017 – I ZR 58/16 – Sicherung der Drittauskunft

a) Begehrt der Rechtsinhaber, es dem Internet-Provider zu untersagen, diejenigen Daten zu löschen, die für die Erteilung der Auskunft gemäß § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG über Name und Anschrift von Personen erforderlich sind, denen dynamische IP-Adressen zugeteilt waren, unter denen urheberrechtsverletzende Handlungen im Internet vorgenommen wurden, ist
der Rechtsweg zur streitigen ordentlichen Gerichtsbarkeit eröffnet. Dieses Begehren ist nicht nach den Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit
geltend zu machen.

b) Der Internet-Provider ist in Fällen offensichtlicher Rechtsverletzungen bis zum Abschluss des Gestattungsverfahrens nach § 101 Abs. 9 UrhG verpflichtet, die Löschung der von ihm nach § 96 Abs. 1 Satz 1 TKG erhobenen Verkehrsdaten zu unterlassen, die die Auskunftserteilung nach § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG gegenüber dem Rechtsinhaber ermöglichen.

BGH, I ZR 19/16 – Loud

BGH, Urteil vom 30. März 2017 – I ZR 19/16 – Loud

Amtlicher Leitsatz:

Im Falle einer über den von Eltern unterhaltenen Internetanschluss begangenen Urheberrechtsverletzung durch Teilnahme an einer Internettauschbörse umfasst die sekundäre Darlegungslast der Anschlussinhaber bei Inanspruchnahme durch den Urheber oder den Inhaber eines verwandten Schutzrechts – hier durch den
Tonträgerhersteller – die Angabe des Namens ihres volljährigen Kindes, das ihnen gegenüber die Begehung der Rechtsverletzung zugegeben hat.

BGH, I ZR 147/16: „Die Höhner“ ./. NPD

BGH, Beschl. vom 11. Mai 2017 – I ZR 147/16

Aus der Beschlussbegründung:

Jedenfalls bei der vorliegenden dramaturgischen Einbindung der Musikstücke in die Wahlkampfveranstaltung durch eine Partei, gegen deren politische Ziele sich die Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bereits öffentlich ausgesprochen hatten und die vom Bundesverfassungsgericht als verfassungsfeindlich eingestuft worden ist (vgl. BVerfG, NJW 2017, 611 Rn. 633 ff.), ist im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung den Interessen der Urheber der Vorzug zu geben. Die Verwendung von Musikwerken im Wahlkampf einer politischen Partei, und sei es nur durch einen Transfer der von den Werken ausgehenden Stimmung, ist besonders geeignet, die Interessen der Urheber zu beeinträchtigen. Dabei muss der Urheber von Unterhaltungsmusik mit der Vereinnahmung durch verfassungsfeindliche Parteien nicht rechnen (vgl. zur Aufklärungspflicht eines Mieters von Ladenräumen über das Warensortiment wegen Bekleidungsartikeln, die in der öffentlichen Meinung ausschließlich der rechtsradikalen Szene zugeordnet werden: BGH, Urteil vom 11. August 2010 – XII ZR 192/08, NJW 2010, 3362 Rn. 28 – Thor Steinar). Das Berufungsgericht hat auch rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Beklagte nicht darauf angewiesen war, gerade die Werke der Kläger bei ihren politischen Wahlkampfveranstaltungen abzuspielen.

BGH, I ZR 247/15 – AIDA Kussmund

BGH, Urteil vom 27. April 2017 – I ZR 247/15 – AIDA Kussmund

Amtliche Leitsätze:

a) Ein Werk befindet sich „an“ öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen, wenn es von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus wahrgenommen werden kann; unerheblich ist, ob das Werk selbst für die Öffentlichkeit zugänglich ist.

b) Wege, Straßen oder Plätze sind im Sinne von § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG „öffentlich“, wenn sie für jedermann frei zugänglich sind, unabhängig davon, ob sie in öffentlichem oder privatem Eigentum stehen.

c) Die Nennung von „Wegen, Straßen oder Plätzen“ in § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG ist lediglich beispielhaft und nicht abschließend. Die Bestimmung erfasst jedenfalls alle Orte, die sich – wie Wege, Straßen oder Plätze – unter freiem Himmel befinden.

d) Ein Werk befindet sich auch dann im Sinne von § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG „an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen“, wenn es den Ort wechselt und es sich bei den verschiedenen Orten, an oder auf denen sich das Werk befindet, um öffentliche Orte handelt.

e) Ein Werk befindet sich im Sinne von § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG „bleibend“ an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen, wenn es sich dauerhaft und nicht nur vorübergehend an öffentlichen Orten befindet. Das ist der Fall, wenn das Werk aus Sicht der Allgemeinheit dazu bestimmt ist, für längere, meist unbestimmte Zeit an öffentlichen Orten zu bleiben.

f) Wer sich auf § 59 UrhG beruft, trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Fotografie des Werkes von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus gemacht worden ist. Zeigt die Fotografie eine Ansicht des Werkes, wie sie sich dem allgemeinen Publikum von einem öffentlichen Ort aus bietet, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Fotografie von einem solchen Ort aus gemacht worden ist. Es ist dann Sache des Inhabers der Rechte am Werk, diese Vermutung durch den Vortrag konkreter Umstände zu erschüttern. Wer sich auf § 59 UrhG beruft, hat dann seine Behauptung zu beweisen.