BGH – X ZB 6/05: Das Patent darf im Einspruchsverfahren grundsätzlich nur insoweit widerrufen werden, als die Widerrufsgründe reichen

Für die Praxis interessant dürfe die aktuelle Entscheidung des BGH, Beschl. v. 27. Juni 2007 – X ZB 6/05 – Informationsübermittlungsverfahren II sein:

Der Senat betont in dieser Entscheidung, daß das Patent grundsätzlich nur insoweit widerrufen werden darf, als die Widerrufsgründe reichen.

Enthält ein Patent zwei oder mehrere selbständige Ansprüche, von denen sich einer als nicht rechtsbeständig erweist, darf das Patent nicht schon deshalb in vollem Umfang widerrufen werden. Da der Patentinhaber nicht gehalten ist, im Einspruchsverfahren einen Antrag zu stellen, darf allein aus dem Umstand, dass der Patentinhaber nicht ausdrücklich auch die Aufrechterhaltung des Patents im Umfang einzelner Patentansprüche begehrt, nicht geschlossen werden, er sei nicht (hilfsweise) auch mit der Aufrechterhaltung im Umfang dieser selbständigen Ansprüche einverstanden.

In der Praxis sollte dies den Patentinhaber entlasten, denn es sollte ausreichen, daß dieser deutlich kenntlich macht, daß er auch mit einer nur teilweisen Aufrechterhaltung des Patents einverstanden ist. Gemäß dem Amtsermittlungsgrundsatz ist die Einspruchsabteilung (bzw. der erkennende Senat im Einspruchsbeschwerdeverfahren) damit dazu angehalten, festzustellen, welche Ansprüche von den Widerrufsgründen betroffen sind und welche nicht.
Dies gilt insbesondere auch dann, wenn der Patentinhaber gar keinen Antrag gestellt hat.

Beantragt hingegen der Patentinhaber, das Patent in beschränktem Umfang mit einem bestimmten Anspruchssatz oder bestimmten Anspruchssätzenaufrechtzuerhalten, so ist dieser Antrag des Patentinhabers maßgeblich. In einem solchen Fall rechtfertigt es grundsätzlich den Widerruf des Patents, wenn sich auch nur der Gegenstand eines Patentanspruchs aus dem vom Patentinhaber verteidigten Anspruchssatz als nicht patentfähig erweist.

Der BGH bezieht sich in dieser Entscheidung allerdings nur auf selbständige Ansprüche. Zudem geht der Leitsatz nicht so weit wie die Formulierung in den Entscheidungsgründen.

-> Widerruf des Patents

BGH – X ZB 41/03: Patentinhaberwechsel jetzt auch im Einspruchsverfahren nach § 265 (2) ZPO

aus BGH, Beschl. v. 17. April 2007 – X ZB 41/03

Wie im Nichtigkeitsverfahren [→ Beteiligtenwechsel im Nichtigkeitsverfahren] ist auch im Einspruchsverfahren § 265 Abs. 2 ZPO mit der Folge entsprechend anzuwenden, dass ein Einzelrechtsnachfolger des Patentinhabers ohne Zustimmung des Einsprechenden nicht berechtigt ist, in die Verfahrensstellung des Patentinhabers einzutreten.

Die Nebenintervention des Erwerbers eines im Einspruchsverfahren befindlichen Patents ist – nicht anders als im markenrechtlichen Verfahren – zuzulassen.

Die neue Patentinhaberin kann als Rechtsnachfolgerin kann dem Beschwerdeverfahren als Streithelferin des bisherigen Patentinhabers beitreten (§ 66 ZPO) und kann das Streitpatent beschränkt verteidigen, soweit sie sich damit nicht in Widerspruch zur „Hauptpartei“, dem bisherigen Patentinhaber, setz.

-> Beteiligtenwechsel im Einspruchs(beschwerde)verfahren

BGH X ZR 1/05 – Pumpeinrichtung: Zur Frage der äquivalenten Patentverletzung

Im Urteil BGH, Urt. v. 17. April 2007 – X ZR 1/05 – Pumpeinrichtung äußert sich der Senat zur Frage der äquivalenten Patentverletzung.

-> Verletzungsform
-> Benutzung in abgewandelter Form

Leitsatz: „Zur Beantwortung der Frage, ob eine als patentverletzend beanstandete Ausführung trotz Abweichung vom Wortsinn in den Schutzbereich eines Patentanspruchs fällt, reicht es nicht aus, nur hinsichtlich einzelner Merkmale des Patentanspruchs zu prü-fen, ob bei der beanstandeten Ausführung ein gleichwertiges Ersatzmittel vorhanden ist. Diese Ausführung muss – soweit ihre Gestaltung im Hinblick auf die patentgemä-ße Lösung von Bedeutung ist – als Gesamtheit erfasst werden; hiervon ausgehend ist zu entscheiden, ob diese Gesamtheit als solche eine auffindbar gleichwertige Lösung darstellt.“

G 1/06 – Zur Problematik der Teilanmeldungen

Die große Beschwerdekammer hat sich in G 1/06 nun zur Problematik der Teilanmeldungen geäußert.

Leitsatz:

„In the case of a sequence of applications consisting of a root (originating) application followed by divisional applications, each divided from its predecessor, it is a necessary and sufficient condition for a divisional application of that sequence to comply with Article 76(1), second sentence, EPC that anything disclosed in that divisional application be directly and unambiguously derivable from what is disclosed in each of the preceding applications as filed.“

BGH- X ZB 9/06: Zur Zuständigkeit des Bundespatentgerichts für das Einspruchsverfahren

aus BGH, Beschl. v. 17. April 2007 – X ZB 9/06 – Informationsübermittlungsverfahren:

Die Zuständigkeit des Bundespatentgerichts für das Einspruchsverfahren nach § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG in den vom 1. Januar 2002 bis zum 30. Juni 2006 geltenden Fassungen ist nicht verfassungswidrig.

Das Einspruchsverfahren vor dem Bundespatentgericht ermöglicht es jedem Dritten, die Rechtmäßigkeit der Erteilung eines Patents, das seinem Inhaber ein gegenüber jedem Dritten wirkendes Ausschließlichkeitsrecht verleiht, durch ein unabhängiges Gericht überprüfen zu lassen. Der Gesetzgeber ist nach dem Grundgesetz nicht gehalten, die diese Überprüfung abschließende gerichtliche Entscheidung ihrerseits einer Nachprüfung zugänglich zu machen, denn Art. 19 Abs. 4 GG garantiert nur den Rechtsweg, nicht aber einen Instanzenzug.

-> Zulässigkeitsvoraussetzungen des Einspruchsverfahrens

IPKat über IPWikis

Im aktuellen Artikel „Wikis are coming; Surgical patents – help please; Schwibbert – Katja rides to the rescue“ meint IPKat:

„Intellectual property wikis are the future, the IPKat is convinced. He feels that the versatility, speed and potential for development that wikis offer is far in excess of anything that many paper-based and even conventional online IP law products can offer.“

Nach meiner Erfahrung mit ipwiki.de kann ich diese Aussage nur bestätigen. Und nicht zu vergessen – die Arbeit mit einem Wiki macht enorm viel Spaß…

LG München: Pumuckl darf eine Freundin haben

Aus der Pressemitteilung des Landgerichts München I bezüglich Az. 7 O 6358/07:

… Es sei auch jedermann unbenommen, öffentlich kundzutun, in seinem privaten Bereich den Pumuckl in den Hafen der Ehe zu führen.

… Nicht vergessen werden dürfe in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin selbst in einer ihrer Pumuckl-Geschichten davon erzählt, dass sich der Kobold – unglücklich – in die Nichte des Meister Eder verliebt. Im Lichte dessen müsse es die Klägerin daher grundsätzlich hinnehmen, dass ihr Pumuckl mit einer Freundin in Verbindung gebracht werde.

BGH, X ZR 173/02 – Haubenstretchautomat: zu den subjektiven Tatbeständen der mittelbaren Patentverletzung

Die Entscheidung BGH, Urt. v. 9. Januar 2007 – X ZR 173/02 – Haubenstretchautomat enthält weitere Ausführungen des Senats zu den subjektiven Tatbeständen der mittelbaren Patentverletzung.

Leitsätze:

a) Die objektiven und subjektiven Voraussetzungen einer mittelbaren Patentverletzung müssen im Zeitpunkt des Angebots oder der Lieferung vorliegen, so dass für die Offensichtlichkeit maßgeblich ist, ob zu diesem Zeitpunkt nach den gesamten Umständen des Falles die drohende Verletzung des Ausschließlichkeitsrechts aus der objektivierten Sicht des Dritten so deutlich erkennbar ist, dass ein Angebot oder eine Lieferung unter diesen objektiven Umständen der wissentlichen Patentgefährdung gleichzustellen ist.

b) Ein Anspruch auf Unterlassung des Vertriebs von Mitteln, die von den Abnehmern patentverletzend benutzt werden können, solange sich diese Abnehmer nicht auf das Klagepatent bezogen strafbewehrt zur Unterlassung verpflichtet haben, setzt die Feststellung besonderer Umstände voraus.

c) Soweit nicht sonstige Schadenspositionen wie etwa Kosten der Rechtsverfolgung und dergleichen im Streit stehen, ist der im Falle der mittelbaren Patentverletzung zu ersetzende Schaden derjenige, der durch die unmittelbare Patentverletzung des Abnehmers des Mittels entsteht; der Schadensersatzanspruch kann in diesem Rahmen gegebenenfalls auch auf Abschöpfung des Gewinns des mittelbaren Patentverletzers gerichtet werden. Nur zur Durchsetzung dieser Schadensersatzansprüche besteht der Anspruch auf Rechnungslegung.