Autor: Dr. Martin Meggle-Freund

BGH, I ZR 228/12 – Gelbe Wörterbücher

BGH, Urteil vom 18. September 2014 – I ZR 228/12 – Gelbe Wörterbücher

Amtliche Leitsätze:

a) Eine Aussetzung des markenrechtlichen Verletzungsverfahrens im Hinblick auf ein gegen die Klagemarke gerichtetes Löschungsverfahren scheidet im Regelfall aus, wenn keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für den Erfolg des Löschungsverfahrens besteht.

b) Eine gesteigerte Kennzeichnungskraft einer abstrakten Farbmarke ist nicht notwendige Voraussetzung für die Annahme einer markenmäßigen Verwendung des angegriffenen Farbtons.

c) Zwischen zweisprachigen Wörterbüchern und Sprachlernsoftware besteht hochgradige Warenähnlichkeit.

d) Nimmt der Verkehr auf den angegriffenen Produktverpackungen einen Farbton als eigenständiges (Zweit-)Kennzeichen und nicht als Teil eines zusammengesetzten Zeichens wahr, ist dieser Farbton isoliert der Prüfung der Zeichenähnlichkeit zugrunde zu legen.

BGH, X ZB 19/12 – Kommunikationsrouter

BGH, Beschluss vom 26. August 2014 – X ZB 19/12 – Kommunikationsrouter

Amtliche Leitsätze:

a) Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Technische Beschwerdesenat des Patentgerichts auf den technischen Fachgebieten, die in seine Zuständigkeit fallen, aufgrund der Anforderungen, die das Gesetz an die berufliche Qualifikation der technischen Richter stellt, und deren durch die ständige Befassung mit Erfindungen in diesen Bereichen gebildetes Erfahrungswissen über die zur Beurteilung der jeweils entscheidungserheblichen Fragen erforderliche technische Sachkunde verfügt. Dies schließt nicht aus, dass im Einzelfall dennoch die Einholung eines Sachverständigengutachtens angezeigt oder auch geboten sein kann, weil es auf fachlich-technische Fragen auf einem Teilgebiet des Fachgebiets, für den der Technische Beschwerdesenat zuständig ist, ankommt und die zur Entscheidung berufenen Richter über die zu deren erschöpfender Beurteilung erforderliche spezielle Sachkunde und gegebenenfalls Erfahrung nicht verfügen (im Anschluss an BGHZ 53, 283 Anthradipyrazol).

b) Die Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann grundsätzlich nur dann mit Erfolg auf die unterbliebene Einholung des Gutachtens eines gerichtlichen Sachverständigen gestützt werden, wenn aufgezeigt wird, aufgrund welcher Umstände es sich dem Technischen Beschwerdesenat aufdrängen musste, er bedürfe zur Beurteilung des Sachverhalts der Heranziehung zusätzlicher externer Sachkunde.

BPatG, 27 W (pat) 523/13 – et Kabüffke Killepitsch

BPatG, Beschl. v. 27. Mai 2014, 27 W (pat) 523/13 – et Kabüffke Killepitsch

Amtlicher Leitsatz:

Die Voraussetzungen einer Umschreibung hat der Antragsteller zweifelsfrei nachzuweisen. § 28 Abs. 7 DPMAV erweitert lediglich die zum Nachweis geeigneten Mittel, erweitert aber nicht die gebotene Amtsermittlung. Dass eine Marke, die zu einem Ge-schäftsbetrieb gehört, im Zweifel mit dem Betrieb übertragen wird, besagt nicht, dass eine Marke im Zweifel zu dem Betrieb gehört. Dies ist unzweifelhaft nachzuweisen.

BPatG, 3 Ni 26/12 (EP) – L-Arginin: zur Kostenentscheidung im Patentnichtigkeitsverfahren

BPatG, Beschl. v. 5. Mai 2014 – 3 Ni 26/12 (EP) – L-Arginin

Amtliche Leitsätze:

1. Im Patentnichtigkeitsverfahren ergeht die Kostenentscheidung nach einer Klagerücknahme, bei der der Anlass zur Klage bereits vor Rechtshängigkeit weggefallen ist (§ 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO), in der Regel nicht auf Grund mündlicher Verhandlung.

2. Allein der Umstand, dass die Nebenintervention erst in einem sehr späten Verfahrensstadium erklärt wird, erlaubt noch nicht den Schluss, diese Vorgehensweise des Neben-intervenienten diene lediglich dem Zweck, Kosten zu verursachen, sei rechtsmiss-bräuchlich und

BPatG, 21 W (pat) 13/10 – Elektrochemischer Energiespeicher: Zur Klarheit der Patentansprüche

BPatG, Entsch. v. 22.Mai 2014 – 21 W (pat) 13/10 – Elektrochemischer Energiespeicher

Amtliche Leitsätze:

Der Patentanspruch hat gemäß § 34 Abs. 3 Nr. 3 PatG die Aufgabe, eindeutig und unmissverständlich anzugeben, was als patentfähig unter Schutz gestellt werden soll.

Ist den Patentansprüchen im Erteilungsbeschwerdeverfahren nicht zweifelsfrei zu entnehmen, was gemäß § 34 Abs. 3 Nr. 3 PatG als patentfähig unter Schutz gestellt werden soll, sind diese mängelbehaftet und daher nicht zulässig.

Das Erfordernis des § 34 Abs. 3 Nr. 3 PatG ist nicht erfüllt, wenn Merkmale eines Patentanspruchs widersprüch-lich zueinander sind oder im Widerspruch zu allgemein bekannten mathematischen Definitionen stehen.

Der Fachmann kann zwar zum allgemeinen Verständnis abstrakt formulierter Begriffe im Einzelfall die Ausfüh-rungen in der Beschreibung heranziehen, dies findet aber jedenfalls da seine Grenze, wo die Formulierungen im angemeldeten Patentanspruch so deutliche Widersprüche aufweisen, dass sie gemäß § 34 Abs. 3 Nr. 3 PatG in dieser Form in einem erteilten Patentanspruch nicht bestehen dürfen und daher im Erteilungsverfahren klarzu-stellen sind.

Im Anmelde- und Patenterteilungsverfahren ist kein Raum für die Auslegung widersprüchlich formulierter Patent-ansprüche; vielmehr ist der Forderung nach klaren und deutlichen Patentansprüchen Rechnung zu tragen. Eine andere Ansicht würde zur Aushöhlung der Vorschrift des § 34 Abs. 3 Nr. 3 PatG führen.

Die Aufgabe, auf klare Patentansprüche hinzuwirken (vgl. BGH – Dipeptidyl-Peptidase-Inhibitoren – GRUR 2013, 1210-1212, III.1a), trifft auch das Bundespatentgericht im Erteilungsbeschwerdeverfahren. Diese Aufgabe beinhaltet aber nicht, jeden widersprüchlichen Patentanspruch im Wege der Auslegung zu „reparieren“. Die Be-schreibung kann vielmehr nur dann herangezogen werden im Zusammenspiel mit dem Anmelder als Beschwer-deführer, dessen alleinige Aufgabe es ist, einen solchen Patentanspruch klarzustellen. Erscheint der Anmelder in der mündlichen Verhandlung aber nicht und begibt er sich damit seines Anspruchs auf rechtliches Gehör, so geht er das Risiko ein, dass seine Anmeldung zurückgewiesen wird. Das Bundespatentgericht kann nämlich wegen §34 Abs. 3 Nr. 3 PatG kein Patent mit einem Patentanspruch erteilen, der nicht aus sich heraus klar und ver-ständlich ist.

Demnach ist es dem Patentgericht aufgrund der Vorschrift des § 34 Abs. 3 Nr. 3 PatG verwehrt, einen unklaren Patentanspruch

BPatG, 4 Ni 34/12 (EP): Zur Disclaimer-Lösung

BPatG, Entsch. v. 8. April 2014, 4 Ni 34/12 (EP)

Amtlicher Leitsatz:

Anders als beim nationalen Patent führt die auf eine unzulässige Erweiterung des Inhalts der
Anmeldung gestützte Nichtigkeitsklage bei einem angegriffenen EP-Patents nach Art. II § 6
Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst c EPÜ auch dann zur Nichtigerklärung des
Streitpatents, wenn die unzulässige Erweiterung in der unzulässigen Aufnahme eines
einschränkenden Merkmals besteht (uneigentliche Erweiterung) und der Patentinhaber das
Streitpatent auch durch Aufnahme einer entsprechenden Schutzrechtserklärung (Disclaimer)
verteidigt.

BGH, I ZR 35/13 – Porträtkunst

BGH, Urteil vom 19. März 2014 – I ZR 35/13 – Porträtkunst

Amtlicher Leitsatz:

Die Schrankenregelung des § 53 Abs. 1 UrhG ist nicht einschränkend dahin auszulegen, dass sie lediglich eine Vervielfältigung veröffentlichter Werke erlaubt. Eine solche Auslegung ist weder im Blick auf entsprechende Einschränkungen anderer Schrankenregelungen oder auf das Grundrecht der Kunstfreiheit oder auf Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung
bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft geboten.

BGH, I ZR 70/1: Zum fristwahrenden Eingang eines Schriftstückes bei Gericht

BGH, Beschluss vom 22. Mai 2014 – I ZR 70/14

Amtlicher Leitsatz:

Ein Schriftstück, mit dem eine bei einem Gericht zu wahrende Frist eingehalten werden sollte, gelangt nicht schon zu dem Zeitpunkt fristwahrend tatsächlich in die Verfügungsgewalt des Gerichts, zu dem der mit der Annahme von Schriftstücken beauftragte Mitarbeiter des Gerichts die ihm von einem Rechtsanwalt oder einem Mitarbeiter einer Rechtsanwaltskanzlei übergebene Postmappe zum Zwecke der Anbringung des Eingangsstempels auf den Schriftstücken und Einbehaltung der für das Gericht bestimmten Exemplare annimmt.

BGH, I ZB 27/13 – VIVA FRISEURE/VIVA

BGH, Beschluss vom 13. März 2014 – I ZB 27/13 – VIVA FRISEURE/VIVA

Amtliche Leitsätze:

a) Die auf § 83 Abs. 3 Nr. 4 MarkenG gestützte zulassungsfreie Rechtsbeschwerde ist grundsätzlich nur statthaft, wenn der Rechtsbeschwerdeführer geltend macht, selbst im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten gewesen zu sein.

b) Mehrere Inhaber einer Marke bilden eine Bruchteilsgemeinschaft, wenn sie ihre Rechtsbeziehungen nicht abweichend geregelt haben.

c) Steht eine Marke mehreren Personen in Bruchteilsgemeinschaft zu, sind sie notwendige Streitgenossen in dem gegen diese Marke gerichteten Widerspruchsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt und im Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht.

BPatG, 4 Ni 34/12 (EP) – Fettabsaugevorrichtung

BPatG, Entsch. v. 8. April 2014 – 4 Ni 34/12 (EP) – Fettabsaugevorrichtung

Amtlicher Leitsatz:

Anders als beim nationalen Patent führt die auf eine unzulässige Erweiterung des Inhalts der Anmeldung gestützte Nichtigkeitsklage bei einem angegriffenen EP-Patents nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst c EPÜ auch dann zur Nichtigerklärung des Streitpatents, wenn die unzulässige Erweiterung in der unzulässigen Aufnahme eines einschränkenden Merkmals besteht (uneigentliche Erweiterung) und der Patentinhaber das Streitpatent auch durch Aufnahme einer entsprechenden Schutzrechtserklärung (Disclaimer) verteidigt.