BGH, X ZR 82/23 – Slice-Segmente
BGH, Urteil vom 17. September 2024 – X ZR 82/23 – Slice-Segmente
Amtliche Leitsätze:
a) Die Priorität einer früheren Anmeldung kann auch dann in Anspruch genommen werden, wenn die spätere Anmeldung ein zusätzliches Ausführungsbeispiel enthält, bei dem zwar einzelne Begriffe des Patentanspruchs in abweichendem Sinne verwendet werden, das aber auch nach dem ursprünglichen Begriffsverständnis unter den Patentanspruch fällt.
b) Dies gilt auch dann, wenn das zusätzliche Ausführungsbeispiel weitere, nicht im Patentanspruch vorgesehene Funktionen aufweist, die in der früheren Anmeldung nicht offenbart sind.
Aus den Entscheidungsgründen:
Der BGH entschied zugunsten der Beklagten und befand das Patent für rechtsbeständig. Er stellte fest, dass das Streitpatent die Priorität früherer Anmeldungen zu Recht in Anspruch nimmt und der maßgebliche Stand der Technik den Patentanspruch nicht vorwegnimmt oder nahelegt.
Das Bundespatentgericht hatte zunächst argumentiert, dass das Streitpatent die Priorität früherer Anmeldungen nicht wirksam in Anspruch nehmen könne, weil die zweite Ausführungsform des Patents zusätzliche Merkmale enthielt, die in den ursprünglichen Prioritätsunterlagen nicht offenbart seien. Dies betrifft insbesondere die Idee der „Slice-Segmente“, bei denen unabhängige und abhängige Segmente gemeinsam eine logische Einheit bilden und bestimmte Codierungs- und Decodierungsfunktionen übernehmen.
Der BGH stellte jedoch fest, dass diese zusätzlichen Merkmale und die abgewandelte Terminologie („Slice-Segmente“) zwar nicht in den Prioritätsunterlagen vorhanden sind, aber trotzdem keinen Einfluss auf das Verständnis und den Umfang der relevanten Merkmale des Patentanspruchs haben. Der Senat betonte, dass die zweite Ausführungsform als zusätzliches Beispiel dient, welches zwar weitere Funktionen bietet, jedoch die im Patentanspruch vorgesehenen Merkmale nicht verändert. Daher führen diese zusätzlichen Funktionen nicht zu einer Erweiterung oder Änderung des Anspruchsverständnisses.
Die zusätzlichen Merkmale und die abgewandelte Terminologie („Slice-Segmente“) kommen im Anspruch selbst nicht vor. Diese Elemente sind lediglich in der Beschreibung und den Ausführungsbeispielen des Streitpatents zu finden, wurden vom Bundespatentgericht jedoch als problematisch angesehen, da sie nicht in den Prioritätsunterlagen offenbart waren.