BPatG, 4 Ni 13/11 – Dichtungsring
BPatG, Urt. v. 15. Januar 2013 – 4 Ni 13/11 – Dichtungsring
1. Erschöpft sich die patentgemäße Lösung nur in der handwerklichen Maßnahme, eine bekannte, technisch weniger anspruchsvolle Lösung – hier einer Querschnittsverringerung des Dichtungsrings – hinzunehmen bzw. der technisch anspruchsvolleren Lösung hinzuzufügen, so begründet ein solcher in Kauf genommener „handwerklicher Rückschritt“ ebenso wenig eine erfinderische Tätigkeit wie eine nur handwerkliche Weiterbildung des Standes der Technik.
2. Der Sachprüfung eines im Nichtigkeitsverfahren angegriffenen Unteranspruchs bedarf es nur – was vorrangig zu klären ist und wofür in der Rechtsprechung Auslegungsregeln entwickelt worden sind – wenn der Wille des Patentinhabers auf dessen (isolierte) Verteidigung gerichtet ist.
3. Anders als bei der Verteidigung des Streitpatents durch Neuformulierung eines Patentanspruchs mittels Aufnahme von Merkmalen aus verfahrensgegenständlichen Patentansprüchen, welche immer oder jedenfalls dann einer eigenständigen Sachprüfung bedürfen, wenn der Patentinhaber sie isoliert verteidigt, bietet die mögliche Aufnahme von Merkmalen aus der Beschreibung keinen Anlass für eine vorsorgliche Beschäftigung und Recherche durch die Klägerin. Eine derartige Forderung würde die der Klägerin obliegende Prozessförderungspflicht auch vor dem Hintergrund des von § 83 PatG intendierten besonderen Beschleunigungs- und Konzentrationsgebots erheblich überspannen und andererseits die Beklagte über Gebühr von ihrer entsprechenden Verpflichtung entlasten.