BGH, I ZR 16/24 – Birkenstocksandale

BGH, Urteil vom 20. Februar 2025 – I ZR 16/24 – Birkenstocksandale

In dem vorliegenden Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) wird die Revision der Klägerin, Teil der Birkenstock-Gruppe, gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Köln zurückgewiesen. Die Klägerin hatte die Beklagte, eine Lizenznehmerin, wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen in Bezug auf die Sandalenmodelle „Arizona“ und „Gizeh“ verklagt. Diese Modelle wurden von Karl Birkenstock in den Jahren 1973 und 1983 entworfen und die Klägerin behauptete, es handele sich um urheberrechtlich geschützte Werke der angewandten Kunst. Das Landgericht hatte der Klage weitgehend stattgegeben, während das Berufungsgericht die Klage abwies.

Das Berufungsgericht und der BGH stellten fest, dass die Sandalenmodelle nicht die notwendigen Kriterien erfüllten, um als urheberrechtlich geschützte Werke der angewandten Kunst anerkannt zu werden. Die Modelle spiegelten zwar individuelle Gestaltungsmerkmale wider und es bestanden freie Gestaltungsmöglichkeiten, jedoch sei der bestehende kreative Freiraum nicht künstlerisch genutzt worden, sodass kein Urheberrechtsschutz begründet werden konnte. Der BGH bestätigte damit die Entscheidung des Berufungsgerichts, dass die Beklagte nicht gegen Urheberrechte der Klägerin verstoßen hat.

Leitsätze der Entscheidung:

a) Eine persönliche geistige Schöpfung im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG ist eine Schöpfung individueller Prägung, deren ästhetischer Gehalt einen solchen Grad erreicht hat, dass nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise von einer künstlerischen Leistung gesprochen werden kann. Die ästhetische Wirkung der Gestaltung kann einen Urheberrechtsschutz nur begründen, soweit sie auf einer künstlerischen Leistung beruht und diese zum Ausdruck bringt. Für die Gewährung urheberrechtlichen Schutzes muss eine gestalterische Freiheit bestehen, die in künstlerischer Weise ausgenutzt wird. Eine persönliche geistige Schöpfung ist ausgeschlossen, wo für eine künstlerische Gestaltung kein Raum besteht, weil die Gestaltung durch technische Erfordernisse vorgegeben ist. Mit einer künstlerischen Leistung ist nicht mehr und nicht weniger als eine schöpferische, kreative, originelle, die individuelle Persönlichkeit ihres Urhebers widerspiegelnde Leistung auf dem Gebiet der Kunst gemeint.

b) Für den urheberrechtlichen Schutz eines Werks der angewandten Kunst im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG ist – wie für alle anderen Werkarten auch – eine nicht zu geringe Gestaltungshöhe zu fordern. Das rein handwerkliche Schaffen unter Verwendung formaler Gestaltungselemente ist dem Urheberrechtsschutz nicht zugänglich. Für den Urheberrechtsschutz muss vielmehr ein Grad an Gestaltungshöhe erreicht werden, der Individualität überhaupt erkennen lässt.

c) Die Klägerseite trägt im urheberrechtlichen Verletzungsprozess die Darlegungslast für das Vorliegen einer persönlichen geistigen Schöpfung. Sie hat daher nicht nur das betreffende Werk vorzulegen, sondern grundsätzlich auch die konkreten Gestaltungselemente darzulegen, aus denen sich der urheberrechtliche Schutz ergeben soll. Bei Gebrauchsgegenständen muss genau und deutlich dargelegt werden, inwieweit sie über ihre von der Funktion vorgegebene Form hinaus künstlerisch gestaltet sind.

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