BGH, I ZR 112/23- Manhattan Bridge

BGH, Entscheidung vom 23.10.2024 – I ZR 112/23- Manhattan Bridge

Amtliche Leitsätze:

a) Die unionsrechtlichen Grundsätze der Haftung von Video-Sharing– und Sharehosting-Plattformen für eine öffentliche Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Juni 2021 – C-682/18 und C-683/18, GRUR 2021, 1054 = WRP 2021, 1019 – YouTube und Cyando;
BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 – I ZR 53/17, BGHZ 233, 373 [juris Rn. 17 f.] – uploaded II; BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 – I ZR 140/15, BGHZ 234, 56 [juris Rn. 70 f.] – Youtube II) sind auf die Haftung von Online-Marktplätzen übertragbar.

b) Der Betreiber eines Online-Marktplatzes ist – wie der einer Video-Sharing- und Sharehosting-Plattform – grundsätzlich verpflichtet, nach einem klaren Hinweis auf eine Rechtsverletzung die dort
eingestellten Angebote im Rahmen des technisch und wirtschaftlich Zumutbaren auf gleichartige Verletzungen zu überprüfen und rechtsverletzende Inhalte zu sperren oder zu löschen. Bei Übertragung der für Video-Sharing- und Sharehosting-Plattformen geltenden Rechtsprechung muss den Besonderheiten von Online-Marktplätzen jedoch Rechnung getragen werden. Soweit nicht der angebotene Gegenstand selbst urheberrechtsverletzend ist, sondern das Angebot lediglich in einer
urheberrechtsverletzenden Weise präsentiert wird, erstreckt sich die Prüfungspflicht des Plattformbetreibers im Regelfall allein auf gleichartig präsentierte Angebote, nicht aber auf jegliche Darstellungen des urheberrechtlich geschützten Werks.


c) Die Grundsätze der Haftung von Plattformen für eine öffentliche Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke sind nicht auf eine Vervielfältigung eines urheberrechtlich geschützten Werks auf
den Servern einer solchen Plattform übertragbar. Es verbleibt insoweit bei einer Haftung nach den strafrechtlichen Grundsätzen der Täterschaft und Teilnahme.

Aus der Urteilsbegründung:

Im vorliegenden Fall klagte ein britischer Fotograf gegen den Betreiber eines deutschen Online-Marktplatzes, weil ein von ihm aufgenommenes und urheberrechtlich geschütztes Foto („Manhattan Bridge“) auf der Plattform in Produktangeboten von Dritten ohne seine Zustimmung und ohne Nennung seiner Urheberschaft verwendet wurde. Der Kläger forderte den Plattformbetreiber zur Unterlassung, Schadensersatz und zur Entfernung des Bildes auf. Der Bundesgerichtshof entschied, dass der Marktplatzbetreiber haftet, weil er nach einem Hinweis auf die Rechtsverletzung das Bild nicht gelöscht und keine ausreichenden Maßnahmen getroffen hatte, um ähnliche Verstöße zu verhindern. Eine Haftung für die Vervielfältigung des Bildes lehnte das Gericht jedoch ab, da die Verkäufer selbst die Vervielfältigungsstücke hochgeladen hatten und der Betreiber somit nicht als direkter Hersteller der Kopien angesehen werden konnte.

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